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Claire days: I Remember Something (Review)
Artist: | Claire days |
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Album: | I Remember Something |
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Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Singer/Songwriter, Indie-Rock, Folk-Pop |
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Label: | Contrejours | |
Spieldauer: | 40:23 | |
Erschienen: | 21.03.2025 | |
Website: | [Link] |
Bereits 2019 veröffentlichte die aus Lyon stammende, französische Songwriterin CLAIRE MOREAU eine erste eigene Songsammlung mit dem Titel „She Changed Her Mind“ als selbstverlegte EP. Hier präsentierte sie sich erstmals mit ihrem Projektnamen 'Claire days' - dessen eigentümliche Schreibweise mit einem kleinen 'd' als Abgrenzung zu ihrem Familiennamen zu verstehen ist und sich an im englischen Sprachraum gebräuchlichen Redewendungen wie „salad days“ oder „dog days“ orientiert. Dass sich CLAIRE MOREAU so gut mit der englischen Sprache auskennt, sodass sie diese bis heute für ihre Songs vorzieht (gleichwohl sie auch Material auf Französisch bereithält), hat damit zu tun, dass sie erst einen Abschluss in wirtschaftlicher, technischer und redaktioneller Übersetzung absolvierte, bevor sie sich daranmachte, sich professionell als Indie-Musikerin zu engagieren.
So richtig in Fahrt kam ihre Laufbahn als Songwriterin, als sie den britischen Kollegen FIN GREENALL (besser bekannt unter seinem Künstlernamen FINK) kennenlernte, mit dem zusammen sie dann 2022 ihre erste LP „Emotional Territories“ co-produzierte – die noch unter Pandemie-Bedingungen als Distanz-Projekt realisiert werden musste. Nachdem sich CLAIRE MOREAU im Anschluss an die Veröffentlichung des Albums mit internationalen Acts wie ASGEIR, SIGUR ROS, HERMAN DÜNE, BLACK SEA DAHU oder THIS IS THE KIT auf Tour begeben hatte, aber auch als Gitarristin ihre Schweizer Kollegin CYRIELLE FORMAZ bei deren Projekt MEIMUNA unterstützte und 2023 noch das Side-Projekt „A l'ombre“ mit französischsprachigen Folk-Songs auflegte, war es nun an der Zeit, das neue Album „I Remember Something“ - wieder in Zusammenarbeit mit FINK – in einem „normalen“ Setting einzuspielen.
Hierfür zogen sich CLAIRE MOREAU, die Musiker ihrer Live-Band und FINK in ein Hausstudio im Süden Frankreichs zurück, wo die Songs dann an wenigen Tagen weitestgehend live eingespielt wurden. Eigentlich – so sagt CLAIRE MOREAU – war die Zeit für die Sessions dabei zu knapp bemessen, denn es mussten bis zu zwei Songs am Tag eingespielt werden, so dass keine Zeit für Experimente oder produktionstechnische Details blieben. Diese fügte CLAIRE MOREAU aber in der Post-Produktion hinzu, wozu sie die Aufnahmen noch einmal auf ihren Kerngedanken aufschlüsselte und entsprechend überarbeitete und/oder ergänzte.
Die zuvor genannten produktionstechnischen Limitationen führten allerdings im Endergebnis dazu, dass die Aufnahmen besonders greifbar und organisch im Raume stehen – wobei sie einräumt, dass sie den durch die Umstände erzeugten imperfekten Klang von Instrumenten eigentlich sogar sehr zu schätzen wisse. Schon alleine aus diesem Grund, aber auch weil CLAIRE MOREAU ihre akustische Gitarre nicht nur zum Schreiben ihrer Songs, sondern auch bei den Studio-Aufnahmen als Leitinstrument verwendet, klingen insbesondere die Gitarrenparts vergleichsweise rau – aber eben auch authentisch und organisch.
Dabei geht es musikalisch gar nicht darum, die Musik gewaltsam in Richtung Folk-Pop umzubiegen. Eine ungewöhnliche Struktur – die teils ohne konventionelle Songformate, Strophen und Refrains auskommt - eine auf diesem Album mit Keyboard-Sounds und Cello-Elementen angereicherte Band-Instrumentierung und Arrangements, die von der impressionistischen Klangmalerei („Have I Always Been This Way“) über tatsächlich Folkpop-orientierte Songs wie dem Opener „Help You“ oder „Transparent“ bis hin zum Rock-Drone („Mauvais voyage“) alle Facetten ermöglichen, bilden dabei das Fundament für CLAIRE MOREAUs einzigartiges Sound-Universum. Dass ihre Songs hierbei teilweise ohne echte Refrains oder erkennbare Strophen auskommen, schreibt sie ihrer intuitiven Arbeitsweise zu.
Dass es auf dem Album um Erinnerungen im weitesten Sinne geht, ist angesichts des Titels „I Remember Something“ nicht sonderlich überraschend. Die Musikerin selbst bezeichnet das Album als „unvollkommene Erinnerung an (die letzten) zwei Jahre, von der Qual zur Versöhnung“. Dabei geht es CLAIRE MOREAU nicht darum, Geschichten zu erzählen, sondern sich über ihre Musik mitzuteilen. Musik – so sagt sie – sei für sie eine Erweiterung ihrer Ausdrucksmöglichkeiten als menschliches Wesen über den bloßen Gebrauch der Sprache hinaus. Dabei entwickeln sich ihre Texte assoziativ über bestimmte Schlüsselmomente – wie z.B. die Phrase „Help You“ im Opener, über den sie dann eine Reflexion über Loyalitäten und Abhängigkeiten entwickelte - während etwa der Begriff „Transparent“ eine Geschichte über die Schwierigkeiten, Emotionen von Beziehungsgeflechten greifen zu können, lostrat. Wichtig – so CLAIRE MOREAU – ist es dabei, dass sie sich zwar von der Musik und der Muse in gewissem Sinne leiten ließe, dabei aber schon etwas zu sagen haben muss. Dass ihre Musik dabei trotz des gewissermaßen einschmeichelnden, beruhigenden Gesangs eine gewisse Dringlichkeit, Intensität und ein erkennbares emotionales Engagement ausstrahlt, hängt – wie Moreau fortführt – damit zusammen, dass sie keine Alternative dazu sehe, über ihre Musik ihre Beziehung zum Leben zum Ausdruck zu bringen.
FAZIT: Mit ihrem zweiten Album „I Remember Something“ reiht sich die französische Songwriterin CLAIRE MOREAU mit ihrem Projekt 'Claire days' in die Riege von jungen Songwriterinnen ein, die sich über ihre Weigerung, sich den klassischen Konventionen des Genres zu unterwerfen und lieber den eigenen Instinkten zu folgen, eine ganz eigene Ästhetik entwickelt haben. Wie bei ihren internationalen Kolleginnen – etwa LAURA MARLING, TAMARA LINDEMAN, PHOEBE BRIDGERS, SOPHIE JAMIESON oder CHAN MARSHALL - ist das Ergebnis dieses Prozesses auch bei CLAIRE MOREAU immer dann am überzeugendsten, wenn die o.a. Verweigerungshaltung und eine gewisse Konzession an die Zugänglichkeiten des Materials und den damit zusammenhängenden Entertainment-Faktor in Tracks wie „Help You“, „Archeology“, „Her Name Means Story“, „Transparent“ oder „Ear Contact“, in einer gelungenen Synthese zueinanderfinden.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Help You
- Archeology
- Flower-flower
- Ona fait la paix
- Her Name Means story
- Have I Always Been This Way
- Transparent
- Ear Contact
- Mauvais voyage
- From 1 to 10
- Over For Me
- Bass - Cyril Billot
- Gesang - Claire Moreau
- Gitarre - Claire Moreau, Fin Greenall, Ugo Del Rosso
- Keys - Cyril Billot, Claire Moreau
- Schlagzeug - Rémy Kaprielan
- Sonstige - Octavio Angarita (Cello)
- I Remember Something (2025) - 13/15 Punkten
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