Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Jon Oliva's Pain / Kingcrow / Max Pie - Essen, Turock - 29.06.2012

[ Zur Fotogalerie ] Down

Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Und auch wenn es unrealistisch erscheint, so hofft man doch immer noch insgeheim darauf, dass sich SAVATAGE irgendwann noch einmal zusammentun und sei es nur für ein paar Festival-Gigs. Ob das jemals passieren wird, steht in den Sternen. Aber zum Glück gibt es ja immer noch JON OLIVA'S PAIN, die Band, mit der SAVATAGE-Mastermind Jon Oliva noch immer Alben aufnimmt und auf Tour geht. Angesichts des 25-jährigen Jubiläums des SAVATAGE-Meilensteins "Hall Of The Mountain King" hat Jon sich etwas Besonderes ausgedacht und zwar eine kleine Tour, auf der er mit seiner Band das ganze Album sowie weitere Klassiker von SAVATAGE, Songs seines ehemaligen Nebenprojekt DOCTOR BUTCHER mit Jon Caffery sowie von JON OLIVA'S PAIN spielt. Ende Juni macht er damit auch im Essener Turock Halt und beschert den Gästen - das sei an dieser Stelle vorweggenommen - einen wunderbaren Abend.

Max PieZwei Vorbands sind an diesem Abend mit von der Partie. Die erste dürfte den wenigsten ein Begriff sein und so fragt man sich zunächst, was um alles in der Welt der bescheuerte Bandname MAX PIE bedeuten soll. Das Rätsel wird nicht gelöst. Die belgische Band, die 2005 als Coverband gestartet ist, spielt melodisch-progressiven Metal, der allerdings so gut wie niemanden, der heute anwesend ist, beeindrucken kann - ganz im Gegenteil. Ein Großteil des Publikums ist froh, als die Band die Bühne wieder verlässt. Das liegt vor allem daran, dass die Musik der Belgier völlig gesichtslos ist und komplett an einem vorbeizieht, ohne auch nur den geringsten Eindruck zu hinterlassen. Mit zunehmender Spielzeit fängt des Gedudel sogar gehörig an zu nerven. Auch der optische Eindruck der Truppe ist eher seltsam. Der Bassist sieht aus wie ein zu kurz geratener Bruder von GRAVE DIGGERs Chris Boltendahl, der Gitarrist trägt sein Instrument unter der Brust und hat sich seine Bühnenperformance bei IRON MAIDENs Janick Gers abgeguckt. Dementsprechend albern tänzelt er auf der Bühne herum und ist sich auch nicht dafür zu schade, sich umzudrehen und mit dem Hintern zu wackeln. Und Sänger Tony hat die Ausstrahlung eines südeuropäischen Bauarbeiters. Das kann man sich noch nicht einmal schön saufen.

Auch der Name der zweiten Vorband ist nicht gerade geläufig, aber zumindest ein paar Leute können etwas mit KINGCROW anfangen, denn die haben schon einmal im Turock gespielt und zwar als Vorband von FATES WARNING. Die italienische Band nimmt die Show an diesem Abend für eine DVD-Veröffentlichung auf, was sich nicht als schlechte Wahl entpuppt, denn das Publikum spendet der Truppe reichlich Applaus. KingcrowMusikalisch wird nicht sonderlich harter, aber umso spannenderer, sehr atmosphärischer Progressive Rock geboten, bei dem nicht nur die spielerische Darbietung überzeugen kann, sondern auch das Material selber. Selbst wenn man die Band noch nie gehört hat, kann man sich schnell von ihr mitreißen lassen und so fängt man langsam an, den Abend auch zu genießen. Besonders gelungen sind die immer wieder einfließenden folkloristischen Elemente, die ein sehr mediterranes Flair haben und so dafür sorgen, dass man KINGCROW auch als überaus eigenständige Band im Gedächtnis behält. Optischer Blickfang auf der Bühne sind Gitarrist Diego Carfolla und Sänger Diego Marchesi, die mit viel Bewegung bei der Sache sind, Geschmack beweist der Sänger darüberhinaus mit seinem T-Shirt, dessen Motiv sich am Plattencover von JOY DIVISIONs "Unknown Pleasures" orientiert. Letztlich eine überaus gelungene Darbietung einer höchst interessanten Band, deren Name man sich als Liebhaber von kühlem Progrock unbedingt merken sollte.

Jon Oliva's PainNach einer etwas längeren Umbaupause ist es dann endlich soweit und der Bergkönig mitsamt Gefolge betritt die Bühne zu den Klängen  des Intros und unter tosendem Applaus. Jon spaziert erst lächelnd und winkend über die Bühne, bevor er sich an den weißen Flügel (!) setzt (der schon den ganzen Abend auf der Bühne steht und den anderen Bands einiges an Platz raubt). Und dann erklingen die ersten zarten Töne eines Songs, der so großartig ist, dass ihn andere Bands als Zugabe bringen würden - so sie denn in der Lage wären, so einen zu schreiben: "Gutter Ballet". Natürlich steht das Publikum augenblicklich Kopf und singt den Song lauthals mit. Gleiches gilt für das nachfolgende "Edge Of Thorns", das im Original von Zak Stevens gesungen wird, aber auch Jon hat keinerlei Probleme mit dem Song. Wie geil kann man sein, eine Show mit diesen beiden Songs zu eröffnen? Natürlich haben JON OLIVA'S PAIN damit schon gewonnen und beim folgenden "Death Rides A Black Horse" reißt die Stimmung folglich kein bisschen ab. Mit "Sirens" folgt der nächste SAVATAGE-Klassiker, zu dem Jon sich vom Flügel erhebt und über die Bühne wandert. Der immer noch schwergewichtige Frontmann ist topfit, nicht nur stimmlich, sondern auch körperlich und ist sichtlich begeistert über die Publikumsreaktionen. Dass er sich inzwischen einen etwas gesünderen Lebensstil gönnt, merkt man nicht nur deutlich, sondern sorgt auch für das gute Gelingen des Abends.

Gleiches gilt für Jons Band. Besonders Basser Jason Jennings ist mit Hut, Mantel und Sonnenbrille auffällig unterwegs und interagiert viel mit Jon am Klavier und mit Gitarrist Joe Diaz. Der zweite Gitarrist Jerry Outlaw wirkt auf der rechten Bühnenseite neben dem Flügel zwar etwas verloren und einsam, glänzt dafür aber mit seinen Soli. Angesichts der Darbietung an diesem Abend macht sich der Gedanke breit, dass man sich eine SAVATAGE-Reunion vielleicht doch nur aus Sentimentalität wünscht. Jon Oliva's PainJON OLIVA'S PAIN machen nämlich heute nicht nur alles richtig, sondern begeistern auf ganzer Linie. Weiter geht es nach "Sirens" mit der DOCTOR-BUTCHER-Nummer "Don't Talk To Me", gefolgt vom alten "Power Of The Night". Mit "Festival" geht es zurück in die JOP-Neuzeit, bevor "Tonight He Grins Again" für kollektive Gänsehaut sorgt. Übrigens wird jeder zweite Song von Jon als ein "favourite" angekündigt, entweder von ihm selbst, seinem Bruder Criss oder dem ebenfalls nicht mehr unter uns weilenden Matt LaPorte, dem damit auch kurz gedacht wird. "Walk Upon The Water" und "Ghost In The Ruins" beenden den ersten Teil des Konzerts. Im zweiten Teil folgt dann das komplette "Hall Of The Mountain King"-Album, natürlich aber nicht in genau der Reihenfolge, wie auf Platte. "Legions" und das göttliche "Strange Wings" tauschen die Plätze, mit "The Price You Pay", "Devastation" und "White Witch" geht es weiter, bevor endlich "Prelude To Madness" und der Song, auf den alle gewartet haben, erklingt. Zu "Hall Of The Mountain King" werden nochmal alle Reserven freigesetzt und das Publikum schüttelt die Köpfe und singt lauthals mit. Den Schlusspunkt setzt - wie sollte es anders sein - "Believe" - ebenfalls von großem Chor gesungen.

So viele glückliche, zufriedene Gesichter wie an diesem Abend sieht man nach einem Konzert selten. Mit einer herausragenden Setlist und einer nahezu perfekten Darbietung von allen Musikern verdient die Show von JON OLIVA'S PAIN tatsächlich das Prädikat "überragend" - und MAX PIE sind da schon längst wieder vergessen. Und in zwei Jahren kommt Jon mit seinen Jungs dann hoffentlich wieder nach Essen, um "Gutter Ballet" in voller Länge und zehn andere Klassiker zu spielen. Schön wär's jedenfalls.

Andreas Schulz (Info)

[ Zurück nach oben ] Down

Live-Fotos

Jon Oliva's Pain / Kingcrow / Max Pie Jon Oliva's Pain / Kingcrow / Max Pie Jon Oliva's Pain / Kingcrow / Max Pie
Jon Oliva's Pain / Kingcrow / Max Pie Jon Oliva's Pain / Kingcrow / Max Pie Jon Oliva's Pain / Kingcrow / Max Pie
Jon Oliva's Pain / Kingcrow / Max Pie Jon Oliva's Pain / Kingcrow / Max Pie Jon Oliva's Pain / Kingcrow / Max Pie
Jon Oliva's Pain / Kingcrow / Max Pie Jon Oliva's Pain / Kingcrow / Max Pie Jon Oliva's Pain / Kingcrow / Max Pie
Jon Oliva's Pain / Kingcrow / Max Pie Jon Oliva's Pain / Kingcrow / Max Pie Jon Oliva's Pain / Kingcrow / Max Pie
Jon Oliva's Pain / Kingcrow / Max Pie Jon Oliva's Pain / Kingcrow / Max Pie
Klick zum Vergrößern