Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Frumpy: Live NinetyFive (Review)

Artist:

Frumpy

Frumpy: Live NinetyFive
Album:

Live NinetyFive

Medium: CD
Stil:

Progressive-, Retro- und Blues-Rock

Label: MIG music
Spieldauer: 70:57
Erschienen: 29.11.2024
Website: [Link]

1988 wurde für viele FRUMPY-Fans ein seit 18 Jahren ausgeträumt erscheinender Traum tatsächlich doch wahr. FRUMPY vereinten sich in Originalbesetzung und die Hoffnungen auf eine neue Zukunft im zweiten Anlauf der „How The Gipsy Was Born“-Legenden waren groß. Nur wurden diese dann doch ein wenig mit der ersten LP „Now“, die 1990 entstand, und noch dazu mit einem Auftritt in der 'ZDF Hitparade' mit „We Can Sing A Song“ doch ziemlich konterkariert.
Waren 'die alten FRUMPY' wirklich wieder zurück?
Oder sollte das FRUMPY-Rückgrat an dem/der eigenen Rumpf zerbrechen?


Oh Schreck!
Wo waren nur der „Indian Rope Man“ geblieben und das Feeling eines Jahrhundert-Longtracks wie „How The Gipsy Was Born“ oder wenigstens dieses „By The Way“-Gefühl, das man in den Endsechzigern so sehr liebte – und den FRUMPY nach drei erfolgreichen Studio-Alben und einer Live-Doppel-LP sowie ihrer Auflösung im Jahr 1972 Anfang der 1990er-Jahre zu verlassen schienen.
War das noch ihr Weg, den sie da einschlugen – oder waren sie von dem Weg abgekommen, den die alten Fans so liebten?

Nur fünf Jahre später konnte tatsächlich Entwarnung gegeben werden, denn das insgesamt zweite Live-Album „Live NinetyFive“ von FRUMPY erschien und setzte auf altbewährte Musik-Zutaten und neue Technik. Das entschädigte für „We Can Sing A Song“ (Der Song fehlt glücklicherweise natürlich auf dem Live-Album!) und weckte Hoffnungen auf eine weitere güldene FRUMPY-Zukunft, die dann auf jämmerliche Weise von FRUMPYs Frontfrau (Nachzulesen in der Biographie „Meine 40 Jahre in der deutschen Rockmusik“ des FRUMPY-Keyboarders Jean-Jaques Kravetz) zerstört wurde und zur Zerrüttung zwischen Mitgliedern der Band und Blues-Röhre Rumpf, die damals wieder mehr auf Schlagerhaft-Poppiges setzte, führten.


Hierauf geht auch Jean-Jacques Kravetz in seiner echt lesenswerten und auskunftsreichen Autobiographie „Meine 40 Jahre in der deutschen Rockmusik“ sehr ausführlich ein: „Wir erhielten nach unseren Live-Auftritten ein Angebot von A.S.S. über zwanzig Konzerte mit einer sechsstelligen Garantiesumme. Klar, dass alle gleich zusagen wollten – alle, bis auf eine: Inga bat sich ein paar Tage Bedenkzeit aus, denn sie hatte noch was mit der NDR-Bigband am Laufen, ein deutsches Album und was weiß ich was sonst noch. Nur wurden die paar Tage immer mehr, und Inga ließ leider nichts von sich hören. […] Aber bald kam dann ein ziemlich dunkler Moment, denn Inga teilte uns ohne jegliche Begründung mit, dass sie überhaupt nicht mehr mitmachen würde, und somit musste die Tour abgeblasen werden. Darauf faxte ich ihr einen vierseitigen Brief, den ich immer noch in meiner Schublade habe. In diesem Brief habe ich meine ganzen Gefühle auf den Tisch gelegt – hier ein Miniausschnitt: 'Liebe Inga, bitte überdenke ganz genau, ob du zum zweiten Mal der Band den Rücken kehrst. Sonst fürchte ich, dass ich nie mehr mit dir in diesem Leben gemeinsam auf einer Bühne stehen werde. Das wäre sehr traurig, weil du für mich immer noch die größte Sängerin bist.'“


Nach diesem leidenschaftlichen Brief kam es, besonders auch durch den intensiven Einsatz von Carsten Bohn, noch zu einem Treffen mit Inga Rumpf, das wenigstens zur Folge hatte, dass genau dieses großartige Live-Album „Live NinetyFive“ doch noch veröffentlicht werden konnte, wozu wir von Kravetz in seinem Buch erfahren: „Und was sollte aus den Hamburger Live-Aufnahmen werden? Um das zu klären, machte Carsten Inga Druck, damit wir uns noch einmal trafen. Die Zusammenkunft fand im 'Legendär' statt, dem ehemaligen 'Onkel Pö'. Hier legte uns Carsten ein handfestes Angebot von SPV für ein Live-Album vor. SPV ist eine deutsche Plattenfirma aus Hannover, die sich mit Rockmusik und Rhythm and Blues sehr gut auskennt und einen sehr gut funktionierenden Vertrieb hat. Da waren wir uns ausnahmsweise alle sofort einig, sodass die 'Live NinetyFive'-CD noch 1995 bei SPV erscheinen konnte. Das war das letzte Mal, dass wir alle gemeinsam an einem Tisch saßen. Als ich den Laden verließ, ging es mir nicht sonderlich gut, denn es war nun wirklich aus mit Inga und FRUMPY.“


Auf jeden Fall zeigt uns dieses Live-Album, dass die 'alten' FRUMPY es noch, wenn sie auf ihre alten Qualitäten zurückgriffen, absolut draufhatten. „Live NinetyFive“ und das 23 Jahre zurückliegende mit den Live-Aufnahmen des Jahres 1972 offenbarten, welch unglaubliches Potenzial hinter dieser Band schlummerte, die von ihren Fans noch immer heiß geliebt und mit viel Hoffnung versehen wurde. Und wie heiß (und unglaublich professionell) die Musiker da anno 1995 waren, hört man mit jedem Ton, sodass die Euphorie, die im Publikum nach „How The Gipsy Was Born“ ausbricht, eine mehr als deutliche Sprache spricht.


Noch dazu stand hier die FRUMPY-Ursprungsbesetzung auf der Bühne und durften sich leidenschaftlich austoben, wobei als 'Gast' auch Frank Diez jede Menge Gitarren-Soli zelebrieren oder Schlagzeuger Carsten Bohn am Schlagzeug in „Come On“ und „Friends“ solistisch die Felle bearbeiten durfte. Auch muss es magisch gewesen sein, dass bei diesem Konzert Vater und Sohn Kravetz zugleich die Tasten drückten und unfassbar faszinierende Keyboard-Wunder leisteten sowie den Beweis dafür erbrachten, wie wichtig für FRUMPY gerade die schwarzen und weißen Tasten waren, die dem Band-Sound etwas Unvergleichliches verliehen. So etwas kannte man – wenn überhaupt – vielleicht noch von einem BRIAN AUGER oder GRAHAM BOND und JON LORD.

Wie nur hätte das weiter gehen können mit dieser Kombination aus fettem Blues-, verkrauteten Prog- und psychedelischem Retro-Rock mit einer gehörigen Prise Soul, in deren Mittelpunkt immer wieder das unvergleichliche Kravetz-Orgelspiel und die Rumpf-Stimme standen?

Ja, wie hätte?
Doch eine Antwort auf diesen Konjunktiv blieben uns FRUMPY leider schuldig, obwohl ihre Zukunft zu dieser Zeit schon bestens vorgeplant erschien. Doch es gab eine in ihren Reihen, die ihnen eben einen unerbittlichen Strich durch diese großartige Rechnung, welche sicher nicht nur die Band, sondern auch jede Menge Fans glücklich hinterlassen hätte, zog: INGA RUMPF. Eine Frontfrau, die sich als FRUMPYscher Sargnagel etablierte, indem sie völlig überraschend aus für die Band anfangs schleierhaften Gründen, einen Rückzieher machte, der nicht nur FRUMPY sondern auch das Verhältnis zwischen ihr und den verbleibenden Bandmitgliedern mehr als anknackste.


Dabei hätten FRUMPY vielleicht doch den Mut besitzen sollen, ohne Frau Rumpf weiterzumachen und die „Dreams Come True“ wahrmachen sollen, die ihre Frontfrau als Ballade gar nicht mal so gut aussehen ließ. Nur diese einzigartige Stimme zu ersetzen, wäre zwar schwer, aber wohl nicht unmöglich gewesen. Ein intensiver Blick in Richtung Osten bis hin zu der unbeschreiblich fantastischen (aus dem Jazz kommenden) Pascal von Wroblewsky wäre dabei vielleicht recht hilfreich gewesen.

So bleibt dieses großartige Live-Album (mit dem nicht wirklich gelungenem Zahnleisten-Cover) nur eine Erinnerung an die 1969 gegründete Band, die bei ihrer Trennung 1972 schon auf dem Weg zur Legende gewesen war und diese nach dem zweiten Anlauf mit der 95er-Live-Platte „Live NinetyFive“ wahrscheinlich auch endgültig hätte werden können, wenn ihre Frontfrau sie nicht dermaßen hätte hängen lassen und ihren laut ausgesprochenen, auf der CD nachhörbaren Satz „Ich liebe euch alle!“ - der (K)Ossi denkt dabei an den letzten verbrieften Satz des Stasi-Obergurus Erich Mielke - als offensichtliche Unwahrheit erweist.


FAZIT: Eigentlich war es anno 1995 eine Sensation und ein kleines Wunder zugleich, wie sich, einem Phoenix aus der Asche gleich und nach über 20 Jahren Sendepause, FRUMPY wieder erhoben und dieses „Live NinetyFive“-Album nach mehreren unglaublich starken, sich deutlich an der Vergangenheit orientierenden Konzerten, veröffentlichten. Eine neue Zukunft, basierend auf der fast legendären Vergangenheit von 1969 – 1972, zeichnete sich am krautig-psychedelischen Blues-Rock-Firmament ab. Vieles war danach geplant. Vieles wäre möglich gewesen. Nichts aber ist daraus geworden, weil die FRUMPY-Frontfrau INGA RUMPF überraschend andere musikalische (in diesem Falle gänzlich unbedeutende) Wege einschlug. Dieses Album ist auf jeden Fall der lebendige, klangvolle Live-Beweis dafür, welch krasser Verlust für Musiker und Fans dieses FRUMPY-Aus bedeutete. Auf jeden Fall gehört „Live NinetyFive“ in die Sparte der besten Live-Alben aller Zeiten, die nach diesem überraschenden Abgang eine riesige Lücke hinterließ...

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 242x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • Loverman
  • Get Together
  • Amazone Dreams
  • In And Out Of Studios
  • How The Gipsy Was Born
  • When I Fall In Love
  • Everyday Song
  • Come On
  • Friends
  • Dream Come True
  • Backwater Blues

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Wobei handelt es sich nicht um ein Getränk: Kaffee, Tee, Bier, Schnitzel

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!