Eins der beliebtesten Reiseziele der Deutschen, die manchmal ihre immer wieder eingeforderte Leitkultur (Oder war es doch eine Leid-Kultur?) für einen Moment natürlicher Schönheit verlassen wollen, ist Norwegen, das Land der erhabenen Gebirgsmassive, kargen Hochebenen und zauberhaften Fjorde, in dem sich gerade mal im Verhältnis zum Deutschen Merkel-Reich ein Zwölftel der Einwohner kopulierend seine Population aufrecht erhält. Und auch ich würde wohl mindestens meinen Sack, wenn nicht sogar meine Pfeife dafür verwetten, dass die Menschen dort entspannter und lockerer drauf sind als unsereins, denn wenn wir eine musikalische Reise statt eines Touri-Trips nach Norwegen unternehmen, werden wir sehr schnell und zugleich ziemlich konsterniert erkennen, dass unsere Musik-Reisen nach Norwegen deutlich ereignisreicher und belebender sind als die Suche nach beeindruckender Musik in deutschen Landen, der immer stärker ihre eigene Tradition abhanden zu kommen scheint. Der dritte NORDIC NOTES-Sampler „Folk aus Norwegen“ jedenfalls enthält hierfür den klingenden Beweis!

Allein der Begriff „Folk“ täuscht fast darüber hinweg, dass die Musik auf dieser CD eine ungeheuere Klangvielfalt besitzt, der im Grunde zwar Nordisch-Traditionelles innewohnt, aber auch Jazz, Rock, Pop, Singer/Songwriter und vieles mehr. Glücklicherweise liegt dem Album, das natürlich wie alle Alben aus dem Hause Nordic Notes wieder im schicken Digi-Pack daherkommt, ein umfangreiches Booklet bei, in dem in deutscher Sprache alle Musiker sehr informativ vorgestellt werden und Label-Chef CHRISTIAN PLIEFKE kurz den Entstehungsgrund für dieses Album erläutert: „Dass aus Norwegen klasse MusikerInnen kommen, war jedem zwar klar. Die Vielfältigkeit weiß man, finde ich, doch erst zu schätzen, wenn man vor Ort ist. So durfte ich im September 2014 das ‚Folkealarm Festival‘ in Oslo besuchen. Ich war sprachlos ob der tollen Konzerte, den Menschen, der Organisation. Es war nicht einfach, eine Momentaufnahme der MusikerInnen auf eine CD zu bannen. Ich denke, das ist trotzdem geglückt und macht Lust auf mehr.“

Recht hat er, der Herr Pliefke!
„Folk aus Norwegen“ enthält eine musikalische Entdeckung nach der anderen, wobei ELIN KAVEN, die singende arktische Fee mit schamanischem Großvater, wahrscheinlich von vielen bereits entdeckt wurde. Auch ihre Konzertbegleiter SARAH-JANE SUMMERS & JUHANI SILVOLA, die Geigerin und der absolute Ausnahmegitarrist, haben sich bereits über die norwegischen Grenzen hinaus einen festen Namen erspielt. Und wenn wir schon bei den Schamanen sind, müssen wir gleich noch auf TORGEIR VASSVIK hinweisen, der traditionellen Joik und sibirischen Obertongesang mit Schamanen-Trommeln und arktischer Natur verbindet, die er in moderne, fast etwas freejazz-punkig anmutende Klanggebilde einhüllt.

Mit UNNI LÖVLID ist auch die bekannte, in Norwegen hoch gelobte Folkmusikerin vertreten, die beim „Folkealarm Festival“ 2006 als Musikerin des Jahres nominiert wurde. Oder das Duo SUDAN DUDAN, deren Bandname bereits verrät, welche musikalischen Einflüsse sie in ihrer Musik verarbeiten, nämlich neben der Folklore aus den Appalachen auch afrikanische Musik aus dem Sudan. EPLEMÖYA SONGLAG dagegen sind drei Sängerinnen, die ihre Musik ausschließlich auf Basis ihrer beeindruckenden Stimmen A-Capella erzeugen und sich dabei von bulgarischen Frauenchören genauso wie von Jazz und Weltmusik beeinflussen lassen. Ein anderer Einfluss, der sich wiederum aus dem Bandnamen ergibt, ist bei GAMMALGRASS unüberhörbar, die in ihrer Musik norwegische Volksweisen mit amerikanischem Bluegrass vereinen.

Wie gesagt - es gibt viel zu entdecken auf diesem Sampler mit insgesamt 16 unterschiedlichen Künstlern, denen ihr Norwegen am musikalischen Herzen liegt. Und jeder, der Musik mag, die Tradition und Moderne in größtenteils akustischen Klangspektren vereint, der wird eine wundervolle Reise mitten ins Herz norwegischer Folk-Musik genießen dürfen.

FAZIT: Man muss nicht unbedingt mit dem Flugzeug abheben, um Norwegen erleben zu dürfen. Manchmal reicht ein kleiner Schritt in Richtung CD-Player und schon dürfen wenigstens unsere Ohren auf Reise mitten nach Norwegen abheben!