Die zweite offizielle Veröffentlichung von GUNS LOVE STORIES besticht durch ein Alterna-/Post-Hardcore-Gemisch mit Fokus auf den Tugenden der 1990er: Die Gruppe aus Luzern schreibt griffige Songs - strukturell und in Sachen Refrains durchaus fürs Radio geeignet - mit harten Gitarren und einem rhythmischen Fundament, das sich weniger darauf beschränkt, ein solches zu sein, sondern tatsächlich der Hinhörer des Albums ist.

Die Schweizer bemühen sich zwar, das für ihr Genre obligatorische Pathos herunterzufahren und beim Songwriting auf möglichst wenig abgegriffene Schemata zurückzugreifen, aber speziell das wiederholt hysterische Geschrei, wodurch sich alle Songs auszeichnen, verhindert einen konsequent unverkrampften Vortrag.

"Wear Out Of Your Heart" gemahnt an RISE AGAINST, und generell kann man GUNS LOVE STORIES auch eine gewisse Nähe zu STRIKE ANYWHERE oder ANTI FLAG attestieren. Dass sie nicht so poppig wie etwa BILLY TALENT werden, erfrischt zwar, schließt aber auch größere Hits aus.

Andererseits darf man sich neben der besagten Rhythmik auch an ausgesprochen kreativer Gitarrenarbeit erfreuen, deretwegen sich sowohl das zwischen treibend und bedächtig schlingernde "Backstabbing" als auch das swingende "Candles and Curses" hervortut. Am Ende gehen GUNS LOVE STORIES definitiv mit einem Achtungserfolg ins Rennen, der zu längerer Beschäftigung mit der Materie bereite Hörer auf Dauer fesseln dürfte.

FAZIT: Klischeefreier Rock, leicht verspielt, bombig produziert und trotz für Punk-/Indie-Verhältnisse progressiver Ambitionen außerordentlich hoher Energie ausgestattet. Mit GUNS LOVE STORIES darf man langfristig rechnen, wenn es um Schweizer Schokolade, nicht Käse geht.