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Interview mit CANDESCENCE (17.05.2020)
Es ist viel Wasser den Rhein heruntergeflossen, seitdem mein Freund und Schreiber-Kollege Björn Thorsten Jaschinski den Krachbrüdern von CANDESCENCE im Rock Hard bescheinigte, dass sie "exakt das Geballer" zelebrieren, "das Melodic Death Metal eigentlich sein sollte" (April 2009). Doch während damals bereits etablierte Szene-Größen wie Night in Gales ziemlich abgetaucht waren oder Bands wie Fragments of Unbecoming unbeirrt ihr Ding durchzogen, ohne abseits der eigenen Nische überhaupt wahrgenommen zu werden, lief bei CANDESCENCE kaum noch etwas rund. Erst sechs Jahre später nahm die Band langsam wieder Fahrt auf, doch mussten Gitarrist Alex Düsterwald (ja, der heißt wirklich so) und Sänger Matthis so einige Wechsel im Line-Up hinnehmen, bis sich über die Jahre eine Formation herausschälte, die nun hoffentlich stabil bleibt und endlich gemeinsam die Segel setzen kann, um sich Richtung Norden auf den Weg zu machen. Denn dort liegen zweifelsohne die Einflüsse des Quintetts, das auf der Bühne unlängst eine richtig starke und mitreißende Performance abriss und sich für mehr als nur kleine Club-Gigs empfahl Alex jedenfalls schaut der Zukunft optimistisch entgegen, wie er uns im Gespräch verriet.
Hej Alex, was kaum einer, der Euch kennt, noch zu hoffen wagte: Ihr habt einen neuen Trommler an Bord, um hoffentlich all die positiven Entwicklungen der vergangenen Jahre in neue Songs fließen zu lassen, und mal wieder als vollständige Band anzugreifen. Oder drückst Du lieber erstmal auf die Euphoriebremse nach all den bisherigen Line-Up-Wechseln?
Naja, wie du schon sagst. Das war ja kaum abzusehen, dass das nochmal was wird mit dem Trommler. Umso glücklicher sind wir, dass der Nils von unseren Freunden Surtalog nun ein fester Bestandteil der Band ist. Seine Qualität hat er ja beim Inferno Benefiz Konzert im Valhalla schon unter Beweis gestellt. Da haben wir mal wieder gemerkt wie viel Energie ein "echter" Schlagzeuger für die gesamte Band bringt. Der Drum-PC hat nun hoffentlich ausgedient. Und mit dem anderen Alex an der Gitarre haben wir die Saitenfraktion nun ja auch schon länger stabil.
Vor rund drei Jahren habt Ihr mit "...ur Askan..." Euer Langspiel-Debüt aufgenommen, das zu einem relativ großen Teil Neueinspielungen bereits bekannter Songs enthielt. Warum habt Ihr Euch zum Beispiel entschieden, "Soulscare" zum dritten Mal auf CD zu präsentieren?
Wie du selbst schon festgestellt hast, sind die vergangenen Jahre durch ständige LineUp-Wechsel geprägt gewesen. Da haben wir es einfach nicht auf die Kette bekommen neue Songideen in festes Material zu gießen. Die "Neuen" in der Band galt es ja immer anzulernen und da ist das Songwriting leider auf der Strecke geblieben. "...ur Askan.." ist so zu sagen unser BestOf, denn nicht nur Soulscare haben wir schon mehrfach aufgenommen. Auch Rising ist ein Dauerbrenner bei all unseren bisherigen Aufnahmen.
In jüngerer Vergangenheit habt Ihr immer mal wieder Gerüchte befeuert, dass Ihr parallel zur Suche nach einem Drummer an neuen Songs arbeitet, die zudem neue Einflüsse aus dem norwegischen und finnischen Black Metal aufgreifen. Wie ist in der Hinsicht der aktuelle Stand?
In der Tat arbeiten wir gerade an neuem Material, dass wir dann hoffentlich spätestens im Herbst bei ein paar Gigs präsentieren können. Für eine Platte wird es in 2020 zwar nicht reichen, aber immerhin können wir unseren treuen Fans mal wieder was Neues zu hören geben.
Mit "Och Under Tusen Namn Jag Går" habt Ihr ja die skizzierte neue Richtung eingeschlagen. Fiel Euch das leicht, und welche Perspektiven haben sich dabei für Euch neu eröffnet?
Man entwickelt sich in seinen Hörgewonheiten ja ständig weiter. Das fließt dann auch in die eigenen Songs mit ein. Dieser "Richtungswechsel" war nicht geplant, sondern hat sich durch unsere eigenen Neuentdeckungen dann so entwickelt. Im Gegensatz zu unserem Schreihals Matthis, der eh nichts anderes als finnischen Black Metal hört, habe ich selbst erst in den letzten paar Jahren angefangen mich mehr in diese Richtung zu orientieren und mal abseits der schwedischen Death Kapellen nach Neuem zu schauen. Großartig finde ich derzeit z. B. Vredehammer oder auch Uada.
Mit Hypocrisys "Roswell 47" habt Ihr seit geraumer Weile einen viel gespielten Schwedentod-Klassiker im Live-Programm, ein anderer Cover-Song ist nicht so naheliegend, doch Abbas "Gimme! Gimme! Gimme!" kam bei den letzten beiden Gigs bei fast allen gut an. Warum habt Ihr Euch gerade für dieses Lied entschieden, und wann können wir mit CANDESCENCE-Interpretationen von Roxette oder Unleashed rechnen?
Für uns war klar, dass wir auch mal etwas ganz anderes ins Programm nehmen wollten. Neben Roswell hatten wir ja auch schon Klassiker wie Slaughter of the soul oder Episode 666 drin. Da darf man sich selbst nicht ganz so ernst nehmen. Und du hast natürlich Recht, der Song kommt bei den Konzerten immer sehr gut an. Kennt ja auch jeder. ;-) Roxette war in der Tat auch im Topf, mein Favorit "Sleeping in my car" hat sich dann aber nicht durchgesetzt. Wir lassen uns aber sicher bald mal wieder zu etwas neuem hinreißen, da darst du also gespannt sein.
Bislang seid Ihr für mich in erster Hinsicht eine Live-Band, an deren Bühnenenergie noch keine Aufnahme heranreicht, und vor allem Du kannst ja die Rampensau raushängen lassen und die Stimmung gehörig anheizen, wenn Du einmal Blut geleckt hast. Wie siehst bzw. hörst Du das als für die Aufnahmen verantwortlicher Produzent Eurer Musik: Werdet Ihr in Zukunft die Dynamik eines Gigs besser im (Heim-)Studioeinfangen können?
Eigentlich mag ich den Titel Live-Band sehr gerne. Denn darauf kommt es uns an, Live etwas zu bieten. Diese Energie auf Platte zu pressen finde ich wirklich schwierig, das schaffen meiner Meinung nach auch nicht wirklich viele Bands.
Strategisch gar nicht so ungeschickt, habt Ihr Euch die Internet- und der Fratzenbuch-Adresse "Schwedentod" für CANDESCENCE gesichert, wobei ja mittlerweile eben auch andere skandinavische Einflüsse zum Tragen kommen. Gilt "file under Swedish styled death metal" immer noch, und welche Chancen rechnet Ihr Euch damit im weiten Rund aus? Die schwedisch klingenden Night in Gales werden ja mal wieder ziemlich abgefeiert, während Fragments of Unbecoming trotz eines superben Albums weiter fast als Geheimtipp gelten ...
Ja, die Idee hatte unser Frontmann Matthis und wurde schon vielerorts abgefeiert. Das Label "swedish styled death metal" werden wir sicher niemals ablegen. Dazu gefällt uns allen der Stil einfach zu gut. Ist doch super, wenn man die Musik machen kann, die man selbst auch gerne hört. Wir hören ja immer mal wieder, dass wir da ziemlich "oldschool" unterwegs sind. Aber das ist auch gut so, denn wir wollen das Rad gar nicht neu erfinden. Ob man damit dann große Chancen hat, hat uns eigentlich nie wirklich interessiert. Da bleiben wir uns lieber treu.
Time-for-Metal-Kollegin Heike Leppkes hat erst vor kurzem neue Bandphotos von Euch geschossen, und aus eigener Erfahrung weiß ich, dass so etwas selten ohne Anekdoten über die Bühne geht. Und ich kann mir ohne Weiteres vorstellen, dass sich Matthis meit seinen ar***langen Zotteln im Unterholz verfängt, weil ihm das ja auf Bühnen auch gelingt ... Also, worüber könnt Ihr noch in ferneren Jahren lachen oder Euch gegenseitig aufziehen?
Ja, die Heike war so nett, das für uns zu übernehmen! Nachdem sie schon zweimal live wirklich sehr gute Aufnahmen von uns gemacht hat, hat unser Basser Chris sie dafür gewinnen können. Leider muss ich dich aber bezüglich lustiger Anekdoten enttäuschen, wir haben uns sehr professionell und ohne Unfälle durchs Unterholz der Erftstädter Ville geschlagen und dabei sind ein paar schöne neue Bandfotos herausgekommen. Die ersten "richtigen" seid fast zehn Jahren. Kannst Du dir das vorstellen?
So, Alex, danke für das Update und die Einblicke! Ich hoffe, ich kann schon bald wieder vor der Bühne über Deinen völlig indiskutablen Modegeschmack lästern und mich an der vollen Dröhnung erfreuen - evig är kampen mot ljuset!
Gern geschehen, mein Dirty Dancing Shirt hat ja scheinbar einen bleibenden Eindruck hinterlassen! Spätestens am 11.Septermber kannst du uns wieder im Valhalla erleben (hoffentlich... - TJ). Mal sehen, was ich mir dann für dich einfallen lasse. Du kannst mich aber auch gern bezüglich einer Modeberatung vorher nochmal ansprechen.
- Candescence - ...ur Askan... (2018)
- Candescence - Swedish Styled Disco Death Metal (2021)