Huch, was ist denn hier passiert? Michael Carrington "M.C." Taylor, Frontmann der fabelhaften Folkrock-Band HISS GOLDEN MESSENGER, war zuletzt ja nicht besonders gut aufgelegt. Donald Trump im Weißen Haus, der allgegenwärtige Rassismus, die irrsinnige Waffengewalt, die tiefe Spaltung seines Landes - Taylor machte aus seinem traurigen Herzen in den sozialen Medien keine Mördergrube und seinem Zorn so manches Mal klar und deutlich Luft. Jetzt aber ein Album mit dem schönen, positiven Titel "Jump For Joy" - wo doch "vor Freude an die Decke springen" jahrelang nicht typisch war für diesen melancholischen US-Singer-Songwriter aus North Carolina. 

Das Cover-Artwork der Platte mit zwei fröhlichen Kids deutet ebenfalls auf einen Stimmungswandel bei Taylor hin, der selbst Vater ist und das Familienleben so sehr schätzt, dass ihn die längere Abwesenheit wegen Konzerttourneen noch niedergeschlagener macht.

Zu den "Freudensprüngen" des Albumtitels passt dann auch die (zumindest großenteils) aufgekratzt-lässige Musik in 14 Songs und instrumentalen Vignetten eines erneut ganz tollen Americana-Albums, das - wie zuletzt des öfteren bei HISS GOLDEN MESSENGER - zu den Aushängeschildern des traditionsreichen Genres gehört. 

Schon die im Grunde sehr pessimistischen Vorgängerwerke "Hallelujah Anyhow" (2017), "Terms Of Surrender" (2019) und "Quietly Blowing It" (2021) waren - rein musikalisch - vor Spielfreude und Melodienreichtum nur so sprühende Platten. Spätestens mit diesem Meisterstück-Dreier, das dem Folk und dem Blues viel Südstaaten-Soul, Funk und Gospel beimischte, wurden HISS GOLDEN MESSENGER, Taylors Nachfolgeband von The Court & Spark, zu einer der besten Studio- und Live-Gruppen der USA. Und sogar immer populärer bis in dem Mainstream hinein, inklusiver Grammy-Nominierung.

Auf die Frage, ob er sich mit "Jump For Joy" nun bewusst locker gemacht habe, sagte Taylor dem britischen Musikmagazin "Uncut" (September-Ausgabe): "Ja, so war es. Es gab da einen festen Willen zur Erkenntnis, dass wir Spaß haben und Leute glücklich machen wollen, dass wir sie mitnehmen und erheben wollen für die Spieldauer einer Platte - trotz der Dunkelheit in einigen Liedern. Wir werden diese Songs an Orten voller Menschen spielen - also wollten wir ihnen etwas schenken, um sich zu bewegen und nicht immer nur nachzudenken." 

Zum Reflektieren einer oft tristen Gegenwart gibt es immer noch Gelegenheit beim Hören des neuen Albums von HISS GOLDEN MESSENGER - aber "Jump For Joy" ist insgesamt nicht so runterziehend wie der enorm starke, aber auch enorm schwermütige Vorgänger "Quietly Blowing It". Der christlich grundierte (jedoch nie religiös dogmatische) M.C. Taylor ist und bleibt ein kluger, sensibler Texter, etwa in gedimmten Liedern wie "Jesus Is Bored" oder "My Old Friends". Aber er lässt eben auch mal eine zuletzt ungewohnte Albernheit raus, so in den Lyrics und im Video zu"Nu-Grape" (einem aktuellen Songfavoriten von Elton John, worüber sich Taylor kürzlich wie ein kleiner Junge freute).

Wenn man Referenzpunkte für den aktuellen Sound von HISS GOLDEN MESSENGER nennen soll, landet man schnell bei einigen ganz Großen der US-amerikanischen Musik - das gilt auch wieder für "Jump For Joy". Als wenn Little Feat und The Band (deren kürzlich gestorbenem Gitarristen Robbie Robertson Taylor glaubhaft  hinterhertrauerte) irgendwann mit Ray Charles und Curtis Mayfield gejammt hätten, so ähnlich hört sich das an. Vergleichbar erdig und groovy wie beispielsweise im Opener "20 Years And A Nickel", im herrlich bläserverzierten "I Saw The New Day In The World" oder im abschließenden Folk-Soul-Kracher "Sunset On The Faders" spielt in den Staaten keine andere (zumal weiße) Band. 

FAZIT: Die düsteren Trump-Jahre haben den US-Folkrocker M.C. Taylor traurig und die Songs seiner Americana-Band HISS GOLDEN MESSENGER noch schwermütiger gemacht. Mit "Jump For Joy" lässt der Südstaaten-Musiker nun mehr Licht in seine Lieder - und das hört jeder gern, der sich zuletzt Sorgen um Taylor gemacht hatte. Wie gut werden diese Studio-Tracks zwischen Folk, Southern Rock, Blues, Soul und Gospel erst live klingen! Denn auch auf der Konzertbühne sind HISS GOLDEN MESSENGER in ihrem Element, wie zuletzt die bisher nur bei Bandcamp erschienenen Gig-Mitschnitte "Foward, Children" und "School Daze" zeigten.