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Dead Air Poetry: tomorrow (Review)
Artist: | Dead Air Poetry |
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Album: | tomorrow |
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Medium: | CD/Download | |
Stil: | Artrock |
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Label: | Eigenproduktion | |
Spieldauer: | 52:33 | |
Erschienen: | 21.05.2022 | |
Website: | [Link] |
Der Begriff „Artrock“ ist ja durchaus schwammig.
Sollte Musik nicht grundsätzlich als Kunst verstanden werden? Braucht es da den nachdrücklichen Verweis auf eine „artsy-fartsy“-Ausrichtung der Musik?
Ja und nein.
Der Mensch neigt nun einmal zur Schubladisierung, das ist legitim. Außerdem ist der Begriff im Fall von DEAD AIR POETRY gar nicht mal unpassend.
„tomorrow“ ist ein Konzeptalbum, bei dem es durchaus einer gewissen Einarbeitungszeit bedarf, um die Musik zu erfassen. Um die Intention hinter der Musik greifen zu können, dauert es noch länger. Das liegt einerseits daran, dass stilistische Referenzen nicht so einfach festzumachen sind. Nach einigen Durchläufen tauchen Prog-Größen wie RUSH oder auch PORCUPINE TREE als mögliche musikalische Inspirationen auf.
Andererseits wird das textliche Konzept doch treffend vertont. Es geht um eine Innensicht des Protagonisten, die auf Passivität zurückzuführen ist. Die einzige Figur im textlichen Konzept von „tomorrow“ liegt im Bett und versucht vergeblich einzuschlafen. Diese Person ist ohne besondere Eigenschaften konzipiert und verrennt sich im Zuge des Albumverlaufs immer mehr in einer Sinnkrise.
Dieser Mensch aus der konsumorientierten Mitte ist sich bewusst, dass Konsum nur vermeintlich zu Zufriedenheit führt. Kann allerdings nur kapitalistisch-konsumistische Träume und Ziele entwickeln und reproduzieren. Diese Monotonie möchte er eigentlich hinter sich lassen. Doch er bleibt ratlos, wird sich aber der eigenen Endlichkeit bewusst. Schlussendlich ist er auch zur Analyse fähig, wobei er weiß, dass seine Krise eine Wohlstandskrise ist. Die Conclusio bleibt nebulös und verharrt im Klischee: „Ich muss mich verändern, morgen…“.
Die musikalische Folge dieses Konzepts sind Klänge, die immer wieder Assoziationen zu einer Art Trance wecken. Einem Zustand zwischen Wachen und Schlafen, bei dem nicht ganz klar ist ob die vermeintlichen Erlebnisse und Gedanken jetzt in der physischen Welt stattfinden oder nur Einbildung sind.
Eine weiterführende Frage zu diesem Konzept, die sich unweigerlich stellt, ist: Was ist Realität?
Ist ein Traum schon nicht mehr real?
Oder ist es genau andersherum und der Traum ist eigentlich die wirklich erlebte Welt?
Musikalisch schlägt „tomorrow“ einige Haken und vertont die jeweilige Stimmung der Texte doch recht passend. Fragen nach einem tieferen Sinn werden in tendenziell schwermütige Melodien gekleidet (u.a. „ordinary“), hier und da findet sich aber auch energischer Groove, der mögliche Aufwach-Momente suggeriert und doch hat das Album keinen herkömmlichen Spannungsbogen.
Vielmehr sind die einzelnen Stücke in sich geschlossene Werke mit jeweils eigenwilliger Dynamik, die je nach textlicher Thematik in andächtigen Ruhemomenten verharrt, während an anderer Stelle relativ geradlinig gerockt wird (z.B. „remain in silence“). Diese Geradlinigkeit ist aber eher die Ausnahme, denn in sämtlichen Songs finden sich abgehackte Breaks, Groove- und Rhythmuswechsel.
Der vereinende Klebstoff, der die Musik nicht im Wirrwarr enden lässt, sind einerseits die Gitarrenmelodien und andererseits der oft zweistimmige Gesang. Durch diese stimmliche Konsistenz bekommt das Album doch sowas wie einen roten Faden. Auch wenn es einige Zeit dauern kann, bis sich Konzept und Musik voll erschließen.
Die grundsätzlichen Eigenheiten, die in den Stimmen von Eva Hilchenbach, Holger Tomaschewski und Ben Kölzer liegen, sind zwar Geschmacksache, allerdings passen sie doch recht gut zum gebotenen Konzept der Musik. Selbst wenn es etwas dauert, bis man als potenzieller Hörer mit den stimmlichen Darbietungen warm wird.
FAZIT: DEAD AIR POETRY präsentieren auf „tomorrow“ eine eigenwillige musikalische Mixtur. Daher kann es einige Zeit in Anspruch nehmen, bis der Hörer mit den Songs warm wird. Allerdings ist der Band trotzdem ein Album gelungen, das sich nicht leicht in eine musikalische Schublade stecken lässt und somit in erster Linie recht eigenständig klingt.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- lullaby
- counting heartbeats
- black hole
- awake
- privatized
- remain in silence
- still
- hollow
- ordinary
- the frame
- Bass - Ben Kölzer
- Gesang - Eva Hilchenbach, Holger Tomaschewski, Ben Kölzer
- Gitarre - Holger Tomaschewski
- Schlagzeug - Dirk Tomaschewski
- tomorrow (2022) - 9/15 Punkten
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