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Janus: Gravedigger – Hybrid (Review)

Artist:

Janus

Janus: Gravedigger – Hybrid
Album:

Gravedigger – Hybrid

Medium: CD
Stil:

Kraut- und Progressive-Rock, Art Pop

Label: MIG music
Spieldauer: 79:53
Erschienen: 28.02.2025
Website: [Link]

Das zylinderbeschädelte Gerippe von JANUS ist wiederauferstanden und liegt nicht mehr 'tot' am Strand herum (ein im Jahr 1972 wirklich absolut faszinierendes Cover), sondern sitzt genau dort, nach wie vor mit weißer, an den Zylinder gesteckter Rose, und spielt eine akustische Gitarre, während es die Totengräber besingt. Genau die Totengräber, die nach uns ihre Hände ausstrecken: „Gravedigger is on his way for you“. Da sollten wir uns doch besser vorsehen, bevor uns die knochige Hand von Gevatter Tod erwischt, denn es wäre nur zu schade, wenn wir als Freunde guter progressiv-kräutriger Klangwelten nicht wenigstens dieses feine „Gravedigger“-Album in seiner abwechslungsreichen Gänze, die ziemlich schwankend erscheint, durchgehört haben.

Im Grunde darf man sich auch als Kritiker glücklich schätzen, wenn man die Original-LP dieser völlig zu Unrecht von der Öffentlichkeit recht verschmähten „Gravedigger-LP“ von JANUS, einer Band aus fünf Engländern, die sich 1970 im deutschen Krefeld gegründet hatte, um aus dem verschnarchten Old Germany den Progressive Rock in die gute weite Welt zu tragen, besitzt.


Denn „Gravedigger“ ist aus heutiger, ein halbes Jahrhundert späterer Sicht definitiv ein sehr begehrtes musikalisches Goldstück für alle Freunde progressiven Krautrocks, welches einen faszinierenden Spagat zwischen akustischem Folk und elektrifiziertem Prog meistert und dabei in der Band-Breite von RENAISSANCE und SWEET SMOKE übe MAN bis hin zu PINK FLOYD ihre Bahnen zieht. Außerdem gibt es darauf mit „Watcha Trying To Do?“ und „I Wanna Scream“ zwei echte Hardrock-Ausreißer Richtung LED ZEPPELIN und URIAH HEEP.

Nun also – 54 Jahre später – sind die von JANUS verewigten Totengräber dank ihres Gitarristen Colin Orr sowie des vorbildlichen Retro-Rock-Labels MIG music wieder als Hybrid-Version zurück und präsentieren uns mit „Gravedigger – Hybrid“ eine außer- wie ungewöhnliche musikalische Vision dieses aus heutiger Sicht unzweifelhaften Meisterwerks aus dem Jahr 1972.


Allerdings hat sich Orr nicht dafür entschieden, diese Version zu remastern (das geschah bereits 2013 in Form einer „Gravedigger“-Doppel-CD), bzw. die alten Aufnahmen mit moderner Technik aufzuhübschen, sondern das alte Album stellenweise neu eingespielt wiederaufzulegen. 54 Jahre später greift Orr also massiv in die Aufnahmen ein, was er folgendermaßen in dem von ihm verfassten Text im achtseitigen Booklet erklärt: „Ich habe die originalen analogen Tonbandaufnahmen als Grundlage genommen, einen Großteil der ursprünglichen Instrumentierung entfernt und Teile der Tracks neu aufgebaut, in einigen Fällen umgeschrieben oder ersetzt, um die rohe Essenz zu enthüllen, die wir immer beabsichtigt hatten. Diese Tracks nach 50 Jahren wieder zu spielen, war eine außergewöhnliche Erfahrung. Manchmal spielte ich Duette mit meinem jüngeren Ich. Und jetzt kommt der wirklich surreale Teil: Meine Töchter, die 18 Jahre nach dem Original-Album geboren wurden, haben diesen Stücken ihre Stimmen geliehen. Gemeinsam haben wir Jahrzehnte, Generationen und Seelen überbrückt.“


Ein wenig schade ist hierbei allerdings, dass gerade „Gravedigger“ um etwa 12 Minuten auf gut 9 Minuten gekürzt wurde. Obwohl auch die neue Hybrid-Version eine ganz besondere Aura versprüht. Auch soundtechnisch gibt es ein paar kleine Unterschiede, denn der eine oder andere hybridisierte Song klingt gegenüber den kristallklaren Neu-Aufnahmen etwas dumpfer.

Demgegenüber aber steht der sakral beginnende, knapp 18 Minuten andauernde Longtrack „Agnus Dei“ mit Mönch-ähnlichen Gesängen und immer mal wieder floydianischen Gitarren-Ausflügen, welche dann das knapp 80 Minuten andauernde Album zugleich ausgiebig auf „Old Friends“ abschließen und einen wirklich guten Eindruck in der Gegenwart hinterlassen, so tief auch JANUS wieder in ihre eigene Vergangenheit eintauchen.


„Desolation“ wiederum wartet mit sehr schönen Saxophon-Passagen auf und die aktuelle Version von „Uncle Joe“ wirkt besonders ruhig und bedrückend. Schön, dass hierbei auch der weibliche Gesang zu überzeugen weiß. Das passt bestens zu einem Antikriegs-Song, der sich nach und nach zu einer melodramatischen Hymne steigert, die unerbittlich die Diskrepanz von Arm und Reich anprangert und dass viele Demokratien sowie der Wohlstand auf dem Leid und der Armut der 3. Welt aufgebaut sind.


JANUS hat eben auch was zu sagen gehabt, selbst wenn sie sich nach dem römischen Gott allen Ursprungs sowie des Anfangs und Endes benannten, so sind ihre Texte durchaus auch gegenwärtig und sehr nahegehend – so wie beispielsweise in der bedrückenden, anklagenden Ballade „Midnight In My Soul“, bei der JANUS sogar ein paar vorsichtige Blues-Töne anschlagen, bei der sich wiederum eine gilmoursche Gitarre herausschält und ein weiteres Mal den Beweis erbringt, wie abwechslungsreich JANUS' Musik schon anno 1972 war und noch heute ist.


FAZIT: Skelettieren wir doch einfach mal das hybride Skelett-Album von JANUS, dessen Ursprung im Jahr 1972 liegt. Auch wenn damals „Gravedigger“ (ursprünglich beim Harvest-Label erschienen) nicht die Anerkennung in der prog-krautrockigen Szene erhielt, die es unbedingt verdient hätte, so wird es heute – 53 Jahre später – nicht nur von Insidern kultig verehrt. Hierfür gibt es eindeutige Gründe, denn das Album war schon damals – besonders auch des über 22 Minuten langen Titeltracks wegen – schlicht großartig und ein progressiver Meilenstein wie beispielsweise TRIUMVIRATs „Spartacus“ oder JANEs (im gleichen Jahr erschienenen) „Together“. Mit „Gravedigger – Hybrid“ dürfen wir nun knapp 80 Minuten das pure JANUS-Gefühl genießen, denn der Gitarrist Colin Orr, der auch die Linernoes zu dieser Auflage von MIG music beisteuert, wählte hierfür insgesamt 14 Stücke aus – darunter auch das fast 18-minütige sakrale „Agnus Dei II“ –, bei denen er die originalen analogen Tonbandaufnahmen zur Grundlage nahm und diese stellenweise neu ein- bzw. überspielte und völlig neue Tonspuren hinzufügte. Ein Ergebnis, das sich hören lassen kann – und nicht nur jeden, der JANUS bereits seit den Siebzigern kennt, begeistern wird, sondern auch alle progressiven Musik-Freigeister wecken sollte, die auf der Suche nach fein kräutrigem, psychedelisch angehauchten Progressive Rock mit vielen akustischen, aber auch hardrockenden Schlagseiten sind. Besser als bei JANUS kann in diesem Falle nicht die altehrwürdige Vergangenheit auf die unberechenbare Zukunft treffen!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 222x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • Gravedigger
  • Suma Manatilly
  • Bubbles
  • Red Sun
  • Watcha' Trying To Do
  • I Wanna Scream
  • I Don't Believe You
  • I'm Moving On
  • Cash Machine
  • Great Uncle Joe
  • Agnus Dei II
  • Midnight In My Soul
  • Desolation
  • Old Friends

Besetzung:

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