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Rhys Marsh And The Autumn Ghost: The Blue Hour (Review)
Artist: | Rhys Marsh And The Autumn Ghost |
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Album: | The Blue Hour |
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Medium: | CD | |
Stil: | Folk / Progressive |
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Label: | Termo Records / Just For Kicks | |
Spieldauer: | 43:14 | |
Erschienen: | 28.09.2012 | |
Website: | [Link] |
Gegen den Strom der Zeit wendet sich der Brite RHYS MARSH, als er nach Norwegen geht und gemeinsam mit dem Kollektiv THE AUTUMN GHOST das Album „The Blue Hour“ aufnimmt. Indes Zeitraffer nämlich das vielleicht repräsentativste Zeichen einer musikalischen Epoche sind, in der Musik eher geskippt als verinnerlicht wird, wird man hier mit langen Bögen konfrontiert, deren Beschaffenheit sich dadurch auszeichnet, weicher und zerbrechlicher zu sein als andere Künstler sie sich je zugestehen würden.
Bläser verschiedener Gattung und Holzinstrumente im Allgemeinen prägen die Stimmung der „blauen Stunde“. Der leicht gedoppelt wirkende Gesang legt sich auf das Gehölz nieder wie federleichtes Blattwerk im milden Herbstwind, Satzendsilben werden nicht allzu scharf betont und schmiegen sich folglich mild in das naturalistisch wirkende Gebilde. Britischer Indierock der 60er fällt einem da spontan ein, womöglich gar die BEATLES, die zwar meist stärker auf den Beat gingen, in der Färbung aber manchmal ähnlich wirkten. DAVID SYLVIAN passt in jedem Fall, was die Sanftheit angeht. Vielleicht gehört eine gewisse Portion Mut dazu, so zu klingen… nicht etwa so retro, denn Retro ist ein momentaner Trend und damit keinesfalls mehr mutig, aber in einer Welt, in der nur der Schreiende vernommen wird, kann es positiv auffallen, wenn jemand am Rand steht, den Kampf des Gehörtwerdens selber kaum zu registrieren scheint und lieber fast autistisch nur für sich musiziert.
Denn „The Blue Hour“ braucht die Ruhe innerer Geschlossenheit zwingend. Der Kopfhörer erweist sich einmal mehr als bester Freund eines Albums; hier öffnen sich Knospen mit jedem Atemzug, der in Flöte oder Trompete investiert wird, und jedem Schlag, der die Triangel zu einem Klang verführt. Retro-Prog war zuletzt stets viel elektronischer und vor allem dynamischer, um dem Zeitgeist zu entsprechen. Aber ohnehin ist „The Blue Hour“ vielmehr experimenteller Folk Rock. MARSH scheint einer Versuchung nicht einmal mehr widerstehen zu müssen, lautere Signale zu senden. Mit Leichtigkeit fasst er den Entschluss, weite Strecken ohne feste Schlagzeugstrukturen zu konzipieren und lässt allenfalls dumpfe Percussion für sich sprechen. „The Place Where You Lay“ ist ein Musterbeispiel dafür, wie man einen Song mit wenigen Mitteln zu hoher Intensität führt: Aus beinahe nichts als lang gezogenen Vokalen, abgedämpften 7-3-7-3-Trommeln und einem begleitenden Blasinstrument scheint das Stück zu bestehen, dabei ist ein Orchester mitverantwortlich; wohl selten hat ein solches noch mehr auf Understatement gesetzt. Um eine dramaturgische Steigerung zu erreichen, werden schlicht höhere Töne gegen basslastigere getauscht, die Mittel so einfach gehalten wie nur möglich.
Bei allem Minimalismus hat „The Blue Hour“ aber nichts Geisterhaftes an sich: Es ist real und greifbar. Sämtliche Töne scheinen handgemacht, die Feinheiten unterstreichen nur den großen Aufwand, der in Details gesteckt wurde.
FAZIT: Auf dem Nachhauseweg an der Bushaltestelle oder im Auto geht Musik wie diese gnadenlos unter. „The Blue Hour“ verlangt die totale Abstinenz von Umgebungsgeräuschen und ungeteilte Aufmerksamkeit. Abermillionen von Menschen werden RHYS MARSH und das AUTUMN GHOST-Ensemble wohl niemals zu hören bekommen, weil es sich nicht aufdrängt, ihnen zuzuhören. Auch lassen sie fast schon bereitwillig Zweifel an ihrer (hypothetischen) Großartigkeit zu - dies ist kein Album, das konsensfähig als „herausragend“ bezeichnet werden muss. Hat derart zurücknehmende Kunst in unserer Zeit noch eine Existenzberechtigung? – Es wird hoffentlich niemals der Tag kommen, an dem diese Frage verneint werden muss.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- And I Wait
- Read The Cards
- The Movements Of Our Last Farewell
- Broken Light
- Wooden Heart
- Further From The Truth
- The Place Where You Lay
- One More Moment
- Bass - Rhys Marsh, Jo Fougner Skaansar
- Gesang - Rhys Marsh, Trude Eidtang
- Gitarre - Rhys Marsh
- Schlagzeug - Martin Horntveth, Iver Sandøy
- Sonstige - Rhys Marsh, Martin Horntveth, Iver Sandøy, Lars Fredrik Frøislie, Tuva Hatlelid Mortensen, Kirsti Jacobsen, Henning Aschim Wien, Jørgen Vie, Hayden Powell, Erik Johannessen, Kristoffer Lo
- The Blue Hour (2012) - 11/15 Punkten
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