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Satyricon & Chthonic - Hamburg Klubsen - 27.11.2013
Hier geht's zum Interview mit Satyricon-Drummer Frost.
Klubsen im Industrie-Stadtteil Hamburg-Hammerbrook ist eine erstaunlich kleine Location für eine Band wie SATYRICON, deren Auftritt man als Hamburger eher im Docks oder in der Großen Freiheit 36 erwarten würde. So ist der Club auch bereits recht gut gefüllt, als CHTHONIC loslegen. Die fünf Taiwanesen scheinen inzwischen eine mittelgroße Nummer zu sein. Jedenfalls haben sich einige Fans eingefunden, die etwas Bewegung ins anfangs noch sehr starre Publikum bringen.
Jene Fans bemängeln nach der Show den Sound, der nicht zugelassen habe, dass sich alle Nuancen der Songs heraushören, und tatsächlich ist vom Keyboard wenig bis gar nichts zu hören. Egal, die Nummern machen auch in Reinform mächtig Spaß und die mitreißende Bühnenpräsenz der Band ersetzt das Konserven-Gedudel allemal. Vor allem Frontsau Freddy Lim und "The Infernal" Jesse Liu an der Gitarre sind Meister im Einnehmen verschiedenster wirksamer Posen. Am Ende feiert ein Großteil des Publikums CHTONICs rasenden Melodic Black-Death-Folk-was-auch-immer-Metal mit, am Autogrammstand wird die Band nach dem Konzert mit Autogramm- und Fotowünschen belagert. Gäbe es jetzt keine Hauptband, hätte der Eintrittspreis sich trotzdem gelohnt.
Als SATYRICON gegen 10 die Bühne betreten, lassen sich schnell zwei Dinge feststellen: Diese Band ist eigentlich das Ein-Mann-Projekt von Satyr, und Satyr ist, genau wie sein Drummer Frost, von seinem neuen Album ganz schön begeistert. Deshalb gibt es auch gleich vier nicht gerade kurze Songs von der Scheibe zu hören. Den Einstieg macht das schleppende "Tro og kraft", dem es nicht so recht gelingt, der versammelten Menge ordentlich einzuheizen. Dafür ist das Teil zu langsam und sperrig. Satyr scheint das nicht zu stören.
Man merkt dem Sänger deutlich an, wie stolz er auf seine neuen Songs ist. Teilweise wirkt er sogar ziemlich arrogant, was auch an seiner Band liegt, die stets darum bemüht ist, ihm nicht die Show zu stehlen. Wenn er sich mal in den Hintergrund stellt und statt seiner die Gitarristen gefeiert werden, zeigen diese eifrig in Richtung des Bandleaders, als seien sie des Applauses nicht würdig. Wenn Satyr nach jedem Song klatscht, ist man sich nicht ganz sicher, ob er damit das Publikum oder sich selbst loben möchte.
Der negative erste Eindruck bessert sich aber im Laufe des Konzerts. Als mit "Repined Bastard Nation" die zweite, Hit-lastigere Hälfte der Setlist eingeleitet wird, läuft das Publikum endlich zu Höchstform auf, und genau darauf scheint Satyr gewartet zu haben. Das folgende "Die by My Hand" gehört zu den Highlights der Show, Satyr blüht regelrecht auf und animiert die Meute zum Mitsingen. Wie sollen die neuen und vergleichsweise progressiven Nummern wie "The Infinity of Time and Space" mit solchen Knallern mithalten?
Trotzdem werden auch noch "Ageless Northern Spirit" (ganz schwierig) und "Our World, It Rumbles" vom neuen Album gespielt. Letzterer kommt von allen neuen Songs mit Abstand am besten an. Dennoch kein Vergleich zu den Begeisterungsstürmen bei den ersten Klängen der drei Schluss-Songs "The Pentagram Burns", "Mother North" und "K.I.N.G.". Wahrscheinlich hat Frost Recht, wenn er sagt, die Fans bräuchten Zeit, um sich an den Sound des neuen Albums zu gewöhnen – so war es bei SATYRICON schließlich schon immer. Andererseits kommen die Songs von der neuen Scheibe beim Hamburger Publikum nicht gerade schlecht an. Es sind bloß keine Live-Granaten.
Im Großen und Ganzen liefern SATYRICON an diesem Abend eine solide, wenn auch etwas statische Show ab. Mit der unbändigen Energie ihrer Vorband CHTHONIC können die Norweger nicht mithalten. Aber laut Kollege Dr. O, der auch anwesend war und die Black Metal-Veteranen schon öfter live gesehen hat, haben sie sich im Vergleich zu früheren Konzerten stark gebessert. Immerhin findet zwischen Satyr und dem Publikum diesmal echte Kommunikation statt, und zwar nicht nur beim Refrain von "Die by My Hand". Der Sänger erzählt eine Geschichte aus jungen Jahren, als er 1990 durch Europa reiste und einen Zwischenstopp in Hamburg einlegte. Damals habe er in Hamburg eine ganz besondere Stimmung gespürt, besondere Menschen getroffen, und die stünden jetzt wieder vor der Bühne. Wenn das kein Beweis für "The Infinity of Time and Space" sei.
Tja, wer hätte gedacht, dass eine Grimmwurst wie Satyr auf der Bühne rührselig werden kann?