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Ketzer / Antichrist / Nocturnal / Alchemyst / Diabolical Imperium - Essen, Turock - 24.03.2012
Wie lebendig der Underground in der hiesigen Metalszene ist, wird an diesem frühlingshaften Samstag überaus deutlich. Die Bergisch Gladbacher Black Thrasher KETZER haben ins Essener Turpck geladen, um ihr formidables zweites Album "Endzeit Metropolis" mit einem Release Gig gebührend zu feiern. Mit DIABOLICAL IMPERIUM, ALCHEMYST, NOCTURNAL und den aus Schweden angereisten ANTICHRIST im Vorprogramm wird ein starkes Package geboten und umso erfreulicher ist, dass jede Menge Fans sich das nicht entgehen lassen wollen. Ausverkauft ist das Turock zwar nicht, aber mehr als ordentlich gefüllt, so dass KETZER den Abend allein schon deshalb als vollen Erfolg verbuchen können.
Der Startschuss fällt mit DIABOLICAL IMPERIUM aus Gummersbach, die schon optisch einiges her machen. Vor Sänger und Gitarrist Simone Milizia steht ein Mikrofonständer mit großen umgedrehten Pentagramm und sowohl er als auch Basser Thorben Baumheuer, der ebenfalls Gebrüll beisteuert, wirken durch die Körpergröße und die langen Matten ziemlich imposant. Musikalisch wird räudiger, Thrash-lastiger Death Metal geboten, der dezent melodisch, aber umso energischer ausfällt. In Sachen Geschwindigkeit ist eher ein mächtiger Groove angesagt, der aber immer wieder von schnellen Passagen aufgelockert wird. Unterhaltsame Angelegenheit und damit ein gelungenes Aufwärmprogramm.
Bei ALCHEMYST wird vor allem deutlich, dass für Konzertbilder aus dem Turock demnächst ein vernünftiges Blitzlicht oder ein lichtstärkeres Objektiv her muss. Denn die recht düster gehaltene Lichtshow erlaubt es mit dem vorhandenen Equipment kaum, gute Bilder zu schießen. Das Licht passt jedoch gut zum Sound der Band, die vor einem ziemlich großen Backdrop spielt. Doomiger, sperriger Black Metal mit viel Atmosphäre ist das Metier der Band aus Thüringen, die auf der Bühne ein gutes Bild abgibt. Die Schlaghose vom zentral agierenden Basser Abgal Ibbur (der sonst bei HELLISH CROSSFIRE an der Gitarre steht) passt zwar nicht so ganz in Bild, aber sei's drum. Die Band, die bisher noch kein Albumrelease vorweisen kann, spielt sieben Stücke und hinterlässt einen professionellen Eindruck, auch wenn ihr Material nicht unbedingt leicht verdaulich ist.
Zeit für Nieten, Ketten, Kutten und Leder - und für große Posen. Die Black Thrasher NOCTURNAL sind zumindest von der Erscheinung her die derbste Band des Abends und rocken das Turock gewaltig. Der schwarze, rasante Thrash Metal der eher rumpeligen Art kommt beim Publikum bestens an und so sieht man überall fliegende Matten - auf der Bühne und im Publikum. Zwar sind die garstigen Vocals von Frontbiest Tyrannizer, die heute unbestritten der optische Höhepunkt ist, etwas leise abgemischt, das fällt jedoch nicht weiter ins Gewicht. Sie und ihre Mitstreiter bangen, als ginge es um ihr Leben und haben auch sonst jede relevante Metallerpose auf Lager. Das wirkt jedoch zu keiner Sekunde aufgesetzt, sondern überaus authentisch - Stichwort Herzblut. Man merkt NOCTURNAL wirklich an, wieviel Spaß sie an der Sache haben. Angesichts von soviel Enthusiasmus kann man auch darüber hinweg sehen, dass die technischen Fähigkeiten der Band eher limitiert sind und man eigentlich von charmantem Gerumpel sprechen muss. Standesgemäß wird der letzte der zwölf Songs mit "Death to false metal" angekündigt und es erklingt ein rabiates Cover von MANOWARs "Kill With Power".
Die längste Fahrt an diesem Abend haben ANTICHRIST aus Schweden. Die kommen jedoch mit einiger Verspätung in Essen an, weil sie mit dem Zug anreisen (!) und der wegen eines Selbstmörders auf der Strecke nach Düsseldorf umgeleitet wird. Irgendwie schaffen sie es aber trotzdem noch rechtzeitig ins Turock. Beim Anblick der Band fragt man sich jedoch, wie die anderen Mitreisenden im Zug wohl auf die Jungs reagiert haben, denn mit ihren Schnurrbärten, die so gar nicht zu den sonst jungen Gesichtern passen, sehen sie schon arg komisch aus. Auch sonst ist der Look der Band überaus retro geraten und die Vermutung, dass der Zug mit dem sie gekommen sind, nicht direkt aus den 80ern kam, muss erst einmal glaubhaft widerlegt werden. Auf Zeitreise geht man auch musikalisch, der thrashige Speed Metal (oder umgekehrt, das ist Ansichtssache) ist nämlich ebenso herrlich altbacken, wie der Look. Zwar sieht Sänger Steken mit seinem Schlafzimmerblick irgendwie müde aus, von Erschöpfung ist auf der Bühne aber nichts zu merken, denn auch ANTICHRIST schütteln die Haare zu den Songs ihres Debüts "Forbidden World" ohne Unterlass. Coole Band, auch wenn ihre Musik nicht so geil ist, wie Fenriz es uns weismachen will.
Dass KETZER nicht nur auf Platte die beste Band im deutschen Underground sind, belegen sie auch mit ihrem Auftritt eindrucksvoll. Das mit Abstand anspruchsvollste Songmaterial des ganzen Abends wird ultratight dargeboten und so ist es kein Wunder, dass die Band ordentlich abgefeiert wird. Um die Show zu etwas Besonderem zu machen, zündet man immer wieder Pyros - das sieht man im Turock eher selten. Nach dem Intro folgt das Triple, das auch das Album eröffnet: "Endzeit Metropolis", "A Requiem For Beauty" und "The Fever's Tide", bevor es mit "Warlust" zum Debüt "Satan's Boundaries Unchained" geht. Sowohl musikalisch, wie auch optisch enthalten sich KETZER jeglicher Klischees, man ist einheitlich in staubigem Schwarz gekleidet und auf dem Backdrop prangt das "Endzeit Metropolis"-Artwork überdimensional. Im weiteren Verlauf werden außer dem Instrumental "Farewell, Fade Away" alle Songs des neuen Albums gespielt, vom Debütalbum kommen insgesamt fünf Nummern zum Zuge, darunter natürlich die Highlights "The Fire To Conquer The World" sowie der Titeltrack. Dass nach gut einer Stunde Schluss ist, ist angesichts des musikalischen Hochgenusses ein bisschen schade, trotzdem ist der Auftritt natürlich die Krönung eines Abends, der verdammt viel Spaß macht. Auch der Band, der man ansieht, dass ihr sowohl das Spielen der Songs, als auch der Zuspruch des Publikums an diesem Abend diebische Freude machen.