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Interview mit Indomite (11.02.2013)

Indomite

Mauricio Quintero, Drummer der Kolumbianer, zeigt sich flammend leidenschaftlich, wie man es von einem Südländer erwartet, der obendrein aus einem relativ armen Land stammt. "Träume sind dazu da, gelebt zu werden."

Wie ging das los bei euch damals?

Nun ja, eigentlich begann alles als Freizeit-Projekt gegen Ende 2008. Juan Carlos, Josue und ich standen am Anfang - drei Freunde mit einer starken Bindung aneinander und großer Liebe zur Musik, die bald über ein reines Hobby hinausging. Mit der Zeit wurden wir professioneller, und gleichzeitig da wir es wissen wollten, verabschiedeten sich andere Bandmitglieder, die nicht so sehr mit dem Herzen dabei waren. So mussten wir neue Talente suchen. 2010 trat Sänger Santiago Giraldo gemeinsam mit Carlos Andrés Ortiz bei, womit sich ein deutlicher stilistscher Wandel einstellte. Wir brauchten einen zweiten Gitarristen, der sich Ende 2011 anschloss, Santiago Betancur. In dieser Form stecken wir voller Tatendrang, denn wann immer wir auf die Musik zu sprechen kommen, greifen wir nach den Sternen: In einem Land wie unserem etwas Ernsthaftes mit progressivem Metal zu vollbringen, ist praktisch das Gleiche, als sei man davon überzeugt, es könne Schokolade vom Himmel regnen, aber da wir es schon verflucht weit gebracht haben, halten wir nichts mehr für undenkbar. Träume sind dazu da, gelebt zu werden.

Hattet ihr bei „Pharaoh“ einen bestimmten Herrscher im Sinn?

Nein, das Stück ist reine Gedankenspinnerei über das alte Ägypten. Ich versuchte mir beim Textschreiben vorzustellen, wie es sei, als großer Regent zu leben. Diese Kultur fand ich schon immer faszinierend, und das Thema passte sehr gut zur Musik, die wir geschrieben hatten. Außerdem kann ich mir keinen besseren Opener für "Theater of Time" vorstellen

Sky High“ stellt eine Kampfsituation in den Vordergrund - etwas Konkretes?

Sie versinnbildlicht unser Leben. Ich habe das Gefühl, wir müssen an vielen Fronten kämpfen. Zugleich entspricht es dem Flow des Albums, denn nach einem erhebenden Beginn muss ein finsterer Ritt folgen, dem wir mit "Rain" noch einen draufsetzen. Ich wollte eine verlorene Schlacht beschreiben, aus der man mit gebrochenen Flügeln hervorgeht, und wahre zudem die geschichtliche Kontinuität in der Chronologie der Platte; schließlich ist das ägyptische Reich niedergegangen.

Wer ist dann der „Parasite“?

Unser innerer Dämon, vor dem wir uns verschließen, der uns aber erst zu dem macht, was wir sind. Andererseits steht er für alles, was wir uns ersehnen, um glücklicher zu werden und besser mit uns selbst klarzukommen. Für mich stellt das Stück einen stimmigen Übergang zum nächsten dar.

Womit wir bei der „Carnival“-Metapher wären ...

Sie steht für all die falschen Freuden dieser Welt, Ich finde, die Gesellschaft lebt mittlerweile dermaßen ausschweifend nach dem Prinzip "Nach uns die Sintflut", dass sie sich selbst schneller als erwartet zugrunde richten wird. Wertvolle Eigenschaften, die den Menschen für mich ausmachen, gehen dabei verloren, und obwohl wir glauben, eine Mordssause zu erleben, tun wir uns selbst weh. Im Gegensatz zu "Parasite" ist dieser Song nach außen gerichtet.

Warum habt ihr das Ende der Platte in vier Teil aufgespalten?

Das letzte Stück behandelt meine Gedanken über das Nichts: Wir leben verloren in einer Welt, die wir nicht begreifen, und machen die Erfahrungen, dass vermeintliche Konstanten durch unsere Finger rinnen wie Wasser. Der Track handelt von den Antworten, die wir nicht kennen, von unserer Nacktheit im Vakuum des Alls, in dem wir so winzig sind und doch so großspurig tun. Zuerst spreche ich Zweifel an, eine nur zu menschliche Eigenart, und im zweiten Teil geht es um unser Zeitempfinden in Anbetracht unserer peinlich kurzen Leben. Teil drei rekapituliert das Bisherige, bevor am Ende eine versuchte Antwort steht - so wie es Walt Whitman in "O Me! O Life!" formuliert hat: Existenz definiert sich durch andere, denn erst im Zusammenwirken erfahren wir selbst Sinn. Dass wir nicht alleine hier sind, ist das einzig Gewisse im Leben.

Wie müssen wir uns die Metalszene in Kolumbien vorstellen?

Uns fehlt hier so einiges, also ist die Situation misslich. Instrumente sind teuer, auch weil sie importiert werden müssen, denn viele Bauer haben wir hier nicht. Ein Amp, der 2000 Dollar kostet, bedeutet für uns, vier Monatsgehälter abzudrücken. Wir begehen einen Spagat, da wir zugleich arbeiten beziehungsweise studieren und die Band betreiben. Davon abgesehen gibt es wirklich nur wenige Metalheads hier, und die drücken sich darum, Geld für Musik auszugeben. Wie gesagt: eine haarige Situation ...

Wie sehen da eure weiteren Ziele aus?

Wir wollen sehr viel gute Musik herausbringen und gehört werden - sie in die Welt hinaustragen und das gleichzeitig immer weiter tun, bis die Gesundheit es uns nicht mehr erlaubt.

Dann auf ein langes Wohlbefinden - viel Glück!

Andreas Schiffmann (Info)
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