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Antoni: Holding Tight Lightly (Review)
Artist: | Antoni |
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Album: | Holding Tight Lightly |
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Medium: | LP/Download | |
Stil: | Singer/Songwriter, Folk, Folkpop, Artpop |
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Label: | sonocraft | |
Spieldauer: | 41:59 | |
Erschienen: | 19.04.2024 | |
Website: | [Link] |
Vermutlich sind viele der Tracks, die die aus Ilmenau in Thüringen stammende Songwriterin ANTONI auf ihrem bemerkenswerten Debüt-Album „Holding Tight Lightly“ versammelt, als schüchterne, kleine Folk-Skizzen geboren worden, wie sie ANTONI gelegentlich noch als Ruhepausen zwischen ihren produktionstechnisch dann voluminöser angelegten Song-Epen platziert. Es ist dabei gar nicht so, dass bei den Tracks „The Lampions Shadows Swing“, „Thin Ribbon“ und „Morning Song“ irgend etwas zu fehlen scheint. Stattdessen braucht die Musikerin nur zwischen einer und anderthalb Minuten, um mit den fast schon zärtlich anmutenden Beschreibungen kleiner, intimer Szenarien eine Stimmung zu erzeugen, die den emotionalen Tenor des gesamten Albums als Basis und Startpunkt für Größeres festlegt. Und dieses „Größere“ sind dann Stücke wie der vorab als Single-Track veröffentlichte Song „Convoys“, der mit jazziger Leichtigkeit, einer transparenten Produktion, Kammerpop-artigen Akzenten und einschmeichelndem Gesang zum Lustwandeln in alternativen Traumwelten einlädt.
Was also auf akustischer Basis seinen Ursprung als Folk- oder Folkpop-Song fand, führt durch die Hinzunahme produktionstechnischer Elemente dazu, dass die oft zerbrechlich wirkenden Reflexionen über Seinszustände, Entfremdungen, Erinnerungen, Utopien, Beziehungen, den Lauf der Zeiten und des Lebens und nicht zuletzt immer wieder die bereits im Titel deutlich werdenden Widersprüche den Hörer auf der musikalischen Seite in völlig neue Dimensionen entführen.
Hier liegt auch der Verdienst des Produzenten CAN GÜNGÖR, der das Album in Zusammenarbeit mit ANTONI im Istanbuler ?en Bakkal-Studio auf der asiatischen Seite des Bosporus betreute. Der Ort hat zwar keine direkten stilistischen Auswirkungen, jedoch scheint im Studio eine ganz spezielle Atmosphäre geherrscht zu haben, die dazu führte, dass die mit türkischen Musikern eingespielten Tracks besonders transparent und raumergreifend in Szene gesetzt wurden – was den Eindruck des perfekt inszenierten musikalischen Eskapismus auch produktionstechnisch unterstützt.
Wem übrigens insbesondere die mit Streichersätzen unterlegten Beiträge unterschwellig bekannt vorkommen, dem sei gesagt, dass der norwegische Songwriter, Komponist und Orchester-Leiter EINAR STRAY bei einigen Songs als Arrangeur, Berater und Keyboarder mit an Bord war. Diese Verbindung kam dadurch zustande, dass ANTONI vor der Pandemie das EINAR STRAY ORCHESTRA als Support-Act auf Tour begleitete und man sich menschlich und musikalisch auf einer Wellenlänge sah.
Stilistisch ist das Album „Holding Tight Lightly“ nicht ganz einfach zu greifen. Sicherlich sind die Basis für die meisten Tracks klassische Folk-Songs, die ANTONI mit poetischer Note und jazziger Verstiegenheit zum Ausgangspunkt für die darauf aufbauenden Arrangements verwirklichte. Neben den von EINAR STRAY mit voluminösen Orchester-Arrangements angereicherten, vorab als Singles veröffentlichten, psychedelisch aufgebohrten Artpop-Tracks „Fossil“, „New Arpeggio“ und „Judith“ sind es dann vor allen Dingen Songs wie das mit Trip-Hop-Flair unterlegte „Where Do I Begin“, das mit jazzigen Breaks anreicherte „Shallow Banks“, der mit Drum'n'Bass-Beats ausgestattete Titeltrack oder das im klassischen Westcoast-Setting angelegte „Made Up Of Words“, die die erstaunliche Bandbreite an musikalischen Stimmungen und Stilistiken offenbaren, die auf dem Album zum Einsatz kommen.
Gesanglich offenbart ANTONI eine den unterschiedlichen Stimmungen der Songs angepasste Wandlungsfähigkeit und zeigt, dass sie auch mit einer Band und einem Orchester im Rücken als Vokalistin bestehen kann. Am Eindringlichsten wirken dabei aber dennoch ihre Einlassungen bei den immer wieder eingeflochtenen, zurückhaltenden Whisper-Folk-Episoden, die so intim ausfallen, dass schon das bloße Zuhören als aufdringlich empfunden werden könnte.
FAZIT: Nicht dass ANTONI, Produzent CAN GÜNGÖR sowie Musikerkollege und Arrangeur EINAR STRAY mit „Holding Tight Lightly“ musikalisch grundsätzlich neue Wege beschritten – nur ist es so, dass man Produktionen wie diese weder mit Leipzig, noch Oslo und schon gar nicht Istanbul in Verbindung brächte, wo die Musik von ANTONI entstand, sondern eher mit dem klassischen Laurel-Canyon-Westcoast-Sound, der dereinst von JONI MITCHELL etabliert wurde und der auch heutzutage noch seine Existenzberechtigung hat. In diesem Sinne ist ANTONI & Co. mit diesem bemerkenswerten Debüt-Album ein wirklich überzeugender musikalischer Coup mit international bestandsfähigem Flair gelungen.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Meteor Swarm
- Ascending Rivers
- Convoys
- Where Do I Begin
- Made Up Of Words
- Thin Ribbon
- New Arpeggio
- Fossil
- Shallow Banks
- Holding Tight Lightly
- Judith
- Outro
- Gesang - Antoni
- Gitarre - Antoni, Ertugrol Güney
- Keys - Einar Stray
- Schlagzeug - Can Güngör
- Holding Tight Lightly (2024) - 12/15 Punkten
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