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The Spanish Donkey: Raoul (Review)
Artist: | The Spanish Donkey |
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Album: | Raoul |
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Medium: | CD/LP+CD | |
Stil: | Free Jazz aus der „mikrotonalen Blues-Welt“ |
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Label: | Rare Noise Records | |
Spieldauer: | 70:14 | |
Erschienen: | 07.04.2015 | |
Website: | [Link] |
Wenn der spanische Esel ausbricht, dann entsteht daraus eine Kakophonie aus purer, ungehaltener, an den Nervensträngen des Hörers zerrender Improvisation, in der sich häufig verzerrte E-Gitarre, Orgeln und Synthesizer sowie ein wildes Schlagzeug einen wahren Klang-Krieg liefern, aus dem die E-Gitarre meistens als Sieger hervorgeht.
Wer‘s brachial mag und völlig ohne bunte Blümchen, dem wird „Raoul“ aber dermaßen einen verplätten, dass er die nächsten Tage nicht mehr richtig laufen bzw. hören kann. Alle Anderen aber werden sich garantiert von ihm abwenden und denjenigen, der diese 70 Musik-Minuten übersteht, als Schizo bezeichnen, während sie‘s zuhause bei Ravels „Bolero“ mal wieder so richtig ihrer Dame besorgen, sich als wilder Hengst verstehen, während die Schizos lieber den SPANISH DONKEY reiten, der einem einen nach dem anderen Musik-Orgasmus bereitet. Denn was für den Einen der pure, rabiate Krach ist, wird für den Anderen zu einem wilden, unvergesslichen Ritt durch den Free Jazz, musikalische Avantgarde jeder Art sowie elektronischen Noise, Blues und Metal.
Der Esel-Gitarrist JOE MORRIS beschreibt diese „Anti“-Musik als den Versuch, „nicht so zu klingen, wie man es erwarten könnte“ und: „Wir versuchen etwas zu kreieren, das uns selbst überrascht und unseren eigenen Ansprüchen genügt. Im Bereich ‚laute, schreiende Gitarre‘ sind wir ziemlich einzigartig.“
Einen anderen Blickwinkel auf „Raoul“ präsentiert dagegen der Keyboarder JAMIE SAFT: „Für mich ist THE SPANISH DONKEY tief im Blues verwurzelt. Mein Konzept für das Aufnahmestudio war die Idee, einen mikrotonalen Bluesvibe zu schaffen, auf den Joe reagieren kann. Dieses Album zeigt uns die Anwendung des mikrotonalen Blues auf unserem Impro-Weg und das totale Vertrauen, diesen Weg zu gehen.“
Und natürlich müssen wir nun auch noch den dritten im mikrotonalen Blues-Free-Jazz-Bunde zu Wort kommen lassen - Schlagzeuger MIKE PRIDE: „Im kleineren Trio-Format mit gerade diesen Musikern ist es viel einfacher, etwas Lautes, Rabiates zu kreieren und währenddessen die unglaubliche Intensität über ein 32-Minuten-Stück beizubehalten. Es gibt nicht viele Musiker auf der Welt, welche diese Intensität und den Fokus so lange aufrecht erhalten können.“
Drei Free-Jazz-Epen erwarten den Hörer am Ende auf „Raoul“, die sich über insgesamt gut 70 Minuten erstrecken.
Als da wären - 32 Minuten lang die volle, abgefahrene, brachiale, frei improvisierte, konsequent bis zum Ende durchgehaltene Jazz-Dröhnung, die wie ein musikalisches Irrenhaus klingt und „Raoul“ heißt.
„Behavioral Sink“ klingt in den ersten der insgesamt 22 Minuten ganz kurz wie das Vorspiel zu DEEP PURPLEs „Highway Star“, was besonders der Hammond Orgel von JAMIE SAFT geschuldet ist, bis dann das Schlagzeug mit seinen atonalen Takten und Rhythmen sich wieder ganz dem Free-Jazz zuwendet, der allerdings eine diesmal recht psychedelisch anmutende Ausrichtung erhält.
Fast ruhig klingt dann mit dem Sechzehnminüter „Dragon Fly Jones“ - worauf sich offensichtlich auch das gruselig anmutende Cover bezieht - das Album aus. Natürlich free, aber unnatürlich zurückhaltend eben.
„Die Leute sollen auf andere Art gefesselt werden, als immer nur das zu bedienen, was sie erwarten. Einige hören das Album und mögen sagen: ‚Es geht euch nur um Energie, alles ist außer Kontrolle‘, aber Tatsache ist, dass es ein sensibler Prozess ist, solche Intensität zu erzeugen. Fast so, als wolle man Marmor bearbeiten.“
Gesagt, getan und Ziel erreicht!
FAZIT: Musik, von jeglicher Form befreit, die man nicht bewerten, aber beschreiben kann. Für die Einen eben unerträglicher Krach, für die Anderen die hohe Musik-Weihe ... und genau irgendwo dazwischen, aber auch irgendwo außerhalb davon, lässt sich der spanische Musik-Esel bockig nieder und frisst lieber alle wilden grünen Klang-Pflänzchen, bevor sie unter Allerweltsrhythmen planiert und asphaltiert werden.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Raoul
- Behavioral Sink
- Dragon Fly Jones
- Gitarre - Joe Morris
- Keys - Jamie Saft
- Schlagzeug - Mike Pride
- Raoul (2015)
-
keine Interviews
Kommentare | |
proggus
gepostet am: 10.04.2015 |
Jo, Rare Noise legen die Messlatte für wie auch immer gearteten Krach dieser Tage ganz schön hoch. Allerdings ist der Spanish Donkey noch vergleichsweise hörbar gegenüber dem "Schwester"-Release der Herren Merzbow, Pándi, Gustafsson und Moore... eine Herausforderung für den "Normal"-Hörer stellen beide da. Aber Herausforderungen sind ja da, um an ihnen zu wachsen :-) |