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Joe Bonamassa, Steve Winwood - Winterbach, Zeltspektakel - 23.07.2009
Das WINTERBACHER ZELTSPEKTAKEL, seit Jahren eine Kulturinstitution im Großraum Stuttgart, stand zwischenzeitlich kurz vor dem Aus. Eigentlich sollte auf dem angestammten Festivalgelände schon lange mit den Bauarbeiten für eine Eventhalle begonnen worden sein. Der Wirtschaftskrise sei es diesmal gedankt: Die Planungsphase ist auf den "Sankt-Nimmerleins-Tag" verlegt worden, sodass vielleicht sogar im kommenden Jahr der Standort gesichert ist.
Für 2009 konnte das erneut glänzend besetzte Festival, das an fünf auf einander folgenden Abenden jeweils zwei "Top-Shots" präsentiert, mit Hilfe zahlreicher Sponsoren wieder einmal gestemmt werden. Ein gut zweieinhalb tausend Zuschauer fassendes Zirkuszelt war zum Gig von JOE BONAMASSA und STEVE WINWOOD zum Platzen gefüllt.
Was hatte JOE BONAMASSA nur geritten, als dieser gut zehn Minuten zu früh am verdutzenden SWR-Moderator vorbei, der eigentlich noch ein paar warme Worte loswerden wollte, auf die Bühne stürmte, um seinen Set zu beginnen. Etwas klarer sah man allerdings, als nach dessen umjubelten Auftritt nach exakt einer Stunde die Pausenmusik derart laut aufgedreht wurde, dass sämtliche lautstarken und hartnäckigen Zugabeforderungen der begeisterten Zuhörerschaft im Keim erstickt wurden. Ein unglaublicher Vorgang, über den man keinesfalls wohlwollend hinweg sehen kann. Was ist da hinter den Kulissen abgelaufen? Dieses Schauspiel gab reichlich Stoff für Spekulationen. Die Vermutung, dass STEVE WINWOODs Management dahinter stand, ist zwar nahe liegend, aber natürlich unbestätigt. Tatsache war dagegen die Enttäuschung und Verärgerung im Publikum!
Da STEVE WINWOODs Management schon des Öfteren mit solchen Aktionen aufgefallen ist, drängte sich der Verdacht auf, dass man von dieser Seite aus deutlich machen wollte, wer an diesem Abend "Koch" und wer "Kellner" war. Nur ist JOE BONAMASSA schon lange aus einem Support-Status herausgetreten. Der Mann füllt problemlos mittlere Hallen, was für einen Blueser mehr als bemerkenswert ist. Die Reaktionen des Publikums zeigten überdeutlich: JOE BONAMASSA wurde als Co-Headliner angesehen und es wäre mehr als gerecht gewesen, diese Erwartungshaltung mit einer längeren Spielzeit plus Zugabe zu würdigen. Einen solchen "Zickenkrieg" erwartet man doch eher in anderen Musiksparten - ein Publikum des "40 plus X"-Spektrums ist solchen Kindereien jedenfalls entwachsen! Zur Ehrenrettung STEVE WINWOODs möchte ich allerdings anmerken, dass ich nicht glaube, dass der Künstler in dieses Spielchen involviert war, zumal er Joe später zu zwei Songs auf die Bühne holte.
Zurück zu JOE BONAMASSAs Auftritt: Als dieser mit "The Ballad of John Henry" in sein Set einstieg, hörte man förmlich die Ketten dieses schwarzen Arbeiterführers, dessen Leben in den US legendenhaft verklärt wird, rasseln. Bonamassa an der Gibson Double-Neck, ganz im Stil eines JIMMY PAGE - das hatte schon etwas... Unglaublich, was der Mann aus seinem Brett herausholzte, auch wenn er gelegentlich "Unterstützung" durch einen Gitarrensynthesizer in Anspruch nahm. Eine nette Spielerei, aber eine durchaus adäquate Möglichkeit, die komplexen Sounds des "The Ballad Of John Henry"-Albums live umzusetzen. Mit "Last Kiss" folgte gleich noch ein Song vom neuen Album, der ebenfalls auf einem sägenden Riff basierte und sehr jammig angelegt war. "So Many Roads" vom 2005er "You and Me"-Album brachte erstmals etwas leisere Töne.
Der 32-jährige, der kurz zuvor noch an einer Halsentzündung laboriert hatte, präsentierte sich, deutlich abgespeckt, in bester Form und machte seinem Spitznamen "Smokin' Joe" alle Ehre. Seine neue Band mit Bassist Carmine Rojas, Drummer Bogie Bowles und Keyboarder Rick Melick spielte sehr tight und mannschaftsdienlich, ohne Glanzpunkte zu setzen - wie auch, wenn gerade einmal 60 Minuten zur Verfügung standen. Bonamassa suchte ständig den Kontakt zum Publikum und wurde seinem Ruf als "Poser" gerecht. Etwas zu kurz kamen für meinen Geschmack die Interaktionen innerhalb der Band - hier stand man dann doch eher nebeneinander.
Für "Further up the road" und "Great flood" brachte Bonamassa dann das junge, britische Rock-Sternchen SANDI THOM auf die Bühne, die gerade mit "The Pink And The Lily" ihr Debüt gab. Nun, ihr Auftritt war Geschmackssache - mir persönlich war ihre Stimme etwas zu gewöhnlich und ihr Auftreten etwas zu scheu.
Danach verschwand die gesamte Band von der Bühne und Bonamassa griff zur Akustischen und mäanderte zwischen Flamenco und Klassik, zwischen laut und leise, ehe er in "Woke up dreaming" vom 2003er "Blues DeLuxe"-Album einstieg und eine furiose Version darbot. Die natürliche Reaktion auf einen solchen Hammer war grenzenlose Begeisterung im Publikum. Im Anschluss folgte mit ZZ TOPs "Just got paid", das mit LED ZEPPELINs "Dazed and confused" korrespondierte, bereits die letzte Nummer des Sets... und der etwas unwürdige Abgang für einen bärenstarken JOE BONAMASSA.
Nach einer gut halbstündigen Umbaupause folgte der "Star" des Abends: STEVE WINWOOD. Der Mann ist seit über 45 Jahren nicht nur ganz dick im Musikgeschäft, sondern hat an der Geschichte ebendieses gewaltig mitgeschrieben... und er nutzte sein Set für einen weit ausholenden Rundblick über sein bisheriges Schaffen. So brachte er neben TRAFFIC- und BLIND FAITH-Nummern sowie einem alten Schinken SPENCER DAVIS GROUP-Tagen auch neuere Songs seiner aktuellen "Nine Lives"-Scheibe.
Neben seiner exzellent besetzten Band glänzte vor allem die Sound-Crew des Briten, die einen wunderbar warmen, transparenten Sound in das Festzelt zauberten. Die geschmackvoll, dezente Lightshow unterstrich zudem den Charakter der Songs eindrucksvoll. Winwoods Band groovte zumeist entspannt, gelegentlich auch zupackend, was vor allem an den beiden Perkussionisten lag.
Ich kann nicht verhehlen, dass mir das Hick-Hack um die nicht gewährte Zugabe Joe Bonamassas ein gewaltigen Dämpfer versetzt hatte, von dem ich mich für den Rest des Abends nicht erholen mochte. [Der geneigte Leser möge mir dies nachsehen, aber derart "professionell abgeklärt" möchte ich niemals werden, dass mir Emotionen nicht auch Streiche spielen könnten.]
Die beiden BLIND FAITH-Nummern "Can't find my way home" und "Sea of joy", aber auch die TRAFFIC-Klassiker "Light up or leave me alone" und "Empty Pages" brachten trotzdem bestes 70ies-Feeling und Erinnerungen an GENESIS zu PETER GABRIELs besten Tagen zurück. "I'm not drowning" vom aktuellen "Nine Lives"-Album fand ebenfalls beste Publikumsresonanz, aber die neueren Nummern waren mir allesamt etwas zu glatt und gefällig arrangiert, und das obwohl Winwood bei "Different Light" ein wahnsinniges Hammond B3-Solo hinlegte.
Höhepunkt war für mich [natürlich], als er JOE BONAMASSA für zwei Songs auf die Bühne holte. Dieser war sichtlich geehrt, für eines seiner Idole spielen zu dürfen. Robert Johnsons "Crossroads" diente als wunderbarer, ellenlanger Jam... Nach kurzweiligen 90 Minuten war Schluss und STEVE WINWOOD ließ sich noch zwei Zugaben abringen. FAZIT: Der Sieger des Abends war für uns trotzdem eindeutig JOE BONAMASSA. Ein schönes Festival mit einem sehr stimmungsvollen Ambiente bleibt in bester Erinnerung!
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Anzumerken bleibt der Dank an Steffen Clauss für die problemlose Akkreditierung - you guys rock!!