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Interview mit BAD BONE BEAST (19.03.2022)

BAD BONE BEAST

"Kaum Geld auf dem Konto, aber einen Haufen starker Songs" – so beschreibt Sänger und Bassist Ruben von BAD BONE BEAST die Ausgangslage des Alternative- / Hard-Rock-Trios vor den Aufnahmen zum Debüt-Langspieler "Extravaganza", mit dem die Band bei Drakkar anheuern konnte und nun bald endlich (zunächst als Support) auf Tour gehen wird. Im folgenden Interview erläutert der quirlige Frontmann die Umstände der Namensgebung der Band, ihre musikalischen Einflüsse und die Absicht, auch kleinste Bühnen mit einer Rock’n’Roll-Show zu zerlegen.

Ruben, "Extravaganza" klingt so, als ob Ihr das Beste aus einer eher traurigen Zeit gemacht hättet. Mit 13 Songs riskiert Ihr zwar, ein wenig zu viel des Guten zu kredenzen, doch die Scheibe rockt ziemlich abwechslungsreich mit Schmackes und Seele, und macht im Großen und Ganzen einfach Laune. Wie leicht bis schwer ist es Euch gefallen, dieses Album aufzunehmen, und wie wichtig war es für Euch, anno 2020/21 an so etwas Kraftvollem und Beseeltem arbeiten zu können?

Ruben: Ich finde, dass Menschen, die 2022 noch CDs hören, mit 13 Songs und einem schönen Cover belohnt werden sollten. Die Platte wird zu keinem Zeitpunkt langweilig und spiegelt genau das wider, was uns als Band ausmacht: Leidenschaft zur Musik, Energie, Charakter und der Drang, hin und wieder mal die Mähne zu schütteln und bei einem kühlen Detmolder zusammen zu zocken. Wir drei passen einfach nahezu perfekt zusammen, und bei so einer zwischenmenschlichen Chemie ist das Songwriting fast ein Selbstläufer.

Beim Hören fällt auf, wie viel Liebe im Detail steckt, und zwar sowohl kompositorisch wie auch in der Produktion: "Extravaganza“"klingt ausgefeilt, doch nicht über-produziert. Wie habt Ihr das als vergleichsweise kleine Band so gut hinbekommen?

Die Produktion war super aufregend! Aufgrund der pandemischen Pause hatten wir kaum Geld auf dem Konto, aber einen Haufen starker Songs. Also haben wir uns entschieden, die ganze Scheibe in Eigenregie aufzunehmen. Die Songs wurden in unserem Proberaum in Osnabrück aufgenommen, Alex hat den ganzen Aufnahmeprozess geleitet, und Ugge und ich mussten eigentlich nur noch unseren Job am Instrument machen und alte Matratzen für den Gesangs-Booth aufstellen. Gemischt und gemastert hat die Scheibe dann noch Chris Mock, und wir sind selbst überrascht, wie groß und fett so ein DIY-Album klingen kann! Außerdem sind wir keine Fans von überproduzierten Rockalben. Rock'n‘Roll is nothing without the soul, und die Seele geht vom Musiker ins Instrument. Sobald man anfängt, Aufnahmetracks durch die Poliermaschine zu schleifen, hast du nur noch eine polierte aber leere Hülle, und mir persönlich zieht sich bei solchen modernen Rockalben alles zusammen.

Abwechslung kommt wie gesagt nicht zu kurz bei Euch, und während mich die "Moving Doll" kaum bewegt, feiere ich den Grunge-Hit "Me, U and I" oder auch das forsch rockende "One Last Time", dessen Ausklang auf dem Klavier besser kaum klingen könnte. Wie wichtig ist Euch selbst eine gewisse Variation innerhalb verschiedener Rock-Spielarten?

Musik ist und wird immer Geschmackssache bleiben. Der eine mag den Song, der andere kann sich denselben Song gar nicht anhören. Ein Dritter findet das ganze Album geil und der nächste mag gar keine Musik hören - dieses Phänomen soll es ja auch geben! Musik entsteht aus Emotionen, und ruft bei jedem andere Emotionen hervor. Ich habe selber meine Favoriten auf der Platte, aber ich überlasse es dem Zuhörer, sich unvoreingenommen sein eigenes Bild zu machen. Wer uns seit unserer Entstehung 2017 verfolgt und auch schon live gesehen hat, wird wissen, dass wir viele der neuen Songs bereits auf der Bühne gespielt haben, lange bevor wir überhaupt die Aufnahmen zu "Extravaganza" begonnen haben. Daher haben wir auch viele Songs aus unserer "Water-Into-Wine"-Zeit auf der Platte, die noch einen leichten Classic-Rock-Schweif hinter sich herziehen, aber erst nach Release der EP entstanden sind wie zum Beispiel "Moving Doll" oder "Fade". "Truth or Dare", "Me, U and I" und "Bonehead" sind ebenfalls in dieser Transition von der EP zum Album entstanden und läuteten wiederrum den neuen Sound der Band ein. Natürliche Prozesse und glückliche Zufälle - hätte dieses alte Piano nicht im Proberaum gestanden, wäre das Outro für "One Last Time" niemals so auf die Platte gekommen - waren bisher unsere treuen Begleiter, und dafür bin ich sehr dankbar.

Bei Zodiac hast Du nicht so im Rampenlicht gestanden wir nun bei BAD BONE BEAST, wo Du als Bassist, Sänger und Frontmann aufzublühen scheinst: Das ist genau Dein Ding, oder? Wie glücklich bist Du mit der aktuellen Besetzung?

Diese Band ist für mich persönlich ein wahrgewordener Teenie-Traum. Sie erfüllt all das, was ich mir für meine Band immer gewünscht habe. Freundschaft, Loyalität, Talent, Ehrgeiz, Respekt und die Liebe zu Musik. Ich bin froh, dass wir drei zueinander gefunden haben. Ich kann mich zu 100% auf die Jungs verlassen, und die sich auf mich. Wir sind wie eine kleine Familie. Wenn nicht jeder an einem Strang zieht, geht es auch nicht gut aus. Wir haben noch viel vor, und ich freue mich auf das, was noch kommt.

Eure Debüt-EP habt Ihr vor drei Jahren noch in Eigenregie unters Volk gebracht, nun habt Ihr im Hafen von bzw. auf dem Boot von Drakkar angeheuert, wo "Extravaganza" bislang "nur" als CD erschien, was mich in zweifacher Hinsicht erstaunt: Warum haben Euch Drakkar unter die Fittiche genommen, und warum erscheint von so einem starken Album gerade heutzutage keine LP-Version?

Warum hätte uns Drakkar nicht signen sollen ist doch die viel bessere Frage! Eine LP wird es noch vor der Tour im April geben, und kann jetzt schon vorbestellt werden. Das war für uns jedenfalls ein ausschlaggebendes Kriterium, mit Drakkar zusammen zu arbeiten. Ich denke, das Label hat das Potenzial der Band erkannt, und wir sind sehr glücklich darüber. Uns war wichtig, dass dieses Album ein starkes Zuhause findet und nicht in den Weiten des Release-Dschungels untergeht. Ich bin so gespannt darauf, dieses Artwork auf einem Schallplatten-Cover zu sehen. Das Album bekommt bei mir einen ganz besonderen Platz.

Neben einigen professionellen Clips habt Ihr im Fratzenbuch ein Video geteilt, das ein neunjähriger Fan mit Lego-Figuren und passendem Backdrop zu Eurer Musik gefilmt hat, und so etwas kann ja nur Sympathiepunkte einheimsen! Wie ist der Junge auf diese Idee gekommen, und hat er Euch mit dem Clip überrascht?

Wir waren allemal überrascht und es wäre fast schon kriminell gewesen, ihm in Form eines Posts nicht unsere Wertschätzung zu zeigen. Es ist doch wunderbar, wenn man vor allem die ganz Jungen mitreißen kann. Ich fand es großartig, mit wie viel Liebe zum Detail er das alles zusammengestellt hat!

Bitte ehrlich: Wie viele blöde Bemerkungen musstet Ihr Euch bereits über den Bandnamen BAD BONE BEAST anhören – und wie seid Ihr bloß darauf gekommen?

Blöde Bemerkungen gab es bisher keine und ich wüsste auch nicht warum? Der Name ist Killer - Punkt! Tatsächlich hörte ich den Begriff "Bad Bone Beast" zum ersten Mal, als ich bei Zodiac-Frontmann Nick auf der Couch saß und wir, kurz nach der Auflösung der Band, gemeinsam gejammt haben. Er brabbelte irgendwas, freestylte mehr oder weniger einen Text und plötzlich hörte ich "...Bad Bone Beast". Ich sagte sofort: "Stop! Was hast du gerade gesagt? Das ist doch mal ein geiler Bandname!" Und so wurde Nick van Delft zu unserem Namensgeber.

"Sunday Afternoon" ist kein Tribut an The Kinks, sondern erinnert mich eher an das Debüt von Pearl Jam, und meine Schwäche für diese Musik, die ich als Black-Metal-Fan natürlich niemals zugeben würde. Du hingegen darfst ganz freimütig erzählen, welchen Platz der Grunge und Pearl Jam (die ja nicht wirklich dazugehörten) in Deinem Herzen einnehmen…

Das siehst du ganz richtig, Es ist kein Tribut an den Song "Sunny Afternoon". Die Brücke zu Pearl Jam gerade mit dem Song überrascht mich ein wenig und schmeichelt mir zugleich. Wir sind alle riesige Fans der Neunziger und auch Pearl Jam hat sich in die eine oder andere Playlist verirrt. Wir sind größtenteils mit dieser Musik aufgewachsen, und die Affinität dafür ist definitiv da, aber es gibt so viel Musik auf dieser Welt. Ich kann nicht verstehen wieso man sich nur auf einen Musikstil festlegt. Ich kenne nicht viele Leute die so sind, aber es gibt sie. Für mich unverständlich, aber da ist wieder das Thema: Musik berührt dich oder nicht. Und wenn dich nur afrikanische Stammesmusik bewegt oder Mittelalterrock oder Ambient, und es dich glücklich macht, dann bitte! Ich bin froh darüber, offen für jede Art von Musik und nicht auf einen Stil festgefahren zu sein. Ich mag nicht alles, aber das muss auch nicht!

Ich höre bei mehreren Songs Anklänge an Alice in Chains heraus, doch Du hast mir je bereits erklärt, dass eher die Beatles Pate standen. Aus rein musikalischer Sicht würde für mich eine Tour im Vorprogramm von Audrey Horne ebenso Sinn machen wie mit Deiner vorigen Band oder auch Kamchatka und The Brew. Da die Beatles wahrscheinlich nicht mehr touren: Mit wem würdest Du gerne die Bühne teilen?

Mit jeder Band, die uns mit auf Tour nehmen will! Egal wie groß oder klein. Wir sind gerne unterwegs, und jedes Kaff und jedes Publikum soll uns hören. Hauptsache, wir spielen nicht umsonst und alle Beteiligten sind cool. Keiner mag Arschlöcher, die meinen was Besseres zu sein. Wir sind uns über die Qualität unserer Musik und unsere Live-Performance bewusst, trotzdem sind wir Realisten und wissen, dass wir dieses Jahr nicht mit Ozzy oder den Scorpions auf Tour gehen werden. Daher sind wir bereit für das, was kommt, um dann auch die kleinste Hütte zu zerlegen und das Publikum mit einem breiten Grinsen und Ohrensausen nach Hause zu schicken.

Wir führen dieses Interview am Vorabend von Entwicklungen, von denen einige behaupten, dass sie sich zu einem dritten Weltkrieg auswachsen könnten. Ist das nicht unheimlich bizarr? Ändert das noch mal etwas an Deiner Wertschätzung von Musik bzw. bekräftigt diese umso mehr?

Was auf der Welt passiert, ist grausam und uns lässt es auch nicht kalt. Als mir dieses worst case scenario richtig bewusst wurde, saß ich bestimmt zwei Minuten an meinem Küchentisch und habe in die Leere gestarrt. Dann dachte ich mir aber: Ist denn nur die Ukraine betroffen von Elend und Tragödie? Nein! Es passieren zurzeit zu viele Kriege, die uns aber in unseren privilegierten Wohnzimmern nicht erreichen. Jeder spricht über die Ukraine. Sicher, dieser Krieg kann Auswirkungen auf ganz Europa, wenn nicht die ganze Welt haben. Hat es ja jetzt schon. Aber sind die Menschenleben in Somalia, Palästina, Afghanistan, Mali, Libyen, Jemen, Syrien oder Nigeria – um nur ein paar Kriegsgebiete zu nennen – deshalb weniger wert? Dort sterben ebenso Kinder, aber jeder hält die ukrainische Flagge hoch und spricht von Solidarität, denkt aber nicht darüber nach, dass die mächtigen alten Säcke andere Kriege von uns fernhalten, weil wir in der 1. Welt sowieso keine wirtschaftlichen Konsequenzen spüren würden, geschweige denn unsere Lebensqualität darunter leiden würde. Irgendwie strange, dass die – sozialen - Medien unsere Gehirne komplett lahmlegen. Musik hat nie was an Kriegen ändern können. Es ist für mich ein Ausweg und schafft eine Auszeit von schlechten Nachrichten. Nicht, dass ich diese Auszeit bräuchte. Ich schaue sowieso selten Nachrichten, weil ich mich ständig nur darüber aufrege, wie priorisiert wird. Politik hat in unserer Musik nichts verloren. Wir sind keine Band die ihre politischen Überzeugungen in die Welt rausposaunen muss. Wir sind eine Band, die sich auf das Wesentliche konzentriert: Musik machen.

Ruben, danke, dass Du Dir die Zeit genommen hast, und alles Gute für und mit BAD BONE BEAST!

Thor Joakimsson (Info)
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