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Arbeitsgruppe Lobotomie: Etikettenschwindel (Review)

Artist:

Arbeitsgruppe Lobotomie

Arbeitsgruppe Lobotomie: Etikettenschwindel
Album:

Etikettenschwindel

Medium: CD
Stil:

Deutsche Härte der Marke Rammstein trifft auf elektrifizierten Rock und provokante Texte erster Güteklasse

Label: Legwespenprodukte
Spieldauer: 61:26
Erschienen: 24.08.2024
Website: [Link]

„Vorsicht! Diese Gewalttäter machen von ihrem Gehirn rücksichtslos Gebrauch!“ (ARBEITSGRUPPE LOBOTOMIE im Inneren ihres dreiflügeligen Digipak)

Willkommen im Irrenhaus der ARBEITSGRUPPE LOBOTOMIE, in welchem der musikalische Grundsatz gilt: Deutsche Härte der Marke Rammstein trifft auf provokante Texte erster Güteklasse – oder um es in den AGL-Worten noch deutlicher auszudrücken: „Der Sound ist fetter als bei Rammstein und die Texte kritischer als bei den Ärzten.“
Allein hinter dieser Behauptung steckt eine riesige Herausforderung, der sich dieser ordentlich auf die Quote achtende (Zwei Musiker treffen auf zwei Musikerinnen) Band mit ihrem 'Satirischen Bewegungs-Metal aus dem schwarzen Bayern' stellt und dabei neben aller Provokation gehörig zu punkten versteht. Auch wenn sich die Rhythmen oftmals wiederholen und auf harte Gitarren sowie fette Bässe, die bis zum Umfallen die über 60 „Etikettenschwindel“-Minuten prägen, setzen und genau dort weitermachen, wo der Album-Vorgänger „Unerhört!“ vor gut einem Jahr aufhörte und selbst solch hochexplosive Themen wie die „Euthanasie“ nicht aussparte.


Schon das aktuelle Album-Cover mit der weltberühmten 'Nichts sagen; Nichts sehen; Nichts hören'-Weisheit der drei Affen (In diesem Falle durch drei der vier Musiker dargestellt!) sagt neben dem Albumtitel „Etikettenschwindel“ mehr als tausend Laberworte, die wir heutzutage ständig zu hören bekommen und emsig bemüht dabei sind, dass uns nicht aus Versehen ein politisch unkorrektes Wort über die Lippen rutscht, welches einen Shitstorm entfacht. Die Diktatur der Sprache ist eben selbstgemacht.
Noch extremer wird es bei einem noch genaueren Blick auf den Cover-Hintergrund, in dem wir beispielsweise neben einer 'Flinten-Uschi' auch unseren Schlumpf-Kanzler mit Augenklappe und Erinnerungslücken sowie die schön gestylte Annalena, für die ihr Outfit, damit sie nicht wie eine Totengräberin aussehen muss, das wichtigste und von den Steuerzahlern bestens bezahlte Anliegen ist, während sie sich lächelnd und gebieterisch vor Kriegsgerät nieder- sowie, optisch bestens in Szene gesetzt, fotografieren lässt, und noch so einige andere politische wie wirtschaftliche Egomanen (Trump, Musk usw.) zu entdecken gibt, denen Macht über Verstand geht.
Oh ja, wir dürfen uns erneut bei diesem insgesamt dritten AGL-Album beruhigt zurücklehnen und darüber freuen, dass sich die ARBEITSGRUPPE LOBOTOMIE weltverbessernd wie kapitalismuskritisch treu bleibt, egal, ob es um ihre deutlich an RAMMSTEIN und EISBRECHER (aber auch LAIBACH) orientierte Musik oder die vor herrlichen Provokationen nur so strotzenden Texte geht, die sich am Ende des Albums mit dem letzten Song bestens zusammenfassen lassen: Wir werden hier nur noch „Verarscht“!


Zu jedem Song gibt’s im Booklet einen Begleittext. So gehen AGL sicher, dass sie bei ihren mitunter zynischen Texten nicht von irgendwelchen Demagogen oder selbst ernannten Moralaposteln falsch verstanden werden. Denn diejenigen, die einem tatsächlich permanent vorzuschreiben versuchen, was man zu sagen und zu tun hat, sind tatsächlich Demagogen, die sich noch dazu hinter irgendwelchen moralischen Grundsätzen verstecken, welche sie oftmals tatsächlich selber aufgestellt haben. Und wenn solche Leute dann auch noch Innenminister oder Kanzler sind, dann wird es immer finsterer in dem Land, für das sie die politische Verantwortung tragen.
Hier setzen AGL immer wieder an, treten für die Schwächeren in der Gesellschaft, die sich nicht wehren können, oder für das Klima, das sich genauso wenig wehren kann, ein, ohne dabei politischen Schaumschlägern – egal ob Grün oder Links oder Liberal oder Rechts – Bekenntnislyrik zu bieten. Oder wie sie es in dem eindrucksvoll gestalteten 16-seitigen Booklet in einer Art von Vorwort ausdrücken, nachdem sie sich dafür bedankt haben, „dass du dir noch die Mühe machst, eine CD zu öffnen und zu lesen, was im CD-Heftchen steht“: „Es ist, als diskutiere man, einen Fallschirm zu nähen, nachdem man aus dem Flugzeug gesprungen ist. Im freien Fall...“

So wird im Grunde, nach dem bereits gewohnten Album-Intro, jeder Song ein kritischer Wegweiser, der uns aufzuzeigen versucht, wie es zu diesem freien Fall kommen konnte. Und dass die AGL der „Störfunk“ eines angeblich funktionierenden Systems sind, weil die Zeit für Fallschirme eben vorbei – dafür aber die Zeit von „Etikettenschwindel“ der ARBEITSGRUPPE LOBOTOMIE längst angebrochen ist, die beispielsweise mit „Ihr habt gesagt“ noch einmal laut und deutlich darauf hinweisen: „Schon immer hat man dem Volk Geschichten erzählt / Und selten dabei auch mal die Wahrheit gewählt...“

FAZIT: Auch auf ihrem dritten Album vereint die ARBEITSGRUPPE LOBOTOMIE elektronische Rockmusik im RAMMSTEIN/EISBRECHER-Stil mit Männer- und Frauengesang, Metal-Gitarren, satirischen, provozierenden Texten und treibende Rhythmen, die auf einen tanzbaren wie harten Beat setzen und nie ein Blatt vor den Mund nehmen, wenn es darum geht, den Finger in die gesellschaftspolitische sowie freimarktwirtschaftliche Wunde unserer Zeit zu legen. Natürlich werden hierbei fast durchgängig musikalische RAMMSTEIN-Klischees bedient – und wer damit ein Problem hat, der wird mit der ARBEITSGRUPPE LOBOTOMIE nicht glücklich werden. Wer allerdings auf solche Musik abfährt und Wert auf wirklich starke, knallharte Texte legt, der wird Ohren und Augen machen sowie sich „Etikettenschwindel“ im CD-Player dreht und man genüsslich das fette Booklet mit allen Texten in seinen Händen hält, um mit den AGL-Worten verabschiedet zu werden: „Somit haben wir jetzt vertont, was wir betonen wollten und hören, welche Töne kommen werden, wenn wir nicht bis dahin sterben.“

PS: Übrigens präsentieren AGL ihr Album am 24. August live im Münchner 'Backstage' und zur Feier des Tages verlosen wir dazu direkt unter unserer Startseite zwei signierte „Etikettenschwindel“-CDs. Eine mehr als lohnenswerte Sache!


Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 2362x gelesen, veröffentlicht am )

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  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Wertung: 11 von 15 Punkten [?]
11 Punkte
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Tracklist:
  • Intro
  • Störfunk
  • Das Produkt
  • Nazis Raus
  • Verarscht (echt)
  • Statisten und Artisten
  • Geld Macht Gier
  • Marionettentheater
  • Das Dunkel des Lichts
  • Ihr habt gesagt
  • Doppelmoral
  • Für Elite
  • Teilt
  • Das böse Wort mit A
  • Weit hinaus
  • Verarscht

Besetzung:

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