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Manuel Göttsching: Die Mulde (Review)
Artist: | Manuel Göttsching |
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Album: | Die Mulde |
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Medium: | CD | |
Stil: | Elektronische Flussfahrt |
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Label: | MG.Art | |
Spieldauer: | 72:21 | |
Erschienen: | 26.09.2005 | |
Website: | [Link] |
„Musik ist ein Spiegel.
Die Mulde sind vierunddreißig Spiegel.“
Zwei Sätze und die geheimnisvolle Frage: „Was verbirgt sich dahinter? Warum stehen diese beiden Sätze direkt neben der CD, die man dem Digi-Pack entnimmt und in seinen CD-Player einfahren lässt, bis sie in dessen Innerem verschwindet wie ein sich mit Wasser vollgesogenes Stückchen Holz langsam in der Mulde versinkt?“
Hier kommt der Versuch einer Antwort – der Versuch, die Musik von MANUEL GÖTTSCHING mit meiner Seele als Zuhörer zu entschlüsseln, um darin wie in der „Mulde“ zu versinken!
Die Mulde!
Das ist ein Nebenfluss der Elbe, der sich ganz seiner Natürlichkeit hingeben darf, da er nicht für den Schiffsverkehr freigegeben ist. Und so entsteht er südöstlich von Leipzig, friedlich und naturbelassen. Wer in und um ihn herum lebt, darf sich ganz der Ruhe und dem Schutz spendenden Fluss ergeben – außer wenn dieser, weil wir einfach nicht lernen wollen, dass Flussbegradigungen unserer Natur nicht gut tun und sie sich dies nur so lange mit anschaut, bis es des Guten zu viel ist, über die Ufer tritt. Egal, ob das 2002 oder 2013 der Fall war, mit dem Hochwasser zeigte uns Die Mulde, über wie viel zerstörerische Kraft sie auch verfügen kann.
„Die Mulde“!
Das ist auch ein Album von MANUEL GÖTTSCHING, welches er am 6. September 1997 in den Denkmalschmiede Höfgen live einspielte. Nahe von Leipzig, nahe der Mulde und nahe an der Schönheit und dem zarten Fließen dieses Flusses, der so friedlich sein kann, wie die Musik, in der Die Mulde vom ASHRA (TEMPEL)-Musik-Übervater verewigt wird. Bereits die ersten Minuten der vierteiligen, vierzigminütigen Suite nimmt uns mit auf eine musikalische Instrumentalreise durch Raum und Zeit. Himmlische Erinnerungen an „New Age Of Earth“ werden wach – als Manuel noch unter ASHRA seine hypnotisierenden und zugleich spannungsgeladenen Klanglandschaften erschuf. Und der Schritt von der Erde bis ins Wasser ist natürlich nur ein kleiner.
Was aber wohl ist mit das Schönste an einem Fluss? Für viele ist es nicht das strömende Wasser, sondern dieses leicht verschwommene Spiegelbild, das sich auf seiner Oberfläche abzeichnet. Schaue ins Wasser und du schaust in deine Seele. Doch dieses „Sich-Wider-Spiegeln“ hat im Falle dieser Konzert-Aufführung für MANUEL GÖTTSCHING eine ganz besondere Bedeutung. Denn „Die Mulde“ wurde nicht ohne Grund live in dieser Flusslandschaft aufgeführt, sondern im Rahmen eines Kunstprojektes von Mercedes Engelhardt. Sie installierte insgesamt 34 Spiegel in unterschiedlichen Konstellationen, die alle für sich ihr ganz eigenes Natur-Bild wiedergaben – und diese wundervolle Optik bekam durch Göttschings Musik ihren ganz eigenen Klang.
Sanfte, elektronische Flächen ebnen den (Hinter-)Grund für sich langsam erhebende Klangwände, die durch elektronische Spielereien, ähnlich als würde mal eine Hummel, dann wieder ein Schmetterling oder sogar ein Brummer auf ihre eigene Art durch die von der Sonne beschienene Landschaft fliegen, immer wieder überraschend durchbrochen werden. Percussion geben plötzlich der Musik eine völlig neue, weltmusikalische Farbe und verdrängen das vordergründig Elektronische, bis es sich mit Klatsch-Geräuschen wieder mehr Aufmerksamkeit verschafft. Regelrecht komplex und experimentell beginnt der letzte Teil der Suite: „Zerfluss“! Ja es fließt alles ineinander, um vom Fluss davongetragen zu werden, zu zerfließen, bis es am Ende nur noch in der Erinnerung des Hörers nachklingt. Eine Erinnerung an vertonte Spiegelbilder und an einen Fluss, der wunderschön, aber auch sehr gefährlich sein kann, wenn man seine Natürlichkeit künstlich zu zerstören versucht!
Das 2005 bei MG.ART klanglich überarbeitete Album hält aber noch eine ganz besondere Überraschung parat. Einen Bonus-Track mit einer Laufzeit von sage und schreibe 32 Minuten. Aufgenommen wurde dieses, diesmal von der Gitarre dominierte, sehr getragene Ambient-Stück mit einem Prophet-10 bereits im Jahr 1981, also in dem Jahr, als MANUEL GÖTTSCHING mit RICHARD WAHNFRIED das ebenfalls sehr geheimnisvolle Album „Tonwelle“ aufnahm, um das sich die kuriosesten Gerüchte bezüglich des darauf nur unter einem Pseudonym agierenden Gitarristen ranken. Zusätzlich spielte Göttsching dann 2004 akustische und E-Gtarren-Passagen auf „hp little cry“ ein und widmete das Stück einem Freund in Norwegen.
FAZIT: Wer Flüsse liebt und ihnen beim Fließen zuschaut, um immer wieder neue Stimmungen dabei zu entdecken, der bekommt nun nicht nur Die Mulde zu sehen, sondern auch auf ihre ganz eigene, faszinierend Art durch MANUEL GÖTTSCHING zu hören. Musik im wunderbaren, natürlichen Fluss statt im heutzutage immer unerträglicher erscheinenden, künstlichen Musik-Überfluss!
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Die Mulde
- I) Schöpferische Stille
- II) Die Mulde
- III) Die Spiegel
- IV) Zerfluss
- hp little cry
- Gitarre - Manuel Göttsching
- Keys - Manuel Göttsching
- Die Mulde (2005)
- Live At Mt. Fuji (2013)
- E2-E4 - Vinyl-Edition (2016)
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