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Interview mit Hercules Propaganda (21.04.2013)
Sänger Fritze macht im Gespräch deutlich, dass hinter den vermeintlichen Ulknudeln intellente Gemüter stecken ... und überhaupt: In Deutschland ist man mit Humor sowieso gleich und ungerechtfertigterweise als seichter Komödiant verschrien, dem man jegliches künstlerisches Moment abspricht, nicht wahr?
Erzählt mal, wie ihr einander gefunden habt.
Das is eine längere Geschichte. Ich kam hierher nach Jena zum Studieren, aber der Rock 'n' Roll war bereits ewiger Begleiter und krankhafte Sucht, also musste so schnell wie möglich eine Band entstehen. Da habe ich in Kneipen und an schwarzen Brettern annonciert. Geschrieben stand darauf im Wesentlichen, was für Musik einen anfixt, in welche Richtung es mit einer neuen Band gehen soll und dass man gerne Alkohol trinkt. Da haben sich natürlich viele Menschen gemeldet, aber bis sich das Line-up jetzt zu dritt mit Andi und Acki herauskristalisierte, kostete es einige Zeit, Mühen, glückliche Zufälle und unterirdische Klischee-Asi-Erlebnisse. Das Resultat war es wert, denke ich.
Hat die Verkleidung einen tieferen Sinn, oder wertet sie nur eure Show auf?
Rock 'n' Roll ist ja irgendwo auch Theater, deshalb ist die Inszenierung neben der Musik absolut elementar. Egal ob man mit einem Schlüpper auf der Bühne steht, ein bodenständiger Redneck mit Flanell-Hemd ist oder wie eine abgehalfterte Nutte herumstolziert: Die Attitüde sowie eine damit verknüpfte Botschaft sind entscheidend und müssen authentisch sein. Vielleicht könnte man uns als hedonistische, zynische Narren sehen. Wir überspitzen die Dinge und befreien uns aus einer gewissen Enge oder Agonie. Ich denke, wenn man sich selbst zu ernst nimmt, führt das selten zu guten Resultaten für die Umwelt.
Wo ist Sänger Chris geblieben?
Christian ist gleich nach unserem ersten Sänger Ben eingesprungen. Wir standen da ziemlich auf dem Schlauch und haben nicht lange überlegt, wollten Shows spielen und so weiter. Es war vielleicht etwas voreilig und hat einfach nicht funktioniert mit ihm.
Kann man Musik wie eure spielen und dabei zugleich tiefschürfende Texte schreiben, zum Beispiel gesellschaftskritische, oder muss alles auf Spaß angelegt sein?
Was heißt schon tiefschürfend? Gesellschaftskritik ist häufig überhaupt nicht tiefschürfend. Spaß wiederum schon, weil er elementar und grundlegend positiv ist, solange er nicht auf das Leid anderer ausgerichtet wird. Auch wenn man in seiner Musik Plattitüden verwendet, ist alles eine Deutungssache. Apropos Gesellschaftskritik: Wenn ich mir Doku-Soaps oder Superstar-Rumgewichse anschaue, bekomme ich ein Gefühl davon, wie marode, dekadent und sinnentleert das ist - bei gleichzeitigen Höchsteinschaltquoten. Das generiert Kritik, Aufbegehren und Aggression, also haben diese Sendungen ja auch ihren pädagogischen Wert. Unsere Grundintention ist zwangsläufig ernsthaft und kritisch, weil wir Enthusiasten sind, deren Passion am gesellschaftlichen Rand verortet werden kann.
Inwieweit wollt ihr Klischees bestätigen beziehungsweise auf die Schippe nehmen?
Als Band spielen wir mit Klischees. Wir verkörpern sie einerseits, andererseits nehmen wir sie auf die Schippe. Unsere Gesellschaft ist ja keinesfalls so liberal und weltmännisch, wie sie sich über die Politik nach außen profiliert, sondern in vielen Dingen verkrampft, zugeknöpft, oberflächlich und neurotisch. In diesem Sinn macht es Spaß, ein bisschen sexuell veruchtes Theater mit militärisch anmutender Kleidung zu zelebrieren. Das würde Alice Schwarzer ebenso abschrecken wie Udo Pastörs. Leuten, die gern hinter die Kulissen schauen, gefällt es häufiger.
Von euch gibt es auch ein offizielles Video. Wie ist es entstanden, und wie wichtig ist für euch die visuelle Inszenierung der Band?
Das Video ist mit einfachsten Mitteln bei uns im Proberaum entstanden. Wir haben ein paar Bierchen gezischt und sind ein bisschen ausgerastet. Wir hatten kein Geld für jemanden, der richtige Videos macht, also haben wir Freunde gefragt, die schneiden können. So ist es entstanden, ein schönes Trash-Video. Die visuelle Inszenierung ist schon wichtig, allerdings auch mit einer Stange Geld und einem durchdachten Konzept verbunden. Dafür fehlen uns derzeit noch die geistigen und finanziellen Ressourcen. Lasst euch überraschen, es kommt schon noch was!
Was möchtet ihr langfristig mit der Band erreichen, und was steht unmittelbar in nächster Zeit an?
Spielen spielen spielen! Man sollte vielleicht nicht allzusehr davon ausgehen, dass es einmal richtig durch die Decke geht mit der eigenen Band. Dies wäre der falsche Ansatz, weil man für sich selbst nicht mehr in Würde scheitern könnte. Allerdings sind wir gewillt, alles zu geben und keine Mühen zu scheuen. Das trägt in der Regel auch Früchte. Wir sind mit unbändiger Leidenschaft und Herzblut dabei. Nach Enttäuschungen und vielen Entbehrungen freuen wir uns natürlich ein Bein aus, wenn uns ein wenig Honig ums Maul geschmiert wird.
Gerne doch, dann vielen Dank und alles Gute für die Zukunft!