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Hell Over Hammaburg 2013 - Hamburg, Markthalle / Marx - 02.03.2013

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Hell Over Hammaburg FlyerWie heißt es so schön? Gelungener Einstand! Das Hell Over Hammaburg-Festival feiert Anfang März seine Premiere und läuft so gut, dass die zweite Auflage für kommendes Jahr direkt im Anschluss angekündigt werden kann und somit die Chance hat, zu einer kleinen, aber feinen Institutuion in der norddeutschen Festival-Landschaft zu avancieren. Rund 650 Gäste kommen am Samstagnachmittag in die überaus verkehrsgünstig, nämlich keine fünf Gehminuten vom Hauptbahnhof entfernt liegende Markthalle, um sich ein musikalisches Programm zu geben, das abwechslungsreicher kaum sein könnte. Im handverlesenen Billing findet man von klassischem Gitarrenrock über traditionellen Heavy, Thrash und Death Metal bis hin zu zähem, pechschwarzem Doom und garstigem Black Metal so ziemlich alles, was das qualitätsbewusste Metallerherz begehrt. Und wird zumeist auch von mitreißenden Auftritten begeistert.

Bevor es um die Bands geht, noch kurz die obligatorische Manöverkritik. Zu bemängeln gibt es grundsätzlich gar nichts. Das Bühnenprogramm findet in zwei Räumen statt, die sich für diesen Zweck bestens eignen. Die größere Markthalle hat einen treppenförmigen Innenraum, so dass selbst nicht ganz so lang geratene Besucher immer einen Platz finden, von dem sie das Geschehen gut verfolgen können. Der kleinere Raum mit dem Namen Marx ist zwar tatsächlich deutlich kleiner, hat aber ein gemütliches Flair. Aufgrund des kleineren Raums kommt es einem hier auch deutlich lauter drin vor, in Sachen Sound gibt es aber hüben wie drüben nichts zu meckern, so gut wie alle Bands können auf gute Klangverhältnisse zurückgreifen. Dass es in der Markthalle lichttechnisch zumeist eher düster zugeht, ist der Stimmung sicherlich zuträglich, fürs Fotografieren wäre beim nächsten Mal ein bisschen mehr Licht aber auch ganz schön. Wobei das natürlich eher in die Kategorie persönliches Pech fällt. Da auf beiden Bühnen zumindest anfangs parallel gespielt wird, muss man sich entscheiden, ob man eine Band komplett guckt und dadurch eine andere komplett verpasst oder von zwei Bands jeweils einen Teil schaut. Das ist natürlich nur dann ein Problem, wenn man zwei gleichzeitig spielende Bands sehen will - im nächsten Jahr will man hier mehr Flexibilität einbringen. Ansonsten: zivile Preise für Getränke und am Snackstand und auch bei den umfangreichen Merchandisetischen vernimmt man faire Kurse für die Ware, ein cooles Festivalshirt schlägt mit 13€ zu Buche und auch die Bands nehmen nie mehr als 15€ für ein Shirt. So muss das sein.

ScreamerDen Anfang in der großen Halle machen die schwedischen Metaller von SCREAMER und die legen gleich mal so richtig vor. Mit dreckig-metallischem Rock'n'Roll - oder kräftig rock'n'rollendem Heavy Metal, je nach Gusto - und jeder Menge Pfeffer im Arsch, gepaart mit nicht weniger Spielfreude, bringen sie sofort die ersten drei, vier Reihen in der stetig voller werdenden Halle zum Headbangen und Ausrasten. Der etwas klein geratene singende Basser Christoffer Svensson hat umso größeres Charisma und eine coole RAMONES-Frisur, dazu ist er bestens bei Stimme. Die Gitarristen wirken im direkten Vergleich etwas braver, als ihr Frontmann und posen noch etwas schüchterner, das Gesamtbild ist aber stimmig. SCREAMER wollen in erster Linie gute Laune verbreiten und das gelingt ihnen schon mit dem Opener "Demon Rider". Wie auf dem starken neuen Album "Phoenix" folgen "No Regrets" und "Slavegrinder", bevor man einen Block mit Songs vom Debüt ins Publikum donnert. "Far Away From Home", das dem Titel entsprechend kräftig rockende "Rock Bottom" und das etwas schleppendere "No Sleep Til Hamilton" beenden das Set, das der Band definitiv ein paar neue Fans beschert hat.

Wir bleiben an Ort und Stelle, denn als nächste steht DER Newcomer des Jahres 2012 auf dem Programm. Die Rede ist natürlich von ATTIC, die mit SCREAMER beim Hell Over Hammaburg den Startschuss für ihre gemeinsame Tournee abfeuern. Die Bühne ist mit zahlreichen Kerzen dekoriert und auch die Outfits der Echtstahlschmiede zeigen auf, dass es nun deutlich finsterer wird. Zum stimmungsvollen Bombastintro "The Hidden Grave" steht die Band mit dem Rücken zum Publikum, um dann zu den ersten Riffs von "Funeral In The Woods" förmlich zu explodieren. Die Ruhrpöttler zocken ihren melodisch-düsteren Heavy Metal mit einer atemberaubenden Tightness und die Tatsache, dass die Chose live nochmal ein bisschen härter klingt, als auf dem Album, macht die Sache noch mitreißender. Ein besonderes Augenmerk liegt wie immer auf Frontmann Meister Caglistro, der selbst die allerhöchsten Passagen mit spielerischer Leichtigkeit meistert - der Typ ist einfach over the top. Mit "Join The Coven" und "Satan's Bride" geht es flott weiter, bevor das epische "Edlyn" das Tempo kurz herausnimmt. Inzwischen ist die Halle gut zur Hälfte gefüllt und ATTIC werden ordentlich abgefeiert. Was sicherlich auch an der Bühnenshow mit grimmiger Mimik und großen Posen liegt - so und nicht anders will man Heavy Metal sehen und hören, denn es geht kaum besser. Mit "The Invocation" und "The Headless Horseman" biegt die Band auf die Zielgerade ein und überquert die Linie mit einem Cover der PENTAGRAM-Nummer "Dying World". Geil!

Nach kurzer Pause geht es zum ersten Mal ins Marx, wo zuvor OBELYSKKH und besonders BLACK SHAPE OF NEXUS die Zuschauer dem Vernehmen nach beeindruckt haben. Hier steht als nächstes die auf dem Papier softeste Band des Abends an, nämlich GOLD aus den Niederlanden. Das ist die neue Band des ehemaligen THE DEVIL'S BLOOD-Gitarristen Thomas Sciarone und die spielt schmissigen Rock mit einer eigenwilligen Sängerin. Das jedoch ist ausdrücklich als Kompliment zu verstehen, denn Milena Eva überzeugt nicht nur mit tollem Gesang, sondern auch einer überaus extrovertierten, gesten- und mimikreichen Performance. Sie zieht Schnuten, klimpert mit den Augen, macht wahlweise ein erstauntes, entzücktes oder erfreutes Gesicht und wirft mit aufreizenden Blicken um sich. Sie macht große, dramatische Posen, benutzt ihre Hände, um die Texte mit Bewegungen zu unterstreichen und trägt zu allem charmanten Überfluß und ganz modebewusst silbrig-glänzende, enge Disco Pants zum transparent-roten Oberteil. Oder um es kurz machen: Milena ist einfach ein Hingucker, wirkt dabei sympathisch, authentisch und eben ein kleines bisschen verrückt. Ihre Mitmusiker üben sich ebenfalls in Rockerposen, reißen die Instrumente hoch und schütteln die Köpfe, allen voran Thomas, der ebenso wild agiert, wie bei seiner Ex-Band. Und so sind auch die Songs durch das hohe Energielevel wirklich mitreißend. Natürlich kommen hauptsächlich die Titel des Debütalbum "Interbellum" zum Zuge und da überragt das lange "Ruby" mit ausuferndem Solopart alles. Toll aber auch die Darbietung von "Gone Under" und "Dreams", dazu gibt es passenderweise ein Cover des FLEETWOOD MAC-Songs "Rhiannon". Ein golden glänzender, überraschend starker Auftritt, der allen Zeugen wohl lange im Gedächtnis bleiben wird.

Der folgende Kontrast könnte kaum größer sein, denn in der Markthalle gibt es als nächstes Black Metal zu hören und zu sehen. Das schon seit 1991 aktive dänische Trio DENIAL OF GOD hat sich mit zwei deutlich jüngeren Livemusiken verstärkt und prügelt sich mit viel Druck durch das recht abwechslungsreiche, länger ausfallende Songmaterial, das eine deutliche Heavy-Metal-Kante aufweist. Sieben Songs werden gespielt, davon vier vom aktuellen Album "Death And The Beyond", zwei vom 2006er-Debüt "The Horrors Of Satan" sowie der 2001er-EP-Track "Robbing The Grave Of The Priest". Im Vergleich zu ATTIC ist es aber etwas weniger voll vor der Bühne, die Zuschauer sehen einen stimmungsvollen Auftritt vor Friedhofsdeko, bei dem aber die musikalischen Alleinstellungsmerkmale nicht direkt auszumachen sind. Das mag sicherlich auch mit der mangelnden Kenntnis des Songmaterials zu tun haben, da fällt es dann eben etwas schwerer, das Besondere auf Anhieb zu erkennen oder die Feinheiten innerhalb der Songs wahrzunehmen. Macht aber nix, denn letztlich können auch DENIAL OF GOD gut unterhalten.

Wer der wahre Headliner des Abends ist, machen schon vor dem Auftritt die "DESASTER, DESASTER"-Sprechchöre deutlich und so ist es dann in der Halle auch propppenvoll, als die Koblenzer Black Thrasher in ihr rasantes und energiegeladenes Set starten. Gitarrist und Bandgründer Infernal springt wie von der Tarantel gestochen über die Bühne, post auf sympathische Art und Weise und sucht permanent den Kontakt zum Publikum in den ersten Reihen. Basser Odin ist kaum weniger agil, während der imposante Frontmann Sataniac den Zeremonienmeister gibt. Angesichts der nie stillstehenden Musiker und des düsteren Lichts rauft der Fotograf sich zwar die Haare, dafür geht das Publikum komplett steil und feiert die Band auch weiterhin mit Sprechchören ab. Kein Wunder, denn so viel Bewegung auf der Bühne und so viel Power im rasant rumpelnden Metal der Band können ihre Wirkung gar nicht verfehlen. Mit "Nekropolis Karthago" und den noch älteren "Devil's Sword", "In A Winter Battle" und "Sacrilege" startet man direkt mal mit ein paar Klassikern in das Set, bevor mit dem Midtempo-Brecher "Phantom Funeral" ein Song vom aktuellen Album an der Reihe ist. "Schluss mit den Balladen" fordert Sataniac im Anschluss und weiter geht es mit dem ebenfalls neuen, grandiosen "The Splendour Of The Idols". "Teutonic Steel", "Tyrants Of The Netherworld", "Hellbangers" und "Metallized Blood" halten die Markthalle am Kochen und zur abschließenden Zugabe huldigt man den Urvätern KREATOR mit einem Cover von - natürlich - "Tormentor". Klare Sache, in der Markthalle sind DESASTER heute deutlicher Tagessieger.

Im Marx sind derweil noch SLINGBLADE zugange, hier hat sich der Zeitplan nach hinten verschoben. Auch bei den schwedischen Metallern mit Frontfrau ist die kleine Halle rappelvoll, weshalb nur eine kurze Verweildauer angestrebt wird. Zudem macht sich langsam nach über sechs Stunden eine gewisse Schwere in Beinen und durch Erfrischungsgetränke bedingt auch im Kopf breit und in der großen Halle warten schließlich noch die Headliner. Augen- und Ohrenzeugeberichten zufolge wissen aber auch SLINGBLADE zu begeistern und zwar so sehr, dass sie wenig später auch für das Rock Hard Festival 2013 bestätigt werden.

Headliner sind die finnischen Okkultrocker JESS AND THE ANCIENT ONES, die zum allerersten Mal in Deutschland spielen und zuvor in Interviews leicht großspurig von beeindruckenden Ritualen, die man zelebrieren wolle, sprachen. Das weckt Erwartungen, zumal sie da in gewisser Weise auch in die Fußstapfen einer nicht mehr existenten niederländischen Band treten könnten. Nun, nach knapp 70 Minuten stellt man einigermaßen ernüchtert fest, dass die Finnen den Mund da etwas zu voll genommen haben. Von einer besonderen Atmosphäre mag man nicht wirklich sprechen, von einer rituellen schon gar nicht. Der siebenköpfigen Band gelingt es nämlich (noch) nicht, ihre wirklich tollen Songs auch eindrucksvoll auf der Bühne zu inszenieren. In der Mitte steht Frontfrau Jess, wirkt leicht entrückt und wedelt ein bisschen mit den Armen, während sie ihre Songs ansonsten recht makellos singt. Rechts und links neben ihr stehen die beiden Hauptgitarristen Thomas Corpse und Thomas Fiend. Während der spärlich behaarte Fiend mit Shirt und Lederweste ohne größere Gesichts- oder Körperregung sein Instrument bedient, ist Corpse zumindest mit Kopfbewegungen bei der Sache. Der dritte Gitarrist Von Stroh und Bassist Fast Jake stehen in der zweiten Reihe und haben einen Bewegungsradius von knapp einem m2, während am Keyboard ein Kerlchen mit Mütze in sich versunken herumklimpert - wie soll da ernsthaft gute Stimmung aufkommen? Spielerisch gibt es indes nichts zu mäkeln, der Okkultrock mit Zitaten der 60er und 70er wird kompetent dargeboten und so ist es in erster Linie ein Auftritt fürs Ohr und weniger fürs Auge. Die Markthalle ist jedoch höchstens noch bis zur Hälfte gefüllt und da es JESS AND THE ANCIENT ONES nicht mal ansatzweise gelingt, die Stimmung, die bei DESASTER herrschte, am Leben zu erhalten, gibt es oft nicht viel mehr als Höflichkeitsapplaus für die Band. Es ist zwar unbestritten schön, Songs wie das grandiose "Sulfur Giants (Red King)", "13th Breath Of The Zodiac", "Prayer For Death And Fire " oder das neue "Astral Sabbat" auch mal live zu hören - was die Performance angeht, muss die Band aber noch stark daran arbeiten, ihr Publikum auch zu fesseln. Die schwache Resonanz der Zuschauer mag sicherlich auch daran liegen, dass viele Leute nach sieben, acht Stunden ausgepowert sind, aber eine Mobilisierung der letzten Reserven hat hier leider nicht funktioniert - im Gegensatz zu drüben, wo WARHAMMER mit ihrem alten Rumpelsound wohl nochmal alles herausholen.

Die Party im Anschluss wird von DJ Krugi, bekannt aus der Dortmunder Szenekneipe Die Burg (die ja leider ihre Pforten schließt), beschallt. Der Rezensent freut sich noch kurz darüber, KETZERs "Collecter Of Worlds" zu hören, zieht es dann aber aufgrund des niedrigen verbliebenen Energiepegels vor, sich mit den erstandenen Shirts von dannen zu machen - mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht. So ergeht es auch einem Großteil des Publikums, negative Stimmen vernimmt man an diesem Abend keine und auch in den sozialen Netzwerken liest man hinterher nur begeisterte Kommentare. Kurzum: das Hell Over Hammaburg ist in seiner ersten Auflage eine tolle Veranstaltung, die dringend der Fortführung bedarf. Und so geht es am 15. März 2014 in die nächste Runde, für die mit den deutschen Epic Metallern ATLANTEAN KODEX bereits die erste spannende Bandverpflichtung getätigt wurde.

Andreas Schulz (Info)

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