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Nevermore: The Obsidian Conspiracy - Massen-Review
Nur sehr wenige Metal-Bands haben in den letzten Jahren so viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen wie NEVERMORE. Die Erwartungshaltung nach „This Godless Endeavor“ war gewaltig und entsprechend macht sich kurz vor der Veröffentlichung des siebten Studioalbums der Band ein gewisser Hype um „The Obsidian Conspiracy“ breit. Grund genug für uns, das neue Album der Seattle-Metaller genauer unter die Lupe zu nehmen.
Review von: Dr. O (Profil)
Was erwartet man von einer neuen NEVERMORE-Scheibe? Ich würde sagen NEVERMORE, keinen Modern Metal, keinen Death, keinen Core.
Die Band ist - egal ob mit einer oder zwei Gitarren - unverwechselbar, und so ist es auch auf „The Obsidian Conspiracy“. War meine erste Begegnung mit der Band 1996 ihre unerreichte „Politics Of Extasy“, so hat die Band auch danach nie wirklich enttäuscht, egal ob es eher eingängige Werke oder Ballerscheiben wie zuletzt waren. „The Obsidian Conspiracy“ ist nun dank Gitarrengott Jeff Loomis, dessen Solowerk im Gegensatz zu Warrel Danes Album schwer beeindruckend war, glücklicherweise ein typisches NEVERMORE-Werk, an manchen Stellen vielleicht zu typisch, an anderen aber glücklicherweise anders, nämlich ruhiger, atmosphärischer und düsterer als die Vorgänger. Warrel Danes Gesang ist wie immer im Studio über alle Zweifel erhaben, auch ohne Textblatt ist hier jede Zeile klar zu verstehen, inhaltlich wie immer kritisch und melancholisch, was nichts an der Tatsache ändert, dass ich live immer Sorge habe, das ich NEVERMORE zum letzten Mal gesehen habe, so sehr scheint er von seinem Lebenswandel gezeichnet zu sein.
Das legendäre Werk ist „The Obsidian Conspiracy“ vielleicht nicht geworden, dafür aber eine absolut überdurchschnittliche Scheibe, gemessen an den unzähligen nichtssagenden Veröffentlichungen, die unerbittlich über einem ausgeschüttet werden, und an der Tatsache, dass NEVERMORE auf extrem hohem Niveau ihre Basis gelegt haben.
13 von 15 Punkten
Review von: Andreas Schiffmann (Profil)
Kompakte Songs bei einer Dreiviertelstunde Spielzeit: "The Obsidian Conspiracy" bedeutet zweifelhafte Konsolidierung durch Entschlackung - und wie man weiß, muss dabei nicht zwingend die Traumfigur herausspringen, wenn das Kalkül den Strebsamen in die Magersucht treibt.
Warrel Dane trägt die Musik mit seinen Texten und wiedererstarkter Stimme, die auch im Mix präsenter als zuletzt klingt. Dadurch jedoch, dass er und seine Hintermänner sich nunmehr selbst genügen möchten und auf altvertraute Ausdrucksformen (Riffpattern, Gesangslinien) zurückgreifen, wirken NEVERMORE 2010 nicht selten wie eine Selbstkopie. Dane hat gewisse Metaphern und Reime für seine Band etabliert (und ja, keiner singt das Wort "nothing" so schön wie er), während die weniger dicht gedrängten Arrangements der Instrumentalisten den Eindruck entstehen lassen, man habe es mit dem schwachen Abglanz bewährter Songformate zu tun. Wer das nicht glaubt, darf selbst nach einem eingedampften "The Heart Collector" suchen, nach schalem Groove – scheinbar der einzigen Alternative zum Tempomachen - im Gedenken an "Inside Four Walls" oder Kopf durch-Mauer-Thrash wie "Narcosynthesis" … auffällig, dass alle drei Schablonen vom Durchbruchsalbum "Dead Heart in a Dead World" stammen, das subjektiv gesehen bereits nicht an seinen Vorgänger heranreichte.
Die Gruppe lässt mit ihrem neuen Album befürchten, dass sie sich zu den DARK TRANQUILLITYs, SENTENCEDs oder DREAM EVILs (liegt das an der gemeinsamen Plattenfirma?) gesellt, welche in regelmäßigen Abständen das Gleiche mit minimaler Schwerpunktverlagerung aufnehmen oder aufgenommen haben und sich dennoch ungebrochener Beliebtheit erfreuen. Die Gesetztheit mögen die Seattle-Veteranen sich verdient haben, doch dafür berühren sie nicht mehr wie mit dem einzigartig düsteren "Dreaming Neon Black", dem Alles-geht-Mindfuck "The Politics of Ecstasy" oder dem neuzeitlichen Klassiker-Debüt (welches sie selbst als Demo herunterspielen). "The Obsidian Conspiracy" kommt einer kleinen Enttäuschung gleich.
FAZIT: "Is this soliloquy or psychosis or self-hypnosis?", fragt der Frontmann in "Moonrise", und tatsächlich gefallen NEVERMORE sich mit der neuen Scheibe in erster Linie vor dem Spiegel, wühlen thematisch gleichwohl immer noch in den dunklen Niederungen des Geistes, zeigen aber auch, dass sie niemandem mehr etwas beweisen wollen. Sobald dieses Album im Hörerohr gereift ist, wird sich zeigen, ob es in seiner Vorhersehbarkeit ebenso vorbehaltlos zum Konsenslongplayer hochgekocht wird wie "This Godless Endeavour".
7 von 15 Punkten
Review von: Daniel Fischer (Profil)
Ganze fünf Jahre ließen sich NEVERMORE Zeit für den Nachfolger zum erfolgreichen sechsten Album “This Godless Endeavor”, so lange wie noch nie zuvor in der Karriere der Band. Die zwischenzeitlichen Erfahrungen mit anderen Projekten und auch die sich verhalten mehrende Kritik scheinen nicht spurlos vorübergegangen zu sein, denn NEVERMORE haben mit Peter Wichers nicht nur den Produzenten des 2008 veröffentlichten Solo-Albums von Sänger Warrel Dane verpflichtet, sondern auf “The Obsidian Conspiracy” einige kleine, aber wirkungsvolle Modifikationen an ihrem Sound vorgenommen. Die Band lässt den Songs mehr Luft zum Atmen und ihrem Sänger mehr Raum zur Entfaltung, anstatt jede kleine Lücke erbarmungslos mit aggressivem Geballer zu stopfen. Dies wird einerseits durch die Kompositionen an sich gefördert, aber auch durch die Produktion, die etwas “luftiger” und lebendiger wirkt als zuletzt, und nicht so technisch und maschinell. So verfügen einige Passagen sogar über einen richtigen Groove, und Tempo und Härtegrad werden öfters variiert. Trotzdem braucht man nicht zu befürchten, Saitenhexer Jeff Loomis würde dafür seine herausragenden technischen Fähigkeiten beschneiden. Er spielt sich weiterhin furios und wie entfesselt durch progressive Thrash-Riff-Monster, nur geht er dabei eben abwechslungsreicher und gezielter zu Werke und setzt auch andere Stilmittel ein.
Ironischerweise ist es aber nun der Frontmann selbst, der den ihm verschafften Raum nicht immer voll ausnutzt. Die ersten beiden Tracks können sich dann auch nicht wirklich durch markante Gesangslinien hervorheben, kein Vergleich zum Auftakt des letzten Albums mit dem Doppelpack “Born” und “Final Product”. Der Gesang folgt hier meist eher den Akkorden und kann sich nicht wie gewohnt absetzen, obwohl beide Songs noch als gutklassige NEVERMORE-Nummern durchgehen. Erst mit “Moonrise (Through Mirrors Of Death)” kann die Band einen richtigen Hit vorlegen. Hier wird vertracktes Riffing in der Strophe und Bridge mit einem gemäßigten, melodischen Refrain kombiniert, und die Stimme schwebt wie gewohnt über der Musik. Dieser Song hätte ebenso auf “Dead Heart In A Dead World” stehen können.
Doch auch die seltsame, psychedelische und verstörend düstere Seite von NEVERMORE, die man zuletzt auf “Dreaming Neon Black” verstärkt auslebte, kommt mit “And The Maiden Spoke” oder “The Blue Marble And The New Soul” nicht zu kurz. Viele ruhige Passagen sorgen für eine entsprechende Atmosphäre, und Warrel Dane klingt hier wieder so emotional und intensiv, wie es ihm kaum jemand nachmachen kann. Da möchte man den Hintergrund seiner Lyrik eigentlich gar nicht so genau wissen... Trotzdem fehlt auch bei diesen Songs oft der letzte Kick, die entscheidende Hookline. Vielleicht waren aber auch die Erwartungen nach seinem grandiosen, mit fantastischen Melodien gespickten Solo-Release “Praises To The War Machine” einfach etwas zu hoch, denn schließlich gehören eher sperrige Stücke immer schon zum Repertoire von NEVERMORE. Mehr oder weniger, je nachdem, welches Album man herausgreift.
Dass der Sänger das Schreiben eingängiger Melodien nicht verlernt hat, beweist er mit “Emptiness Unobstructed”, vielleicht einer der zugänglichsten Songs von NEVERMORE überhaupt. Die Gesangslinien steigern sich unheimlich packend immer weiter, von der akustischen Strophe und Bridge zu einer zweiten, kraftvolleren Bridge, um schließlich im hymnischen Refrain zu gipfeln, ganz im Stile des genannten Solo-Albums. Ähnlich verhält es sich mit “Without Morals”, das härter und Riff-lastiger, aber ebenso melodisch und catchy gehalten ist.
Allerdings muss man zugeben, dass die sehr eingängigen Nummern auf “The Obsidian Conspiracy” etwas zu vertraut wirken. Fast hat man das Gefühl, als hätte Warrel Dane sein Pulver bei der Arbeit an seinem Solo-Album verschossen, bei dem er inspirierter wirkte. Auf dem neuen NEVERMORE-Werk erinnern die wirklich gelungenen Hooks, Melodien und Gesangsharmonien immer ein wenig an seine früheren Arbeiten, andere dagegen wirken sperrig oder zu flach. So bleibt beispielsweise gegen Ende des Albums von “The Day You Built The Wall” und “She Comes In Colors” nicht wirklich viel hängen. Der erstgenannte Track schwächelt sogar musikalisch ein wenig, da die Band sich mit simplem Stakkato-Riffing merklich zurückhält. Dies wirkt wie der Versuch eines geradlinigen, direkt zugänglichen Songs, bei dem man aber leider einen richtigen Refrain vergessen hat. Mit dem Titeltrack klingt “The Obsidian Conspiracy” dann aber wieder deutlich stärker aus. Die Band gibt noch einmal alles und geht härter, schneller und progressiver zu Werke, ohne die Melodien zu vernachlässigen, die vor allem im hymnischen Refrain richtig zur Geltung kommen.
Das Album erscheint zusätzlich in einer limitierten Auflage, die zwei Cover-Versionen enthält: “Crystal Ship” (THE DOORS) und “Temptation” (THE TEA PARTY). Außerdem liegt dieser Ausgabe eine Bonus-Disc mit Gitarren-Lehrvideos und –Tabulaturen zu zwei Songs des Albums bei.
FAZIT: “The Obsidian Conspiracy” stellt wohl das bisher abwechslungsreichste und ausgewogenste Werk von NEVERMORE dar, denn alle Facetten der verschiedenen Phasen der Band sind hier vertreten, so dass sicher kein Fan enttäuscht sein dürfte. Gleichzeitig ist aber auch die logische Konsequenz, dass vermutlich die meisten weiterhin jeweils eines der früheren Alben bevorzugen werden, die stärker in die eine oder andere Richtung tendierten oder diese eben besser, frischer und spannender bedienten. Für mich persönlich klingt “The Obsidian Conspiracy” etwa zur Hälfte genau so, wie ich mir NEVERMORE wünsche, über die gesamte Albumlänge gesehen bleiben aber “Dead Heart In A Dead World” und auch das Soloalbum von WARREL DANE unerreicht. “Dreaming Neon Black” wird dagegen deutlich übertroffen, und im Vergleich mit den letzten beiden Werken wirkt “The Obsidian Conspiracy” deutlich weniger anstrengend, wenn auch in gewisser Weise etwas “gewöhnlicher”. Je nachdem, welche Seite der Band man bevorzugt, kann man all das aber vermutlich genau umgekehrt sehen.
11 von 15 Punkten
Review von: Benjamin Feiner (Profil)
Fünf lange Jahre dauerte es für die Fans von NEVERMORE, bis der Nachfolger des glorreichen „This Godless Endeavor“ erscheinen sollte. Fünf Jahre nach einem Album, das die Spitze des bisher Möglichen darstellte und immer noch darstellt. Hätten NEVERMORE dort angeknüpft, sie wären zu einer Karikatur ihrer selbst verkommen.
„The Obsidian Conspiracy“ macht diesen Fehler zum Glück nicht. Die Platte hat mich in vielerlei Hinsicht positiv überrascht. Die Produktion ist nicht mehr so stark auf Effekthascherei getrimmt, die Gitarren klingen typisch nach Sneap. Warrel Dane tobt sich auf „Obsidian Conspiracy“ endlich mal so richtig aus, da ist vom Gangshout in „Your Poison Throne“ bis zum Rockschmeichler „Emptiness Unobstructed“ alles dabei.
Das Album ist in seiner Gesamtheit sehr ruhig geraten, man schlägt oft balladeske oder melodiöse Töne an. Dagegen wirken solche nervenzerreißenden Nummern wie „And The Maiden Spoke“ (Psycho!), „She Comes in Colors“ (Progressiv!) und der Titeltrack (Festhalten!) wie glühende Nadeln im Kontext. Naja, sind ja schließlich NEVERMORE – und selbst wenn die Geschwindigkeitsorgien ausbleiben, spielt diese Band ihre Konkurrenz immer noch gnadenlos in die Ecke.
12 von 15 Punkten
Review von: Andreas Schulz (Profil)
In Sachen NEVERMORE war ich schon immer recht genügsam. Obwohl das gesamte Schaffen der Metaller aus Seattle mehr als beachtlich ist, fanden hauptsächlich das 2000er-Überalbum "Dead Heart In A Dead World" sowie "Praises To The War Machine", die beeindruckende Soloplatte von Sänger Warrel Dane, regelmäßig den Weg in meinen Player. Dieser Umstand dürfte sich mit dem neuen Album "The Obsidian Conspiracy" ändern, denn das neue Album bündelt alle Qualitäten der Band und trifft Herz und Hirn punktgenau wie ein Laserstrahl, der bekanntlich aus gebündeltem Licht besteht. Um das Fazit vorweg zu nehmen: "The Obsidian Conspiracy" macht süchtig.
Alle Merkmale der Musik von NEVERMORE finden sich auf dem Album wieder: thrashige Riffs, packende Melodien, gefühlvolle Akustikpassagen, sperrige Breaks, vielschichtige Gesangsarrangements, Gänsehautsoli – und das alles verpackt in zehn Songs, von denen mindestens sechs absolute Tophits sind. Ohne überflüssiges Introgedudel geht es im Opener "The Termination Proclamation" direkt in eine Frickelpassage – ein erstes Anzeichen dafür, dass NEVERMORE auf schmückendes Beiwerk weitestgehend verzichten. Die Songs sind "stripped down" und auf den Punkt gebracht, was sich auch an der verhältnismäßig kurzen Spielzeit von ziemlich genau einer Dreiviertelstunde zeigt. Besonders viel Wert wurde auch auf die abwechslungsreiche Gesangsarbeit gelegt, was wiederum die Nähe zu "Praises To The War Machine" verdeutlicht.
Das Hitfeuerwerk wird dann mit dem zweiten Titel gezündet, "Your Poison Throne" besticht durch tolle Gesangslinien in den Strophen und einer charakteristischen "rise, rise!"-Gesangspassage. Das folgende "Moonrise (Through Mirrors Of Death)" punktet mit dem Refrain, während "And The Maiden Spoke" mit einer gelungenen Kombination aus Aggression und Atmosphäre zum Ohrwurm mutiert. Trotz des sperrigen Titels ist die megaeingängige Powerballade "Emptiness Unobstructed" der Smasher schlechthin und unter Garantie ein kommender Klassiker. Dass darauf direkt das zweite ruhige Stück folgt, ist ungewöhnlich, "The Blue Marble And The New Soul" ist aber auch um einiges intensiver, als der vorangegangene Song. Wie schon auf dem Soloalbum von Warrel werden hier familiäre Themen gewälzt und der Song überrascht mit einem Stimmungswandel, der gar an SAVATAGE’sche Glanztaten erinnert.
Nach diesem tollen Fünfer erscheint einem "Without Morals" schon fast zu simpel und offensichtlich und auch das verkrampfte "The Day You Built The Wall" fällt im Vergleich ab, wobei das jetzt auch Gemecker auf höchstem Niveau ist. Das proggige "She Comes In Colors" ebnet dann die Bahn für den ans Ende gesetzten Titeltrack, der mit seinen thrashigen Strophen und dem atmosphärischen Niederknie-Refrain tatsächlich das Highlight des Albums ist. Und wenn der vorbei ist, drückt man fast schon automatisch wieder die Play-Taste, denn diese Songs möchte man immer und immer wieder hören. Auch weil sie von Produzent Peter Wichers und Andy Sneap (Mix und Mastering) beeindruckend in Szene gesetzt wurden, denn genau so muss eine zeitgemäße Metalplatte anno 2010 klingen: druckvoll, modern, klar, dabei aber zu keiner Sekunde klinisch tot.
FAZIT: Für viele wird "The Obsidian Conspiracy" das Album des Jahres werden, für mich ist es auf jeden Fall eines der Highlights und es ist davon auszugehen, dass NEVERMORE in diversen Polls für 2010 obere Plätze belegen werden. Und womit? Mit Recht!
13 von 15 Punkten
Review von: Chris P. (Profil)
Bei der Erwähnung des Produzenten Peter Wichers sowie Masteringmeister Andy Sneap läuteten bei mir erst mal die Alarmglocken, denn ich befürchtete, dass auf diesem Album der absolute Sound Overkill stattfindet. Die Atombombe im sogenannten "Loudness War" sozusagen. Denn obwohl "This Godless Endeavour" musikalisch ein astreines Werk war, wurde es für einige Hörer – mich eingeschlossen - zu einem wahren Kampf, bei diesem "lauter, extremer, fetter, krasser"-Boxenkollaps bis zum Ende des Albums durchzuhalten. Ein Stein fiel mir vom Herzen, als mir dann die ersten Töne des Openers "The Termination Proclamation" entgegenschallten. "The Obsidian Conspiracy" klingt erstmals nach "typisch NEVERMORE", rund und prall á la "Dead Heart In A Dead World", mit einem Schuss "The Politics Of Ecstasy"-Trockenheit und etwas "Dreaming Neon Black"-Kälte, wobei die ganze Chose unerwartet organisch auf die Trommelfelle hämmert. Na also, Herr Sneap, es geht doch auch ohne Extrem-Plastik und bis oben hin aufgerissene Schiebe- und Drehregler!
Doch viel wichtiger ist: Wo stehen die Herrschaften aus Seattle anno 2010 musikalisch? Man könnte sagen, dass NEVERMORE zum ersten Mal in ihrer Diskographie keine ernsthaften Experimente wagen, ja fast schon auf Nummer Sicher gehen. Eingängigkeit, ganz aus dem toten Herzen in einer toten Welt trifft auf einen psychotischen, schwarzen Neontraum, während stellenweise etwas ekstatische Politik betrieben wird. Um diesen Mittelpunkt kreisen neben einigen modernen Elementen und den fast immer großen Melodien, den knackigen Grooves und der tollen Gitarrenarbeit Jeff Loomis' aber auch einige Partikel, die genauso gut aus Sessions zu "In Memory" oder gar SANCTUARYs "Into The Mirror Black" hätten stammen können - lediglich in einem nevermorifizierten Gewand.
FAZIT: Negativ gestimmt könnte man behaupten, dass NEVERMORE auf höchstem Niveau stagnieren, doch letzten Endes findet man auf "The Obsidian Conspiracy" die Essenz dessen, was die Band um Warrel Dane und Jeff Loomis ausmacht, komprimiert auf zehn griffige Kompositionen. Vielleicht haben sich NEVERMORE nun selbst gefunden, vielleicht ist das Album aber auch nur eine stilistische Katharsis, bevor man mit der nächsten Scheibe wieder zu neuen Ufern aufbricht. Diese Band hat ja schon immer überrascht. Dieses Mal überrascht sie mit Nichtüberraschen.
12 von 15 Punkten
Review von: Lutz Koroleski (Oger) (Profil)
Das neue Nevermore-Werk dürfte wohl das mit der größten Spannung erwarte Metal-Album des Jahres sein. Werden es die Mannen um Warrel Dane und Jeff Loomis schaffen an den 2005er Geniestreich „The Godless Endavour“ anzuknüpfen?
Zwar muss man im Vergleich zum großartigen Opening-Tripple des Vorgängers bis zum dritten Song warten, bis man endgültig vor Freude in die Knie gehen dar. Dafür stößt der Mega-Ohrwurm „Moonrise (Through Mirrors of Death“ aber gleich auch in Qualitätsregionen der bisherigen Perle in der Nervermore-Diskographie „Dead Heart In A Dead World“ vor. Absolute Granate. Was aber keineswegs heißen soll, dass es an den ersten beiden ersten Songs wirklich irgendetwas auszusetzen gäbe. Vor allem „Your Posion Throne“ weiß mit einem Hammer-Riff völlig zu überzeugen. Aber „Moonrise“ ist halt noch einen Tick mitreißender. Das düster-schräge „And The Maiden Spoke“ wirkt zunächst etwas sperrig, entpuppt sich aber nach einigen Umläufen als echter Grower und Klasse-Song. Mit Anlauf-Schwierigen braucht man sich beim getragenen, melodisch-eingängigen Epik-Kracher a la „Hearts Collector“ „Emptiness Unobstructed“ nicht herum zu schlagen. Absoluter Killer-Refrain. Anschließend geht es ebenfalls vergleichsweise ruhig weiter. Das balladeske „The New Marble And The New Soul“ – vor allem das geniale Ende - erinnert an die getrageneren Songs von Dane´s Solo-Album „Praises To The War Machine“, wie man überhaupt das Gefühl hat, dass der Gesang auf „The Obsidian Conspiracy“ ähnlich mehr Raum bekommen hat. Denn gab es auf dem Vorgänger überhaupt etwas zu bemängeln, dann wohl die Tatsache, dass auch wirklich jedes noch so kleine Soundloch von Loomis großartigen Brachial-Riffs zugeschreddert wurde. Das empfinde ich auf dem vorliegenden Album als besser gelungen. Besagte Riff-Massaker braucht man deswegen aber noch lange nicht mit der Lupe zu suchen, ein ebensolches trägt nämlich das nachfolgende „Without Morals“, während bei „The Day You Built The Wall“ zunächst wieder ruhige Töne dominieren, der Song aber dann in ein tolles Midtempo-Groove-Monster umschlägt. Das ebenfalls im Midtempo angesiedelte „She Comes In Colors“ glänzt neben einem großartigen Refrain vor allem mit einem Klasse-Solo. Wie überhaupt die Qualität von Loomis Gitarrenspiel abermals nur als erlesen bezeichnet werden kann. Den Abschluss bildet mit Titelsong ein weiteres Album-Highlight. Sowohl ein unglaubliches Anfangs-Riff mit Bang-Automatik als auch ein Hammer-Refrain machen den Song zu einem kommenden Live-Klassiker.
FAZIT: „The Obsidian Conspiracy“ knüpft nicht nur an den tollen Vorgänger an, sondern übertrifft diesen sogar, wenn auch nur um Haaresbreite. Hauptvorteil in meinen Ohren sind: Mehr Raum für den großartigen Gesang von Warrel Dane und etwas mehr Abwechslung im Songwriting. Das Referenzwerk „Dead Heart In A Dead World“ wird zwar nicht übertroffen, aber ehrlich gesagt ist das angesichts der gebotenen Qualität auch schnuppe. Nevermore sind und bleiben eine der beständigsten, originellsten und wichtigsten Metal-Bands unserer Zeit und Fans können auch diesmal wieder taub zugreifen.
13 von 15 Punkten
Durchschnittspunktzahl: 11,5 von 15 Punkten.