Partner
Services
Statistiken
Wir
Panic! At The Disco: Too Weird To Live, Too Rare To Die! (Review)
Artist: | Panic! At The Disco |
|
Album: | Too Weird To Live, Too Rare To Die! |
|
Medium: | CD/LP | |
Stil: | Wenig Panik verbreitende Disco- und Pop-Musik |
|
Label: | Warner | |
Spieldauer: | 32:32 | |
Erschienen: | 04.10.2013 | |
Website: | [Link] |
Endlich ist mal wieder in allen Discos die echte Panik, natürlich nur mit Ausrufezeichen „!“ angesagt.
Kein Wunder, denn PANIC! AT THE DISCO knallen uns mit ihrem neusten Dance-Output nur so die Tanzbein-schwing- und Arsch-wackel-Beats um die Ohren, dass es in den Beinen zuckt, der Körper vibriert und der Kopf in wilde Zuckungen verfällt. Die ideale Mucke für diese Show-Alleintänzer mit dem coolen Blick und dem Blasebalg in der Hose oder den Tabel-Tänzerinnen mit der feuchten Dröhnung im Schritt. All die brauchen solche Musik voller HoHoHos und LaLaLas oder HuHuHus samt NaNaNas. Sowas gibt’s in dieser Masse nur selten auf einer CD zu hören, die uns als vollwertige Scheibe untergejubelt wird, es aber gerade mal auf eine Laufzeit von etwas über 32 Minuten bringt. So lange laufen heutzutage in den Discos schon längst die Maxis oder DJ-Eigenpflänzchen.
„Too Weird To Live, Too Rare To Die!“ ist rein zeittechnisch höchstens ein musikalischer Koitus Interruptus, der allerdings durchaus so einigen Spaß zu verbreiten scheint, bis er abspritzt oder wie im Video zu „Miss Jackson“ sogar so weit geht, einen Kopf abzuschlagen. Und weil wir es in diesem Falle nicht etwa mit der FSK, sondern mit den musikalischen Video-Massenmördern der GEMA zu tun bekommen und auch noch in Deutschland von solchem Kack-Verein reglementiert werden, dürfen wir uns das Video noch nicht einmal unter YouTube reinziehen und werden verzweifelt in die schwarz-graue Flimmerröhre blicken, wenn wir versuchen, über die offizielle Seite der Disco-Panikmacher dieses Video anzuklicken.
Aber keine Angst – hier dürft ihr den GEMA-Verbrechern den erhobenen Stinkefinger zeigen und ihnen in ihr raffgieriges Konzernlächeln pinkeln! Kopf ab – gibt’s hier zu sehen, auch wenn auf dem Kopf nicht GEMA steht, sondern „Miss Jackson“!
Das alles ändert aber nichts an der Tatsache, dass die vier Musiker aus Las Vegas von PANIC! AT THE DISCO genauso klingen wie die größte Stadt im US-Bundesstaat Nevada, aus der sie kommen. Alles so bunt hier, alles so künstlich, alles so flimmernd und hell – und alles wenig natürlich, dafür aber extrem schnelllebig, jedoch nicht kurzweilig.
CAMOUFLAGE haben schon vor über 25 Jahren mit „The Great Commandment“ solchen Synthie-Pop fabriziert, nachdem DEPECHE MODE diesem vor über 30 Jahren zu ungeahnten Höhenflügen verholfen hatten und DURAN DURAN ihn später etwas natürlicher rocken ließen. Ganz ähnlich wie dies nun PANIC! AT THE DISCO tun. „Girls On film“ - ähnlich wie dieser erfolgreiche DURAN DURAN-Titel klingen 80 Prozent von „Too Weird To Live, Too Rare To Die!“
Beim Eröffnungstitel „This Is Gospel“ erinnern wir uns sogar an Glitter-Rock, den ein GARRY GLITTER oder SWEET voller Pomp schon in den späten 70ern in den Discos krachen ließen.
„Miss Jackson“ schlägt zwar im Video Köpfe ab, lässt aber musikalisch nur elektronischen Pop und Dance zu einer seltsamen, aber sehr tanzbaren Einheit verschmelzen.
„Vegas Lights“ ist dann einer der vielen Ohohoho-Songs, der musikalisch außer einem extrem eintönigen Schlagzeug-Solo nicht viel zu bieten hat. Noch lächerlicher klingt dazu das Statement des Sängers Urie, der als damals 17jähriger Las Vegas nie mochte, weil er erst mit 21 in die Clubs durfte. Verblüffend dann seine späte Erkenntnis als Über-21jähriger: „Als ich dann dieses eine Mal wieder in Las Vegas war, fiel mir auf, dass die Leute dorthin gehen, um ihre Masken abzulegen und loszulassen, und das hat mich inspiriert. Das war ein Moment absoluter Klarheit. Jetzt bin ich in Las Vegas verliebt und habe diese Hymne darauf geschrieben.“ Genauso unglaubwürdig wie solche Zeilen klingt auch die Hymne, die keine ist, sondern nur Pop-Musik-Massenware.
Ähnlich verhält es sich mit den verbleibenden sieben Songs, die außer ein paar immer ähnlichen Pop-Rhythmen samt sich wiederholenden Beats kaum Bemerkens- oder Hörenswertes zu bieten haben, dafür aber mit Hintergrundgeschichten von Urie gespickt werden, die einen entweder an dessen Selbstwahrnehmung oder seinem Geschmack zweifeln lassen.
Beispiele gefällig?
Bitte sehr: Urie zu „Nicotine“ ...
„Ein Mädchen ruft dich wegen Sex an und du denkst: 'Dieses Mädchen werde ich nicht treffen, das passiert nicht.' Und zwanzig Minuten später bist du an ihrem Haus. Das habe ich schon durchgemacht.“
Sehr bemerkenswert, nicht wahr. Genauso „bemerkenswert“ wie der Song.
Urie zu „Miss Jackson“ ...
„Das niederzuschreiben war sehr kathartisch. Es ist mir schon mal passiert, dass ich in der Nacht mit einem Mädchen und in der nächsten mit ihrer Freundin geschlafen habe, aber mir selbst ist so etwas noch nie vorher widerfahren. Bis...“
Ja, das ist wirklich eine echte Katharsis! Nur jemand, der keine Freunde hat, dem könnte das auch jederzeit passieren – selbst ohne daraus gleich eine Läuterungs-Tragödie zu machen.
Mit „The End Of All Things“, in diesem Falle eine Ballade samt Streichern und elektronisch verfremdetem Gesang, schießt Uri aber endgültig den Vogel ab. Laut Uri der offenherzigste Song des gesamten Albums, weil:
„Als ich den Titel geschrieben habe, stiegen mir die Tränen in die Augen, weil mich so starke Emotionen überkamen.“
Wer aber den Text hierzu liest, der kann nur noch mit dem Kopf schütteln, bis ihm die Tränen in die Augen steigen. „The End Of All Things“ hat wirklich nicht mehr zu bieten, als diese Zeilen, die ich hier kurz zu übersetzen versuche:
Das Ende von allem
Ob nah oder fern,
ich bin immer dein.
Auch wenn die Zeit vergeht,
bleiben wir immer jung. (ALPHAVILLE lässt grüßen! T.K.)
Legen uns nieder,
in Liebe versunken.
Die Jahre vergehen,
vieles wird sich ändern.
Doch was ich fühle,
wird immer bleiben.
Lass uns hinlegen,
wir sind verliebt.
Glückwunsch zu dieser lyrischen Meisterleistung – und natürlich zu diesem musikalischen Ausnahmewerk. Vielleicht bricht ja in der nächsten Disco wirklich Panik bei solcher Musik aus. Mein CD-Player gerät höchstens in Panik, wenn er sich nach 32 Minuten fragt: „War das schon alles?“
FAZIT: „Dieses Album ist bekennender als alles, was ich je davor gemacht habe.“ So beschreibt BRENDON URIE das neuste Pop-Scheibchen der bekennenden Disco- und Las-Vegas-Fanatiker. Genauso klingt es auch. Genauso vergänglich und austauschbar wie viele Disco-Hits, die heute gespielt und morgen schon vergessen sein werden.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- This Is Gospel
- Miss Jackson (feat. Lolo)
- Vegas Light
- Girl That You Love
- Nicotine
- Girls / Girls / Boys
- Casual Affair
- Far Too Young To Die
- Collar Full
- The End Of All Things
- Bass - Dallon Weekes
- Gesang - Brendon Urie
- Gitarre - Ian Crawford, Brendon Urie
- Keys - Brendon Urie
- Schlagzeug - Spencer Smith
- Sonstige - Rb Mathes, Isobel Griffiths, Julian Leaper, Emlyn Singleton, Peter Lale & Dave Daniels (Streicher), Butch Walker (Hintergrundgesang)
- Too Weird To Live, Too Rare To Die! (2013) - 6/15 Punkten
-
keine Interviews