Partner
Services
Statistiken
Wir
Interview mit Snowy White (29.06.2009)
Das Echo auf diese Scheibe war durchaus gespalten. Wer sich in der Vergangenheit eher mit „modernem“ Blues beschäftigt hatte, konnte mit diesem sehr traditionellen Album eher wenig anfangen. So stand der MUSIKREVIEWS-Rezensor, der sich dem Blues der 40er, 50er Jahre und dem modernen, „elektrischen“ Blues gleichermaßen verpflichtet fühlt, im deutschsprachigen Raum eher isoliert mit seiner Meinung da. „In Our Time Of Living“ schlägt für ihn eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Entsprechend groß war die Erwartung auf die Tour und das Interview mit SNOWY WHITE.
Unter Vermittlung von Renate vom Snowy-White-Fanclub konnten wir dieses Gespräch führen:
Zunächst ’mal die allerwichtigste Frage: Ihr seid derzeit auf West-Europatour. Wie läuft es?
Nun, es läuft richtig gut. Es ist unsere erste gemeinsame Tour. Wir proben eigentlich immer noch. Wir machen diese Tour, um zu sehen, ob diese Band funktioniert und wir gute Shows machen können… und es funktioniert. Es ist sehr positiv, wir sind sehr glücklich darüber.
Spielt ihr nur Blues-Material oder auch rockigere Songs von früheren Alben?
Wir spielen meistens Blues. Ich versuche, die Finger von dem anderen Kram zu lassen. Wir halten es ziemlich bluesig… Weißt Du, es sollen eben nicht nur diese traditionellen Zwölf-Takter sein. Ich hoffe, dass unsere Sachen etwas interessanter klingen.
Hast Du den Eindruck, dass mehr Blues- oder mehr Rockfans im Publikum sind?
Keine Ahnung… [Lacht] Ich hoffe doch Snowy White Fans, oder?
Wir haben ja in Deutschland eine begeisterungsfähige Bluesszene. Spricht sich so etwas bis nach Großbritannien herum?
Nein, nicht wirklich… gibt’s da wirklich etwas besonderes an der deutschen Blues-Szene? Da kommen jede Menge Leute, um uns zu sehen und sie scheinen uns zu mögen. Also glaube ich, dass es eine gute Blues-Szene ist [lacht]. Ich weiß nur, dass die Leute zu unseren Shows kommen, über den Hintergrund weiß ich weniger.
Eine kleine Scherzfrage: Was schätzt Du besonders, wenn Du in Deutschland bist? Schnitzel? Bier?
[Lacht] Redest Du über das Essen? Ja, was mag ich eigentlich am Meisten? Schnell in mein Hotelzimmer zu kommen, die Tür zu schließen und zu schlafen…
Du hast Dein neues Album „In our time of living“ genannt. Warum? Gab es politische Bezüge?
Nein, Matt Taylor schrieb einen Song für dieses Album, der diesen Titel trägt. Es ist einer meiner Lieblingssongs, ich mag den Text und so kam mir die Idee, das Album „In our time of living“ zu nennen. Ich denke, es ist ein schöner Titel.
Du hast das Album auf einem Indie-Label veröffentlicht. Kommt man heutzutage mit einem Blues-Album nicht an einen Major-Vertrag?
Ich glaube schon… weiß es aber nicht, denn ich habe gar nicht erst versucht, einen Major-Deal zu bekommen. Ich fand es einfacher, einen Vertrieb für Deutschland zu suchen, was dann ja auch geklappt hat. Ich war also meine eigene Plattenfirma [lacht]. Ich nahm das Album auf, stellte es fertig, bezahlte dafür und organisierte selbt die Verteilung… Es ist derzeit der beste Weg…
Du spielst auf „In Our Time Of Living“ sehr traditionellen Blues. Warum wählst Du diesen Weg und nicht den gerade sehr populären Blues-Hardrock-Mix?
Weil ich’s wirklich „bluesy“ haben wollte… Weißt Du, ich wollte nicht so weit auf díe rockige Seite gehen und dann so zu klingen, wie irgendein anderer. Ich habe versucht, unseren eigenen BLUES PROJECT-Sound zu kreieren.
Seid ihr mit fest durchkomponierten Songs ins Studio gegangen, oder haben sich die Songs während der Aufnahmen entwickelt?
Jeder von uns brachte drei, vier Songs mit und wir probten diese eines Nachmittags, bevor wir ins Studio gingen. An diesem Nachmittag waren wir Vier erstmals in einem Raum. Zuvor hatten wir uns die Songs per E-Mail gegenseitig zugeschickt, um die Songs vorher zu lernen. So kamen wir schnell zusammen – es war ganz einfach. Innerhalb von drei Tagen hatten wir die Aufnahmen im Kasten.
Nach welchen Kriterien hast Du Dir die Solo-Parts mit Deinem side-kick Matt Taylor aufgeteilt?
Es ist so auf dem Album, wie’s aus uns heraus kam. Wir haben nicht weiter darüber nachgedacht. Wir haben uns nur kurz abgesprochen: Du spielst dies – ich das, es ist Dein Song, also machst Du das Solo und ich das Riff. Aber geplant war da nichts. Es scheint gut ausgewogen auf dem Album, aber wir haben das nur nach Gefühl gemacht.
Diese stets präsenten Twin-Läufe der Gitarren sind ja ein Charakteristikum Deiner Musik. Sind diese ein „Überbleibsel“ aus Deinen Tagen bei THIN LIZZY?
Ja, ich wollte das ein bisschen, aber nicht zuviel. Ich glaube nicht, dass wir es übertrieben haben - nur einige geschmackvolle Momente. Ich hoffe, es klingt nicht zu sehr nach THIN LIZZY [lacht].
Warum hast Du nicht alle Songs von „In our time of living“ selbst eingesungen?
Einfach, weil ich keine „bluesy“ Stimme habe. Ich wollte, dass auch andere Leute singen, damit ich relaxen und Gitarre spielen kann.
Wie bist Du auf die alte SKIP JAMES Nummer „I’m so glad“ gekommen?
Matt (Taylor) sagte, dass er das Stück auf der Akustischen spielen könne – er hätte da eine spezielle Stimmung dafür. Wir probierten es aus und nahmen es genau so auf. Es war Matts Idee…
Du hast für „In our time of living“ eine exzellente Band zusammengestellt. Wie kam es zu dieser Konstellation und sind in dieser Besetzung weitere Alben geplant?
Als ich beschloss, eine Blues-Band mit mehreren Sängern zusammen zu stellen, dachte ich sofort an Rudy Weber, mit dem ich in Italien einmal gejammt habe. Ich mochte seine Art, Bass zu spielen, sofort. Er gab mir damals eine CD mit Songs, die er geschrieben hatte, also fragte ich ihn, ob er mitmacht. Für Matt Taylor gilt im Prinzip das Gleiche. Auch ihn kannte ich vorher und mochte seine Art zu singen und da ich nach einem weiteren Gitarristen suchte, fragte ich ihn. Juan Van Emmerloot ist ja von meinen WHITE FLAMES. Er war von der Idee begeistert und wollte mitmachen: Hier sind wir also…
Was ist denn mit den WHITE FLAMES? Sind die auf Eis gelegt worden? Ist da in absehbarer Zeit noch ein Album zu erwarten?
Im April [d.J.] habe ich die Aufnahmen für das neue WHITE FLAMES-Album beendet. Ich denke, dass ich es im nächsten Jahr ’rausbringen werde. Ich will die Leute nicht verwirren. Wenn sie kommen, um mich zu sehen, dann sollen sie auch wissen, was sie erwartet. So machen wir jetzt erst unser BLUES PROJECT. Es läuft wirklich gut und ich genieße es – also mache ich es weiter – es fühlt sich gut an…
Ich habe gelesen, dass Du mit elf Jahren erstmals Blues gehört hast, was die Entscheidung für Dich gewesen sein soll, Musiker zu werden. Ist diese Geschichte wahr oder was waren die wirklichen Gründe für Dich, Musiker zu werden?
Nein, ich KAUFTE mir eine Gitarre, als ich elf Jahre alt war. Den Blues hörte ich erstmals 1966 und dachte mir: Das will ich auch machen. Ich wollte wissen, wie es sich anfühlte, eine Gitarre „bluesy“ zu spielen. So fing ich an, mich dafür zu interessieren….
Wer waren damals die Gitarristen, die Dich in jungen Jahren maßgeblich geprägt haben?
Ganz klar: ERIC CLAPTON gemeinsam mit JOHN MAYALLs BLUESBREAKERS in ihrer ersten Radiosendung…
Und heute?
Ja, da gibt’s einige… aber ich denke, ich mag sie vor allem, wie sie in jungen Jahren spielten… als sie noch „on fire“ waren. Ich will Dir sagen, wen ich besonders mag: JEFF BECK. Ich denke, der ist fantastisch…
Natürlich hat sich Deine Art, Gitarre zu spielen über die Jahre verändert. Kannst Du beschreiben in welcher Weise?
Natürlich, ein bisschen… aber das hat sich über viele Jahre verändert… das kann ich so nicht beantworten.
Du hast mit PETER GREEN zusammen gearbeitet. Kannst Du uns etwas über die Arbeit mit diesem Ausnahme-Gitarristen erzählen? Habt ihr noch Kontakt?
Ich traf Peter, als ich 1970 nach London kam. Wir spielten etwas zusammen, jammten in seinem Haus und befreundeten uns. In alten Zeiten haben wir uns ziemlich oft gesehen. Jetzt habe ich ihn seit drei, vier Jahren nicht mehr getroffen.
Für viele war Dein Einstieg bei THIN LIZZY seinerzeit etwas überraschend, da man Dich nicht als „Hardrocker“ eingeschätzt hatte. Was waren damals die Beweggründe für Dich, bei THIN LIZZY einzusteigen?
[Lacht] Für mich war das auch eine Überraschung… Ich habe nichts dafür getan, dass sie mich fragen mussten… Sie waren eine großartige Band, ich mochte ihre Songs. Das war etwas, was ich immer tun wollte...
PHIL LYNOTT wird ja heute noch zutiefst verehrt. Kannst Du ’mal beschreiben, was ihn als Bandleader so einzigartig gemacht hat?
Phil war ein starker Typ… er hatte jede Menge guter Ideen und eine außergewöhnliche Bühnenpräsenz… ein großartiger Entertainer. Er wusste genau, wo er hin wollte und alles schien zu funktionieren, bis er an die Drogen geriet… then it was all fucked-up!
Die unvermeidliche Frage zum Schluss: [Lacht] Hand auf’s Herz: Liest Du eigentlich Musikreviews und Konzertberichte in Magazinen?
Sehr selten, ich werfe nur einen Blick darüber, ob diese Reviews „gut“ oder „schlecht“ ausgefallen sind. Zumeist sind sie ohnehin in fremden Sprachen. Also, ich nehme wirklich keine Notiz davon, weil sie doch ziemlich subjektiv sind. Sachen, die ich wirklich gerne mag, gefallen den Rezensoren nicht. Manche sagen, ich hätte in diesem oder jenen Song ein tolles Solo gespielt, dabei war’s ein anderer und nicht ich. Oder meine Gitarre hätte nicht so toll geklungen, wenn ich dachte, es wäre richtig gut gewesen. Also warum Notiz davon nehmen?
Ich bin der Einzige, der weiß, ob ich das tue, was ich in meinem Kopf höre - niemand sonst kann das beurteilen. Ich bin der Einzige, der weiß, was ich während eines Gigs fühle - ob ich glaube, dass es „gut“ oder „schlecht“ war. Egal was irgend jemand sagt, es ändert nichts daran, was ich darüber denke. Es gibt also wirklich keinen Grund für mich, Reviews zu lesen.
Wir danken Dir für dieses Gespäch, Snowy!