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Interview mit Martin Koller - Prophecy Fest (20.01.2024)

Martin Koller - Prophecy Fest

Das Prophecy Fest 2023 ist Geschichte, und mit ihm nicht nur ein erneut außergewöhnliches Line-Up, sondern auch einige Neuerungen, bei denen nicht alles glatt lief. Also ein guter Anlass, bei Martin Koller, Gründer von Prophecy Productions und Festival-Organisator, im Hinblick auf das bereits in Planung befindliche Prophecy Fest 2024 nachzufragen. 

Hallo Martin, schön, dass Du Dir die Zeit nimmst, um auf das letztjährige Prophecy Fest zurückzuschauen und auch kritikwürdige Aspekte in Augenschein zu nehmen. Zunächst mal können wir festhalten, dass es um das Prophecy Fest in einer Zeit, in der einige – mitunter traditionelle – Festivals die Segel streichen, grundsätzlich gut bestellt ist: Die Veranstaltung war bereits Wochen zuvor ausverkauft, und obwohl es in einigen Punkten Verbesserungsbedarf gibt, fallen die Reaktionen auf das Prophecy Fest 2023 im Großen und Ganzen gut bis begeistert aus.

Martin Koller: Wir sind höchst zufrieden mit dem Verlauf des Prophecy Fests 2023. Das Programm war sehr stark und wurde sehr gelobt. Noch nie hatten wir so viele Besucher. Wir mussten zum ersten Mal den Park- und Zeltplatz selbst organisieren und hatten nicht nur hier höhere Sicherheitsauflagen. Wir haben die zweite Bühne, die Sitzplatztribüne und das "click und collect", bei dem Kunden das Merchandise vorbestellen können, eingeführt.
Aufgrund dieser Neuerungen hatten wir mit einigen Anlaufschwierigkeiten gerechnet, denn jeder Plan kann noch so gut sein, erst in der Praxis zeigen sich die Schwachpunkte. Als Fazit können wir sagen, dass die ganz bösen Überraschungen zum Glück ausgeblieben sind und viele Neuerungen auf Anhieb funktioniert haben.  Wir sind mitten in der Aufarbeitung. Dabei werten wir auch die zahlreichen Rückmeldungen aus und holen zusätzlich die Meinung unserer Künstler und Besucher ein, wie zum Thema zweite Bühne. Wir werden dann in diesem Jahr einige Bereiche wie zum Beispiel das Merchandise noch einmal gründlich überarbeiten, um die Wartezeiten zu verkürzen. Anderes, wie das Parksystem, wird nur noch einmal feinjustiert. Und nicht zu vergessen, wir wollen auch die Situation unserer vielen freiwilligen Helfer verbessern, ohne die es auch aufgrund rasant steigender Kosten kein Fest gibt.

Ich kam am späteren Donnerstagabend in Balve an und erhielt sofort ein Festival-Bändchen, doch zuvor gab es wohl Wartezeiten von bis zu anderthalb Stunden.

Zu Hochzeiten der Anreise werden sich Wartezeiten vermutlich nie ganz vermeiden lassen. Aber wir planen jetzt schon mit mehr Stationen beim Check-In. Grundsätzlich haben wir unsere Ziele erreicht: Es gab endlich keinen Rückstau mehr auf der viel befahrenen Bundesstraße, was primär der Sicherheit unserer Besucher und der allgemeinen Verkehrssicherheit dient. Und es gab erstmals alle Bändchen, Camping- und Parkausweise sowie das click & collect zentral an einer Stelle – und somit auch kein doppeltes oder gar dreifaches Schlangestehen.

Am Freitag wurden am Merch-Stand in der Höhle Early-Bird-Tickets für das Prophecy Fest 2024 angeboten, was zu einer enormen Warteschlange führte. Einige Besucherinnen und Besucher standen sich also die Beine in den Bauch, um nächstes Jahr wieder dabei zu sein – und sich hoffentlich nicht wieder die Beine in den Bauch zu stehen?

Der Merchandise-Bereich krankt schon seit den Vorjahren an zu langen Wartezeiten, da der Andrang sehr hoch ist. Wir hatten hier an einer Lösung gearbeitet, aber technische Veränderungen sind nicht mehr rechtzeitig fertig geworden. Um zu vermeiden, dass es zu stundenlangen Ausfällen durch unerprobte Technik kommt, haben wir in diesem Jahr das alte System bewusst weiterlaufen lassen. Dass uns dann ausgerechnet ein Kreditkarten-Provider einen Strich durch die Rechnung macht und das Konto wegen der zu hohen Umsätze für fast eine Stunde sperrt, hatten wir so noch nicht. Wir werden im nächsten Jahr sowohl durch neue Technik als auch in der Standgestaltung die aktuellen Schwierigkeiten hoffentlich besser in den Griff bekommen.

Bereits vor dem Festival waren kritische Stimmen zu vernehmen, was die quasi zusätzlichen Konzerte auf einer zweiten Bühne in einem Seitenarm der Höhle anbelangt. Als der Drum Soundcheck von dort zur großen Bühne herüberdrang, während das dortige Konzert noch lief, regte sich nicht nur in mir Unmut. Wenn Empyrium in 2024 erstmalig "Where At Night…" aufführen, wäre Lärm von einer zweiten Bühne unerträglich! Wie geht es diesbezüglich weiter?

Sollte es die zweite Bühne noch einmal geben, dann werden wir alles daran setzen, solche Störungen zu vermeiden.

Das Prophecy Fest hat nicht umsonst den Ruf eines familiären "come together", so dass es kaum verwundert, dass "Prophecy-Veteranen" mit dieser oder jener Band vergleichsweise häufig auftreten. Ergänzend bekommen neuere Bands des Labels die Chance, sich in der Balver Höhle vor internationalem Publikum zu präsentieren. Mit weiteren ausgesuchten Bands, die – noch? – nicht auf Prophecy veröffentlichen, setzt das Festival zusätzliche Anreize. Kannst Du skizzieren, zwischen welchen verschiedenen Ansprüchen Dein Team und Du bei der Zusammenstellung des Line-Ups jedes Jahr abwägen müssen?

Ich habe Prophecy Fest als Zusammenkunft und Fest für Künstler, Mitarbeiter und Freunde des Labels gegründet. Einer meiner Gründe dafür war schon damals das Problem, junge, spannende Bands auf die Bühne zu bekommen. Auf der anderen Seite können wir sehen, dass im Prinzip nur die "großen" Namen auch Karten verkaufen. Wir hatten seit 2016 Gast-Bands, die nicht bei Prophecy Productions veröffentlichen, wenn diese musikalisch und inhaltlich zu unserem Fest passen und ein freundschaftliches Band besteht. Bei diesen sehen wir auch die Zugkraft, um zusätzliche Besucher jenseits des Prophecy-Kosmos anzulocken und damit sich unser Fest wirtschaftlich trägt. Auf der anderen Seite muss das künstlerische Konzept stimmen und bei vielen dieser Künstler erfülle ich mir einen persönlichen Traum. Es hat mich Jahre gekostet, mit der Balver Höhle den geeigneten Ort zu finden, und das Prophecy Fest soll kein musikalischer Jahrmarkt werden. Meistens beginnt das Programm mit einer neuen Idee von Markus Stock, denn Empyrium waren der Funken zur Gründung von Prophecy Productions. Auf dieser Basis baue ich dann das Billing auf, wobei mir immer eine Dramaturgie vorschwebt. Es muss passen. Aber natürlich wollen auch Forderungen von Managements und Notwendigkeiten wie Reisezeiten von Bands berücksichtigt werden. Es ist immer ein riesiges Puzzle, aus dem sich nach und nach ein Programm zusammenfügt. Da stecken unzählige Stunden Arbeit, Blut, Schweiß und Tränen drin. Und nach nur drei Tagen ist alles wieder vorbei und hoffentlich fahren alle Beteiligten dann glücklich und zufrieden nach Hause – und kommen im nächsten Jahr wieder.

Nicht nur für die Bands sowie für die verschiedenen Teams in und außerhalb der Höhle, sondern auch für die Besucherinnen und Besucher bist Du während des Festivals ansprechbar, gesellst Dich hier und dort dazu und hast bereits ein offenes Ohr für das Feedback verschiedener Leute. Insofern hoffe ich, dass Du über die Biere der Landbrauerei Tobias Mohrmann vor allem Gutes gehört hast und auch die historische Stadtführung und die offene Museumstür der Luisenhütte gut ankamen? Und wie schaffst Du es überhaupt, in all dem Trubel so aufnahmefähig zu bleiben?

Das geht nur mit einer großartigen Mannschaft. Die Durchführung des Fests ruht auf vielen Schultern. Da sind sowohl die professionellen Mitarbeiter bei Bühne, Sound und Sicherheit als auch unsere zahlreichen freiwilligen Helfer, die Helping Hands. Dazu gehören aber auch die Mitarbeiter der Behörden, des Festspielvereins und des Schützenvereins, von denen viele ihre Freizeit opfern. In 2023 hatten unsere Helping Hands leider besonders viel zu stemmen. Ich möchte daher die Gelegenheit nutzen, allen Beteiligten, speziell den Freiwilligen sowie den friedlich feiernden Besuchern zu danken!

Nicht wenige Besucherinnen und Besucher des Prophecy Fests schätzen seine überschaubare Größe und die Möglichkeit, bereits mit wenigen Schritten den Waldrand erreichen und zwischendurch einfach mal im Grünen durchatmen zu können. Auch Dir dürfte daran gelegen sein, dass das Fest die bisherige Wohlfühlatmosphäre nicht einbüßt…

Das Prophecy Fest kann schon aufgrund der Lokalität nicht zu einem seelenlosen Monstrum wuchern. Ich hatte in diesem Jahr sogar 100 Tickets aus dem Verkauf genommen, um Gedränge zu vermeiden. Dabei bleibt es, denn es wurde trotzdem bei einigen Konzerten sehr voll – was wiederum die Künstler sehr freut. Das Prophecy Fest soll auch in Zukunft eine Familienfeier bleiben. Daher ist uns auch die lokale Anbindung wichtig, die wir unter anderem mit Führungen und Museumstouren noch ausbauen werden. Auch Inklusion und Nachhaltigkeit bleiben hoch auf unserer Agenda. Die Empore hat sich für Rollstuhlfahrer bewährt, wie wir aus zahlreichen Rückmeldungen erfahren haben. Wir halten außerdem Sitzplätze für ca. 30 Prozent der Besucher vor. Wir werden in diesem Jahr hoffentlich durch weitere Verbesserungen und somit unter anderem weniger Schlangen noch einiges mehr zum Wohlfühlfaktor beitragen.

Zum Prophecy Fest pilgert ein vergleichsweise friedliches wie zahlungskräftiges Publikum, insofern dürfte einigen weiteren Veranstaltungen in den nächsten Jahren wenig im Wege stehen, oder?

Martin: Wir sind uns bewusst, dass wir ein riesiges Glück mit unseren Besuchern haben. Und wir bedanken uns herzlich für den großen Vertrauensvorschuss, denn schon während des Fests haben wir mehr als ein Viertel unserer Karten verkauft. Natürlich hoffen wir, dass wir auch mit der Ausgabe im Jahr 2024 wieder den Geschmack unserer Freunde treffen. Die Arbeiten am Programm laufen auf Hochtouren und wir werden hoffentlich in Kürze die nächsten Bands ankündigen können.

Danke Dir & Glück auf mit Label und Fest!

Vielen Dank für das Gespräch und wir sehen uns hoffentlich beim Prophecy Fest 2024!

Photos: Carsten Brand für Prophecy Productions

Thor Joakimsson (Info)