Partner
Services
Statistiken
Wir
Hell Over Hammaburg 2015 - Hamburg, Markthalle / Marx - 07.03.2015
Zum dritten Mal findet das HELL OVER HAMMABURG statt - und zum ersten Mal kann das Team um Organisator Wolf-Rüdiger Mühlmann schon im Vorfeld das "Ausverkauft"-Schild an die Türen hängen. Ein toller Erfolg, der für das Konzept des Festivals sowie die erlesene Bandauswahl spricht. Auch in diesem Jahr ist das Programm wieder bunt gemischt und reicht von Classic Rock über Heavy, Doom, Black Thrash, Death bis hin zum Black Metal. Das Bühnenprogramm, das sich auf die kleine Marx und die große Markthalle selbst aufteilt, ist in diesem Jahr etwas entzerrt, so dass nur noch kurze Überschneidungen bei den einzelnen Auftritten vorkommen. Lediglich die Headliner in beiden Hallen - CHAPEL OF DISEASE in der kleinen und MIDNIGHT in der großen - spielen nahezu parallel, weshalb erstgenannte in unserem Bericht leider außen vor bleiben - wir alle wollten MIDNIGHT sehen. Wir, das sind in diesem Jahr Lars Schuckar (LS), Andreas Schulz (ASZ) und Gastschreiber Daniel Schweigler (DS). Besonderer Dank geht an Saskia Gaulke (www.saskiagaulke.de) für die Bilder von High Spirits und Solstice.
Wie bereits im Vorjahr, findet am Vorabend des Festivals eine mit Ván Records organisierte Warm-Up-Show im The Rock Café in St. Pauli statt. Auch diese Show ist früh ausverkauft und weil man weniger Karten verkauft hat, als im letzten Jahr, ist es gemütlich und nicht mehr brechend voll. Auch hier ist das Programm höchst abwechslungsreich. BLIZZEN aus Hessen überzeugen als motivierter Newcomer in Sachen Heavy Metal mit 80er-Kante, WARDENCLYFFE aus England haben leicht skurrilen Doom mit Zylinder auf dem Kopf des Sängers zu bieten, während die deutschen Death Metaller von DEATHRONATION einen wuchtigen Auftritt auf die Bretter legen. Coole Party, die in dieser Form allerdings zum letzten Mal stattgefunden hat, denn im nächsten Jahr wird das HELL OVER HAMMABURG auf zwei Tage ausgedehnt. Am Freitag werden dann in der großen Markthalle einige Bands spielen, während am Samstag wie gewohnt auf zwei Bühnen die Post abgeht. Die ersten Bands wurden dafür inzwischen auch mit Andeutungen verraten und so darf man sich auf TRIAL, BLACK TRIP und SKEPTICISM freuen. Doch genug der Vorschau, widmen wir uns lieber dem diesjährigen Geschehen. (ASZ)
Spannung liegt in der Luft. Tatsächlich ist die Erwartungshaltung und die Vorfreude auf ein Festivalereignis der besonderen Art heute in der Markthalle schon ab dem Einlass in gehobenem Maße spürbar; nicht ganz in KIT-Dimensionen, aber nahe dran. Und es sind hinterhältige und mit Flaschenbier (Astra, wat sonst?) bewaffnete Schweden, die das nach erlesener Musik gierende Volk erlösen dürfen. Was AMBUSH in der dementsprechend bereits bestens gefüllten großen Halle dann abliefern, belegt mal wieder die nicht nur zahlenmäßig momentane Ausnahmestellung des Old-School-Metal-Nachwuchses aus dem nordischen Königreich. Das mit bisher nur einem Album immer noch als Newcomer durchgehende Quintett nutzt die Zeit, um sein Debüt "Firestorm" fast komplett vorzustellen. Dass die junge Band eine große Kelle aus der Judas-Priest-Ursuppe genommen hat, macht sie zwar nicht unbedingt originell, aber wen stört das schon bei ansteckenden Traditionskrachern wie "Firestorm", "Ambush" und "Hellbound". Mit einem erstklassigen Sound ausgestattet (wie im Übrigen alle Bands des Festivals) sticht die Flying-V-Attack auch bei den verhältnismäßig getragenen Songs "Master Of Pain" und "Molotov Cocktail" perfekt und auch die Screams von Oskar Jacobsson sitzen heute ausgesprochen gut. Insgesamt erweist sich der Sänger als deutlich besser als man (aufgrund einiger Live-Videos im Internet) vorher erwarten durfte. Seine Kollegen agieren trotz der rasanten Ausrichtung derweil nicht ganz so hyperaktiv, wie manche ihrer ähnlich gesinnten Landsmänner, sondern eher mit konzentrierter Spiellaune. Dazu gehören einige Moves aus dem Metal-Lehrbuch und wenn sie in ihr Posing den ACCEPT-Hüftschwung mit einbauen, bringt das einen zwar unweigerlich zum Grinsen, es verfehlt aber seine Wirkung nicht. Jo, that's Metal! Wie gut sie damit ankommen, zeigen die Klatscheinlagen des Publikums vor der Vorstellung der einzelnen Musiker. Den krönenden Abschluss bildet danach das lautstark mitgesungene und von vielen Fäusten gefeierte "Natural Born Killers". Den Opener-Job haben AMBUSH somit mit Auszeichnung erfüllt. Halt, ein Manko gibt es doch zu vermelden: Ausgerechnet "Don't Shoot (Let 'Em Burn)", ihren besten und Dank des Videos neben "Natural Born Killers" wohl bekanntesten Song, spielen sie nicht. Geht's noch? Diesen Fauxpas beim nächsten Mal aber bitte zwingend unterlassen. (LS)
Den eröffnenden Slot in der Marx haben die österreichischen Black Thrasher von TRIUMPHANT inne, die letztes Jahr mit "Herald The Unsung" ihr ziemlich starkes Debüt vorgelegt haben. Von einem typischen Opener, den sich nur ein paar Leute angucken wollen, kann allerdings überhaupt keine Rede sein, denn die kleine Halle ist jetzt schon richtig gut gefüllt. Zum Aufwärmen startet die im klassischen Black-Thrasher-Outfit (jede Menge Leder und Nieten, schwarz umrandete Augen) angetretene Kapelle mit einem neuen Instrumental namens "Triumph Of Death", um mit "Hellknights" direkt eine weitere neue Nummer in die Runde zu werfen. Zu der entert dann auch Frontmann Bekim Leatherdemon die Bühne und beeindruckt mit nietengeschürzter Lende. In den ersten Reihen fliegen sofort die Haare, der Sound ist jetzt schon richtig gut und die Band nutzt die kleine Bühne mit ihren Posen voll und ganz aus. Nach zwei weiteren Songs vom Album folgt mit "Chant Of Lost Souls" die nächste neue Nummer, die sich ebenfalls bestens einfügt. Neben der coolen Performance überzeugen auch die hohen Screams von Herrn Lederdämon, die perfekt sitzen. Mit "Nachzehrer", "Triumphant" und "Devotion" geht es dann in den Endspurt eines schweißtreibenden, tollen Auftritts, der zurecht bejubelt wird.
ROBERT PEHRSSON'S HUMBUCKER sind mit ihrem Classic Rock auf dem Papier wohl die softeste Kapelle des ganzen Billings. Der namensgebende Gitarrist und Sänger ist ein vielbeschäftigter und musikalisch extrem vielseitiger Mann, war Anfang der 90er bei Runemagick tätig, zockt mit Nicke Andersson (ex-Entombed) bei Death Breath und hat auf Alben von Bands wie Imperial State Electric, Bullet, Slingblade, Black Trip und Dead Lord mitgespielt. Darüber hinaus ist er auch ein überragender Songwriter, was unter anderem Soundchecksiege des Debütalbüms von ROBERT PEHRSSON's HUMBUCKER belegen. Trotzdem können viele Besucher mit dem Namen der Band nichts anfangen, was sich mit dem Opener "Haunt My Mind" aber schlagartig ändern wird. Geführt von einer traumhaft schönen Melodie à la Thin Lizzy verfehlt der Song seine Wirkung nicht und sorgt augenblicklich für beste Laune im Auditorium. Auch bei Chris Black von den High Spirits, der sich diesen Auftritt nicht entgehen lassen will. "Serious", "Falling Into Darkness" und das wunderbare "Keep Me In Your Heart" bringen die volle Halle dann endgültig zum Kochen und es herrscht Partystimmung. Die Darbietung auf der Bühne mag zwar ein bisschen schüchtern wirken, dafür besticht das Quartett aber mit spielerischer Leichtigkeit und Songs, denen man sich einfach nicht entziehen kann. Weil die Stücke zudem knackig kurz sind, spielt die Band fast das ganze Debütalbum durch, ergänzt um den 7"-Track "The Hollow Of A Rising Tone" sowie eine Nummer namens "Keep Pushin'". Mit ihrem tollen Auftritt und der wunderbaren Musik haben Robert und seine Jungs sich heute jede Menge neuer Fans erspielt. (ASZ)
Mit THE TOWER stehen im ausnahmsweise mal nicht ganz vollen Marx auch schon die nächsten Schweden an. Diese umwehen die dicksten Retroschwaden des Billings und das liegt nicht vordergründig am Rüschenhemd von Sänger Erik. Nach dem doomigen Beginn "Adrenalawine", erweist sich der psychedelische Retro-Hardrock des Vierers als vertonte Pilzsuppe, die mit den hintereinanderweg gespielten "Exile", "Lions At The Gate" und "Lucy" aber gleich mehrere formidable Ohrwürmer in petto hat. Gerade die Löwen-Nummer wird man danach 'ne ganz Weile nicht mehr los (und am nächsten Tag ist sie auch schnell wieder da). Der helle Gesang verfehlt dabei seine Wirkung nicht, wobei das moderne Stabmikro in Eriks Hand optisch nicht so ganz zum altmodischen Sound passen will. Das zumeist grüne Waldmeisterlicht unterstreicht da schon wesentlich harmonischer das leicht chaotisch wirkende Spiel der Musiker, die sich aber vermutlich weniger ernst nehmen als ihr verschrobener Auftritt vermuten lässt. Während der in sich gekehrte Bassist Viktor, der mit seiner Pagenfrisur sehr feminin rüberkommt, immer weiter hinfortschwebt, wird der Sänger immer zappeliger, zumindest wenn er nicht gerade auf dem Boden kniet. Je länger der Gig, je mehr 70er, je dröhniger der Sound. Und das gefällt scheinbar nicht allen, so dass es gegen Ende des Sets doch zunehmend leerer wird. Allerdings stehen nebenan jetzt auch Cult Of Fire an, und als eine der größten Unbekannten des Tages haben THE TOWER trotz ein paar Längen im Set doch so einige Fans neugierig auf mehr gemacht. (LS)
Manch einer mag den vermeintlichen Mummenschanz, den CULT OF FIRE betreiben, albern finden, manch anderer liebt die Band gerade auch deshalb. Die tschechischen Black Metaller, die mit "Ascetic Meditation Of Death", so die Übersetzung des sanskritischen Albumtitels, eines der Highlights des Jahres 2013 veröffentlicht hatten, legen jedenfalls extrem viel Wert auf eine sehenswerte Performance. Die beiden Gitarristen (auf einen Bass verzichtet man) und der Sänger sind in riesige Roben gehüllt, die keinen Blick in ihre Gesichter zulassen. Der Frontmann steht an einem Mikrofonständer, der mit zwei gekreuzten Sensen martialisch aussieht und vor den Gitarristen sind kleine Bänke aufgebaut, auf denen Totenschädel, Kerzenständer und Schalen mit Räucherwerk drapiert sind. Über die fast ausschließlich rot ausgeleuchtete Bühne wabert jede Menge Nebel und so entsteht eine finstere, rituelle Atmosphäre. Und wenn man nur ein kleines bisschen empfänglich für so etwas ist, ziehen einen CULT OF FIRE damit und in Kombination mit der hypnotischen Musik in ihren Bann. Der Black Metal der Tschechen ist stets hochmelodisch, dabei aber immer wieder rasend schnell, unterbrochen von machtvollen und atmosphärischen Midtempoparts. Sieben Songs werden gespielt, zwei vom Debütalbum "Triumvirát", darunter das grandiose "Satan Mentor", die anderen fünf vom Zweitwerk. Als absoluter Höhepunkt erweist sich der Song, der auf diesem Album an vorletzter Stelle steht und "Khanda manda yoga" (oder so ähnlich) heißt, eine eher bedächtig startende Nummer, die sich mit unfassbar großartigen Melodien in einen Uptempopart steigert, der einem schlicht den Verstand raubt. CULT OF FIRE sind sicherlich nicht jedermanns Sache und polarisieren auch heute, für mich sind sie aber - erwartungsgemäß - eines der Highlights des diesjährigen HELL OVER HAMMABURG.
Das nächste folgt mit CARONTE in der Marx auf dem Fuße. Bis zur Veröffentlichung ihres zweiten Albums "Church Of Shamanic Goetia" war mir die Band völlig unbekannt, mit der Platte haben mich die italienischen Doom Metaller aber in ihren Bann gezogen. Das gelingt ihnen live sogar noch besser. Der psychedelische Doom des Quartetts hat deutliche Stoner-Rock-Einflüsse und ROCK muss in diesem Falle groß geschrieben werden. Denn auf der Bühne rockt die Band mit jeder Menge Power, was auch am krass druckvollen Sound liegt, der im Marx vorherrscht. Optischer wie musikalischer Dreh- und Angelpunkt ist der bullig wirkende, schwer tätowierte Frontmann Dorian Bones, den man vielleicht von Whiskey Ritual kennt. Der Sänger hat einerseits ansehnliche Gestik und Mimik zu bieten, die zeigt, mit welcher Hingabe er bei der Sache ist, andererseits eine saugeile Stimme, die mit ihrem klagenden Unterton an Danzig erinnert. Mit dieser Stimme gesegnet, serviert er schon beim zehnminütigen Opener "Temple Of Eagles" mitreißende Gesangslinien und das Publikum geht steil. In den ersten Reihen fliegen die Matten und Fäuste und beim flotteren "Wakan Tanka Riders" gibt es kein Halten mehr. Nach diesem tollen Auftritt mischt sich die sympathische Band wieder unters Publikum und freut sich, wenn man ihr zum gelungen Gig gratuliert. (ASZ)
Nachdem ich mit CARONTE meine persönliche Neuentdeckung des Festivals gemacht habe, gilt es dem sympathischen Tausendsassa Chris Black einen gebührenden Empfang zu bereiten. Und das sehen verdammt viele so, denn die große Markthalle ist prächtig gefüllt, als HIGH SPIRITS gleich mal mit ihrer gleichnamigen Bandhymne einsteigen. Perfekte Wahl, die Meute singt gleich lauthals mit und ist sofort auf Betriebstemperatur. Die kurzhaarigste und zugleich höflichste Band des Festivals, wieder im Einheitslook (weiße Hose, schwarzes Shirt) angetreten, muss eben nicht viel tun, um das Publikum von Beginn an auf ihrer Seite zu haben. Ihrer Musik im Verbund mit ihrer positiven Ausstrahlung kann man sich kaum entziehen. Unterstützt wird Chris Black, der sich ohne Instrument heute allein auf seinen Gesang konzentrieren kann, einmal mehr von seinen Kumpels von Dawnbringer (Gitarrist Scott Hoffman und Drummer Ian Sugierski) und Züül (Gitarrist Mike Bushur und Bassist Bob Scott). Und was die nur scheinbar zusammengewürfelte Truppe an Tightness und Spielfreude auf die Bühne bringt, gelingt vielen alteingesessenen Bands nicht so, wie HIGH SPIRITS mit ihrem Hitprogramm. Das schnelle "Full Power", "When The Lights Go Down", "I Need Your Love" - einer Mitsinghymne folgt die nächste. Darunter mit "This Is Night" auch ein neuer Song und weiterer High-Energy-Gute-Laune-Hardrocker. Die Musik der Amis wäre wohl auch noch cool, wenn Chris Black beim Singen mit 'ner Sonnenblume wedeln würde. Bevor man vor lauter Frohsinn aber vergisst, dass wir es hier immer noch mit Metal zu tun haben, wird mit dem alten "Wanted Dead" vom ersten Demo das Tempo zwischenzeitig nochmal kräftig angezogen. "Another Night In The City", bei dem Band und Publikum endgültig zur verschworenen Gemeinschaft werden, ist dann der Höhepunkt der Party - aber noch nicht das Ende. Denn auch nach "Midnight Sun" hat das Volk noch nicht genug. Als lautstark geforderte Zugabe gibt es noch "Torture" obendrauf. Danach steht für die meisten Augen- und Ohrenzeugen fest, dass dieser Auftritt heute nur schwer zu steigern sein wird. Tatsächlich waren HIGH SPIRITS noch mal eine Nummer geiler als vor zwei bzw. drei Jahren auf dem Keep It True und dem Rock Hard Festival. Chris Black über alles halt. Er muss ja nicht immer singen - wie genial es etwa wäre, im nächsten Jahr "By The Night Sky" in der Markthalle zu hören... (LS)
Weiter geht es im Marx mit den Berliner Death Metallern von DROWNED statt mit Ritual Black Metal. Die eigentlich angekündigten Dødsengel mussten aus Krankheitsgründen ihren ersten Auftritt außerhalb ihrer norwegischen Heimat absagen. Musikalisch mögen Drowned zwar nicht der adäquateste Ersatz sein, qualitativ sind sie es mit Sicherheit. Wer wissen will, wie Black Sabbath aus der Hölle klingen, kann sich bei DROWNED einen guten Eindruck hiervon holen. Nach einem doomigen Intro prügelt sich das Trio tempodynamisch durchweg in rotes Licht gehüllt und trotz Feedbackproblemen durch ein düsteres und intensives Set. Wir haben es hier definitiv mit keiner Showband zu tun, was die Musik der Todesmetaller aber auch gar nicht nötig hat. Auch wenn sich die Halle mit der Zeit etwas leert, den Großteil des Publikums paralysiert der dunkle Sog, den das Trio mit seiner Musik kreiert. Weniger kann manchmal mehr sein und DROWNED wissen definitiv, wann das der Fall ist. (DS)
In der großen Halle steht einer der seltenen Auftritte von (den englischen) SOLSTICE an. Für Epic-Doom-Metal-Jünger ist der Gig von Rich Walker und seiner Band ein früher Jahreshöhepunkt und dementsprechend exorbitant sind die Erwartungen der schon lange unterversorgten Fans an die folgende Dreiviertelstunde. Die Halle ist nicht ganz so voll, wie bei anderen Auftritten an diesem Tag, aber bereits während des Eröffnungssongs "The Sleeping Tyrant" erweisen sich die vorderen Reihen umso eingeschworener. Nachdem man sich an den Gesang vom nicht mehr ganz so neuen Frontmann Paul Kearns etwa einen halben Song lang gewöhnen muss, entfaltet die Andacht schon bald so richtig ihre Wirkung. Bei dem Doombrecher vom "New Dark Age"-Album, der einzigen alten Platte, die heute Berücksichtigung findet, recken sich die Fäuste bereits wie von alleine in die Höhe. Das gilt nicht weniger für die weiteren vier epischen Brocken, die noch folgen; darunter "Death's Crown Is Victory" von der letztjährigen EP und das ganz neue "White Horse Hill", beides ebenfalls Monumente der erhabenen Metalkunst. Während Richard M. Walker und die anderen Instrumentalisten sich passend zum wuchtigen Sound unaufgeregt auf ihr Spiel konzentrieren, ist der irische Sänger fürs Headbanging und die Bewegung auf der Bühne zuständig. Er sucht zudem wiederholt die Nähe zu den Fans und testet bisweilen am Absperrgitter deren Textsicherheit. Beim Klassiker "Cimmerian Codex" erzielt er dabei das beste Ergebnis und den größten Choral kann der Zehnminüter erwartungsgemäß ebenfalls hervorrufen. Die Band erweist sich trotz ihrer bisher nicht gerade großen gemeinsamen Konzerterfahrung als hervorragend eingespielt und weiß die mächtigen Kompositionen auch live so umzusetzen, wie sie es verdienen. In Sachen Pathos lassen SOLSTICE wirklich keine Wünsche offen. Das sieht auch die Gemeinde so, die auch das abschließende "Cromlech" in seiner ganzen Länge abfeiert. Damit endet ein saustarkes und ebenso wichtiges Konzert, das ab sofort hoffentlich öfter seine Wiederholung erhält. Wir können uns ja nicht ständig nur auf Atlantean Kodex verlassen...
Schrill, schriller, NIGHT - zumindest was den Gesang angeht. Das war aber vorher klar und zumindest im Vergleich zu seinem Hilfseinsatz bei Screamer auf dem letztjährigen Rock Hard Festival passt das Organ von Burning Fire (Oskar Andersson) bei seiner eigenen Band doch wesentlich besser. Apropos Screamer: Deren Schlagzeuger Henrik Petersson hilft auch heute wieder aus, da die Schweden (logo, woher sonst) immer noch keinen festen Stockschwinger gefunden haben. Ihren klassischen 80er-Metal zelebriert die Band mit der unglücklichen Namenswahl voller Überzeugung, was mit "Across The Ocean" (vom neuen Album "Soldiers Of Time"), "Into The Night" und "Fire And Steel" ein paar wirklich coole Headbanger zum Ergebnis hat. Auch bei NIGHT haben da einmal mehr und besonders bei Nummern wie "Taking You Down" und "Out Of The Ashes" Judas Priest Pate gestanden. Die Filigranarbeit von Herrn Burning Night und den anderen Nachtschwärmern, 'namentlich' Midnight Proppen (Calle Englund) und Highway Filip (Sammy Ouirra), ist auch keineswegs zu verachten. Um sich noch besser in Szene zu setzen und für mehr Show zu sorgen, fehlt auf der kleinen Bühne im Marx dann halt doch der Platz. An der Abwechslung könnten die Jungs jedoch noch feilen, manche Songs, darunter weiteres Material vom neuen Album, sind sich doch arg ähnlich. Oder es liegt doch am Gesang des Schnauzerträgers (der den Oberlippenbart aber bestimmt bzw. hoffentlich nur für den Showeffekt und der Überzeugung für ihren Sound wegen trägt), der in seiner Einförmigkeit auf Dauer doch etwas anstrengend wird. Das erfordert vom Zuschauer Durchhaltevermögen, welches nicht alle haben, zumal der Band mit einer Stunde mit die großzügigste Spielzeit zugesprochen wurde. Das Fazit des Auftritts fällt trotzdem positiv aus, auch wenn festzuhalten bleibt, dass NIGHT nicht ganz das Niveau von vielen ihrer derzeit angesagten Landsmänner halten können; Beweise dafür gab es auf dem diesjährigen HOH ja reichlich. (LS)
Darkness, Damnation und Hippiehemden. Was kann man groß zu NECROS CHRISTOS sagen? Mastermind Mors Dalos Ra gelingt es auch am heutigen Abend, seine Version von schwerem und groovenden Todesmetall mit einer guten Portion östlichem Okkultismus in Bildern von Tod und Apokalypse atmosphärisch und stimmungsvoll live umzusetzen und dabei das Publikum in seinen Bann zu schlagen. Death Metal hat natürlich der Gehörnte erfunden, weshalb sich auch hier die Lichtshow lediglich auf Rot und Strobos beschränkt. Das infernalische Quartett walzt sich durch sein erbarmungsloses Set, das nur kurz durch ein instrumentales Zwischenspiel, das wie die westliche Düsterversion eines Ragas rüberkommt, in dem Indiens Dunkelheit beschworen wird, unterbrochen wird. Das nächste Stück bietet wieder den perfekten Soundtrack für Kali, um hasserfüllt auf Shiva herumzutrampeln. NECROS CHRISTOS sind für einen Haufen der Festivalbesucher, wie man im Gespräch erfahren kann, mit der Hauptgrund für den Besuch des Hell Over Hammaburgs. Was von den Berlinern hier abgeliefert wird, ist auch fraglos amtlich. Im Vergleich zu den Kollegen von Drowned stellt sich aber dennoch die Frage, wieviel Wichtigkeit auch für den Otto-Normal-Metaller Namen innehaben. Auch wenn die Besucher des Hell Over Hammaburgs sicher nicht den typischen Wacken-EMP-Fan ausmachen, fand man sich bei NECROS CHRISTOS, die ja zum gegenwärtigen Zeitpunkt in aller Munde sind, in einer ordentlich gefüllten Markthalle wieder, während sich Drowned, obwohl qualitativ mindestens (!) auf Augenhöhe, vorher im kleineren Marx mit teilweise schwindendem Publikum konfrontiert sahen. (DS)
Finale! Und welche Band könnte besser dazu geeignet sein, noch ein letztes Mal alles aus dem Publikum herauszuholen, als die Clevelander Chaoten von MIDNIGHT? Bei dem Trio um Frontmann Athenar muss man auf alles gefasst sein und auch heute verläuft der Gig alles andere als normal. Denn nach zwölf Songs und knapp 40 Minuten kündigt Athenar an, dass es das jetzt war, der Gitarrist könne keine weiteren Songs mehr. Fragende Gesichter ringsumher. Die sind doch Headliner, warum hören die so früh auf? Dann kommt Athenar zurück auf die Bühne und bietet an, noch ein bisschen was kaputtzuschlagen, reißt eines der Backdrops von den Boxen und beglückt einen Fan, indem er es ins Publikum wirft. Und dann ist endgültig Schluss. Des Rätsels Lösung: Weil der eigentliche Gitarrist Commandor Vanik just an diesem Wochenende Vater geworden ist, muss kurzfristig ein befreundeter Ersatzgitarrist einspringen. Und der hat eben nur diese zwölf gespielten Songs drauf. Das gibt's auch nur bei MIDNIGHT. Zurück zum Anfang des Sets, das herrlich stumpf mit "Unholy And Rotten" startet, gefolgt vom rasanten "Black Rock'n'Roll". Schon während der ersten Songs nimmt Athenar, wie immer mit gesichtsverdeckender Kapuze bekleidet, Kontakt zum Publikum in den ersten Reihen auf und lässt auch den Fotografen im Graben Zärtlichkeiten zukommen. Ansonsten springt er wie ein Derwisch über die Bühne, während der Ersatzgitarrist darauf konzentriert scheint, die Sache halbwegs fehlerfrei über die Runden zu bringen und dementsprechend etwas hüftsteif wirkt. Egal, denn bei Songs wie "Prowling Leather", "Degradation", "All Hail Hell" und dem wie Sau groovenden "Necromania" tobt der Mob bis hin zum Mischpult. Mit "Satanic Royalty", der Überhymne "You Can't Stop Steel" und dem rabiaten "Endless Slut" hat der Ersatzklampfer auch drei der wichtigsten MIDNIGHT-Songs im Repertoire, so dass der unerwartet kurze Gig letztlich eine geile Sause ist und das diesjährige HELL OVER HAMMABURG würdig beschließt. (ASZ)
Bilder:
High Spirts und Solstice: Saskia Gaulke
alle anderen: Andreas Schulz