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Vennart: The Demon Joke (Review)

Artist:

Vennart

Vennart: The Demon Joke
Album:

The Demon Joke

Medium: CD/LP+CD
Stil:

Art Rock / Pop / Noise / Experimental

Label: Century Media / Superball
Spieldauer: 42:28
Erschienen: 19.06.2015
Website: [Link]

OCEANSIZE sind tot. Viel Gras ist inzwischen über das - allerdings immer noch einflussreiche - Schaffen der Briten gewachsen, viel Wasser aus den Flüssen ins Meer geflossen, viele andere wichtige Alben veröffentlicht worden. Und beim Blick auf Mike VENNART, wie er im Anzug und mit ergrautem Haar für sein erstes Soloalbum posiert, möchte man die Zeit dafür verfluchen, dass sie ohne jedes Mitleid so unheimlich schnell vergangen ist. Doch die charismatische Stimme des Posierenden ist zeitlos, wie er mit seiner Rückkehr beweist.

Obwohl sich der ehemalige OCEANSIZE-Frontmann mit Steve Durose und Gambler zwei alte Bandmates ins Boot geholt hat, ist „The Demon Joke“ im Songwriting nicht wirklich kompatibel mit dem großen Schatten, von dem sich VENNART ohnehin lösen möchte – und doch ist es gerade er als Sänger, der mit seiner Stimme unweigerlich Assoziationen zu „Effloresce“, „Everyone Into Position“, „Frames“ & Co. auslöst. Obwohl er sie streckenweise völlig anders einzusetzen versucht als bislang bekannt.

Nun war OCEANSIZE zwar nicht unbedingt als kreatives Korsett bekannt, insofern es allerhand stilistische Schlenker erlaubte, die auch immer wieder gerne genutzt wurden; trotzdem stellt sich heraus, dass der momentane BIFFY CLYRO-Livegitarrist in den viereinhalb Jahren seit „Self Preserved While The Bodies Float Up“ die große Lust am Ausprobieren antreibt, er einen neuen musikalischen Lebensabschnitt beginnt. „The Demon Joke“ spannt Fäden zwischen Gebieten, die kaum Artverwandtschaft teilen. Es nutzt verstärkt Elektronisches in verschiedener Weise, setzt auf noisige, brachiale Überraschungen nebst lieblichen Pop-Strophen, klingt mal robotisch-steril, dann wie eine wärmende Umarmung. Doch unter dem Strich, da liefert der Brite eine wehmütige Pathos-Bombe.

Genau deswegen wurde „Operate“ als erster Song ausgekoppelt. Seine Strophen klingen wie die alte Band mit Zuckerguss glasiert; als dann der Refrain angestimmt wird, geht Dynamit unter der Glasur in die Luft und Zuckerkristalle prasseln auf Pflasterstein hernieder, werfen einen großen Regenbogen vor orangerotem Sonnenuntergang. Fast so wie ANGELS & AIRWAVES und SIGHTS & SOUNDS im heiligen Verbund.

Völlig stellvertretend für die übrigen neun Stücke ist es aber eben nicht, obwohl gerade der Opener in eine ähnliche Kerbe schlägt, der wie von Devin-Townsend-Hand einen Layer über den nächsten legt und plötzlich reduziert, ganz, ganz zart wird. „Doubt“ durchbricht den Schönklang mit Krach, treibt Wogen zu Wellen hoch, die VENNART dann mit einem seiner typischen Stilmittel beruhigt – er und ein heller Klangkörper liegen in Schwebung zueinander und stimmen gleichmäßig einzelne Notenfolgen an.

Auch „Infatuate“ hat einen schönen Refrain zu bieten. Und „Duke Fame“. Und „Don’t Forget The Joker“. Alle auf ihre eigene Weise. Vielleicht machen gerade schöne Refrains das Album aus; keine dekonstruktivistischen Bögen mehr, keine Prog-Asymmetrien, kein richtiger Metal, keine jugendliche Lust an der Deformation. VENNART zeigt eine Reife und Gesetztheit, die sich jedoch nicht mit der Neugier ausschließt. Gerade jenseits der Earcatcher-Momente stellt er den Hörer auf die Probe und zeigt, er ist nicht irgendwer, der sich müde in den Feierabend dudeln möchte.

FAZIT: „The Demon Joke“ ist am Ende „nur“ eine mehr oder minder zusammenhanglose Kollektion aus experimentellen Pop-Rocksongs, die nichts revolutionieren wollen außer vielleicht ihren eigenen Erschaffer. Dies hat äußerst spannende Einzeltracks zur Folge (spannender auch als die Versuche unter dem Label BRITISH THEATRE), die man voller Begeisterung durchstreift. Dazu muss man sich auf die einzelnen Titel konzentrieren, die praktisch allesamt gelungen sind, nur eben im Gesamtkontext nicht unbedingt weitere Substanz hinzugewinnen. Alleine VENNARTs unverwechselbare Stimme ist aber die Erfahrung in jedem Fall wert.

Veröffentlicht wird die CD in einem Digisleeve mit zwei Schubfächern, von denen eines ein Booklet-Poster (4-fache Größe der Verpackung) mit Songtexten beinhaltet und das andere den Datenträger, der vorbildlich in einem weiteren Pappschuber untergebracht ist, so dass die Kratzeranfälligkeit minimiert wird. Alternativ bekommt man eine 180g Vinyl mit der CD in einer transparenten Plastiktasche als Bonusdreingabe.

Sascha Ganser (Info) (Review 3665x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 10 von 15 Punkten [?]
10 Punkte
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Tracklist:
  • Two Five Five
  • Doubt
  • Infantuate
  • Rebirthmark
  • Duke Fame
  • Don't Forget The Joker
  • Retaliate
  • A Weight In The Hollow
  • Operate
  • Amends

Besetzung:

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