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Wie wär's mit etwas mehr Streitkultur in 2010?
Wir Musikredakteure haben einen schweren Stand. Wir versuchen eine Zielgruppe zu informieren und zu unterhalten, die bereits bestens informiert ist. Die meisten unserer Leser haben jahre-, oftmals jahrzehntelange Musikerfahrungen sammeln können. In bestimmten Sparten und vor allem bei ihren Lieblingsbands verfügen sie oftmals über ein beachtenswertes Detailwissen. Völlig klar, dass ihr, liebe Leser, Euch zu manchen Alben oder Bands dezidierte, fundierte Meinungen gebildet habt. Das müssen wir Redakteure nicht nur respektieren sondern einen Schritt weitergehen und unsere Bewertungen kritisch hinterfragen, womit wir bei des Pudels Kern wären...
RESPEKT ist der Kitt, der uns Musikfans vereinen sollte. Respekt vor der abweichenden Meinung - Respekt vor dem grundsätzlichen Fachwissen des Gegenübers. Womit nicht gemeint ist, dass man nicht gegenteiliger Auffassung sein dürfte. Nein, Streit ist das "Salz in der Suppe". Ohne Diskurs würden wir heute noch glauben, auf einer Scheibe zu leben, um die sich die Sonne dreht. Bei den ollen Griechen und Römern war Streit eine sorgsam gehegte Kunst. Leider ist diese mit der zunehmenden Technisierung der Gesellschaft ziemlich in Vergessenheit geraten. Seit "Streit" zunehmend im virtuellen Raum stattfindet, erscheinen mir die Sitten noch zusätzlich zu verrohen. Es ist halt immer der Ton, der die Musik macht und sehr viel einfacher, virtuell mit Frechheiten um sich zu werfen. Man riskiert ja keine handfesten Auseinandersetzungen, die man sich "Aug in Auge" sicherlich einhandeln würde.
Die Kommentarfunktion zu unseren Reviews wäre eine tolle Sache, wenn wir uns alle -und da fasse ich mich auch an die eigene Nase- ein wenig mehr in Respekt üben würden. Das heißt vor allem ZUHÖREN und VERSTEHEN, was der Andere eigentlich meint. Wenn dann noch die Argumente ohne den Vorsatz, den Anderen belehren und/oder bekehren zu wollen, ausgetauscht werden, sind wir schon ganz nah bei dem angemahnten Respekt und der Streitkultur ein ganzes Stück näher gekommen.
Besonders peinlich -und das brennt mir in diesem Zusammenhang schon seit langem unter den Nägeln- wird es, wenn sich Redakteure verschiedener Magazine in ihren Reviews gegenseitig "Inkompetenz" unterstellen. Auch hier ist nicht die Spur von Respekt zu finden! Ich persönlich unterstelle jedem Kollegen, dass er nach eingehendem Studium und Bewertung des Tonmaterials zu seinem Urteil gekommen ist. Dass er sich sein Urteil nicht "en passant" gebildet hat. Sich gegenseitig die Fachkompetenz abzuerkennen ist ein ganz schlechter Stil. Zumal der Leser an solchem "Kleinkrieg" nicht im Geringsten interessiert ist. Der Leser möchte -das unterstelle ich jetzt 'mal- informiert werden. Möchte sich an einer gegensätzlichen Meinung reiben können, denn es ist diese Reibung, die unseren Horizont erweitert.
Zudem werden -auch das muss einmal angesprochen werden- die Bedingungen für Online-Magazine immer härter. Die Wirtschaftskrise macht auch vor der Musikindustrie nicht halt und die Bemusterungen -die Grundlage für unsere Arbeit- werden spärlicher. Aber anstatt an einem Strang zu ziehen und die gemeinsamen Interessen in den Vordergrund zu stellen, setzen manche Kollegen anscheinend auf Selektion. Hier wünsche ich mir etwas mehr "Berufsethos" für 2010 und auch hier mahne ich gegenseitigen Respekt an.
In diesem Sinne wünsche ich mir für das neue Jahr lebendige Diskussionen in den Kommentaren zu unseren Reviews.