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Interview mit BILL FISHER (27.07.2021)
2015 spielte Bill Fisher noch mit seinem Bruder Marty bei Mammothwing, die das hörenswerte Psych-Rock-Album „Morning Light“ veröffentlichten, doch bekannter geworden ist der Brite unter dem Banner CHURCH OF THE COSMIC SKULL, die schon mit ihrem Debüt „Is Satan Real?“ Aufsehen erregten, mittlerweile zwei weitere Scheiben veröffentlicht und lange mit der Bereitschaft zu einem Interview mit uns hinterm Berg gehalten haben. Inzwischen steht Bill vor dem Release seines bereits zweiten Soloalbums, also gab es eine Menge zu besprechen – here we go…
Bill, was wolltest du – falls überhaupt – anders machen, als du mit dem Komponieren und Aufnehmen eures zweiten Albums anfingst?
Zunächst einmal: Entschuldige vielmals, weil es so lange gedauert hat – zwei Jahre insgesamt? Das war allein meine Schuld und spiegelt vermutlich den Zeit- und Arbeitsaufwand wider, der erforderlich ist, um eine unabhängige Rockband und spirituelle Organisation zu leiten. Natürlich finden wir uns jetzt schon neun Monate nach der Veröffentlichung unseres dritten Albums, also werde ich versuchen, die beiden Platten so umfassend wie möglich zu erklären. Auf „Science Fiction“ wollte ich es im Mai 2018 in Sachen Komplexität ein Stück weiter an die Spitze treiben und gleichzeitig noch mehr Pop-Elemente einbringen. Der Nachfolger „Everybody´s Going To Die“ erschien im November 2019 und war eher ein Konzeptalbum. Musikalisch hatte ich mich mittlerweile an die Stile der Mitglieder gewöhnt, weshalb ich mich bemühte, das Material besser auf sie abzustimmen – mit wundervollem Klavier von Bruder Michael neben seiner Hammondorgel und E-Bratsche seitens unseres formidablen Bruders Joseph.
Da du behauptest, die Musik für euren Einstand sei schon lange vorher geschrieben worden: Wie seid ihr damit umgegangen, in relativ kurzer Zeit daran anzuknüpfen?
Die meisten Tracks für „Science Fiction“ beruhen ebenfalls auf alten Ideen. Auch für „Everybody´s Going To Die“ gilt das noch teilweise, doch das Gros der Stücke ist neueren Datums. Wie viele Musiker mache ich ständig Sprachnotizen auf meinem Handy, die zu vollständigen Songs werden können.
Kann man sagen, dass der Titel des Albums und der Track ´Science Fiction´ den Teil des Regelwerks der Band behandeln, der von der „halluzinatorischen Natur der Wirklichkeit“ spricht, was bedeutet, dass „anerkannte“ Wissenschaft mit Vorsicht zu genießen sei?
Ich glaube fest an wissenschaftliche Methoden, aber nicht blind. Wie wir in der modernen Welt immer häufiger sehen, verwenden Politiker, Werbetreibende und sogenannte „Religionen“ dubiose Pseudowissenschaft, um uns Unsinn weiszumachen. Wir sehen auch evangelikale Atheisten, die darum kämpfen, alle menschlichen Emotionen und Gefühle auf quantifizierbare chemische Reaktionen zu reduzieren. Wahre Wissenschaft – insbesondere Quantenmechanik und angrenzende Gebiete – zeigt uns, dass wir alle Aspekte der Realitätshalluzination untersuchen sollten, statt Ideen zu verwerfen, die nicht in das etablierte Modell passen. Genauso wie bei Fake News sollte man zunächst einmal zweifeln, recherchieren und hinterfragen; ein ausgewogenes Informationsbild, wie es sich dabei ergibt, führt in der Regel zu mehr Gelassenheit.
Könnt ihr euch trotz des vorgegebenen Konzepts vorstellen, eure stilistische Palette zu erweitern oder sogar vollständig zu ändern?
Das erste Album haben wir ganz bewusst so abwechslungsreich gestaltet, doch die besondere Kombination von Instrumenten und mehrstimmigem Gesang führte zu einem homogenen Gesamtbild. Wir haben also heavy Nummern, akustische Tracks, Folk, Blues, Prog, Psych, Pop, Metal, Finsternis und Licht. Auch weil wir wenige Overdubs verwendeten, entstand ein stringenter, unverwechselbarer Sound. Sich selbst zu beschränken ist diesbezüglich also gut; wenn ich angefangen hätte, jedes Lied mit den Instrumenten zu arrangieren, die mir gerade einfielen, wäre es schnell übertrieben und inkohärent geworden. Wir haben für alle Alben dieser Band den gleichen Ansatz verfolgt, und ich denke, so wird es auch weitergehen. Auf meinem ersten Soloalbum übertrage ich dieses Konzept in eine andere Richtung: Es ist ebenfalls beschränkt, und zwar auf Gitarre, Bass, Schlagzeug und Gesang, wobei ich alle Instrumente selbst gespielt habe. Dabei nahm ich mir die Freiheit, Spuren aufeinanderzuschichten, wie wir es bei CHURCH OF THE COSMIC SKULL nicht tun würden.
Apropos Songwriting: ´The Cards You´re Playing´ ist in meinen Augen insofern eine Ausnahme, als ihr da offensichtlich improvisiert habt, statt einer festen kompositorischen Vorgabe zu folgen.
Richtig, leider haben wir die Nummer bislang selten live gespielt. Viele Songs wurden aber für die Bühne ausgeweitet, sodass etwa ´Cold Sweat´, unser derzeit wohl beliebtester Track, einen improvisierten Mittelteil statt eines Gitarrensolos hat, dito ´Evil in your Eye´ und einige andere Stücke. Der Ablauf beim Komponieren gestaltet sich meistens so: Ich zeige den anderen meien Ideen in vereinfachter Form als Demos. Diese enthalten normalerweise grundlegende Parts für jeden, aber alle dürfen ihren eigenen Stil behalten und Solos einbauen. Dann kommen die Mitglieder einzeln in mein Studio und beginnen, ihre Passagen aufzunehmen. Sobald wir damit fertig sind, studieren wir das Material ein, proben gemeinsam und bestimmen Setlists für Konzerte. Da wir mittlerweile drei Alben herausgebracht haben, sind wir dazu übergegangen, Medleys und andere Überraschungen ins Programm einzubauen, um unseren Shows etwas Einzigartiges zu verleihen.
Ihr hattet schon immer einen bombastischen Sound. Da du eure Musik selbst produzierst: Woher hast du die Expertise?
Ich lerne mein Handwerk seit etlichen Jahren nach dem Versuchsprinzip. Mein Bruder Marty, der auch bei Mammothwing spielte, betreibt mit mir zusammen das Studio The Doom Room in Nottingham, dort fanden die meisten aufnahmen der Band statt. Als wir seinerzeit erkannten, dass wir möglicherweise unser gesamtes Geld für Produktion eines Albums ausgeben mussten, hielten wir es für klüger, selbst ein wenig Equipment zu kaufen und uns davon ausgehend etwas Eigenes aufzubauen.
Der visuelle Aspekt ist für die Gruppe offensichtlich sehr wichtig; Welche Rolle spielen eure Videos in diesem Zusammenhang?
Ich denke, dieser Aspekt ist für jede Band wichtig. Dass ein Künstler seine Musik ohne visuelle Elemente hören kann, kommt selten vorher. Daher ergibt es für mich Sinn, auf dieser Ebene genauso kreativ zu sein wie beim Schreiben von Songs an sich. Auch Videos erreichen ein großes Publikum, das haben wir im Zuge unseres Clips für ´Cold Sweat´ gesehen. Noch vor zehn und auf jeden Fall vor 20 Jahren wäre das für eine von Plattenfirmen unabhängige Band nicht möglich gewesen; heutzutage ist es ziemlich einfach, Videos mit minimalem Aufwand zu produzieren – warum also nicht?
Dennoch: Welche Ideen würde CHURCH OF THE COSMIC SKULL verwirklichen, wenn ihr mehr oder weniger unbegrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung hättet?
Was das angeht, empfinde ich ähnlich wie bei der Frage, ob man ein Album mit zig Instrumenten überladen sollte. Man läuft mit einer Menge Kohle in der Tasche Gefahr, etwas übertrieben Zusammenhangsloses und letzten Endes eher Abstoßendes zu fabrizieren… Wenn man sich die Geschichte ansieht, hatten die meisten Künstler, die sehr berühmt wurden, letzten Endes keine sehr schöne Zeit, und Ruhm beziehungsweise Reichtum sollten niemandes Ziel sein. Ich möchte mir lieber, ein Publikum aufbauen, das sich für die Musik selbst und ihre Weiterentwicklung interessiert, dafür brauchen wir aber auch keine Millionen von Fans. Genauso wie Milliardäre nicht existieren sollten, sollte es keine gehypten Popstars geben. Man braucht keine Plattenverträge, Auszeichnungen, Platinschallplatten oder Berichte in der Hochglanzpresse, um künstlerische Erfolge zu verbuchen. Besucht Bandcamp, um neue Musik zu entdecken, unterstützt die Bands direkt, indem ihr auch Merchandise kauft, erzählt euren Freunden davon und vor allem: Ignoriert den Blödsinn der Major-Labels.
Warum bietet ihr auch Kassetten an? Ich für meinen Teil finde diesen Trend ziemlich unsinnig…
Ich persönlich bin definitiv eher ein Vinyl-Hörer, obwohl ich auch mit Tapes aufwuchs und CDs zu schätzen weiß. Kassetten klingen auch in gewisser Weise analog war, und einige alte Autos haben noch Kassettendecks. Weißt du noch, wie schlimm es früher war, wenn den Batterien in deinem Walkman der Saft ausging? Wow. Wir wurden von Fans nach Tapes gefragt, also haben wir welche in kleinen Stückzahlen herstellen lassen; es war also eine Reaktion, kein Plan.
Inwiefern lässt du dich beim Musikmachen vom Weltgeschehen oder aktuellen Ereignissen auf der politischen oder gesellschaftlichen Ebene beeinflussen… oder lebst du sozusagen in deiner eigenen künstlerischen Blase?
Als „Science Fiction“ herauskam, machten wir uns in erster Linie Sorgen darüber, die totalitäre konservative Hochburg hinter dem Brexit zu durchschauen. Da ich CHURCH und Staat ungern miteinander verbinde, verdrängte ich die Entwicklungen über längere Zeit hinweg und erlebte einen Kreativitätsschub. „Everybody´s Going To Die“ war dann aber wieder stärker von der Politik beeinflusst, und du hast ja selbst quasi auf den Song ´Living in a Bubble´ hingewiesen. Im Großen und Ganzen ging es darauf darum, dass wir uns vor Personenkulten hüten sollten.
Inwiefern ist Musik generell für dich ein Mittel zur Flucht aus dem Alltag? Daran habe ich beim Hören von ´Timehole´ gedacht.
Ich denke, Progressive Rock, Psychedelia, Pop und die meiste Musik, von der wir beeinflusst sind, haben eine Grundlage im Fantastischen und Eskapistischen. Vielleicht hilft es manchen Menschen aber, neue Wege zu finden und etwas zu bewegen, indem sie sich zunächst einmal von einer Gegebenheit distanzieren.
Ihr habt euch an „The Wall [Redux]“ beteiligt, dem Pink-Floyd-Tribut von Magnetic Eye Records. Wie kam es dazu?
Wir haben ´The Trial´ gecovert, das schon immer eines meiner Lieblingslieder war. „The Wall“ bedeutete mir in meiner Jugend ungeheuer viel, also trat ich mit dem Label in Kontakt, woraufhin wir tatsächlich einen Spot auf der Platte bekamen.
Welchen symbolischen Wert hat die Sieben für euch abgesehen von ihrer biblischen Relevanz?
Wir bestehen aus sieben Mitgliedern, Regenbogen haben sieben Farben, die diatonische Tonleiter umfasst sieben Töne, die Woche sieben Tage und so weiter. Die Sieben hat sich als Konzept im Laufe vieler Jahre herauskristallisiert, während ich Religion und spirituellen Praktiken studierte.
´Revolution Comes With an Act of Love´: Inwieweit ist Liebe eine Waffe?
Ich meine damit, dass man seinen gesunden Menschenverstand im Kampf gegen das Böse einsetzen kann. Liebe ist das Gegenteil von allem, was diese Maschine der Gier und Macht vorantreibt, die uns beherrscht.
Der Text von ´The Others´ strotzt vor apokalyptischer Symbolik; stellst du dir die Endzeit so vor wie darin beschrieben?
Die Nummer dreht sich eigentlich um UFOs und Entführungen durch Außerirdische.
Welche Rolle spielt ´Paper Airplane & Silver Moon´ im übergeordneten Rahmen des Albums?
Das Stück ist mein Versuch, ein richtiges Liebeslied zu schreiben. Ich habe es meiner langjährigen Lebensgefährtin und Bandkollegin Schwester Caroline Cawley gewidmet, die auch mit mir bei Dystopian Future Movies spielt.
Musik entsteht wie jede Kunstform auch bis zu einem gewissen Grad aus narzisstischen Beweggründen heraus; wie kommt es, dass ihr ausgesprochen philanthropische Ambitionen habt?
Wenn etwas von Herzen kommt, tut es dem Schöpfer und idealerweise auch dem Publikum gut, aber ob´s auch der Welt im Allgemeinen etwas bringt, lässt sich nur schwerlich abschätzen. Übrigens beschäftige ich mich auf meinem ersten „Mass Hypnosis and the Dark Triad“ ausführlich mit Narzissmus, Psychopathie und Machiavellismus…
Die Band ist offensichtlich eng mit dem Konzept und der Philosophie verbunden, die sie umgibt; siehst du da irgendwann ein Ende kommen, weil ihr womöglich einmal alles gesagt haben werdet?
Kurzfristig wird es weitergehen. Ich glaube, das Universum des Kosmischen Schädels wirft genug Stoff ab, um noch mindestens sieben Alben zu füllen, findest du nicht auch?
Um weiterhin Musik von solcher Qualität machen und überleben zu können, muss man sich unweigerlich mit der geschäftlichen Seite der Dinge befassen; wie gehst du mit dieser unangenehmen Tatsache um?
Jeder professionelle Künstler muss sich diesem Umstand stellen. Ich habe mich bewusst dafür entschieden, um die Kontrolle über alle Bereiche zu behalten, denn was ich musikalisch tue, kommt aus tiefstem Herzen. Sich selbst zu promoten kann sich für diejenigen unter uns mit einer künstlerischen Neigung unnatürlich anfühlen, aber ist es nicht viel schlimmer, wenn ein „Marketingteam“ in einer Unternehmenszentrale Pläne schmiedet, um deine Band an die Öffentlichkeit zu verkaufen. Ich zeige mich lieber auf eine Art und Weise, hinter der ich stehen kann. In unserem Fall handelt entstand daraus eine spirituelle Organisation, die nach globaler Friedensherrschaft strebt. Als wir erste Angebote seitens der Musikindustrie bekamen, machte ich es mir zur Aufgabe, alles über sie zu erfahren, und gelangte zu dem Schluss, dass die Aufrechterhaltung unserer Unabhängigkeit und der Aufbau eines treuen Publikums das Wichtigste sind, um vorwärts zu kommen. Die Kosmische Familie zählt derzeit ungefähr 10.000 Mitglieder und wächst weiter.
Was hat dich angesichts von Church und Dystopian Future Movies eigentlich dazu bewogen, diese Soloreise anzutreten?
Bei Church ist meistens alles auf einzelne Tracks jedes Instruments beschränkt, die so arrangiert werden, dass die Band die Songs live spielen kann – minimales Overdubbing abgesehen von Gitarre, Schlagzeug, Bass, Viola, Cello und Keyboards, nicht zu vergessen Gesangsharmonien. Ich habe viele Ideen, die nicht dazu passen; mein erstes Soloalbum war viel härter und vermittelte eine andere Stimmung, das neue kommt deutlich abgespeckt daher. Dystopian Future Movies sind wiederum Carolines Baby, wobei ich Schlagzeug spiele. Die Impulse gehen von ihr aus, dann interpretieren wir das als Gruppe gemeinsam, also ist auch das eine andere Herangehensweise.
Eine mittlerweile naheliegende Frage: Inwieweit hat dir die Corona-Pandemie zugesetzt?
Dahingehend natürlich, dass wir nicht touren konnten. Die Shows bis dahin waren wirklich gut besucht gewesen, und die Leute hatten eine großartige Stimmung mitgebracht. Hoffentlich kommen wir nun nach knapp zwei Jahren wieder in einen ähnlichen Schwung… Wir hätten auch beinahe in den Vereinigten Staaten gespielt, aber auch diese Konzerte dürften sich nachholen lassen, wobei wir nun aber nichts vorschnell entscheiden möchten, weil noch unklar bleibt, ob beziehungsweise wie lange die Lockerungen andauern. Außerdem erschwert der „Brexshit“ die Organisation einer anständigen Europatournee momentan zusätzlich.
Dein jüngstes Solowerk heißt „Hallucinations of a Higher Truth“. Während Stoffe mit psychedelischer Wirkung zusehends in den Fokus der Medizin rücken, würde ich gerne wissen, was sie bei dir mit irgendeiner höheren Wahrheit zu tun haben.
Das ist ein paradoxer Begriff, weil „höher“ ja suggeriert, dass es mehrere Wahrheiten gibt und wir entscheiden können, welche besser oder schlechter ist. Der Titel bezieht sich unverbindlich auf verschiedene Aspekte unseres Zeitgeists: religiösen Extremismus, kultisches Gruppendenken, Fake News, die Ära der Post-Wahrheiten, die Woke-Bewegung, Verschwörungstheorien und dergleichen mehr. Das heißt indes nicht, dass alle Songs auf dieser Platte konzeptionell verbunden sind.
Woher kommt die Idee, ein minimalistisches Klavieralbum zu machen?
Ich denke, es ist eine einfache Kombination aus „Warum nicht?“ und „Tu, was du willst, mit Liebe im Herzen“. Ich dachte, es würde Spaß machen, eine Platte mit nichts als Klavier, Bass und Schlagzeug sowie nur drei Gesangsspuren aufzunehmen, als ob jedes der imaginären Mitglieder eines Trios eine Harmonielinie singen würde. Das Piano war mein erstes Instrument, obwohl ich es nie „ordentlich“ gelernt habe und sicherlich nicht behaupten würde, ein wirklicher Pianist zu sein. Als Kind habe ich immer darauf geklimpert und meine ersten Lieder zu schreiben versucht. ´People Should Be Friendly´ und ´Off to Work´ entstanden beide, als ich ungefähr 16 Jahre alt war, und das ist sehr lange her (lacht). Zunächst wollte ich sie überarbeiten, aber die Arrangements über diese Trio-Konstellation hinaus aufzubauschen ergab einfach keinen Sinn.
In einigen Texten lässt du so tief blicken wie selten zuvor.
Das kann man im Großen und Ganzen so sagen, ja. ´Better Than You´ ist allerdings etwas politischer und zynischer; da habe ich mich von Randy Newman beeinflussen lassen. Gegen Ende wird die Chose etwas „kosmischer“, aber du hast Recht, es ist insgesamt eine „intime“ Platte.
Ich höre Gospel, Jazz und Crosby, Stills, Nash & Young, aber auch Queen auf diesem Album; was hat dich sonst noch musikalisch inspiriert?
Singer-Songwriter im Fernsehen am Klavier sitzen zu sehen machte einen Großteil meiner „Erziehung“ zu einem Musiker aus. Ich bin gar nicht so stark von Queen beeinflusst, erkenne nun aber, dass sie sich tatsächlich in einigen Tracks niedergeschlagen haben. Neben Randy Newman muss ich noch Warren Zevon, Bill Withers, Billy Joel, Kate Bush, Steely Dan, The Doobie Brothers, Nina Simone, Elton John, The Band, Lennon und McCartney sowie Leon Russell als Vorbilder nennen.
Auffallend finde ich, dass du es in einem Song wie ´People Should Be Friendly´ schaffst, bis zu einem gewissen Grad Wut zum Ausdruck zu bringen. Beziehst du dich im Text auf eine bestimmte Erfahrung, die du gemacht hast, oder handelt es sich um eine allgemeine Beobachtung?
Das Stück wurde aus der Sicht eines Agoraphoben geschrieben, was der Videoclip dazu veranschaulicht. Agoraphobie deckt wie die meisten psychischen Erkrankungen ein Spektrum ab, wobei ich einige ihrer Facetten selbst oder bei Menschen in meinem Umfeld erlebt habe. Die Androhung von körperlicher Gewalt ist seit je allgegenwärtig, aber nicht der einzige Grund dafür, dass man manchmal einfach lieber drinnen bleibt und sich einsperrt. Es geht also um Paranoia und Selbstzweifel, aber auch Wut auf die trist graue Realität, die wir vor die Tür projiziert haben.
Möchtest du weiterhin solo ungewöhnliche Wege einschlagen und das Konzept respektive den Stil von CHURCH OF THE COSMIC SKULL parallel dazu weiter verfeinern? Was kommt als nächstes von dir?
Genau das will ich. Wir nehmen im Augenblick das vierte Album der Band auf; bislang klingt es kraftvoll und fühlt sich gut an, bietet irgendwie von allem ein bisschen mehr und klingt noch authentischer wie „wir“. Ich habe noch nicht darüber entschieden, was ich auf meiner nächsten Soloplatte machen soll, aber ihr dürft euch sicher sein, dass es wieder etwas ganz anderes wird…