Meine Beweggründe das Debüt von KELLERCHAOS namens „Moment mal...“ zu rezensieren, waren keineswegs so niedrig, wie vielleicht bei einer recht jungen All-Girl-Group angenommen werden könnte, sondern die Tatsache, dass die drei Damen aus Preetz kommen, einem Nest in der Nähe Kiels, nicht weit weg von meinem Geburtsort. Lokalpatriotismus könnte man es also böse nennen.

Wenn ich richtig rechne, sind die Kellerchaotinnen 21 Jahre und spielen seit beachtlichen 5 Jahren zusammen. In der Zeit haben sie immerhin gelernt ihre Instrumente richtig herum zu halten und massenkompatiblen Poppunk zu spielen, Betonung ganz klar auf der ersten Silbe. Das bedauere ich etwas, da die persönlichen Texten durchaus in Adult-Language verfasst sind und beispielsweise ein Song wie „Fick Dich“ im Popgewand doch etwas an Garstigkeit einbüßt. Bis zur Garstigkeit brauchen KELLERCHAOS aber drei angepasste radiotaugliche Sommer- und Lovesongs (Warum geht mir gerade „This Is Not A Lovesong“ von P.I.L. durch's Ohr?) im Kielwasser von Silbermonden im Juli, die aber deren Niveau nicht ganz erreichen. Ja, lästert nur, aber die Bands haben auch gute Lieder geschrieben. Bis dahin regiert König Belanglosigkeit mit simplen Gitarren-Riffs und immer wieder gleich intonierten Refrains. Ein leichter Sommerhit-Appeal durch ein klein wenig Ska ist nicht zu verleugnen, aber so oft wie in den ersten beiden Songs die Worte Sonne und Sommer vorkommen, muss Preetz wohl doch am Mittelmeer liegen.

Aber die Mädels haben auch Zähne und die zeigen sie auch bei „Vollidiot II“ und „Steh Auf“ endlich mal und lassen die Gitarre etwas mehr krachen. Gerade letzter Song ist ein kleiner Hit und fällt trotz Plastik-Streicher-Einsatz aus dem eng gesteckten Rahmen, da der Refrain nicht dem üblichen Gesangs-Schema folgt. „Verdreckte Welt“ setzt sich in düsterem Soundgewand zwar etwas naiv mit dem Nazi-Spacken-Problem auseinander, aber lieber so als gar nicht. „Verliebt“ ist dann ein nettes kleines charmantes Lalalala-Liebeslied als Rausschmeißer, geht aber in Ordnung.

Ich bin mir nicht sicher, wohin KELLERCHAOS eigentlich reisen wollen. Einerseits haben sie klare Wurzeln im Punkrock, andererseits ist „Moment mal..“ aber auch soundtechnisch mit so viel Zuckerguss zugeschmiert, dass ich glatt meine Insulin-Dosis erhöhen muss. Es freut mich natürlich für die Band, dass sie beim John-Lennon-Talent-Award fast gewonnen hätte, ich bin mir aber nicht sicher, ob sie hier nicht in eine Ecke gedrängt wird, die zwar Plattenverkäufe garantiert, das wahre Gesicht von KELLERCHAOS aber sehr stark schminkt.

Wer hat das Cover eigentlich verbrochen?

FAZIT: KELLERCHAOS bieten mir persönlich etwas zu harmlosen Poppunk, der darüber hinaus noch maximal glatt produziert wurde. Wenn von „Moment mal...“ aber etwas im richtigen Spartenradio laufen sollte, werden die Telefonleitungen glühen, bis die Songs zum Erbrechen gespielt werden.