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Rock Hard Festival 2015 - Sonntag - Amphitheater Gelsenkirchen - 24.05.2015

Air RaidDer Sonntag beginnt mit klassischem Metal und den präsentieren AIR RAID trotz der frühen Stunde sehr energetisch. Man merkt den Schweden die Spielfreude an und das ist eigentlich alles, worauf man beim Opener des letzten Festivaltages hoffen kann. Musikalisch ist soweit auch alles im Lot, auch wenn es nicht gerade für Eigenständigkeit spricht, wenn man zu 50 Prozent des Sets auch den Text von Grim Reapers "See You in Hell" singen kann (selbst getestet)…

SpidersUnd es geht schwedisch weiter. SPIDERS sind einer der vielen Vertreter der anhaltenden Retrorock-Welle und diese Ausrichtung in Verbindung mit dem Gesang von Ann-Sofie Hoyles bringt natürlich Vergleiche mit Blues Pills mit sich. Im Vergleich zu ebenjenen geht man allerdings etwas flotter und teilweise auch härter zu Werke, was sich in der Live-Situation natürlich auszahlt. Insgesamt kann man von einem gelungen Auftritt sprechen, der allerdings nicht die größte Langzeitwirkung hinterlässt.

SinnerNach der Eröffnung durch zwei jüngere Bands stehen mit SINNER die ersten alten Recken des Tages auf der Bühne. Natürlich darf man keine allzu großen Überraschungen von den Herren um Mat Sinner erwarten, aber die braucht es auch nicht unbedingt. Man merkt zu jeder Sekunde, dass hier erfahrene Musiker am Werk sind und dementsprechend routiniert (aber nicht gelangweilt) werden Klassiker wie "Bad Girl" und das Billy-Idol-Cover "Rebel Yell" zum Besten gegeben. (LH)

Obwohl mit Unterbrechungen schon lange im Geschäft, hatte ich die belgischen Thrasher von CHANNEL ZERO immer nur als typische Band aus der zweiten Reihe wahrgenommen. Um so überraschender ist dann die durchaus überzeugende Darbietung in der Mittagshitze des Amphitheaters. Vor allem Fronter Franky de Smet van Damme legt sich mächtig ins Zeug, um das von den beiden Vortagen etwas angeschlagene Auditorium aus der Reserve zu locken, was in einem ausgedehnten Ausflug auf die Ränge seinen Höhepunkt findet. Aber auch seine Kollegen überzeugen mit gutem Sound und viel Spielfreude. Zu dieser frühen Stunde stoßen ihre Bemühungen auf gefällige Anerkennung, auch wenn es mir nach wie vor schwer fällt die Songs - welche etwa je zur Hälfte vom letzten Album "Kill All Kings" und aus der 90er-Phase der Band stammen - auseinander zu halten. Fazit: Achtungserfolg

Es ist ja zur Zeit einiges los um Herrn P. Wagner aus Herne. Neben den kurz bevorstehen Umbesetzungen im RAGE-Camp, ist außerdem die Dreier-Besetzung der Band aus den Jahren 1988-93 unter dem REFUGE-Banner ebenfalls wieder unterwegs. Für das RHF stellt man die Klassiker aus dieser Zeit zusammen und erfreut damit eine Stunde das Gelsenkirchener Publikum. Lediglich das "Reflections Of A Shadow"-Album findet bei der Auswahl keine Berücksichtigung. Die Band wirkt gelöst und hat sichtlich Freude, die alten Gassenhauer wieder unters Volk zu bringen. Obwohl viele Metal-Fans die Phase mit Manni Schmidt für die stärkste in der RAGE-Historie halten, fallen die Reaktionen letztlich doch ein bisschen verhalten aus, auch bei Selbstläufern wie "Don´t You Fear The Winter" gerät die Meute nicht so wirklich in Wallung. Vielleicht sind die Herren noch nicht wieder ganz so aufeinander eingespielt wie in der guten alten Zeit... Fazit: Erwartungen nicht ganz erfüllt

Michael Schenker's Temple Of RockGleich mit "Doctor, Doctor" in den Set einzusteigen, ist schon mal eine Ansage seitens MICHAEL SCHENKER'S TEMPLE OF ROCK. Zumal Schenkers ehemalige Arbeitgeber an selbiger Stelle 2009 den größten UFO-Hit schmerzlich vermissen ließen. Gleich zu Beginn macht der Leadgitarrist durch sein Auftreten klar, dass er konzentriert und bester Laune zur Sache gehen will. Konzertabbrüche wegen Alkoholexessen scheinen hoffentlich dauerhaft der Vergangenheit anzugehören. In der Folge wechseln UFO-, SCORPIONS- und TEMPLE Of ROCK-Songs einander ab, wobei die Eigengewächse jüngeren Datums zwischen den Hardrock-Klassikern qualitativ keineswegs untergehen. Das etwas totgenudelte "Rock You Like A Hurricane" macht aufgrund der involvierten Ex-Scorpione Francis Buchholz und Herman Rarebell durchaus Sinn. Der Bassist fällt übrigens neben seinem großartigen Groove vor allem durch eine eindrucksvolle Föhnwelle auf. Beim abschließenden "Rock Bottom" kann Michael Schenker bei einer ausgedehnten Solo-Einlage dann noch mal zeigen, warum er immer noch zu den Vorzeige-Gitarristen gehört, auch wenn mir stattdessen ein paar Songs mehr lieber gewesen wären. Fazit: Beeindruckende Alt-Herren-Riege (LK)

OverkillEs grenzt an ein Ding der Unmöglichkeit etwas zu einem OVERKILL-Auftritt zu schreiben, ohne zu erwähnen, dass sie eine der besten Livebands der Szene sind. Das stellen die Thrash-Veteranen natürlich auch im Amphitheater wieder unter Beweis. Der Einstieg mit „Armorist“ ist nicht erstaunlich, aber direkt im Anschluss gibt es mit „Hammerhead“ dann doch schon eine Überraschung. Und davon gibt es in Form von „End of the Line“ und dem im Rahmen von „Fuck You“ gecoverten „Take on the World“ noch ein paar weitere. Blitz gibt natürlich wie immer Vollgas – wobei das wahrscheinlich selbst dann im Vergleich zu anderen Frontmännern noch so wirken würde, wenn er mal nur die Hälfte seines Potentials ausschöpft. Ansonsten dient tatsächlich nur D.D. als Blickfang, da die Gitarrenfraktion (besonders Derek Taylor) ein bisschen unmotiviert wirkt. Das (wie auch das Fehlen von „Wrecking Crew“) ist allerdings zu verschmerzen, da es ansonsten wirklich überhaupt nichts zu kritisieren gibt. OVERKILL sind und bleiben live eine Bank.

Black Star RidersAls die BLACK STAR RIDERS als letzter Headliner bestätigt wurden, wurden viele kritische Stimmen laut. Daher erstaunt es wenig, dass es zunächst gar nicht so gut gefüllt ist als Ricky Warwick & Co. mit der Eigenkomposition „Bound for Glory“ einsteigen. Aber innerhalb von ein paar Songs wird es voller und die Band schafft es schnell so ziemlich das gesamte Publikum in Feierlaune zu versetzen. Thin-Lizzy-Songs und eigenes Material halten sich etwa die Waage (trotz des zuvor angekündigten Lizzy-Classic-Sets) und es fällt auf, dass beides auch ausgezeichnet zueinanderpasst. Der Hauptfokus liegt natürlich auf Warwick, der mal wieder unter Beweis stellt, was für ein erstklassiger Frontmann ist, sowie auf dem in Würde ergrauten Scott Gorham, der wohl immer einer der unterbewertetsten Hardrock-Gitarristen bleiben wird. Letztlich wäre doch noch die ein oder andere zusätzliche Lizzy-Nummer wünschenswert gewesen, aber als es Ricky dann beim abschließenden „Whiskey in the Jar“ fertigbringt, dass sich selbst auf den Rängen alle Zuschauer erheben, bleibt einem nichts anderes übrig als von einem wahrhaft würdigen Headliner und einem gelungenen Abschluss für das Rock Hard Festival 2015 zu sprechen. P.S.: „Cowboy Song“ hätte es trotzdem noch sein dürfen. (LH)

FAZIT: Es war mal wieder einer der Höhepunkte des Jahres im Rund des Amphitheaters. Die Organisation wie immer makellos, die Leute entspannt, die Bandauswahl ausgewogen und originell. Wobei ich persönlich diesmal die ganz großen Gänsehautmomente ein bisschen vermisst habe. Mag sein, dass das auch an den fehlenden Prog-Vertretern lag, wobei die es ja traditionell sehr schwer haben in Gelsenkirchen. Die Festival-Highlights waren in meinen Augen AVATARIUM, mal wieder OVERKILL und natürlich KREATOR, die mittlerweile in ihrer eigenen Liga spielen. Die Erwartungen klar übertroffen haben KATAKLYSM, MICHAEL SCHENKER´S TEMPLE OF ROCK und DORO. Meiner Vorfreude nicht ganz gerecht wurden SANCTUARY und REFUGE. Nach dem Festival ist vor dem Festival, man darf auf das RHF 2016 gespannt sein.(LK)

Berichtet haben in diesem Jahr: Lukas Heylmann (LH), Lutz Koroleski (LK) und Gastrezensent Axel Schaefer (AXS)

Lukas Heylmann (Info)