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Interview mit Lost World Order (11.05.2010)
LOST WORLD ORDER, das bedeutet Thrashmetal pur, aus dem Nichts sind sie gekommen und haben für mich vor einem halben Jahr mit „Marauders“ „die“ Thrash-Scheibe 2009 abgeliefert. Druckvoll, eingängig und tauglich als Dauerbrenner, das muss erstmal jemand dieser recht kleinen Band nachmachen, die die Scheibe zum freien Download und als feine Vinyledition anbietet. Höchste Zeit für ein Gespräch mit Mätty, seines Zeichens Sänger und Gitarrist des Bielefelder Vierers.
Eure aktuelle Scheibe ist c.a. ein halbes Jahr zu haben, wo steht der Counter für die freien Downloads?
Der steht momentan etwa bei 3.000. Das werden aber hoffentlich noch mehr...
Ich kann natürlich verstehen, dass man so viele Leute wie möglich mit seiner Musik erreichen will wie möglich, aber das setzt natürlich voraus, das die Kohle woanders herkommt. Das ist o.k., aber entwertet ihr damit nicht selbst eure Musik und Musik an und für sich?
Unserer Meinung nach tun wir genau das Gegenteil. Wir bieten mit der LP ja ein sehr hochwertiges Produkt an, dass sich ein Sammler sicher gern ins Regal stellt. Es ist einfach so, dass CDs heutzutage mehr oder weniger ein Abfallprodukt sind. Das sieht man zum Beispiel auf Festivals, wo die Dinger reihenweise verschenkt werden und die Hälfte hinterher irgendwo auf dem Rasen liegt. Ein Download lag in der heutigen Zeit näher, und in unserer Position Geld dafür zu nehmen kam überhaupt nicht in Frage. Wir sehen das also als halbwegs innovatives Promotion-Instrument.
Ich denke, dass man seine Musik eher damit entwertet, dass man sie in mieser Aufnahmequalität bei MySpace einstellt. Damit bietet man dem Hörer einfach nichts an, mit dem er sich beschäftigen möchte. Wir verschenken acht Songs in hervorragender Studioqualität, wer kann so etwas noch von sich behaupten? Wenn sich die Leute aufgrund dieser Aktion positiv an uns erinnern, haben wir unser Ziel erreicht.
Wie kommt ihr aus der Nummer wieder raus, wenn ihr zum Beispiel ein Label für die nächste Scheibe hättet, das dann Geld verlangt? Ich hör schon die „Rip Off"-Schreie.
Das ist dann halt so. Wie gesagt ist das für uns Promotion. Wenn ein Label auf uns aufmerksam wird und uns ein vernünftiges Angebot macht, kostet die nächste Scheibe halt Geld. Aber das heißt ja noch nicht, dass wir uns verkaufen. Wir werden definitiv immer wieder Vinyl machen, zur Not auch auf eigene Kosten und dieses und unser Merchandise zu einem möglichst niedrigen Preis anbieten. Und jemand, der sich ein Album umsonst herunterladen will, schafft das auch immer irgendwie. Also sollte sich das Gemecker in Grenzen halten, hehe. Aber vielleicht will ja auch kein Label was von uns wissen, dann werden wir wohl wieder ein ähnliches Programm fahren wie jetzt.
Die LP-Version von „Marauders“ ist super aufgemacht. Wen habt ihr dafür ausgeplündert?
Danke! Die Geldgeber dafür waren die Bandkasse und unsere privaten Geldbörsen. Wir haben einfach Spaß an der Sache und freuen uns, wenn wir eine schöne Platte von uns in der Hand halten. Da spielt Geld keine Rolle. Wir haben das Studio, die LP und vollfarbige Shirts aus eigener Tasche bezahlt und reuen keinen einzigen Euro, da uns das Ergebnis einfach super gefällt.
Wer hat das Cover gezeichnet? Wie kam es dazu?
Das war Plamen Kolev (www.memoriesfromtomorrow.com), und die Entstehungsgeschichte ist eher unspektakulär. Er fragt über MySpace an, ob wir zufällig ein Artwork brauchen und war damit genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Das Ergebnis gefiel uns so gut, dass wir wohl auch in Zukunft wieder mit ihm arbeiten werden.
Wenn ich eure Interviews so verfolge, scheinst Du ein nach links tendierender politischer Mensch zu sein. Das ist mir persönlich, der ich in der Hardcoreszene der späten Achtziger sozialisiert wurde, sehr sympathisch. Was hältst Du denn von den Leuten, die „ihren“ Metal unpolitisch sehen und auch bereit sind, tendenziell rechte Ideen durchgehen lassen?
Ich persönlich denke, dass man sich nicht alles gefallen lassen darf. Rechtsextremismus passt schon grundsätzlich nicht zu der tendenziell rebellischen Attitüde des Metal. Dazu möchte ich gern folgendes Zitat anbringen: „You still think Swastikas look cool? In the real Fourth Reich you’ll be the first to go!“ Und genau so ist es, Metal-Fans passen in kein Nazi-Weltbild. Und Nazis passen nicht in unsere Szene. Spätestens wenn ich sehe, was für tolles Feedback wir zum Beispiel aus Südamerika oder Osteuropa bekommen, kann ich persönlich Fremdenhass nicht mehr nachvollziehen. Ich finde es toll, dass eine Subkultur wie unsere weltweit funktioniert. Brüderlichkeit bringt Menschen weiter als Hass, Hetze und Gewalt.
Das Wort unpolitisch halte ich darüber hinaus für brisant. Man kann als Band vielleicht die Politik aus der Musik herauslassen, aber die Menschen dahinter sind immer politisch. Anderes kann höchstens behaupten, wer unbemerkt vom Staat ohne Strom und fließendes Wasser in einer Waldhütte haust und sich von Beeren und Wurzeln ernährt. Jemand, der ganz normal in unserer Gesellschaft lebt, ist ganz automatisch auch politisch, da er von der Politik abhängig ist. Nicht wählen gehen und sich für nichts interessieren bedeutet nicht, dass man unpolitisch ist.
Wer also Musik mit braunen Inhalten allein durch den Kauf unterstützt, selbst wenn er nicht hinter der Ideologie steckt, öffnet die Tür für rechte Unterwanderung damit ein kleines Stück mehr. Das kann ich nicht verhindern, aber gutheißen kann ich es auch nicht.
„Marauders“ wird gerne als Endzeit-Szenario beschrieben. Beschreibungen sind es ja, aber hast Du auch einen Lösungsansatz zu bieten? Oder wie der Engländer es nennt: Education or Entertainment? Was geht vor?
Ganz klar Entertainment. Ich bin kein Prediger, ich habe lediglich eine Meinung. Wie ich oben schon beschrieben habe, ist mir meine Umwelt nicht egal. Ich habe klar definierte Vorstellungen, verfolge die Nachrichten und bringe meine Beobachtungen in meine Texte ein.
Allerdings habe ich mir in diesem Fall eine fiktive Story ausgedacht, die lediglich Querverweise ins Hier und Jetzt liefert.
Es ist natürlich eine gute Sache, wenn jemand sich mit meinen Texten auseinander setzt und sich vielleicht sogar damit identifizieren kann. In erster Linie ist Metal aber auch für mich Unterhaltung und Entspannung. Ich kann Bands wie Living Death genießen, obwohl die Texte nicht viel Aussage haben. Wenn ich eine politische Rede sehen will, schaue ich mir eine an. Ebenso ist ein Metal-Konzert eben ein Metal-Konzert und keine Propaganda-Veranstaltung. Ein bisschen nachdenken ist aber auch in der Freizeit nicht verboten, und sich von einer politischen Strömung unterwandern zu lassen, setzt ein großes Maß Ignoranz voraus. Darüber hinaus habe ich keine Lust, über gängige Klischees zu singen, das können andere viel besser als sich.
Durch die Story, auf der die Texte aufgebaut sind, kann man als Hörer auch einfach abschalten, ohne sich politisch belästigt zu fühlen. Wenn man aber etwas daraus ziehen will, ist es möglich. Das ist für mich ein guter Kompromiss.
Wie sieht denn eure Verbindung zu GEIST aus, seht ihr das als komplett getrennte Bands? Und warum macht man zwei? Um die Begeisterung für unterschiedliche Musik ausleben zu können?
Da möchte ich vorausschicken, dass Geïst mittlerweile Eïs heißen, da eine andere Band namens Geist nicht auf ihre älteren Recht verzichten wollte.
Angefangen hat die Sache ja damit, dass unser Drummer Draconiz mit Eïs-Bassist Alboin die Band mit einigen anderen Leuten gegründet haben. Draconiz war schon immer Black Metal-Fan und wollte darüber hinaus immer mal singen. Als der Band die Gitarristen abhanden kamen, sind Hedrykk und ich dazu gestoßen. Gerade wir beide geben aber nur wenig kreativen Input, das tun wir hauptsächlich bei Lost World Order.
Aber es ist auch angenehm, mal andere Musik zu spielen. Wir mögen die Musik von Eïs und sind auch feste Mitglieder, nicht nur hired guns. Als Gitarrist entwickelt man sich zudem weiter, wenn man mal einen anderen Stil spielt.
OK. Bleibt mir nur mich bei Dir zu bedanken, für die saucoole Scheibe und dieses Interview. Cheers.
Dr. O.
(Info)
Eure aktuelle Scheibe ist c.a. ein halbes Jahr zu haben, wo steht der Counter für die freien Downloads?
Der steht momentan etwa bei 3.000. Das werden aber hoffentlich noch mehr...
Ich kann natürlich verstehen, dass man so viele Leute wie möglich mit seiner Musik erreichen will wie möglich, aber das setzt natürlich voraus, das die Kohle woanders herkommt. Das ist o.k., aber entwertet ihr damit nicht selbst eure Musik und Musik an und für sich?
Unserer Meinung nach tun wir genau das Gegenteil. Wir bieten mit der LP ja ein sehr hochwertiges Produkt an, dass sich ein Sammler sicher gern ins Regal stellt. Es ist einfach so, dass CDs heutzutage mehr oder weniger ein Abfallprodukt sind. Das sieht man zum Beispiel auf Festivals, wo die Dinger reihenweise verschenkt werden und die Hälfte hinterher irgendwo auf dem Rasen liegt. Ein Download lag in der heutigen Zeit näher, und in unserer Position Geld dafür zu nehmen kam überhaupt nicht in Frage. Wir sehen das also als halbwegs innovatives Promotion-Instrument.
Ich denke, dass man seine Musik eher damit entwertet, dass man sie in mieser Aufnahmequalität bei MySpace einstellt. Damit bietet man dem Hörer einfach nichts an, mit dem er sich beschäftigen möchte. Wir verschenken acht Songs in hervorragender Studioqualität, wer kann so etwas noch von sich behaupten? Wenn sich die Leute aufgrund dieser Aktion positiv an uns erinnern, haben wir unser Ziel erreicht.
Wie kommt ihr aus der Nummer wieder raus, wenn ihr zum Beispiel ein Label für die nächste Scheibe hättet, das dann Geld verlangt? Ich hör schon die „Rip Off"-Schreie.
Das ist dann halt so. Wie gesagt ist das für uns Promotion. Wenn ein Label auf uns aufmerksam wird und uns ein vernünftiges Angebot macht, kostet die nächste Scheibe halt Geld. Aber das heißt ja noch nicht, dass wir uns verkaufen. Wir werden definitiv immer wieder Vinyl machen, zur Not auch auf eigene Kosten und dieses und unser Merchandise zu einem möglichst niedrigen Preis anbieten. Und jemand, der sich ein Album umsonst herunterladen will, schafft das auch immer irgendwie. Also sollte sich das Gemecker in Grenzen halten, hehe. Aber vielleicht will ja auch kein Label was von uns wissen, dann werden wir wohl wieder ein ähnliches Programm fahren wie jetzt.
Die LP-Version von „Marauders“ ist super aufgemacht. Wen habt ihr dafür ausgeplündert?
Danke! Die Geldgeber dafür waren die Bandkasse und unsere privaten Geldbörsen. Wir haben einfach Spaß an der Sache und freuen uns, wenn wir eine schöne Platte von uns in der Hand halten. Da spielt Geld keine Rolle. Wir haben das Studio, die LP und vollfarbige Shirts aus eigener Tasche bezahlt und reuen keinen einzigen Euro, da uns das Ergebnis einfach super gefällt.
Wer hat das Cover gezeichnet? Wie kam es dazu?
Das war Plamen Kolev (www.memoriesfromtomorrow.com), und die Entstehungsgeschichte ist eher unspektakulär. Er fragt über MySpace an, ob wir zufällig ein Artwork brauchen und war damit genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Das Ergebnis gefiel uns so gut, dass wir wohl auch in Zukunft wieder mit ihm arbeiten werden.
Wenn ich eure Interviews so verfolge, scheinst Du ein nach links tendierender politischer Mensch zu sein. Das ist mir persönlich, der ich in der Hardcoreszene der späten Achtziger sozialisiert wurde, sehr sympathisch. Was hältst Du denn von den Leuten, die „ihren“ Metal unpolitisch sehen und auch bereit sind, tendenziell rechte Ideen durchgehen lassen?
Ich persönlich denke, dass man sich nicht alles gefallen lassen darf. Rechtsextremismus passt schon grundsätzlich nicht zu der tendenziell rebellischen Attitüde des Metal. Dazu möchte ich gern folgendes Zitat anbringen: „You still think Swastikas look cool? In the real Fourth Reich you’ll be the first to go!“ Und genau so ist es, Metal-Fans passen in kein Nazi-Weltbild. Und Nazis passen nicht in unsere Szene. Spätestens wenn ich sehe, was für tolles Feedback wir zum Beispiel aus Südamerika oder Osteuropa bekommen, kann ich persönlich Fremdenhass nicht mehr nachvollziehen. Ich finde es toll, dass eine Subkultur wie unsere weltweit funktioniert. Brüderlichkeit bringt Menschen weiter als Hass, Hetze und Gewalt.
Das Wort unpolitisch halte ich darüber hinaus für brisant. Man kann als Band vielleicht die Politik aus der Musik herauslassen, aber die Menschen dahinter sind immer politisch. Anderes kann höchstens behaupten, wer unbemerkt vom Staat ohne Strom und fließendes Wasser in einer Waldhütte haust und sich von Beeren und Wurzeln ernährt. Jemand, der ganz normal in unserer Gesellschaft lebt, ist ganz automatisch auch politisch, da er von der Politik abhängig ist. Nicht wählen gehen und sich für nichts interessieren bedeutet nicht, dass man unpolitisch ist.
Wer also Musik mit braunen Inhalten allein durch den Kauf unterstützt, selbst wenn er nicht hinter der Ideologie steckt, öffnet die Tür für rechte Unterwanderung damit ein kleines Stück mehr. Das kann ich nicht verhindern, aber gutheißen kann ich es auch nicht.
„Marauders“ wird gerne als Endzeit-Szenario beschrieben. Beschreibungen sind es ja, aber hast Du auch einen Lösungsansatz zu bieten? Oder wie der Engländer es nennt: Education or Entertainment? Was geht vor?
Ganz klar Entertainment. Ich bin kein Prediger, ich habe lediglich eine Meinung. Wie ich oben schon beschrieben habe, ist mir meine Umwelt nicht egal. Ich habe klar definierte Vorstellungen, verfolge die Nachrichten und bringe meine Beobachtungen in meine Texte ein.
Allerdings habe ich mir in diesem Fall eine fiktive Story ausgedacht, die lediglich Querverweise ins Hier und Jetzt liefert.
Es ist natürlich eine gute Sache, wenn jemand sich mit meinen Texten auseinander setzt und sich vielleicht sogar damit identifizieren kann. In erster Linie ist Metal aber auch für mich Unterhaltung und Entspannung. Ich kann Bands wie Living Death genießen, obwohl die Texte nicht viel Aussage haben. Wenn ich eine politische Rede sehen will, schaue ich mir eine an. Ebenso ist ein Metal-Konzert eben ein Metal-Konzert und keine Propaganda-Veranstaltung. Ein bisschen nachdenken ist aber auch in der Freizeit nicht verboten, und sich von einer politischen Strömung unterwandern zu lassen, setzt ein großes Maß Ignoranz voraus. Darüber hinaus habe ich keine Lust, über gängige Klischees zu singen, das können andere viel besser als sich.
Durch die Story, auf der die Texte aufgebaut sind, kann man als Hörer auch einfach abschalten, ohne sich politisch belästigt zu fühlen. Wenn man aber etwas daraus ziehen will, ist es möglich. Das ist für mich ein guter Kompromiss.
Wie sieht denn eure Verbindung zu GEIST aus, seht ihr das als komplett getrennte Bands? Und warum macht man zwei? Um die Begeisterung für unterschiedliche Musik ausleben zu können?
Da möchte ich vorausschicken, dass Geïst mittlerweile Eïs heißen, da eine andere Band namens Geist nicht auf ihre älteren Recht verzichten wollte.
Angefangen hat die Sache ja damit, dass unser Drummer Draconiz mit Eïs-Bassist Alboin die Band mit einigen anderen Leuten gegründet haben. Draconiz war schon immer Black Metal-Fan und wollte darüber hinaus immer mal singen. Als der Band die Gitarristen abhanden kamen, sind Hedrykk und ich dazu gestoßen. Gerade wir beide geben aber nur wenig kreativen Input, das tun wir hauptsächlich bei Lost World Order.
Aber es ist auch angenehm, mal andere Musik zu spielen. Wir mögen die Musik von Eïs und sind auch feste Mitglieder, nicht nur hired guns. Als Gitarrist entwickelt man sich zudem weiter, wenn man mal einen anderen Stil spielt.
OK. Bleibt mir nur mich bei Dir zu bedanken, für die saucoole Scheibe und dieses Interview. Cheers.