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Wacken Open Air 2013 - Donnerstag - Wacken - 01.08.2013

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Wacken Open Air 2013Zum 24. Mal steigt in diesem Jahr das Wacken Open Air und wie immer ist das Kultfestival seit langer Zeit ausverkauft. Im Gegensatz zur 2012er-Ausgabe ist Petrus den Besuchern, Bands und Organisatoren in diesem Jahr weitestgehend wohlgesonnen. Abgesehen von einem einzigen kräftigen Schauer am Samstagnachmittag bei LAMB OF GOD ist es nicht nur das ganze Festival über trocken, am Freitag ist das Wetter gar hochsommerlich mit Temperaturen weit jenseits der 30°C-Marke. Das hat natürlich jede Menge Durst bei den Festivalbesuchern zur Folge, was im Zusammenspiel mit den leicht erhöhten Getränkepreisen für gewissen Unmut sorgt. Zwar gibt es kostenlose Wasserstellen an den Toiletten auf und vor dem Infield und an einem der Cocktail-Stände bekommt man Mineralwasser zu gemäßigtem Preis, doch an den Hauptgetränkeständen werden einem für den Liter Mineralwasser genau wie für das Bier 10 € abgenommen, was natürlich indiskutabel ist. Demgegenüber muss man aber auch erwähnen, dass die Gäste Tetrapaks mit alkoholfreien Getränken bis zu einer Größe von 1,5 l mit reinnehmen dürfen. Trotzdem sollten die Preise für Wasser im nächsten Jahr gegenüber den Bierpreisen niedriger sein. Das wiederum ist der einzige echte Kritikpunkt, den man in diesem Jahr ausmacht.

Im Vergleich zu den Vorjahren ist zudem das Publikum wieder verträglicher geworden. Zwar gibt es auch immer noch genug Leute, die nach Wacken fahren, um mal dabeigewesen zu sein (da kann man ja schön die Sau rauslassen) und jene, die sich in irgendwelche albernen Kostüme schmeißen, aber eben auch mehr als genug Leute, die zum Festival fahren, um sich die Bands anzuschauen. Darüberhinaus ist die Stimmung im Infield das ganze Wochenende lang entspannt und friedlich, was später auch die Polizei in ihrem Abschlussbericht lobend erwähnen wird. Leider ist aber auch ein Todesfall zu beklagen. Ein polnischer Besucher wird am Freitagmorgen leblos in seinem Zelt aufgefunden, Fremdverschulden ist ausgeschlossen. Zudem zieht sich ein Besucher beim Hantieren mit einer Gaskartusche neben einem Grill schwere Brandverletzungen zu.

Für jene, die nicht nur Bands gucken wollen, gibt es wieder ein umfangreiches Rahmenprogramm im Mittelalter-Dorf Wackinger Village sowie diverse Shows, Lesungen, Filmvorführungen und Workshops. Auch hier gilt: niemand ist gezwungen, sich irgendetwas davon anzuschauen, weshalb sich Kritik am Rahmenprogramm im Grunde genommen erübrigt. Anders sieht es beim offiziellen Merchandise aus, denn zumindest die Tatsache, dass die auftretenden Bands die Preise für ihre Artikel offenbar nicht frei wählen dürfen, ist ärgerlich. 25,- € für ein DEEP PURPLE-Shirt sind jedenfalls happig, die Preise auf dem großen Markt sind dagegen ziviler.

Soweit zu den Rahmenbedingungen, die im Grunde genommen also nicht anders sind, als in den Vorjahren. Kommen wir also zum wirklich wichtigen, nämlich den Auftritten der Bands. Auch in diesem Jahr ist das Programm wieder so bunt gemischt, dass fast jeder Fan irgendeines Genres genug zu sehen bekommt. Dass der traditionelle Death Metal derzeit großen Aufschwung erfährt, bekommt man in Wacken jedoch nicht wirklich zu spüren und auch "große" Black-Metal-Bands spielen in diesem Jahr woanders. Da gibt es für 2014 definitiv Nachholbedarf. Die Berichterstattung in diesem Jahr übernehmen wieder Lars Schuckar (LS) und Andreas Schulz (ASZ), eine Galerie mit Impressionen vom Festival gibt es hier auf Facebook.

Nachdem die geilen Speed-Metal-Newcomer und belgischen Metal-Battle-Gewinner EVIL INVADERS kurzfristig disqualifiziert wurden und nicht auftreten dürfen, da sie mittlerweile einen Plattenvertrag unterschrieben haben, findet der musikalisch ernstzunehmende Startschuss des Festivals erst am späten Nachmittag auf der Black Stage statt (rein subjektiv versteht sich, schließlich soll es Leute geben, die das ganze Wochenende glückselig im Mittelalterdorf verbracht haben). AnnihilatorANNIHILATOR beehren nach zehn Jahren endlich mal wieder das W:O:A und haben zudem ein neues Album in der Hinterhand, auch wenn "Feast" erst in drei Wochen erscheinen wird. Das darauf enthaltene "Smear Campaign" darf dann auch gleich mal als Opener herhalten und macht mit seinen Trademarks im Gitarrenbereich in Verbindung mit einigen abwechslungsreichen Schlenkern und dem recht ungewöhnlichen Refrain neugierig auf den neuen Tonträger. Der erste Klassiker "King Of The Kill" lässt danach erstmals so richtig die Matten im Publikum fliegen und der anschließende zweite neue Song "No Way Out", nach dezentem Beginn ein geradliniger Brecher mit melodischem Zwischenpart, wird für eine noch unbekannte Nummer ebenfalls bestens vom Volk aufgenommen. Die kanadischen Thrash-Urgesteine präsentieren sich äußerst wohlgelaunt und sichtlich erfreut über die beeindruckende Kulisse. Allen voran Sympathicus und Kumpeltyp Jeff Waters mit seiner roten Flying V, dessen unverkennbares Gitarrenspiel die Marschrichtung auf der Bühne vorgibt, strahlt unentwegt und kontaktfreudig unter seinem Kurzhaarschnitt. Neben der immer noch recht frischen Rhythmus-Sektion namens Alberto Campuzano am Bass und dem jüngsten Neuzugang Mike Harshaw am Schlagzeug macht auch Jeff Waters längster Mitarbeiter Dave Padden mit seiner, auch mit Vollbart jugendlichen Ausstrahlung trotz Doppelbedienung von Gitarre und Mikro - gesanglich immer wieder unterstützt vom Chef - einen prima Job und siAnnihilator Setlistngt alle Songs quer durch die Bandhistorie dem Original angemessen. Sein Gesang ist zwar nicht sonderlich markant oder ausdrucksstark, aber das ist bei ANNIHILATOR ja von jeher zweitrangig, es herrscht vor allem die Waters-Gitarre bzw. hier und heute die beiden schneidenden Sechssaiter; stets ohne ausuferndes Sologedudel, dafür mit diesen geilen, unverkennbaren Riffs. Auf jeden Fall ist es kein Wunder, dass Jeff jetzt schon seit zehn Jahren an seinem singenden Gitarrenpartner festhält, was für ANNIHILATOR-Verhältnisse mit den unzähligen Besetzungswechseln ja fast einem Ritterschlag gleichkommt. Nach dem auch noch nicht ganz so alten "Clown Parade" besteht die übrige Setlist aus einem Best-Of-Programm, von dem "Set The World On Fire" und "Fiasco" besonders gut ins Ziel treffen und die ersten Crowdsurfer an die Oberfläche locken. Nachdem Waters kurz seine Band und sich selber vorgestellt hat, macht der Überhit "Alison Hell" dann den Sack zu, und die bereits zahlreichen Fans sind bestens in Stimmung gebracht für das, was an diesem langen Donnerstag noch folgen soll.

Obwohl die Umbaupause nicht sonderlich lang war, haben sich die Reihen vor der Bühne deutlich ausgedünnt, als THUNDER diese in Beschlag nehmen. Aufgrund der relaxteren Gangart der Engländer war das aber auch zu erwarten, zumal der Großteil der jüngeren Wacken-Gänger mit deren Schaffen auch nicht vertraut sein dürfte. Im Gegenzug steigt das Durchschnittsalter im vorderen Teil des Publikums merkbar und passt sich den fünf gestandenen Musikern dort oben an, die ihren Ruhestand vor kurzem erfreulicherweise wieder unterbrochen haben. ThunderUnd damit auch die Nicht-Fans den Startschuss nicht verpassen, hat der Soundmensch der Eröffnungsnummer "Dirty Love" gleich mal 'nen fetten Wumms verpasst. Etwas zu fett, denn anfangs gibt es doch arg viel Bass auf die Magenwände. Aber das bessert sich schnell und der bandtypische Groove kann sich schon mit "River Of Pain" frei entfalten. Der kernige Hardrock mit griffigen Melodien und Blueseinfärbung, für den THUNDER stehen, ist ja nicht gerade typisch für das W:O:A und auch optisch hebt sich die geschlossen leger im Hemd gekleidete Band vom Großteil des übrigen Billings ab. Aber die Gentlemen wurden ja mit Sicherheit auch gebucht, um der nachfolgenden Hardrock-Großmacht den Weg zu bereiten und dafür eignet sich der routinierte Fünfer perfekt, zumal dieser sich heute in ausgesprochen guter Form präsentiert. Der Stimme von Danny Bowes, dem gesichtsmäßigen Zwilling von Rob Halford (in etwas jüngeren Jahren), hat die Bandpause keineswegs geschadet und der Rest der Band um das Gitarrenduo Ben Matthews und Luke Morley feuert gewohnt locker aus der Hüfte. Und dann sind da noch Thunder SetlistSongs wie das gefühlvoll-inbrünstige "Low Life In High Places", das für die erste dicke Gänsehaut des Festivals sorgt. Da braucht es nicht viel Show und optische Auffüller - nicht mal ein Backdrop hat man heute mitgebracht - um sich die Aufmerksamkeit auch der vielen Unwissenden zu sichern. Gelegentlich angedeutete AC/DC-Fragmente im Riffing helfen zusätzlich dabei. Der Sänger schwingt unentwegt das Tanzbein und bindet bei weiteren Klassikern wie "Higher Ground" und "Backstreet Symphony", die trotz ihrer Eingängigkeit stets eine gewisse Tiefe und Ernsthaftigkeit ausstrahlen, das Publikum immer wieder mittels Mitsing-Spielchen ein. Dieses Engagement wird belohnt, denn im Laufe des Sets füllt sich der Platz zunehmend und immer mehr Hände finden den Weg in die Höhe. Nach der kitschfreien Ballade "Love Walked In", die dennoch für Feuerzeuge etwas früh kommt, und der Abschlussbekenntnis "I Love You More Than Rock 'N' Roll" (die man ja nicht unbedingt glauben muss oder ist das etwa der Grund für die Frührente?) haben sich THUNDER ohne Zweifel das Fazit 'wesentlich mehr als nur ein guter Anheizer für DEEP PURPLE' redlich verdient.

Deep PurpleAuch bei DEEP PURPLE ist es anfangs keineswegs so voll, wie man vorher vermutet hätte. Durch einige größere Pfützen - es hat die Nacht zuvor stärker geregnet - kann man mit dem richtigen Schuhwerk die Show aus nächster Nähe bewundern und bei Bedarf ohne Probleme selbst bis ganz nach vorne gelangen. Dass tausende Besucher bereits seit Stunden vor der anderen Bühne ausharren, um sich dort die besten Plätze für die Berliner Pyromanen zu sichern, kommt den Purple-Fans, was die Armfreiheit angeht, wohl ebenfalls zugute. Mit dem perfekten Einstieg "Highway Star", das auf den letzten Tourneen nicht mehr sonderlich oft zum Einsatz kam, ist die Band sofort gut in Fahrt und schnell wird deutlich, dass auch die Hardrock-Institution heute den Schwerpunkt auf das Wesentliche legt. Ohne viel Gedöns, was Licht und andere Nebensächlichkeiten angeht, steht bei den Urvätern des Hammond-Rock heute gänzlich die Musik im Fokus des Geschehens. Erst gegen Ende und mit Eintritt der Dunkelheit wird es noch etwas bunter, aber vielleicht wurde auch in Anbetracht der später von RAMMSTEIN zu erwartenden Feuersbrunst auf große Showeffekte verzichtet, da man da sowieso nicht gegen anstinken kann. Wer Monumente der Hardrockgeschichte wie "Strange Kind Of Woman", "Lazy", "Space Truckin'" und auch das heute besonders gut bei den Fans ankommende "Perfect Stranger" im Gepäck hat, kann sich seiner Sache aber sowieso gewiss sein. Zudem konnte die Band mit ihrem vorzüglichen Deep Purpleneuen Album so einige Kritiker der letzten Jahren besänftigen oder gar zurückgewinnen und die drei neuen Songs "Vincent Price", "Hell To Pay" und "Above And Beyond", die es in die Setlist geschafft haben, bestätigen noch mal die Qualität von "Now What?!", machen sie sich doch äußerst gut zwischen all den Klassikern. Klar, Ian Gillan, bekleidet mit Urlaubs-buntem T-Shirt, wirkt nicht nur bei den Schreien von "Into The Fire" ziemlich angestrengt, zumindest optisch. Und natürlich (und Gott sei Dank) wurde "Child In Time" auch heute nicht gespielt, auch wenn dies manch einer vorher zu hoffen gewagt hat. Aber hey, der Mann wird die Tage 68 Jahre alt und dafür ist er nicht nur topfit, sondern das, was er heute gesanglich bietet, auch einfach bravourös. Dies gilt uneingeschränkt auch für die anderen 'alten Männer'. Aber was kann es auch für einen Zweifel am Zusammenspiel von Roger Glover und Ian Paice geben, die heute ihre Rhythmus-Partnerschaft durch gemeinsames Kopftuchtragen zusätzlich unterstreichen? Richtig, gar keinen. Steve Morse gehört mittlerweile auch schon fast unglaubliche 20 Jahre zur Truppe und auch wenn er trotz seiner beachtlichen Reputation als preisgekrönter Gitarrist den Blackmore-Schatten nie ganz los werden wird, setzt er selbst längst eigene Maßstäbe im Purple-Sound. Heute ist er wieder der größte Strahlemann auf der Bühne und schütDeep Purple Setlisttelt sich die unzähligen Riffs und Soli locker aus dem Handgelenk. Seinen großflächigen Soloausflug bekommt er natürlich auch, im Anschluss an "Strange Kind Of Woman". Und Don Airey? Der steht nicht einfach irgendwo an der Seite, sondern mit im Zentrum, schließlich ist er auch im Dauereinsatz, und macht dem verstorbenen Jon Lord alle Ehre. Äußerst unbefangen und mit unerwarteter Lockerheit spielt er auf und schafft es tatsächlich fast (und wenn auch nur für die Dauer dieses Konzerts), seinen unerreichbaren Vorgänger vergessen zu machen. Okay, das schafft man natürlich nicht wirklich, dafür sorgen auch die Jon-Lord-Bilder, die nach dem ersten Solo von Don Airey in "Lazy" an die Leinwand projiziert werden. Wie man die unvermeidlichste Hymne der Hardrockgeschichte noch interessant gestalten kann, darf man freudig erfahren, als zu "Smoke On The Water" Ex-Scorpions und Gitarrengenius Uli Jon Roth den Reigen der lebenden Musikerlegenden auf der Bühne erweitert. Das Wechselspiel der beiden Gitarren ist das Sahnehäubchen auf einen Song, der aber so oder so ein gefundenes Fressen für jedes Festival-Publikum ist. Nach erster Verabschiedung hat es der Zugabeblock dann noch mal in sich. Nach der Überleitung des instrumentalen "Green Onions", zieht ein 'Nah, nah-nah-nah, nah-nah-nah, nah-nah-nah' über das Gelände, denn auch "Hush" kennt ein jeder. Die Instrumentalisten nutzen dabei wie üblich noch mal die Gelegenheit, ihre Künste ausführlich zu zelebrieren. Gleiches gilt für "Black Night", das dem Ganzen dann die Krone aufsetzt und das Publikum noch mal richtig herausfordert. Danach ist Schluss. Dabei hätten die gesetzten Herrschaften, die keinerlei Ermüdungserscheinungen zeigen, mit Sicherheit noch gekonnt. Aber es warten da ja noch solche Nachwuchsrocker, die gleich mit dem Feuerzeug spielen wollen. (LS)

RammsteinRAMMSTEIN will jeder sehen. Und so ist es zum Auftritt des Donnerstagsheadliners nicht nur vor der True Metal Stage brechend voll, sondern auch im VIP-Bereich tummeln sich mehr Leute als sonst. Darunter auch norddeutsche Prominente wie Nasal-Sänger Jan Delay oder Schauspielerin Eva Hassmann, die Ex-Frau von Comedian Otto Walkes. Was die mit dem Wacken Open Air zu tun haben? Naja, Hauptsache man kann hinterher auf Facebook erzählen, dass man mal da gewesen ist. Andererseits sind RAMMSTEIN ja auch eine Mainstream-Band (geworden), insofern verwundert szenefremdes Publikum nicht wirklich. Die Megaseller haben für die imposanten Bühnenaufbauten die True Metal Stage den ganzen Tag in Beschlag genommen, dementsprechend groß ist die Spannung im Publikum kurz vor Beginn des Auftritts. Und als der Vorhang dann fällt, wird der Blick auf einen düsteren Bühnenhintergrund freigegeben, der wie organisches Zellgewebe aussieht. Links und rechts sorgen 36 Scheinwerfer für Beleuchtung, von oben kommen riesige kreisrunde Beleuchtungsträger, um die Show ins rechte Licht zu rücken. Im Grunde genommen weiß man ja, was einen erwartet, wenn man RAMMSTEIN aber zuvor noch nicht live gesehen hat, ist die Show einfach der helle Wahnsinn und man steht mit offenem Mund da und betrachtet das feurige Treiben von Till Lindemann und seinen Gesellen. Der bullige Frontmann kommt zum Opener "Ich tu dir weh" in einer rosafarbenen Felljacke auf die Bühne herabgeschwebt, auf der Drummer Christoph Schneider und der irre Keyboarder Flake erhöht positioniert sind, die beiden Gitarristen und der in eine finstere Kutte gehüllte Basser Oliver Riedel wechseln die Positionen zwischen unterer und oberer Bühnenebene permanent. Und was dann in den nächsten 105 Minuten passiert, ist kaum in Worte zu fassen. Ständig steigen Flammen in den Himmel auf, die Lichtshow ist atemberaubend, die Mimik und Gestik von Sänger Till Lindemann gleicht der eines Wahnsinnigen, das Gehampel von Flake wirkt kaum weniger irre. RammsteinDerweil sorgen die Gitarristen Richard Kruspe und Paul Landers für das charakteristische Stakkato-Feuerwerk und peitschen die Songs mit einer unfassbaren Tightness nach vorne. Klar, bei RAMMSTEIN steht die Show im Mittelpunkt, die Musik wird trotzdem mit teutonischer Präzision und Martialität dargeboten. Kein Wunder, dass die Amerikaner auf diese Band mit vermeintlich urdeutschen Tugenden so abfahren. Dass RAMMSTEIN  trotzdem nicht einmal ansatzweise in die rechte Ecke gehören, macht das auch an diesem Abend gespielte "Links 2-3-4" überdeutlich. Ein paar Fragen wirft die Performance von Sänger Lindemann trotzdem auf – nach dem Auftritt sind nicht wenige der Meinung, dass da nicht alles live gewesen ist, was man vom Gesang gehört hat. Und in der Tat wirkt es ein wenig seltsam, wenn man Gesang hört, obwohl der Sänger das Mikrofon weit weg vom Mund schwingt. Sei’s drum, selbst wenn es da Playback-Unterstützung gibt, trübt das den Gesamteindruck keineswegs. Erfreulich, dass die Setlist mit jeder Menge Songs der überragenden ersten drei Alben gespickt ist, während das nicht ganz so grandiose "Rosenrot"-Album nur in Form von "Benzin" berücksichtigt wird. Highlights der Show, die als Gesamtwerk wohl das Spektakulärste ist, was das Wacken Open Air je gesehen hat, sind "Mein Teil", bei der Lindemann als blutiger Metzger auftritt und Keyboarder Flake, der im Kochtopf sitzt, ordentlich Feuer unterm Hintern macht, "Bück dich" mit entsprechender (gestellter) A tergo-Penetration von Flake durch Lindemann in prominent erhöhter Position sowie der Riesenpenis, der beim Rammstein SetlistSchlusssong "Pussy" jede Menge Schaum ins Publikum ejakuliert. Das kann man natürlich auch alles ein bisschen pubertär und albern finden, wird von RAMMSTEIN aber so grotesk überzeichnet, dass man das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht bekommt. Und dann gibt es ja auch noch "Sonne". Die Bild-Zeitung spekulierte im Vorfeld, dass RAMMSTEIN für diesen Song HEINO eingeladen hätten, der hat die Nummer ja auf seinem "Mit freundlichen Grüßen"-Album gecovert. Zunächst ist von dem Schlagerbarden nichts zu sehen, doch dann kommt eine entsprechende Ansage von Lindemann und HEINO tatsächlich auf die Bühne, um bei dem Song ein paar Gesangspassagen zu übernehmen. Angesichts der züngelnden Flammen wirkt der ältere Herr ein bisschen eingeschüchtert, im Publikum herrscht hingegen Uneinigkeit – ist das jetzt cool oder totale Scheiße? Man kann natürlich darüber spekulieren, warum RAMMSTEIN diesen Gag (was anderes ist es ja auch nicht) wirklich bringen, man kann das aber durchaus witzig finden. Natürlich wird die fachfremde Mainstream-Presse hinterher schreiben, dass die Metal-Fans über den Auftritt des Volksmusikers erbost seien, das jedoch ist weitestgehend grober Unfug. Da kann man es als RAMMSTEIN-Fan eher schade finden, dass "Mein Herz brennt" nur in der Akustikversion gespielt wird (aber aus tausenden Kehlen mitgesungen wird). Nach dem Auftritt ist jedenfalls so gut wie jeder Zeuge des Spektakels vor Begeisterung fassungslos und es ist klar, dass es keine Band an diesem Wochenende schaffen wird, das noch zu toppen. (ASZ)

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Bildercredits:
Annihilator, Deep Purple: Michael Jagla (www.foto-jagla.de)
Thunder, Rammstein: Dirk Illing

Andreas Schulz (Info)

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