Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Efrat Alony: Händel – Fast Forward (Review)

Artist:

Efrat Alony

Efrat Alony: Händel – Fast Forward
Album:

Händel – Fast Forward

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Jazz, Bar(ock)-Jazz

Label: Dot Time Records
Spieldauer: 44:20
Erschienen: 08.09.2023
Website: [Link]

„Würde Händel heute leben, würde er vielleicht Pop-Songs oder Filmmusik schreiben. Er wäre erfinderisch und würde seine eigenen Regeln durchbrechen. Der freie Umgang mit dem musikalischen Material, der Geist der Improvisation und der Mut, die Dinge neu zu formen und umzugestalten, ist sowohl in der Musik des Barock als auch im Jazz vorhanden.“ (Efrat Alony)

Die preisgekrönte israelische Sängerin EFRAT ALONY, die in Deutschland lebt und hier völlig zurecht bereits mit einer Vielzahl von Auszeichnungen überschüttet wurde, hat eine heimliche Affäre!
Oh, ob das gut gehen kann?
Im musikalischen Sinne auf jeden Fall, besonders wenn der Mann hinter dieser Affäre seit über 250 Jahren tot, seine Musik aber unvergessen ist. Georg Friedrich Händel (1685-1759) ist sein Name und er gilt als einer der führenden Vertreter des Barock (17. bis Mitte des 18. Jahrhunderts), der beispielsweise mit seinem 'Messiah' (samt dem weltberühmten 'Halleluja'-Chor) ein absolutes Meisterwerk dieser Zeit schuf.

Dass Jazz und Barock oder Jazzer und Händel fusionierend funktionieren, ist längst bekannt und bewiesen, denn EFRAT ALONY ist nicht die Erste, die sich an den bibeltreuen 'Barocker' herantraut. Doch ihr gelingt dies mit „Händel – Fast Forward“ auf beeindruckende Weise, was natürlich nicht nur an ihrer fantastischen, sehr variablen und kraftvollen Stimme, sondern auch den drei sie an Piano, Bass und Schlagzeug begleitenden deutschen Jazz-Musikern liegt, welche die noch vor der Pandemie entstandene Idee ihrer Frontfrau auf kreative Weise umsetzten.

„Händel Fast Forward“, das ausschließlich aus Händel-Kompositionen besteht, entwickelt sich so zu einem Händel-Werk, welches eben nicht in einem großen Konzertsaal, sondern eher auf einer verträumten, intimen Bühne in einer Bar seine volle Entfaltung findet. Doch auch hier gilt, dass nicht nur Harmonie(n) im Spiel sind und bleiben.
Hier zählt jedenfalls keine Kleiderordnung oder ein 'Jahrmarkt der Eitelkeiten'-Gehabe, sondern nur die Lust und Leidenschaft am vokalbasierten Jazz, der seine ganze Entfaltung über Händels Barock-Attitüden entfaltet. So erhalten durch EFRAT ALONY und ihrem Jazz-Trio beispielsweise „Theodora“, „Lucrezia“, „Ottone“ und „Saul“ ein neues Gewand aus kammermusikalischen Jazz-Harmonien, aber auch hintergründig komplexen Händel-Klassik-Ideen, die sich allesamt aus der tiefen Leidenschaft der Sängerin zu Händel ergeben.

Allerdings werden alle, denen Händels Barock und ausgeprägter Vokal-Jazz nur wenig bedeuten, mit diesem Album – so schöne und beeindruckende Musik-Momente es auch enthält – nichts mit „Händel – Fast Forward“ anfangen können, da dieser auf blauem Vinyl verewigte Barock-Jazz sich einerseits an klassischen Strukturen orientiert und andererseits von Improvisiertem lebt. Pop-Melodien oder durchgängig einen umschmeichelnde Harmonien sucht man vergeblich. Selbst Alonys Gesang fühlt sich ausschließlich dem Jazz und dessen komplexen Strukturen statt melodiöser Stimmigkeit verbunden.

Offenkundig gibt es auf dem Album viel Raum für Improvisationen und Variationen, die sich am Fundament der Barockmusik entlanghangeln, dieses aber in die jazzige Gegenwart holen – und manchmal fragt man sich, was wohl ein, sich doch ungemein an Strukturen orientierender, aber immer wieder auch seine Werke überarbeitender Händel zu dieser Interpretation seiner musikalischen Kopfgeburten sagen würde.
Oder wäre es ihm vielleicht doch lieber gewesen, seine Musik mehr im Pop als im Jazz aufgehen zu lassen?
Fragen können wir ihn deswegen nicht mehr.
Dafür aber eine Antwort darauf bei „Händel – Fast Forward“ von EFRAT ALONY suchen.

FAZIT: Die Jazz-Sängerin EFRAT ALONY bezeichnet ihn als 'ihre geheime Liebesaffäre'. Nicht aus körperlicher, sondern aus klassisch-kompositorischer Sicht – denn schließlich geht es auf ihrem Album „Händel – Fast Forward“ ja um einen der führenden Komponisten des Barock: Georg Friedrich Händel (1685-1759). Dieser wird in Kombination aus der kraftvoll-beeindruckenden Stimme der in Deutschland lebenden israelischen Jazz-Sängerin und ihrem Trio auf dieser LP im jazzig-blauen Vinyl-Gewand auf für Jazz-Freunde beeindruckende Weise verwirklicht. Wer allerdings nur die klassischen Händel-Werke liebt, der wird wahrscheinlich bei so viel Jazz-Freigeist und weniger Harmonien mit „Händel – Fast Forward“ ein paar Berührungsschwierigkeiten haben.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 1952x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • Seite A (22:33):
  • Convey Me To Some Peaceful Shore (4:27)
  • Alla Salma Infidel (8:21)
  • Come To Me Soothing Sleep (6:16)
  • Già Bel Seno (3:30)
  • Seite B (21:47):
  • As With Rosy Steps The Morn (8:12)
  • Leave Me Loathsome Light (6:36)
  • Hide Me From Day's Garish Eye (6:59)

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Welches Tier gibt Milch?

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!