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Wovenhand: Star Treatment (Review)

Artist:

Wovenhand

Wovenhand: Star Treatment
Album:

Star Treatment

Medium: CD/Do-LP
Stil:

Indie-, Post- und Kraut-Rock, Neo-Folk, Psyche, Gothic, Country

Label: Glitterhouse Records / Indigo
Spieldauer: 53:55
Erschienen: 09.09.2016
Website: [Link]

Nicht besonders freundlich, wenn einem der Musiker auf dem Digipak-Cover einfach nur den Rücken zudreht und man ihn sonst auch im achtseitigen Booklet – in dem alle Texte nachzulesen sind – nicht einmal von vorn zu sehen bekommt. Aber vielleicht war das Indianerzelt auf dem Rücken seiner Jacke einfach wichtiger als ein Blick in sein Gesicht. Dafür aber erfahren wir im Promo-Schreiben „Seele, Gesicht und Kopf von WOVENHAND ist DAVID EUGENE EDWARDS (bzw. SIR CHARLES FRENCH), einer der beeindruckendsten Gitarristen, Sänger, Songschreiber und Lyriker unserer Zeit.“ Und sicher wird einem beim Hören dieses Namens bewusst, dass Edwards lange Zeit auch der Kopf von 16 HORSEPOWER war, die mit ihrem folkigen, durchaus experimentellen Rock eine echte Konkurrenz für WILCO darstellten.

Jetzt aber treibt sich Edwards auf so vielen unterschiedlichen Musik-Spielfeldern herum, die als Bedingung allesamt eine düstere, mitunter gar Gothic-Atmosphäre ausstrahlen müssen, dass es einem beim Hören schwindelig wird. Denn auf „Star Treatment“, dem 9. WOVENHAND-Album, treffen Neo-Folk und Post-Rock auf Alternative Rock und Country sowie neuerdings auch auf Krautrock oder 70er-Jahre-Kult. Hier liegt das neue Moment von „Star Treatment“, welches die Band auch ausgiebig auslebt.

Fast unglaublich erscheint daher der stockfinstere Song „Swaying Reed“, der den Kritiker dieser Zeilen lange darüber nachdenken ließ, woran er ihn so überdeutlich erinnert. Eine Suche, wie nach dem Wort, das einem auf der Zunge liegt, aber nicht einfällt. In diesem Falle also nach dem Klang, der sich im Ohr festgesetzt hat, aber einfach die Erinnerung nicht klar aufleuchten lässt. Mit einem Schlag waren sie dann doch da – die Erinnerungen. Erinnerungen an einen der bewegend-bedrückendsten Songs aller historischen Musik-Zeiten, der auch eine sehr wichtige Rolle in einem Kriegsfilm spielt: „The End“ von den DOORS!

„The Quiver“ klingt dagegen wie die traurige Vorwegnahme des neuen NICK CAVE-Albums, in dem Cave mit seiner Trauer um seinen 15jährigen Sohn zu kämpfen hat.

„Crook And Flail“ taucht dafür ganz tief in den psychedelischen Krautrock der 70er-Jahre ein und liebäugelt sogar mit den weltmusikalischen Visionen, denen schon die BEATLES mit „Sgt. Pepper“ oder die STONES mit ihren „Satanic Majesties“ folgten.

Überhaupt verströmt „Star Treatment“ eine Atmosphäre, welche wir neben den Alben von NICK CAVE auch von LOW oder SWANS kennen, dessen letztem Meisterwerk es ziemlich nahe kommt. Selbst die konzeptionelle Thematik des Albums, in dem es um die innere Zerrissenheit der Menschen geht, die sich im ständigen Hin und Her zwischen ihren liebevollen und grässlichen Seiten bewegen, wobei noch viel zu oft die hässliche Fratze der Menschheit die Oberhand gewinnt, treibt im bedrückenden Lyrik-Fahrwasser pessimistischer Deutungshoheit. Allerdings nicht als Vorwurf gedacht, sondern als Anregung, einfach besser in sich hineinzuhören und über die Folgen seines Handelns nachzudenken.

Kein Wunder, dass einem der Mann auf dem Cover den Rücken zuwendet. Vielleicht will er uns einfach sein wahres Gesicht nicht zeigen, weil diese musikalische Hinterlassenschaft mit dem Titel „Star Treatment“ aussagekräftig genug ist, um uns die eigene Zerbrechlichkeit und Empfindlichkeit, aber auch Kaltblütigkeit und Gemeinheit wie ein Spiegel klangvoll vors Gesicht zu halten. Nichts für zarte Gemüter mit einer Sucht nach Romantik, sondern mehr für diejenigen, die bei der Suche nach ihrer Musik und sich selbst sogar einen Blick in die dunkelsten Ecken wagen.

FAZIT: Ähnlich intensiv wie eine Teufelsaustreibung bei gleichzeitiger Dämonenbeschwörung offenbart sich die Musik auf „Star Treatment“ von WOVENHAND. Sie nimmt einen gefangen und sperrt uns in ein dunkles Musikverlies aus psychedelischen Klängen, welche auf Indie-Rock und Neo-Folk treffen, um am Ende daraus einen hypnotisches Gebräu zu mischen, dem man sich nur schwer entziehen kann, das aber durchaus dazu geeignet ist, einem gehörige Angstzustände über die Ohren ins Hirn zu pflanzen.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 3355x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 11 von 15 Punkten [?]
11 Punkte
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Tracklist:
  • Come Brave
  • Swaying Reed
  • The Hired hand
  • Crystal Palace
  • Crook And Flail
  • The Quiver
  • All Your Waves
  • Golden Blossom
  • Go Ye Light
  • Five By Five
  • Low Twelve

Besetzung:

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