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Richmond Fontaine: You Can‘t Go Back If There‘s Nothing To Go Back To (Review)
Artist: | Richmond Fontaine |
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Album: | You Can‘t Go Back If There‘s Nothing To Go Back To |
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Medium: | LP/CD | |
Stil: | Trauriger Americana mit toller Geschichte |
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Label: | Decor Records / Indigo | |
Spieldauer: | 48:45 | |
Erschienen: | 08.04.2016 | |
Website: | [Link] |
Endlich mal wieder ein Album für dich, für mich, für die anderen! Eben für solche verwegenen Typen wie uns, die den Americana zwar in den Ohren haben, aber noch nie in den Augen hatten, weil wir dieses Amerika entweder irgendwie nicht mögen, es uns nicht leisten können oder einfach schönere Orte als das Land der unbegrenzten Möglichkeiten kennen, in denen nicht jedes Arschgesicht als Zeichen der absoluten Freiheit seinen Ballermann rausholen und drauflosballern kann oder darf. Oder wie es der RICHMOND FONTAINE-Kopf WILLY VLAUTIN selber so schön ausdrückt: „Dies ist ein Album für all die Typen, die gegen die Wand gelaufen sind, kurz davor stehen oder mittendrin sind, es gerade zu tun. Es ist ein Album darüber, den Preis für das Leben zu zahlen, das man bis jetzt gelebt hat.“
Wie gesagt, genau das ideale Album für solche Typen wie uns!
Übrigens habe ich das (Promo-Sheet-)Zitat auch im NDR-“Nachtclub Magazin“ gelesen, wo „You Can‘t Go Back If There‘s Nothing To Go Back To“ zum Album der Woche gewählt und jeden Tag ein anderer Titel daraus gespielt wurde. Durchaus gerechtfertigt diese Wahl!
In Willy Vlautins Brust schlagen jedenfalls zwei Herzen, nämlich das des erfolgreichen Schriftstellers und das des (weniger erfolgreichen) Americana-Songwriters. Und es scheint so, dass er sich nun wohl für das Schriftsteller-Herz entscheidet, was schade ist, denn auch in seinen Alben erzählt er uns völlig abgeschlossene Geschichten, ganz ähnlich wie in seinen Erzählungen und Romanen, die über die Outlaws und irgendwie vom Leben nicht gerade bevorzugten Zeitgenossen berichten. Eben genau die Typen, die keine Off-Shore-Briefkastenfirmen gründen, sondern noch nicht einmal einen eigenen Briefkasten haben.
Das aktuelle RICHMOND FONTAINE-Album mit dem viel zu langen Namen, dessen häufige Erwähnung sich schon deshalb hier erübrigt, ist im Grunde genommen eine abgeschlossene Geschichte, bestehend aus elf Erzählungen oder eben Musik-Kapitel und zwei sehr kurzen Instrumentals. Ein Americana-Konzeptalbum also, das sich um zwei Cowboy-Brüder dreht, die ihre Pferde von einem Onkel kaufen, der dann später verarmt und dessen Leidensgeschichte sie anfangs verärgert, aber auch keine Ruhe lässt, weil sie „realize there‘s no point in kicking someone who‘s spent his whole life kicking himself“.
Bei solcher Geschichte kann sich jeder sicher gut vorstellen, wie die Musik klingt. Ruhig, etwas traurig, manchmal melancholisch, aber auch mit so einigen typischen Country-Elementen gespickt, besonders auffällig ist dabei die Pedal Steel, aber auch der eine oder andere bedrückende Trompeteneinsatz. Etwas WILCO und verträumte CALEXICO klingen immer mal wieder durch, aber das Hauptaugenmerk des Albums liegt in erster Linie auf den Texten und die dazugehörige Geschichte, welche durch einen alten, blinden Mustang inspiriert wurde, der von Narben übersät war, die Kainsmale eines schweren, qualvollen Lebens. Wahrscheinlich ist es das Pferd, welches wir auf dem Cover sehen können, auch wenn es im Booklet dazu keine genauen Infos zu erfahren gibt.
Vlautin hatte diesen Mustang, der „sich auf den Weg gemacht hatte, um einsam zu sterben“ mitten im „Nirgendwo von Nevada“ entdeckt. Danach flossen die Texte für das Album regelrecht aus seiner Feder. Und wenn er dann mit seiner zerbrechlichen Stimme zwischen Erzählen und Singen diese Songs beeindruckend vorträgt, weil es eben seine Songs sind, dann hören wir das während der knapp 50 Minuten eindrucksvoll. So schöne Geschichten erzählt singend im Grunde nur ein BOB DYLAN - doch diese Zeiten sind lang, lange her! BON IVER oder WILLIAM FITZSIMMONS sind an seine Stelle getreten, aber auch RICHMOND FONTAINE erobern neben ihnen mit diesem Album definitiv einen festen Platz, auch weil das Ende so schön traurig mit folgender Fragen auf „Easy Run“ ausklingt:
„Do you think an easy run will find me?“
Wollen wir hoffen, dass dies keine rhetorische Frage ist. Nein, nein, dafür wäre die Musik viel zu schade und zugleich zu schön!
FAZIT: Ein trauriges, ruhiges, manchmal etwas eintönig klingendes Americana-Album, das durch die Geschichte, die darin erzählt wird, aber eben genauso klingen muss. Hier ist wirklich hin- und zuhören gefragt, ansonsten kann man ja auch weiterhin seiner flotten Oberflächlichkeit frönen.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Leaving Bev‘s Miners Club At Dawn
- Wake Up Ray
- I Got Off The Bus
- White And Me
- Let‘s Hit One More Place
- I Can‘t Black It Out If I Wake Up And Remember
- Don‘t Skip Out On Me
- Two Friends Lost At Sea
- Three Brothers Roll Into Town
- Tapped Out In Tulsa
- The Blind Horse
- A Night In The City
- Easy Run
- Bass - Freddy Trujillo
- Gesang - Willy Vlautin
- Gitarre - Willy Vlautin, Dave Harding, Dan Eccles, Paul Brainard
- Keys - Jenny Conlee-Drizos, Dan Eccles
- Schlagzeug - Sean Oldham
- Sonstige - Paul Brainard (Trompete)
- You Can‘t Go Back If There‘s Nothing To Go Back To (2016) - 11/15 Punkten
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