Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Das war 2013 - Der Musikreviews-Jahresrückblick

06.01.2014

Der Jahreswechsel ist die Zeit der Rückblicke und auch wir möchten unseren Lesern nicht vorenthalten, was uns im Jahre 2013 in erster Linie musikalisch, aber auch persönlich bewegt hat. Dieses Mal präsentieren fünf Redakteure ihre höchst subjektiven Eindrücke eines spannenden Jahres.

Andreas Schulz (Profil): Das musikalische Jahr 2013 begann mit einem Paukenschlag und einer Meldung, die gleichermaßen Bestürzung wie Erleichterung auslöste. Am 25. Januar wurde bekannt gegeben, dass THE DEVIL'S BLOOD in das Nichts, aus dem sie einst gekommen waren, zurückgekehrt sind. Das mag so manch einer mit einem Achselzucken hingenommen haben, andere werden froh gewesen sein, dass der vermeintliche Hype endlich ein Ende gefunden hatte, die Anhänger wiederum waren entsetzt. Das Ende der Band fiel in die Produktionsphase des dritten Albums, das schließlich im Juni unter dem Titel "III: Tabula Rasa Or Death And The Seven Pillars" in halbfertigem Zustand veröffentlicht wurde und die Band musikalisch gereift zeigte. Ich persönlich empfand das Ende der Band mehr als bedauerlich, auch wenn Selim Lemouchi mit seinen "Feinden" weiterhin spannende Musik macht, nachzuhören auf der EP "Mens Animus Corpus" und dem Debütalbum "Earth Air Spirit Water Fire".

Neben THE DEVIL'S BLOOD war eine Band in den letzten Jahren für mich von erheblicher Bedeutung, nämlich WATAIN. Die haben mit "The Wild Hunt" ihr mit Spannung erwartetes fünftes Album in 2013 veröffentlicht und damit überraschend stark polarisiert. Weniger Schwärze, mehr Epik und gar balladeske Klänge - damit stieß man nicht nur auf Gegenliebe. Für mich ist es trotzdem das Album des Jahres und besonders die Auflage in der edlen Box ist ein Schmuckstück in meiner Sammlung. Für Dezember 2013 war eigentlich die Livepräsentation auf deutschen Bühnen angedacht, die jedoch wurde abgesagt. Eine offizielle Begründung gab es nicht, aber man darf wohl davon ausgehen, dass die Konzerte wegen des schleppenden Vorverkaufs abgesagt wurden. Verantwortlich dafür dürfte die Marek Lieberberg Konzertagentur sein, die viel zu hohe Ticketpreise ausgerufen hatte und damit ein Problem verdeutlichte: der deutsche Metalfan wird allzu gerne von den Veranstaltern gemolken. Ob sich daran in der nächsten Zeit etwas ändern wird, darf getrost bezweifelt werden.

Manch einer war im übrigen der Meinung, dass WATAIN inzwischen nichts mehr oder nur noch sehr wenig mit Black Metal zu tun haben. Ob das so ist, sei dahingestellt. Ganz sicher dem Black Metal zuzuordnen ist die tschechische Band CULT OF FIRE, die mit "Ascetic Meditation Of Death" (so die englische Übersetzung des sanskritischen Albumtitels) ein Meisterwerk veröffentlicht hat und auch das Release-Konzert im Essener Turock im Dezember war eines der Jahreshighlights in Sachen Konzerte. Wo wir gerade beim Thema sind, ein erster Höhepunkt der Livesaison war das von Wolf-Rüdiger Mühlmann veranstaltete Hell Over Hammaburg-Festival, das in 2014 seine Fortsetzung erleben wird. Ein Erlebnis der besonderen Art war auch das AVANTASIA-Konzert in Oberhausen, bei dem die Band satte drei Stunden auf der Bühne stand - das hatte Tobias Sammet zuvor bei der Listening Session zum neuen Album "The Mystery Of Time" so versprochen und er hat Wort gehalten. Beim wie immer tollen Rock Hard Festival an Pfingsten bewiesen AUDREY HORNE, dass sie nicht nur auf dem aktuellen Album "Youngblood", sondern auch auf der Bühne in Topform sind.

Wie sich BEASTMILK auf der Bühne schlagen, wird man hierzulande erst im Frühjahr 2014 überprüfen können, der Newcomer des Jahres hat aber mit "Climax" ein Debütalbum vorgelegt, das das Zeug zum Klassiker hat und das Postpunk-Revival zur Tatsache werden lässt. Dass der vermeintlich kritische Musikfan hier umgehend "Hype!" kräht, wird die Finnen wohl einen Dreck scheren. Den Postpunk haben im übrigen auch IN SOLITUDE in ihren Sound einfließen lassen, wie das dritte Album "Sister" eindrücklich belegt. Aber auch daran haben sich die Geister geschieden.

Zwei weitere Live-Events sollen nicht unberücksichtigt bleiben. Zum einen das Wacken Open Air, an dem wie üblich jeder etwas auszusetzen hatte, auch wenn man gar nicht dabei war. Natürlich ist Kritik an diesem Massen-Event mit seinen vielen "Metal-Touristen" durchaus angebracht, aber angesichts der spektakulären Shows von RAMMSTEIN und NIGHTWISH (die auf "Showtime, Storytime" veröffentlicht wurde) kann man über so manches, was nicht perfekt war, hinwegsehen. Das gilt nicht für das IRON MAIDEN-Konzert, das im Juli in Oberhausen stattfand. Bei brüllender Hitze und keinerlei Schatten waren die Thekenkräfte an den viel zu wenigen Getränkeständen auf dem staubigen Schottergelände an der KöPi-Arena völlig überfordert und trotz der tollen Setlist war das Konzert wegen des miserablen Sounds mehr als nur eine Enttäuschung. Und das für 70€. Womit wir wieder bei der Melkkuh "Metalfan" angekommen wären...

Soweit mein kurzer Überblick über das hervorragend besetzte musikalische Jahr 2013 - kaum vorstellbar, dass 2014 besser wird. Neben den erwähnten Alben gehören im übrigen noch folgende Alben, EPs und Livedokumente in jeden gut sortierten Plattenschrank:

ANATHEMA - Universal
BLIND GUARDIAN - A Traveler's Guide To Space And Time
CULT OF LUNA - Vertikal
DARK TRANQUILLITY - Construct
HEAVEN SHALL BURN - Veto
JESS AND THE ANCIENT ONES - Astral Sabbat
KREATOR - Dying Alive
MARATHONMANN - Holzschwert
NEW MODEL ARMY - Between Dog And Wolf
NINE INCH NAILS - Hesitation Marks
PLACEBO - Loud Like Love
SAHG - Delusions Of Grandeur
SATYRICON - Satyricon
SKINNY PUPPY - Weapon
SOILWORK - The Living Infinite
SOROR DOLOROSA - No More Heroes
STALLION - Mounting The World
SULPHUR AEON - Swallowed By The Ocean's Tide
THE BEAUTY OF GEMINA - The Myrrh Sessions
THE RUINS OF BEVERAST - Blood Vaults - The Blazing Gospel Of Heinrich Kramer
WARDRUNA - Yggdrasil


Chris P. (Profil):
Den Jahresrückblick unseres Bücherwurms findet ihr auf seiner Seite booknerds.de.


Jochen König (Profil): 
Was vom Jahre 2013 übrig blieb…

… ist zuerst der Tod. Die Garde der Großen Alten wird immer kleiner. Ob RAY MANZAREK, RICHIE HAVENS, ALVIN LEE, J.J. CALE und vor allem LOU REED, die Zahl der grenz- und generationsübergreifenden Ikonen nimmt stetig ab, sie bleiben nur noch im kollektiven Gedächtnis und dort hoffentlich für lange Zeit. The is the end, my friend… a last walk on the wildside. Wobei LOU REED laut seiner Lebensgefährtin LAURIE  ANDERSON während einer Tai-Chi-Übung starb. Ein so unbequemer wie innovativer und risikofreudiger Künstler am Ende seines Lebens entspannt im Hier und Jetzt. Auch wenn es eine freundliche Lüge sein mag, ist sie irgendwie tröstlich.

Die Überlebenden schlagen sich indes wacker. DAVID BOWIE legt mit "The Next Day" ein Album vor, dass zwar nicht mehr innovativ ist/sein kann wie die – schon mit dem eigenwilligen "Heroes"-Copy-Cat-Killer-Cover – Berlin-Trilogie, aber auch im neuen Jahr noch eine gute Figur macht und vor allem als Reminiszenz an die eigene Geschichte überzeugt. Gilt ebenfalls für PAUL MCCARTNEYs "New", der sich zwar nicht neu erfindet, aber selbstbewusst, im Schein der eigenen Vergangenheit, den gewandten Flaneur im modernen Gewand gibt. Zum Jahresende zeigt Grandeur NEIL YOUNG mit einer über vierzig Jahre alten Ausgrabung aus seinen Archiven, dass zum Highlight im Cellar Door eine Gitarre, ein Piano und eine unverwechselbare Persönlichkeit genügen um Großes zu vollbringen. Aber auch die nachfolgende Generation lässt sich nicht lumpen.

So hauen die WATERBOYS eine aus sechs CDs bestehende Box heraus, welche "The Complete Fisherman’s Blues Sessians 1986-88" enthält; faszinierende akustische Zeugnisse der folkigsten Phase der irischen Band. Mit feistem, informativem Booklet und zum Spottpreis. So lange so etwas noch möglich ist, ist die CD noch nicht tot.

Die NEW MODEL ARMY um den agilen Justin Sullivan liefern gewohnt solide bis mitreißende Kost und das Phänomen MY BLOODY VAENTINE beweisen mit "mbv", dass Shoegaze und der Charme eiernder Kassettenrekorder eine wunderbare Verbindung eingehen können. PAUL ROLAND, dessen musikalische Pause glücklicherweise vorbei ist, präsentierte 2013 gleich drei hörenswerte Alben. "Bates Motel", das beinahe ein PAUL ROLAND goes VELVET UNDERGROUND-Projekt geworden wäre, aber auch in der jetzigen Form überzeugt; das neu- bzw. wiederveröffentlichte und aufgepimpte Debüt "The Werewolf Of London" sowie zum Jahresende eine zweite Hommage, nach dem "Haxan"-Soundtrack (‚Demo Scenes and Songs‘), an die "Hexen".  ROLAND ist ein Meister seiner ganz eigenen Spielart. Haunting Baroque’n’Roll, der zwar victorianisch sein mag aber nie antiquiert ist.

Als mein Sorgenkind entpuppten sich dieses Jahr Prog und seine Verwandten. Zumindest für mich. STEVEN WILSONs oft als Meisterwerk apostrophiertes "The Raven That Refused To Sing" beeindruckte ob seiner Kunstfertigkeit, lässt mich aber bis heute ziemlich kalt. Das etwas unspektakuläre, aber warm-hypnotische Vorjahresprojekt STORM CORROSION ist mir immer noch näher, lieber. Noch übler wurde es mit dem vierten BLACKFIELD Output, das allerdings kaum noch WILSON, dafür umso mehr GEFFEN enthält. Eine halbe Stunde Allerweltspop, recht elegant und ein bisschen gefällig, aber auch ziemlich langweilig. Das Jahr über erschienen Alben, die solide bis sehr gut waren, als Beispiel mögen nur LITTLE ATLAS, ECLIPSE SOL AIR, TOXIC SMILE und AIRBAG dienen, richtig spannend wurde es allerdings nur an den grenzüberschreitenden und/oder experimentellen Rändern wie bei NICHELODEON/INSONAR, AMPLEDEED und auf ganz eigene, dezente Art auch bei GALAHAD ("Beyond The Realms Of Euphoria").

Zu vieles erzählt aber von der Wiederkehr des Ewiggleichen, ist nicht mehr als eine Fußnote im schräppeligen Tagebuch eines BoFs. Bleibt eine Nische für melancholische Nostalgie-Momente. Leidende Gitarren und Keyboard-Fanfaren. Werden auch 2014 erklingen. Von überallher und nirgendwo.

Wesentlich spannender gestaltete sich eine Reise in die noch weiter entfernte Vergangenheit. Ganze Werkschauen sind mittlerweile kostengünstig und oft in remasterter Form möglich. So begleiteten mich Dutzende von Alben NINA SIMONEs und JOHN COLTRANEs durch’s Jahr, gekrönt von der herausragenden "The Perfect MILES DAVIS"-Collection. Eine Sammelbox mit zwanzig, fein edierten Alben auf 22 CDs, ergänzt um ein ausführliches Booklet. Ein berauschender Gang durch über dreißig Jahre Musikgeschichte, mit einem Begleiter der essenzielle geschrieben hat.

Bleiben noch die Herzensdamen, die wie so oft nicht enttäuscht haben. Wie ANE BRUN mit ihren abwechslungsreichen, intimen "Rarities", EMILY WELLS mit ihrem intensiven, kargen "Mama"-Elaborat oder die "kleine Prinzessin der Schrottplätze" MARIE SÉFÉRIAN. Nur ein Bruchteil dessen, was schön und wichtig war.

Zum Abschluss noch eine kleine Liste, drei wichtige Topps:
SHOOTER JENNINGS - "The Other Life": Country, Rock, Prog und noch einiges mehr, so homogen wie ergreifend und nachdrücklich dargeboten. "Outlaw You" ist mein Hit des Jahres.
BJØRN BERGE - "Mad Fingers Ball": Viel gehört und nochmal enorm aufgewertet durch ein wunderbares Live-Erlebnis. Solo und vor vielleicht 50 Zuschauern lieferte BERGE einen mitreißenden Gig in Münster ab, der mit einer fünfzehnminütigen(!) Version von MOTÖRHEADs "Ace Of Spades" gekrönt wurde. Ein musikalisches Universum, und wieder mal: Ein Mann, eine Gitarre. Das reicht.

Oder eine Orgel. ANNA VON HAUSSWOLFF: "Ceremony". Mein unangefochtenes Album des Jahres. SCOTT WALKER und KATE BUSH treffen sich in der Kirche von Annedal und hören einer großartigen Musikerin beim Orgelspiel und Erzählen von Geschichten zu. Dunkel, hypnotisch, faszinierend, hochmelodisch und mit einem Wumms, der Wände zum Erzittern bringt.  Gewaltig endet so das Jahr…


Joe A.
(Profil):
Als noch nicht ganz so alter Mensch sehe ich meine selbst gewählte und mit Begeisterung verfolgte Aufgabe zweigeteilt: Einerseits das aktuelle Geschehen im Musiversum verfolgen, andererseits aber auch nachholen, was mir durch die späte Geburt an Schätzen bisher verborgen blieb. Nachfolgend also mein Favoritenmedley des Jahres 2013 aus altem und neuem Stoff, für den in beiden Fällen das Motto: "Wiederhören macht Freude." gilt.

Während es mir aufgrund oben genannter Tatsache normalerweise schwerfällt, ein Album des Jahres zu küren, ist es dieses Mal ganz leicht. Zu sehr bin ich immer noch nach STINGs "The Last Ship" süchtig. Die Wartezeit auf ein reguläres Album war ja ohnehin lang, wurde aber durch Feinkost wie "Songs From The Labyrinth" und "If On A Winter's Night" auf's Angenehmste verkürzt. Damit verband sich auch die Hoffnung, dass sich Herr Sumner auf dem eingeschlagenen Pfad weiterbewegen und damit automatisch vom letzten, hoffnungslos überproduzierten und reißerisch verpoppten "Brand New Day" entfernen würde. Die Bescherung fiel aber sogar noch üppiger aus als erwartet. Es ist gemessen an der Menge der von mir konsumierten Musik ewig her, dass mich ein Album so beschäftigt hat, dass ich direkt nach Erhalt der CD mit Raushören der Stücke begonnen habe und sich inzwischen jeder Titel absolut vertraut anfühlt. Der Einstieg ist mit dem Jahrhunderttitelsong aber auch denkbar einfach. Das Stück passt so ziemlich immer (groß, erhaben, ganz leicht melancholisch, einfach, sympathisch – wie geht das?) und ist in unserer Wohnung Konsensstück Nummer eins geworden. Das absolut überirdische Songwriting mit zusätzlichen irischen Einflüssen und die akustisch basierten Arrangements von Stücken wie "The Night the Pugilist Learned How to Dance", "August Winds", "Practical Arrangement" und "So To Speak" setzen die weiteren Highlights. Und mittlerweile bin ich auch von den typischen und untypischen STING-Songs wie "Language Of Birds" restlos begeistert. Für mich als THE POLICE-Nichtmöger ist "The Last Ship" mit "Ten Summoner's Tales" das beste STING-Album und was den Gesang betrifft wohl das Beste, was seit dem Ableben von Freddie Mercury erschienen ist.

Auf Platz zwei folgt HAKENs "The Mountain". Deutlich stärker als der Vorgänger, deutlich facettenreicher als das enttäuschende DREAM THEATER-Gedudel, richtig catchy und gleichzeitig komplex genug für das Abspielen in Endlosschleife. Schön, dass die Briten nun endlich auch in den großen Magazinen die verdiente Beachtung finden.

Ebenfalls viel Freude bereitete das CARCASS-Comeback (Walkers Jeff klingt frisch und unverbraucht, als hätte er nur kurz eine Raucherpause eingelegt. Welch entscheidenden Vorteil doch ein charakteristischer Frontmann bringt!), HAVOKs Thrash-Strohhalm (es geht doch noch spannend in diesem Genre) und STEVEN WILSONs Retro-Prog-Spielplatz "The Raven That Refused To Sing".

Die musikalische Zeitreise etwa 40 Jahre zurück ließ mich auch 2013 wieder staunen, wie kreativ die damaligen Bands doch waren, und wie engstirnig und ideenresistent dagegen "ernsthafte" Komponisten aus dieser Zeit klingen. Ganz große Klasse, vor allem in seiner schöpferischen Qualität, ist Keith Emerson. Die ersten drei ELP-Alben und vor allem auch die genial abdriftenden Improvisationen über Bob Dylan und Tim Hardin-Songs auf "Elegy" von THE NICE rauchen, man muss es leider sagen, einen Perfektionisten wie eben erwähnten Steven Wilson in der Pfeife. Ergänzend dazu die abgeklärte und geradezu introvertierte Herangehensweise eines Jon Lord in der Studioversion der "Gemini Suite". Man höre "Scorpio" und staune, dass man den Pomp englischer Spätromantik so nahtlos mit Blues und Soul verzahnen kann.

Die erste Runde der Neuveröffentlichungen lässt aber auch Vorfreude auf das kommende Jahr zu, insbesondere, was kompositorisch hochwertigen, ideologisch nicht versalzenen Extreme Metal angeht. "It's only words ..."


Lothar Hausfeld
(Profil):
2013 war das Jahr der Zweitwerke. Naja, fast. Aber zumindest stehen in meiner persönlichen Top 15 des abgelaufenen Jahres unter den ersten vier gleich drei Bands, die mit ihrem zweiten Studioalbum den Vorgänger noch toppen konnten.

An erster Stelle stehen ATLANTEAN KODEX, die mit "The White Goddess“ – dem Nachfolger des ebenso ziemlich gelungenen Debüts "The Golden Bough“ – das Referenzwerk für die kommenden Jahre in Sachen Epic Metal erschaffen haben. Auch wenn die weiße Göttin vielleicht bei manchem Kritiker ZU euphorische Worte einheimsen konnte: Selten war der Abstand zwischen Platz 1 und Platz 2 in der Jahresabschlusswertung so groß wie 2013.

Dabei haben ORPHANED LAND mit "All Is One“  – Platz zwei meiner Top 15 – ein ebenfalls famoses Werk erschaffen, das zwar an vielen Stellen geradezu ächzt vor überbordender Orchestrierung, das aber nichtsdestotrotz berührt und mitreißt. Auch wenn es beim Nachfolger vielleicht 64 bis 128 Spuren weniger sein dürfen.

Der dritte Podiumsplatz geht mit ALPHA TIGER an eine weitere Band, die einem fantastischen Debüt einen noch stärkeren Nachfolger zur Seit stellte. "Beneath The Surface“ ist brillant gespielter Trad-Metal mit enormer Melodieschlagseite.

Auch die Untergrundlegende HELL legte nach dem Debütwirbelsturm "Human Remains“ mit "Curse And Chapter“ ein mindestens ebenbürtiges Zweitwerk vor. Theatralisch, melodisch, eingängig, und ebenso traditionell wie zeitgemäß produziert – Platz vier.

Dass FATES WARNING es mit "Darkness In A Different Light“ tatsächlich noch einmal geschafft haben, an die großen Melodiegaben der 90er-Jahre anzuknüpfen, war die vielleicht größte und schönste Überraschung des musikalischen Jahres 2013 – und reichte am Ende für Platz fünf.

Die weiteren Plätze:

6) ALTER BRIDGE – "Fortress"
7) DARK AGE  – "A Matter Of Trust"
8) HELLOWEEN – "Straight Out Of Hell"
9) SPOCK’S BEARD  - "Brief Nocturnes And Dreamless Sleep"
10) PROCESSION – "To Reap Heavens Apart"
11) SATAN  – "Life Sentence"
12) AMORPHIS  – "Circle"
13) ARTIZAN  – "Ancestral Energy"
14) SANDSTONE  – "Delta Viridian"
15) QUEENSRŸCHE  – "Queensrÿche"


Oliver Schreyer
(Profil): Highlights 2013:


2013 gehört den Kings, denn bis auf ein paar wenige Überraschungen gehen die Trophäen in diesem Jahr eher an ältere Herren. Allen voran das kultige Comeback der Griechen THOU ART LORD – dicht gefolgt vom "Großvater of Evil" Glen Benton, der in diesem Jahr mit "In The Minds Of Evil" das wohl geilste DEICIDE-Album seit "Once Upon The Cross" an den Start gebracht hat. Auch die Chirurgen sind wieder da: Jeff Walker und Bill Steer haben den alten Kadaver mit "Surgical Steel" wieder zum Leben erweckt. Auch wenn die Platte keinen Innovationspreis verdient, ist sie doch ein gelungenes Comeback, das sich gefällig zwischen "Heartwork" und "Swansong" einpendelt. Welcome back, CARCASS. Erwartungsgemäß stark sind aber auch auf jeden Fall "Mors Viri" von OFFICIUM TRISTE und "Fire Meets Ice" von EREB ALTOR. Im Death Metal konnten in diesem Jahr DEFEATED SANITY mit "Passages To Deformity", die Altherren von SUFFOCATION und vor allem COFFINS mit ihrem genialen Old School-Brocken "The Fleshland" punkten.

Echte Überraschungen waren 2013 eher spärlich gesät. Neben dem überragendem Vorgeschmack auf die kommende zweite Platte von KUOLEMANLAASKO mit "Musta Aurinko Nousee", konnten TODTGELICHTER mit ihrem nur noch wenig schwarz metallischem Album "Apnoe" schwer beeindrucken und auch der finnische Melodic-Death-Metal-Mastermind Tuomas Saukkonen beglückte uns 2013 mit "Winterborn", dem ersten Album seines neuen Kindes WOLFHEART.

Flatlights 2013:

Leider gab es 2013 auch einige Totalausfälle. Allen voran die Vorreiter der modernen Bettelei KATATONIA, die gezeigt haben, wie man sich die Proberaummiete für das nächste Jahr zusammenschnorrt bzw. pledged und die Fans dabei noch kräftig verarscht. Dicht gefolgt vom miserabelsten ARCKANUM-Album aller Zeiten, das der unheilige Meister sicher in zwei Tagen in den Rechner gestümpert hat. Nicht ganz so kotig, aber auch ernsthaft enttäuschend zeigten sich 2013 AUTOPSY und NECROPHOBIC. Das Ritual ohne Kopf zeigt die Altherren fast zahnlos und ins  Mittelmaß abgerutscht – leider mehr Gerede um Kult als Kvlt. "The Womb Of Lilithu" ist nach "Death To All" ein echter Tiefschlag für alle NECROPHOBIC-Maniacs. Auch "Augur Nox" von < CODE > macht den Weggang von Kvohst nicht wett und nervt mit seiner gewollten Dichte zur letzten Platte.  Die "8 ½" Nummer von SHINING macht nur einen halbgaren Eindruck. Auch wenn die Grundidee fetzt, ist die Umsetzung mäßig. Vor allem Drummer Angelo Sasso hätte man nicht wirklich rekrutieren müssen – hat man doch inzwischen mit Rainer Tuomikanto einen guten Mann am Start.

Insgesamt also eher wenig wirkliche Überraschungen, einige echte Highlights, viele grundsolide Alben – aber auch wieder viel Stuhl, den die Welt nicht braucht.

Für 2014 wünsche ich den Lesern wieder viel Vergnügen mit unseren Reviews und allen eine durchaus kritische Ansicht zu all den Arschkriechermags, die vor allem die Releases der Majors durchweg abhailen.

Prost!

Andreas Schulz (Info)