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Interview mit Ferromanic (30.12.2012)

Ferromanic

Bandgründer Oliver May erörtert die Ursprünge und Hintergründe des formidablen Heavy bis Speed Metal seiner Truppe sehr wortgewandt und mit glühender Leidenschaft. Überlassen wir dem Mann das Wort ...

Was hat euch zusammengeführt, und was wollt ihr mit FERROMANIC erreichen, was ihr in euren früheren Bands nicht geschafft habt?

Wir kennen uns alle schon sehr lange, haben aber bisher noch nie gemeinsam in einer ambitionierten Band gespielt. Obwohl wir vier unterschiedliche Persönlichkeiten sind und auch teilweise verschiedene musikalische Einflüsse haben, passen wir sehr gut zusammen. Das ist wahrscheinlich der größte Vorteil. Erfahrungsgemäß ist ein Start immer sehr zähflüssig; nervige Diskussionen und Kompetenzgerangel im Vorfeld beenden alles, noch bevor es überhaupt richtig angefangen hat. Der altbekannte Spruch „Die Chemie sollte stimmen“ bewahrheitet sich stets wieder. Soundmäßig ist klar, wohin die Reise geht: klassischer melodischer Gesang, wiedererkennbare Riffs, und es dürfen auch ein paar spektakuläre Gitarrensoli mit an Bord sein. Für Hörer und Musiker ist gleichermaßen etwas dabei. Entscheidend ist auch die Quartett-Besetzung, die man heutzutage nicht mehr ganz so oft auf Bühnen sieht. Man kann so einen sehr definierten und originellen Sound erzeugen, weil jeder Musiker innerhalb der Band sehr viel Verantwortung bekommt und keine Statistenrollen entstehen. In den Rezensionen ist unsere Band bisher sehr gut angekommen. Offensichtlich stehen wieder mehr Leute auf einen abwechslungsreichen Sound mit melodischen Zwischentönen - eine Kombination, die uns persönlich auch gut gefällt. Nach der Produktion hatten wir schnell die ersten Gigs am Start und erhielten positives Feedback aus der ganzen Welt.

Eure Texte bestehen aus Beziehungsgeschichten, apokalyptischen Visionen und Fantasy-Zeug, um es pauschal zu sagen - wie passt das zusammen?

Im ersten Moment mag das unvereinbar klingen, aber es sind genau diese Themen, welche die Menschheit beziehungsweise die Evolution unserer Zivilisation geprägt haben. In diesem Spannungsbogen bewegen wir uns alle seit Tausenden von Jahren. Wissenschaft, Fortschritt, Legenden, Naturkatastrophen, Beziehungen, irrationale oder auch begründete Ängste, Fantasien und Psychologie - diese Dinge sind schicksalshaft miteinander verknüpft. In guter fantastischer Literatur und Sciencefiction ist vieles im Detail beschrieben worden, was dann früher oder später zur Realität wurde, im Positiven wie im Negativen. Die Menschheit stand immer vor herausfordernden Problemen, die in den Künsten oft visionär dargestellt und bereits vor ihrer Zeit erkannt wurden. Im Grunde genommen wissen wir aber praktisch noch sehr wenig über das Universum und unsere Existenz. Es ist eine faszinierende aber auch abgründige Thematik.

Wie nehmt ihr die gegenwärtige Musikszene und den Metal im Speziellen gegenwärtig wahr? Auskotzen erlaubt ...

Ehrlich gesagt: Man verliert den Überblick über die Genres. Die ganzen Varianten und verschiedenen Gruppen innerhalb der Musikrichtung sind eine Wissenschaft für sich geworden. Der Sound ist durch moderne Studiotechnik und allgemein besseres Equipment ausgefeilter. Was auffällt: Es gibt inzwischen sehr viele extrem talentierte Musiker, die den Metal technisch auf ein sehr hohes Niveau gebracht haben. Das ist eine beachtliche Leistung, die dem Genre eine gehörige Portion Selbstvertrauen eingebringt. Gutes Songwriting und ebensolche Arrangements sind aber trotzdem immer noch entscheidend für ein ordentliches Package. Abgesehen davon ist Metal selbst in extremer Spielart und Optik salonfähig. Konzerte und Festivals haben sich zu „familientauglichen“ Events entwickelt. Neuerdings werden Auftritte der etablierten Bands sogar auf ZDF Kultur übertragen, und einige Gruppen haben auch schon Rotwein im Angebot ... Die täglichen Nachrichten über den Zustand unserer Welt schockieren inzwischen eh mehr als der härteste Sound.

Was bedeutet euer Bandname?

FERROMANIC bedeutet wörtlich übersetzt „Verrücktes Eisen“ oder „Eisen Verrückt“. Es ist ein Kunstwort, das so nicht existiert. Der Buchstabe „I“ von Ferromanic ist aus der chemischen Formel für den typischen Eisengeruch abgeleitet. Gestalterisch kann man mit unserem Konzept eine Menge abgefahrener Dinge angehen, ohne in die üblichen Klischees zu verfallen. Das „Precession“-Cover etwa basiert auf dem Modell eines Eisenmoleküls in künstlerisch verfeinerter Form. So etwas inspiriert natürlich und eröffnet viele Möglichkeiten, ein eigenständiges Design zu entwickeln.

Tretet ihr regelmäßig live auf, und könntet ihr eine ausgedehnte Tournee spielen, falls sich die Gelegenheit auftäte?

Wir versuchen natürlich, so viel Auftritte wie möglich zu bekommen. Gerade jetzt in der Anfangsphase. Es ist extrem schwer geworden, da fast überall „Pay-To-Play“ Einzug erhalten hat, eine eher unschöne Zeiterscheinung, und für noch unbekannte Bands erschwert dies die Sache zusätzlich. Durch die allgemeine Entwicklung im Musikbusiness ist jeder Musiker, unabhängig vom Stil, noch mehr als früher auf Live-Aktivitäten angewiesen. Dadurch wird es doppelt schwer, Gigs zu bekommen. Eine Tournee etwa im Vorprogramm einer bekannteren Band wäre klasse. Allerdings müsste sie sehr gut organisiert werden. Da wir im Moment alles selbst finanzieren, wird es Im Endeffekt wie so oft von den Kosten und entsprechenden Connections abhängen, ob sich in dieser Hinsicht Planungen ergeben.

Inwieweit seht ihr euch als moderne Band?

Gute Frage: Im Prinzip gibt es kein Modern oder Unmodern mehr. Es ist jegliche Art von Stil, Technik, Sound oder Ausdruck beim Metal und auch in allen anderen Musikrichtungen durchgekaut worden. Im Grunde genommen dreht sich jetzt alles im Kreis, und jeder kann selbst wählen, an welchem Punkt er aufspringt und seinen Stil spielt beziehungsweise sich seinen Lieblingssound als Zuhörer aussucht. Man bekommt alles wie in einem gut sortierten Versandhandel weltweit und rund um die Uhr zur Verfügung gestellt. Viele jüngere Leute kennen zudem die älteren Bands noch gar nicht und sind begeistert, wenn sie zum ersten Mal die Klassiker hören. Eine Band, die eine gewisse Zeitlosigkeit in ihren Kreationen hat und trotzdem auf der Höhe der Zeit agiert, wird immer Gehör finden. Das wäre auch unsere Idealvorstellung.

Was steht in unmittelbarer Zukunft bei euch an?

Erst einmal werden wir sehen, was mit der Band realistisch machbar ist. Das hängt, wie bei jedem, der sich öffentlich präsentiert, auch von der Akzeptanz der Zuhörer und Medien ab. Unabhängig davon planen wir auf jeden Fall, ein Nachfolgealbum für „Precession“ zu schreiben. Klar ist aber auch, dass bei den bereits geschilderten Phänomenen des digitalen Zeitalters eine Profikarriere weniger realisierbar erscheint als noch vor einigen Jahren. Man müsste schon in drei Bands plus Cover-Truppe spielen, um über die Runden zu kommen, aber Egal: Musik ist und bleibt unsere große Leidenschaft, sonst hätten wir alle wohl schon längst etwas Anderes angestrebt. Mal sehen, wie sich die Dinge entwickeln. Es wäre klasse, wenn es nach dem tollen Start und der Anfangseuphorie mit FERROMANIC weiter ordentlich laufen würde. Eigentlich ist bereits schon mehr passiert, als man in dieser kurzen Zeit für eine unbekannte Band zu träumen wagen durfte. Es macht auf jeden Fall großen Spaß, mit dieser Formation zu spielen, und für uns alle wäre es genial, wenn mehr als nur ein Achtungserfolg dabei herauskommen würde.

Viel Glück dabei von unserer Seite aus. Wir sehen uns.

Andreas Schiffmann (Info)
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