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Interview mit Beelzefuzz (27.06.2012)

Beelzefuzz

Mit nur einem Demo ließ die Maryland-Posse BEELZEFUZZ im vergangenen Jahr aufhorchen. Gegenwärtig spielt die Gruppe verstärkt live und arbeitet an einem vollständigen Album, weshalb wir bei Darin McCloskey, den man auch von Pale Divine und Falcon kennt, sowie Bandkopf Dana nach dem aktuellen Stand der Dinge fragten – und wie immer auf die Texte der bislang verfügbaren Stücke eingingen …

Ihr seid mit dem Künstlerkollektiv um Bland Hand Records verbunden; inwieweit teilt ihr dessen Auffassung vom vorbehaltlosen Weggeben ihrer Musik?

Darin: Ich finde es völlig in Ordnung, Musik gratis zu spendieren, solange die Macher damit konformgehen. Wir haben John Brenner die Erlaubnis gegeben oder besser gesagt explizit darum gebeten, unser Demo online zu stellen und frei zugänglich für jedermann zu machen. Man konnte es sich bereits auf mehreren anderen Sites ziehen, aber mit der von Bland Hand bekamen wir einen Hauptbezugspunkt und befanden uns gleichzeitig in bester Gesellschaft, denn dort tummeln sich auch andere hörenswerte Bands. Man könnte also tatsächlich von einer Künstlergilde oder so sprechen.

Wer ist Schlagzeuger Rick Jenkins, den Bland Hand noch in eurem Line-up aufführen?

Dana: Er spielte die fünf Demostücke 2011 ein. Darin trommelt schon länger bei uns und ist auch auf den zwei neuen Stücken zu hören, die wir auf Soundcloud hochgeladen haben.

Und wer steht hinter der Orgel?

Dana: Das ist in Wirklichkeit ein Gitarreneffekt. Ich bin seit je großer Fan von Deep Purple und Uriah Heep, weshalb ich solche Sounds in meine eigenen Stücke fügen wollte und letztlich diese Lösung fand.

Eure Musik fördert Einflüsse aus dem Progressive Rock zutage. Ihr arbeitet mit Gesangsharmonien und legt großen Wert auf Melodien. Inspirieren euch abgesehen von den klassischen Bands auch andere Künstler aus anderen Bereichen?

Dana: Ich würde mich als Archivar bezeichnen. Ich haue eine Menge Zeit auf den Putz, um meine Sammlungen zu pflegen – Zeitungen, Magazine, Tapes, Schallplatten und Effektpedale für Gitarre. Deshalb hänge ich bei Tag kopfüber in meiner Garage und wache nur nachts auf, um Lieder über Trauer und Verdammnis zu singen.

Man hört, ihr würdet mit starken visuellen Effekten arbeiten, wenn ihr live spielt. Das stellt für eine bodenständige Rockband nicht die Norm dar – wie kommt's?

Dana: Zu Anfang warfen wir mit einem Projektor abgefahrene Bilder an die die Wände, und jetzt schließen wir uns gerade mit CineMavericks kurz (www.cinemavericksmedia.com), um eine bessere Imageshow auszuhecken. Die Firma hat auch ein Video zu unserem Stück „Lotus Jam“ produziert.

Wie erklärt ihr euch die Fülle an Doom-orientierten Bands, die aus dem Bundesstaat Maryland stammt? Was habt ihr dort im Wasser?

Dana: Irgendetwas auf jeden Fall, auch wenn ich nicht genau weiß, worum es sich handelt. Jedenfalls hältst du den Mund ein paar Sekunden lang unter einen Hahn und fängst kurz darauf an zu sprechen wie Wino. Nein, ernsthaft: Ich habe keine Ahnung, warum das so ist, aber die Musiker hier fühlen sich gegenseitig eng verbunden, weshalb wohl einer den anderen beeinflusst. Die Szene hier ist definitiv sehr herzlich und aufeinander eingeschworen. Wir unterstützen einander, so gut es geht.

Bekommt ihr dort drüben ebenfalls mit, dass klassische Rockmusik, wie sie zur Pionierzeit gespielt wurde, wieder hoch im Kurs steht? Kennt ihr einen Grund dafür?

Dana: Ich spreche nur für mich selbst, wenn ich bekenne, dass zeitgenössisches Rockradio unhörbar ist. Alles klingt dermaßen perfekt, dass es gefühlskalt anmutet. Schalte ich dagegen einen Sender ein, der Classic Rock spielt, und seien es nur Standards wie „Love Hurts“ oder „Godzilla“, merke ich sofort, dass weit mehr Substanz in dieser Musik steckt. Gitarren und Drums klingen eindeutig nach den Menschen, die sie eingespielt haben, und auch die Sänger bestehen augenscheinlich aus Fleisch und Blut. Vom Computer generierter Wahnsinn geht diesem Zeug gänzlich ab; es zeugt von ehrlicher, harter Arbeit, die Solos und Riffs zeugen gleichermaßen von schreiberischem Talent und Fingerfertigkeit. Dieser Sound macht Spaß und beflügelt, statt als Medium für ein Produkt zu dienen wie hintergründiges Dudeln zu einem Werbefilm. Ich für meinen Teil liebe dieses traditionelle Zeug und die entsprechenden Formate. Vielen Hörern ist so etwas fremd, weshalb wir es bis zu einem gewissen Grad wiederaufleben lassen wollen – Free Bird!

Dennoch beschränkt ihr euch nicht auf bewährte akustische Gesten, sondern lasst Inhalte sprechen. „Lunar Blanco“etwa mit der Stimme eines Gefangenen, der ein Geheimnis bewahrt und sich durch eine Form von Spezialwissen auszeichnet. Handelt es sich um den stereotypen Außenseiter, den die Moderne kaltlässt?

Dana: Eine sehr gute Interpretation. Die Zeile „I took the promise to the grave“ betont den Glauben an ein hehres Ziel in einer Situation, die eigentlich zur Resignation führen sollte. Ist man aber erst für eine Sache entflammt, gestaltet es sich schwierig, davon abzulassen.

All The Feeling Returns“ spinnt diesen Faden weiter. Haltet ihr Polarisation noch für angemessen in einer Welt, die uns alle immer dichter zusammenwachsen lässt? Der fast religiöse Duktus des Textes ist bezeichnend für den Fanatismus, der jedweder Interessengemeinschaft innewohnt, seien es Subkulturen oder ganze Staaten. Worauf genau spielt ihr damit an?

Dana: Ich finde im Gegenteil, dass das Prinzip „Wir gegen die da“ heute aktueller denn je ist. Ich will nicht wie ein Verschwörunstheoretiker klingen, aber der technologische Fortschritt hat uns zwar dichter zusammenrücken lassen, macht uns aber auch leichter kontrollierbar. In den Lyrics zu „All The Feeling Returns“ wollte ich in diesem Kontext ein Gemeinschaftsgefühl heraufbeschwören. Davon abgesehen besteht das Stück aus unterschiedlichen Segmenten mit jeweils anderen musikalischen Motiven, womit es es einen Vibe versprüht wie alte Yes, Genesis oder King Crimson.

Wer oder was verhilft uns zu „Peace Of Mind“ – die Musik allein, oder etwas Tiefsinnigeres?

Dana: Dieses Stück ist einem verstorbenen Freund gewidmet. Ich wollte, dass es besonders offenherzig klingt und sich zugleich erbaulich auf jeden auswirkt, der es hört, also wie eine Motivation zu positivem Handeln. Demgemäß erhebend mutet die Akkordfolge an, obwohl wir im schleppend zähen Tempo verharren. Ich musste mir hier und dort sagen lassen, das Lied klinge zu rührselig oder sogar albern, aber man kann es nicht jedem recht machen.

Der Lotos versinnbildlicht das Unverfälschte, Reine und Saubere; bezieht ihr euch mit „Lotus Jam“ also auf eure Berufung, euch selbst als Künstler treu zu bleiben?

Dana: Der Song beruft sich thematisch auf Lord Alfred Tennysons Gedicht „The Lotos Eaters“. Es geht um einen Soldaten, der in eine Schlacht zieht, auf dem Weg allerdings auf jemanden stößt, der ihn high macht, sodass er vergisst, warum er überhaupt kämpfen will. Daraufhin widersetzt er sich seinen Landsleuten, die ihn dazu zwingen möchten, sich dem Gefecht anzuschließen.

Hardluck Melody“ ermutigt passenderweise zur Standhaftigkeit im Angesicht einer feindseligen Umwelt. Woraus schöpft ihr persönlich Kraft, um euch zu bewähren, und wer sind „the faithful“ in diesem Fall?

Dana: Mann, das wird jetzt richtig tiefgründig … Ich für meinen Teil zehre von meiner wunderbaren Familie und tollen Freunden, die mich darin bestätigen, ein mit meinen Möglichkeiten erfüllendes Leben zu führen. Natürlich habe ich auch Feinde, die mich zu gern aufgeben sähen, aber ich halte durch – allein schon um sie zu verärgern. Die Zeile „Only the faithful will survive“ verweist darauf, dass man Erfolg haben wird, solange man ehrlich zu sich selbst ist, statt die Erwartungen anderer zu erfüllen. Diese Überlebenden sind also Menschen, die für ihre Überzeugungen einstehen, selbst wenn ihnen ein rauer Wind entgegenweht.

The Soulless“ oder „the faceless enemy“, wie ihr es im Text zum gleichnamigen Stück ausdrückt, sind also die Widersacher jener ehrbaren Seelen aus dem vorigen Track?

Dana: Nein, der gesichtslose Feind bin ich selbst. Im Refrain heißt es: „The soulless reflection I see in the black water can only be me“, womit ich auszudrücken suchte, dass ich gewisse Fehler in meinem Leben nicht gestanden, sondern auf ebenjenen Feind abgewälzt habe. So etwas führt jedoch zu einem nimmer endenden Drama. Die Passage „All eyes wait for their prize above, waiting for the light to return again“ subsumiert, wie man seine Macht im Negativen verliert und Verantwortlichkeit leugnet, indem man darauf wartet, dass eine unsichtbare Kraft alles ausbügelt.

Reizt es euch, auch politische Gedanken zu äußern, vielleicht nur mit indirekten Bezügen?

Dana: Ich hätte nichts dagegen einzuwenden, aber dabei kommt es auf eine musikalisch ansprechende Umsetzung an. Sowieso kann man einige der bestehenden Songs auf unterschiedliche Weise deuten, und das gilt für gute Musik generell, mit der jeder Hörer etwas Anderes verbindet. Mich interessiert die individuelle Sichtweise der Leute von Fall zu Fall, etwa wenn ein Satz oder ein kurzes Lick, das mir nie aufgefallen ist, auf einmal maßgeblich wird, weshalb ich fortan selbst stärker darauf achte. So kommt es mitunter zu umwälzenden Neuauslegungen.

Contrition“, die Zerknirschtheit, ist ein vorwiegend religiöser Terminus. Wofür fühlt sich der Protagonist in diesem Lied schuldig, und wie gelangt er zur Läuterung?

Dana: Das Stück war das erste, was wir aufgenommen haben, und der Texte erscheint mir aus heutiger Sicht ein wenig cheesy, als sei er salopp kurz vor der Einspielung verfasst worden, aber wie dem auch sei: Es geht darum, alles hinzuschmeißen, was dir lieb und teuer ist, um dich einem Vorhaben anzudienen, hinter dem du gar nicht stehst. Am Ende hört man: „with this infinite act, we share in our sorrow“, was bedeutet, dass man vorgibt, sein Leben für Gott oder ein Land zu opfern, und auf Ruhm oder Ablass hofft, am Ende jedoch allein mit seinem Verlust und Kummer dasteht.

Wieweit plant ihr übers Debütalbum hinaus? Es soll Split-Singles geben, also habt ihr bestimmt schon ein Label oder sogar mehrere in Aussicht, was?

Dana: Wir mischen momentan zehn Stücke ab. Wie es aussieht, müssen wir für einige zusätzliche Spuren aufnehmen; zwei stehen wie gesagt schon bei Soundcloud. Was die Gemeinschaftsarbeiten angeht, haben wir schon mit einigen coolen Bands gesprochen. Eine Plattenfirma hat sich noch nicht angekündigt, aber das werden wir noch forcieren.

Hoffentlich! Bis dahin bitte hier lauschen: http://soundcloud.com/beelzefuzz/sets/beelzefuzz

Andreas Schiffmann (Info)
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