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Interview mit TRINITAS (09.09.2022)

TRINITAS

Im Schatten zahlreicher vergleichsweise bekannter Bands und anderer Projekte konnte das deutsch-schwedische Trio TRINITAS mit seiner drei Songs umfassenden Debüt-EP bislang kaum von sich reden machen, doch drei Jahre später folgt nun der Langspieleinstand "Total Heresy". Dieser haut auf Teufel-komm-raus in die Neunziger-Kerbe und weckt vor allem dank des Gitarrenspiels des für die Musik hauptverantwortlichen Vargher (Naglfar u.a.) Erinnerungen an die Blütezeit des schwedischen Black Metal. Für Sänger Azathoth (Gràb, ehemals Dark Fortress) stellt sich gar nicht erst die Frage, an dieser stilistisch konsequent rückwärtsgewandten Ausrichtung irgendetwas zu ändern…

Grüß Dich, Azathoth. Mit "Total Heresy" erscheint dieser Tage endlich das erste Langspielalbum von TRINITAS, und weckt unvermittelt Erinnerungen an eine Zeit, als solcherlei Veröffentlichungen zum Beispiel im Ablaze mit oft markigen – marcigen? – Worten gefeiert wurden und Neuerscheinungen auf Avantgarde Music noch unbedingt Neugier hervorriefen. Als Sänger wie als Mensch widmest Du Dich dieser Ära so konsequent, dass es Dir als Engstirnigkeit ausgelegt werden kann, und Du lässt ja kaum eine Gelegenheit aus, um zu betonen, dass auch TRINITAS bloß nicht in die Hände von Hörern fallen soll, die im Black Metal etwas Fortschrittliches suchen. Lass uns also mal zurückschauen: Was vermutest Du – ab welchem Alter hätte Dich ein Album wie "Total Heresy" damals wohl in seinen Bann gezogen, und wie konntest Du Dich solcher Musik zeitlich und persönlich widmen?

Wie die meisten damals habe auch ich als Jugendlicher in den Neunzigern den Black Metal für mich entdeckt. Für mich hat sich dadurch eigentlich alles geändert. Es fühlte sich an, als hätte ich immer schon nach genau dieser extremen Form von Kunst gesucht, bis dahin aber nicht gewusst, dass sie real existiert. Black Metal war in den frühen Neunzigern bis Mitte der Neunziger perfekt - in all seinen Facetten. Deswegen hat mich das bis heute nicht losgelassen und wird es auch nie. Ich habe deshalb auch nicht den Anspruch an mich selbst, den Black Metal zu revolutionieren. Wieso sollte ich etwas, das vollkommen war, unbedingt ändern wollen? Ich bin gerne engstirnig.

Zweifelsohne bewegst Du Dich bei Gràb wie bei TRINITAS in ziemlich eng gesteckten Bahnen, doch gleichzeitig kommen darin unterschiedliche Nuancen zum Tragen und gerade bei "Total Heresy" war mein erster Eindruck, dass es sich um ein vergleichsweise spontan eingespieltes Album handelt, mit einer dreckig-rockigen Attitüde, die anno dazumal auch bei Bewitched durchklang. Vargher hat die Songs anno 2021 innerhalb von nur drei Wochen komponiert – hat Dich das motiviert, ähnlich zügig und fokussiert ans Werk zu gehen, oder lagen einige Texte bereits in der Schublade?

Sowohl Gràb als auch TRINITAS haben ganz klar den Black Metal der Neunziger als Grundlage, wenngleich auch unterschiedliche Facetten davon. Bei Gràb geht es allerdings schon darum, auf dieser Grundlage ein eigenes Gebräu zu mischen. TRINITAS dagegen wurde von uns von Anfang an nur deshalb zum Leben erweckt, um dem alten Spirit zu huldigen. Die Texte habe ich erst geschrieben, nachdem Vargher die Songs fertig hatte. Recht viel länger habe ich aber für die Texte auch nicht gebraucht. Auch hier war mir wichtig, dabei nicht vom Weg abzukommen, sondern einfach nur Lyrics zu schreiben, die genauso gut Ende der Achtziger/Anfang der Neunziger Jahre hätten erscheinen können. Damals gab es noch keine selbsternannten schwarzen Priester und Schamanen, die sich in Kutten gehüllt den altehrwürdigen eloquenten Magier raushängen lassen.

Wenn ich mich recht entsinne, erhielt ich bereits 1996 ein Demo-Tape von einem bayerischen Waldschrat namens "Surtr", der sich ziemlich okkult gab, doch das ist eine andere Geschichte… In den Achtzigern faszinierte die Fernsehserie "Robin of Sherwood" mit ungewöhnlich okkulter Symbolik, einer gehörnten Waldgottheit sowie einer bemerkenswert mystischen Atmosphäre. Du hast einen Songtext verfasst, der von der Figur Morgwyn of Ravenscar inspiriert wurde, quasi einer Wölfin im Schafspelz. Es ist erstaunlich, dass auf diese Idee im Black Metal – meines Wissens nach – noch niemand gekommen ist, oder? War diese Serie für Dich auch bereits damals mehr als nur triviale "Robin-Hood-Unterhaltung"?

Die Serie ist ja mittlerweile fast 40 Jahre alt. Robin-Hood-Verfilmungen gibt es ja ohne Ende, aber die Serie "Robin of Sherwood" ragt für mich bis heute heraus. Eben wegen dieser mystischen Darstellung alter heidnischer Riten und Bräuche, dazu das Okkulte. Vor allem der Zweiteiler "Die Hunde Luzifers" hat mich in seiner Bildgewalt und vom Script her damals wie heute fasziniert. So entstand die Idee für den Text zu "Morgwyn, Burn In The Night". Wobei ich mir auch hier die künstlerische Freiheit genommen habe, die ursprüngliche Geschichte zwar ein Stück weit aufzugreifen, aber letzten Endes meine eigene Vision davon umzusetzen. Ich finde, es passt perfekt zu Black Metal vom alten Schlag. Keine Ahnung, wie viele Bands sich bislang bei Tolkien und dem "Herrn der Ringe" bedient haben, für mich war es jetzt an der Zeit für "Robin of Sherwood".

Herrschte nicht auch Morgwyn in der von Dir erwähnten Folge ein Büttel mit den Worten an "du schwitzt, du Schwein!"? Dein Gesang steht dem im Ausdruck in nichts nach, und mit TRINITAS weckst Du eher als mit Gràb Erinnerungen an Deine Darbietungen mit Dark Fortress. Wobei ich finde, dass Dir insbesondere Vargher mit seinem lässig-gehässigen Groove zahlreiche Steilpassvorlagen liefert, den Gesang so dynamisch zu gestalten. Inwiefern hat Dich auch seine Musik zu Texten inspiriert und Dich bei den Gesangsaufnahmen motiviert?

Vargher und ich kennen und schätzen uns nun schon sehr lange. Die Chemie stimmt zwischen uns und wir haben meist identische Vorstellungen, was Musik, Texte und Visualität anbelangt. Für uns war von Anfang an klar, dass wir bei TRINITAS keine Blast-Beat-Orgien wollen, sondern Blast Beats nur vereinzelt und effektiv einsetzen. Ich fand das so um 1997/98 rum eine unsägliche Entwicklung, dass sich plötzlich viele Black Metal-Bands eine Art Wettrennen lieferten. "Panzerdivision Marduk" finde ich zum Beispiel unfassbar langweilig. "Those Of The Unlight" und "Opus Nocturne" hatten das richtige Feeling, das waren und sind klasse Alben. Und da es bei TRINITAS eben um den alten Spirit geht, geht’s bei uns nicht um Geschwindigkeit, sondern um Feeling und Groove. Großen Anteil daran hat aber vor allem auch Tormentor, dessen Schlagzeugspiel perfekt zu TRINITAS passt. Er betont den Groove extrem gut, sodass ich bei den Gesangsaufnahmen bei einigen Parts direkt gemerkt habe, dass das ordentlich knallt. Und das ist meiner Erfahrung nach immer ein gutes Zeichen, wenn einen die Musik selbst direkt mitreißt.

Das alles wird begünstigt durch eine knackige Produktion, die weder flach noch zu gefällig tönt – wenigstens ein Vorteil der heutigen Zeit, dass sich so etwas auch über größere Entfernungen bewerkstelligen lässt? Du bist solcherlei Produktionen derweil wahrscheinlich gewohnt. Hättest Du trotzdem mal wieder Bock, mit einer ganzen Band ein Studio zu entern, und glaubst Du, dass sich dann noch mehr aus einer Produktion rausholen ließe, oder wäre es Dir eher lästig, wenn zu viele in die Aufnahmen "reinfunken" könnten?

Auch das hat sein Vor- und Nachteile. Praktisch ist es vor allem dann, wenn man ein Homestudio hat und zuhause komponieren und aufnehmen kann. Bei Vargher ist das der Fall. Tormentor und ich mussten schon extra ein Studio für die Aufnahme buchen. Wobei sich Tormentor wenigstens gut vorbereiten und die Songs vorab üben konnte. Ich habe keinen Proberaum und auch sonst keine Möglichkeit, die Songs vorab zu üben. Ich singe sie also zum ersten Mal bei den Aufnahmen zum Album. An manchen Stellen ist das schon erstmal ein ziemlicher Blindflug, aber auf der anderen Seite kann man da den Vorteil der Spontanität effektiv ausnutzen. Denn meiner Erfahrung nach singt man zumindest einige Passagen beim ersten Durchlauf rein nach Gefühl am besten. Je öfter man dann dazu singt, desto mehr "verkopft" man. Bei Dark Fortress ist mir das früher häufiger passiert. Da kannte ich die Songs schon in- und auswendig beim Studiotermin und kann den ein oder anderen Song zu dem Zeitpunkt vielleicht schon gar nicht mehr hören. Das Feeling bleibt dann auf der Strecke. Ich bevorzuge all meine Studioprojekte. Eine richtige Band im herkömmlichen Sinn mit wöchentlichen Proben und Konzerten wäre nichts mehr für mich.

Das wirft die Frage auf, ob Du Dir denn noch vorstellen kannst, eines Deiner bzw. Eurer Projekte mal auf die Bühne zu bringen – bei TRINITAS würde sich eine Darbietung in einer alten Kirche oder Kapelle durchaus anbieten, um "total heresy" zu beschwören, oder?

Ich kann es zwar für die Zukunft nicht komplett ausschließen, aber ich habe schon seit längerer Zeit keinen Bock mehr auf Konzerte. Davon abgesehen, wäre bei der TRINITAS-Konstellation und der damit verbundenen Entfernung ein enormer Aufwand für die Vorbereitung auf ein Konzert nötig. Man sollte da zumindest ein- bis zweimal vorab gemeinsam proben. Bei der Entfernung Bayern, NRW und Nordschweden würden allein dadurch schon hohe Kosten entstehen. Kosten, die uns bestimmt kein Konzertveranstalter bezahlen würde. Und draufzahlen, nur um live spielen zu dürfen? Darauf habe ich erst recht keinen Bock mehr.

Ich weiß gar nicht, ob irgendwann ein weiteres Acherontic Arts Fest stattfinden wird, doch TRINITAS könnte dort mit seinem Old School Groove sicher eigene Akzente setzen. Nun, warten wir es ab… Immerhin hast Du noch Bock, Musik aufzunehmen, Dich für "Deinen" Black Metal stark zu machen, und es scheint, als ob Gràb und TRINITAS noch nicht die letzten Kapitel geschrieben haben. Magst Du da schon etwas preisgeben?

Nein, dazu möchte ich noch nichts sagen.

Rund drei Wochen vor der Veröffentlichung von "Total Heresy" und 34 Jahre nach der Veröffentlichung seines Buchs "Die satanischen Verse" ist der Autor Salman Rushdie von einem Attentäter niedergestochen und lebensgefährlich verletzt worden. Ich ahne zwar, dass Dir weltliche Bezüge zum Black Metal zuwider sind, doch kannst Du nachvollziehen, warum ich "Total Heresy" nicht nur als Slogan in einer kleinen Musik-Nische erleben möchte – und kann solcher Wahnsinn zumindest giftige Texte aus Deiner Feder provozieren?

Für mich spielt es keine Rolle, welche sogenannte Weltreligion: Ich verabscheue sie alle. Im Christentum grapschen irgendwelche sexuell frustrierten Pfarrer Kinder an und im Islam machen Fundamentalisten Jagd auf Ungläubige - da soll noch jemand was von der "Krone der Schöpfung" sagen…

Thor Joakimsson (Info)
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