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Metalfest Loreley - Loreley, St. Goarshausen - 19.06.2014

Das Metalfest, das nun bereits seit 2012 an der Loreley stattfindet, zeichnet sich vor allem durch eine enorme Vielseitigkeit oder vielleicht sogar Gegensätzlichkeit aus, was die musikalische Programmgestaltung  und somit auch die Zielgruppe angeht. Wie auch schon in den letzten Jahren gesellen sich zu alten Helden die neuen Helden der jungen Generation, aber auch allerlei Interpreten, die man nicht überall vor die Nase gesetzt bekommt.

Zunächst muss aber leider noch eine Einschränkung gemacht werden. Leider konnte nur ein Musikreviews-Redakteur beim Festival vor Ort sein, weswegen aus rein logistischen Gründen nicht jede Band besprochen werden und auch die Second Stage nur am Rande eingebracht werden kann.

DONNERSTAG

Aufgrund von Anreise und ähnlichen Umständen ist die erste Band in diesem Bericht STEELWING. Die jungen Schweden, die bisher eine EP und zwei Full-length-Alben für sich verbuchen können, präsentieren sich einheitlich im 80er-Jahre-Look und vertonen auch genau diesen. An der einen Ecke tönt es nach JUDAS PRIEST, an der anderen nach SAXON. Innovativ geht selbstverständlich anders, aber da das Quintett seine Songs technisch einwandfrei darbietet und besonders Frontmann Riley Erickson unheimlich Spaß zu haben scheint und das auch zeigt, macht der Auftritt enorm Spaß. Und nach den Publikumsreaktionen zu urteilen, hätte der Auftritt auch durchaus noch ein bis zwei Songs länger sein dürfen.

Wie man klassischen Metal eher nicht präsentieren sollte, zeigen danach BATTLE BEAST. Zwar gibt sich die Band eindeutig Mühe, eine anständige Show auf die Beine zu stellen, aber insgesamt trieft der Auftritt zu sehr nach allen Klischees, die man sich vorstellen kann. Zu allem Überfluss tut ihnen auch der Sound diesmal keinen Gefallen, da das Keyboard gnadenlos die Gitarren übertönt. Wobei natürlich fraglich ist, inwiefern dieser Effekt nicht doch gewollt war. Auf der Habenseite steht aber wenigstens Sängerin Noora Louhimo – stimmlich wie optisch…

Wie in der Einleitung schon angedeutet wurde, treten auf dem Metalfest auch immer mal wieder ungewöhnlichere Bands auf. Das erste Beispiel hierfür sind 2014 M.O.D., die angekündigt hatten einen Teil des Sets mit S.O.D.-Songs zu füllen. Dieses Versprechen wird eingehalten. Steht die erste Hälfte des Auftritts noch klar unter dem Stern des eigenen Songmaterials, so werden im Verlauf einige Stücke der STORMTROOPERS OF DEATH ausgegraben, insbesondere vom Debütalbum “Speak English Or Die“. Textlich so politisch inkorrekt wie bei Erscheinen 1985 und von Frontasi Billy Milano (stilecht mit Jogginghose auf der Bühne) auch immer noch so dargeboten, machen zweiminütige Eruptionen wie “Fist Banging Mania“ oder “Kill Yourself“ live immer noch unheimlichen Spaß. Das merkt man auch den Teilen des Publikums an, die nicht bereits nach zwei Songs wieder das Weite suchen. “Sergeant D & The S.O.D.“ hätte es zum Schluss aber ruhig noch zu hören geben dürfen, zumal die Spielzeit ohnehin ohne erkennbaren Grund nicht voll ausgereizt wird.

Für einen ordentlichen Kontrast zum eher simplen Krach von M.O.D., gibt es danach DEATH (TO ALL). Wenn man wie der Verfasser dieser Zeilen zur jüngeren Generation gehört und daher nie die Chance hatte, die Band mit Chuck Schuldiner live zu erleben, war hier im Vorhinein durchaus ein Grund zur freudigen Erwartungshaltung gegeben. Und diese wurde belohnt. Die Setlist ist extrem ausgewogen und deckt alle Phasen der Bandgeschichte mehr oder weniger ab und technisch sind die Musiker so wie so über jeden Zweifel erhaben. Besucher, die mit dem Material nicht vertraut sind oder sich an der mangelnden Bewegung auf der Bühne stören, können der Show zwar nichts abgewinnen, aber jeder, dessen Wunsch es war, Songs wie ‘Pull The Plug‘ oder ‘Symbolic‘ noch mal live zu erleben, kommt voll auf seine Kosten. Zwischenzeitlich bekommt man außerdem noch Unterstützung durch Gastmusiker von Obscura. Wertiger Auftritt – sofern man von vornherein Begeisterung für das musikalische Werk von Chuck Schuldiner verspürte.

 

Erneut könnte der musikalische Kontrast zwischen zwei aufeinanderfolgenden Bands schwerlich größer sein: von DEATH zu SALTATIO MORTIS. Für jemanden, der von der Band vorher quasi nichts kannte, außer den Namen und die musikalische Ausrichtung wird sehr schnell klar, womit man es hier zu tun hat. Kompetent gemachter Mittelalter-Rock, teilweise mit leichter Schlagerkante in der Melodieführung, aber durchaus was für das Auge. Und das hört eben mit, sozusagen. Man kann der Truppe auch technisch nichts vorwerfen. Zudem haben sie eindeutig Erfolg, die Reaktionen im Amphitheater gehören zu den euphorischsten des gesamten Festivals. Was man von der Musik auch halten mag (der Redakteur eher wenig), das Konzept geht auf und das muss man neidlos anerkennen. Darüber hinaus haben SALTATIO MORTIS definitiv enormen Spaß auf der Bühne.

Was danach folgt, ist ein zweischneidiges Schwert. Der Hauptgrund, dass es diesen Bericht zu lesen gibt, war die Ankündigung, dass PHILIP H. ANSELMO & THE ILLEGALS zur Loreley kommen würden, um neben eigenem Material ein paar PANTERA-Songs zu performen. In der Tat legt die Band um den DOWN-Sänger mit “A New Level“ los, ein Einstieg nach Maß. Aber bereits hier ist der Kritikpunkt zu erkennen: Der Meister selbst ist nicht gut bei Stimme, krächzt mehr als dass er singt. Das ist etwas, was ihm Kritiker seit langer Zeit vorwerfen, auch wenn zumindest die Einsichtigen durch einige DOWN-Auftritte 2013 eines Besseren belehrt werden konnten. An diesem Donnerstag auf dem Metalfest ist seine Leistung allerdings der klare Schwachpunkt des Auftritts. Viele Anwesende kritisieren im Nachhinein auch die Songauswahl, kein “Cowboys From Hell“, kein “Walk“. Unter PANTERA-Die-Hard-Fans war das weniger ein Problem, schließlich gab es beispielsweise “Death Rattle“, “Primal Concrete Sledge“ und sogar eine SUPERJOINT-RITUAL-Nummer zu hören. Dazu kommt noch Phils nach wie vor unglaubliche Bühnenpräsenz, die bis heute niemand imitieren kann. Letztlich ein streitbarer Auftritt, was auch an der begrenzten Massentauglichkeit des ILLEGALS-Materials liegt. Mit einem stimmlich besser aufgelegten Anselmo hätte das ganz anders aussehen können.

So schnell kann es gehen und es ist bereits Zeit für den ersten Headliner. SABATON stehen für eine der bemerkenswertesten Erfolgsgeschichten, die der Metal in den letzten Jahren zu bieten hatte. Vor sieben Jahren noch spielte man auf dem Rock Hard Festival vormittags, inzwischen sind die Schweden Headliner auf einem Festival vergleichbarer Größe. Zumindest für den Verfasser ist der Auftritt, so wie auch die Band, etwas zweifelhaft. So sehr man den Musikern den Spaß auf der Bühne ansieht, so sehr wirkt die ganze Performance unheimlich choreographiert und durchkalkuliert. Es wäre anmaßend, der Band zu unterstellen, dass sie sich auf Erfolg getrimmt hätte, aber es fehlt ein bisschen das Chaos, die Spontaneität, ja, einfach der Rock’n’Roll bei der ganzen Geschichte und letztlich fehlt es den Songs auch etwas an Substanz. Letzteres bestätigen sogar Fans der Band, erwähnen die Gleichförmigkeit des Materials, loben aber gleichzeitig die beeindruckende Live-Show. Und die ist tatsächlich wohl das überzeugendste Argument für die Band. Verdient diese Band also einen Headlinerslot? Aufgrund ihrer Musik nicht wirklich. Aufgrund ihres Erfolgs? Zweifelsohne.

 

FREITAG

Der zweite Tag startet auf der Hauptbühne mit GLORYFUL. Die Gelsenkirchener sind sichtlich begeistert von der Möglichkeit, sich auf einer Bühne dieser Größe zu präsentieren und strahlen eine enorme Motivation aus. Was das Stageacting angeht, sieht man zwar hier und da, dass sich die Band an solche Ausmaße noch nicht gewöhnt hat, aber besonders Frontmann Johnny La Bomba gibt sich eindeutig Mühe, das Publikum zu motivieren und hat damit in den vorderen Reihen auch durchaus Erfolg. Handwerklich ist bei dem von IRON MAIDEN beeinflussten Material auch soweit im alles im grünen Bereich, sodass man von einem gelungenen Opener-Auftritt sprechen kann.

Die Ausrichtung bleibt klassisch, denn weiter geht es mit WIZARD. Trotz einer recht langen Bandhistorie hat es für einen wirklichen Durchbruch nie gereicht und der Auftritt auf dem Metalfest zeigt auch, wieso. Zwar wirkt die Truppe routiniert, aber das Songmaterial kommt leider komplett ohne Höhepunkte aus und letztlich ist die gesamte Darbietung zu unspektakulär. Das ist die Sorte Auftritt, bei der man auf Festivals das Gelände nicht verlässt, aber sicherlich auch nicht gebannt zur Bühne starrt.

Das erste wirkliche Tageshighlight folgt in Form von SCORPION CHILD. Ähneln sich die unzähligen Bands der Retrowelle auf Platte doch sehr, trennt sich live die Spreu vom Weizen. Die Texaner bedienen sich mehr bei LED ZEPPELIN als bei BLACK SABBATH, was in der Live-Situation natürlich um einiges beschwingter und mitreißender daherkommt. Der ganz große Pluspunkt der Band ist Frontmann Aryn Jonathan Black, der das trotz aufkommenden Regens verbliebene Publikum astrein unterhält und trotz seiner entrückten Tanzeinlagen einwandfrei singt.

Wesentlich weniger unterhaltsam sind danach die Schweden von BLOODBOUND. Mit ihrem melodischen Power Metal passen sie zwar ausgezeichnet zum Metalfest, leider macht das die Songs aber nicht spannender. Das Ganze klingt wie eine keyboardlastigere Kopie von HAMMERFALL und diese sind ja selbst schon alles andere als das Original. Zudem bleiben die Akteure auf der Bühne insgesamt eher blass und das nicht wirklich gute Wetter tut sein Übriges, um diverse Leute zu verscheuchen, die während SCORPION CHILD noch ausgeharrt hatten.

Wie so oft an diesem Wochenende kommt es nun zu einem radikalen Stilwechsel innerhalb von nur einer Umbaupause, denn GORGUTS stehen auf dem Programm. Mit ihrem frickeligen Progressive Death Metal sind die Kanadier einer der stilistischen Ausreißer des Wochenendes, was aber eigentlich nur dazu führt, dass sich das Amphitheater erneut nicht wirklich füllt. Das liegt aber auch daran, dass wegen der Komplexität der Kompositionen quasi keine Aktivität auf der Bühne stattfindet und es erst nach der Hälfte des Auftritts überhaupt zu Kommunikation mit dem Publikum kommt. Technisch ist das Quartett inklusive Live-Drummer zwar über jeden Zweifel erhaben, aber viele der rhythmischen Richtungswechsel wirken besonders live einfach zu wenig songdienlich, um wirklich mitzureißen.

 

 Dass man mit simplerer Musik ein Festivalpublikum deutlich leichter auf seine Seite zieht, wird daraufhin bei GRAVE DIGGER deutlich. Außerdem beweist der schier unglaubliche Ansturm zur Bühne an diesem Nachmittag, dass die Band um Chris Boltendahl deutlich zu niedrig im Billing platziert wurde. Selbst der Verfasser, der der Band schon seit längerer Zeit eher kritisch gegenüber steht, kommt nicht umhin anzuerkennen, dass man den Herren die jahrzehntelange Live-Erfahrung anmerkt. Ein guter Sänger wird Boltendahl in diesem Leben natürlich nicht mehr, aber die mit Hits gespickte Setlist trägt ihren Teil zum Gelingen bei. Die Publikumsreaktionen fallen frenetisch aus und es muss außerdem lobend erwähnt werden, dass mit “The Brave“ / “Scotland United“ der einzig richtige Einstieg gewählt wird. Im Nachhinein wird allerdings von vielen Besuchern der Sound kritisiert, der wohl in einigen Teilen des Theaters katastrophal ist, während er besonders im vorderen Teil sehr gut ausfällt.

Der Beginn des ELUVEITIE-Auftritts verzögert sich danach wegen eines Stromausfalls auf der Bühne um einige Zeit. Insgesamt steht das Gastspiel der Schweizer scheinbar unter keinem guten Stern, da auch einige Instrumente nicht rechtzeitig zur Hand waren. Glücklicherweise konnten da die Kollegen von IN EXTREMO aushelfen. Trotz all dieser Schwierigkeiten wird die Band von Fans begeistert empfangen, was natürlich nichts daran ändert, wie sehr die Band polarisiert. Weite Teile der Besucher feiern den Auftritt ab als gäbe es kein Morgen, während die Reaktionen anderer Leute irgendwo zwischen irritiert und angewidert einzuordnen sind.

Für ihren Auftritt beim Rock Hard Festival mussten MONSTER MAGNET einiges an Kritik einstecken. Zu gleichförmig und unmotiviert hätte der Auftritt gewirkt. Davon ist auf der Loreley nichts zu spüren. Bei strahlendem Sonnenschein legen ein prächtig aufgelegter Dave Wyndorf und Konsorten ein Hit-Feuerwerk sondergleichen vor und schaffen es, einen Großteil der Anwesenden sehr schnell für sich zu gewinnen. Es ist weniger gut gefüllt als bei den beiden Bands zuvor sowie den beiden noch folgenden, aber letztlich ist die Schnittmenge zwischen MONSTER-MAGNET-Fans und Metalfest-Zielpublikum wohl auch eher gering. Umso beeindruckender sind die fantastischen Reaktionen bei den abschließenden Überhits “Powertrip“ und “Space Lord“.

 

 Es ist immer wieder erstaunlich, was für eine enorme Fanbase sich POWERWOLF inzwischen aufgebaut haben. Im Prinzip spielt sich hier wieder Ähnliches ab wie bei SABATON am Tag zuvor. Die Reaktionen der Fans sind unglaublich euphorisch, die Musik so eingängig wie unspektakulär. Erneut bleibt die Vermutung, dass ein Großteil des Erfolgs auf Image und Konzept beruht und somit auch auf Kalkül. Letztendlich gibt den Saarländern aber genau dieser Erfolg wohl Recht und vielleicht ist das tatsächlich das, was die nachrückenden Jahrgänge von Metalfans zu ebenjenen macht und wonach Teile der Szene verlangen. Die Zukunft wird es zeigen.

Der Headlinerstatus von IN EXTREMO kann hingegen nur schwerlich in Frage gestellt werden. Die Berliner haben sich seit Mitte der 90er ihre eigene Nische geschaffen, sich ihren guten Ruf hart erarbeitet und stellen auch an der Loreley ihre Live-Qualitäten unter Beweis. Geboten wird eine mitreißende Show (inklusive Pyros mit allem drum und dran) verbunden mit originellem Songmaterial in Form einer Best-of-Setlist mit allen Hits der Band-Historie, eines Headliners definitiv würdig. Wenn selbst jemand, der der gebotenen Musik kaum ferner stehen könnte, sich zu gelegentlichem Mitsingen hinreißen lässt, kann das das Talent der Band nur weiter unterstreichen. Daumen hoch!

 

SAMSTAG

Der dritte und letzte Tag beginnt in diesem Bericht mit den hochgelobten BLUES PILLS. Was die Beurteilung in der Fachpresse angeht, hebt sich das schwedische Quartett ganz klar von anderen 70er- beziehungsweise Blues-Rock-Newcomern ab. Live tun sie das ebenfalls, allerdings liegt das primär am großartigen Gesang von Elin Larsson. Musikalisch fällt es der Band (bisher) schwer, eigene Akzente zu setzen, aber immerhin hat man mit der charismatischen Frontfrau ein Alleinstellungsmerkmal, was der gelegentlich auftretenden Gleichförmigkeit etwas entgegenwirkt.

Als nächstes spielen die Schwaben von BRAINSTORM auf und erneut ist die Positionierung im Billing fragwürdig. Das gilt auch für die darauf folgenden TANKARD, besonders wenn man den Slot einer Band wie STEEL PANTHER betrachtet. Aber dazu später mehr und nun zunächst zu den Mannen um Andy B. Franck. Die finden mit “Highs Without Lows“ den genau richtigen Einstieg und der bereits erwähnte Herr Franck kann sofort unter Beweis stellen, dass er in der Riege der deutschen Metalsänger nach wie vor ganz oben mitspielt. Da die letzten Alben in ihrer Gesamtheit etwas belanglos waren, tut die Band richtig daran, ein Best-of-Set zu präsentieren, in dem mit “Shiva’s Tears“ berechtigterweise noch ein weiterer Song vom besten Album “Soul Temptation“ Verwendung findet. Ein gelungener Auftritt, der gerne auch später und länger hätte stattfinden dürfen.

Weiter geht es mit einem kleinen Exkurs. Da sich auch Musikreviews-Redakteure leider nicht zerteilen können, hat sich dieser Bericht bisher ausschließlich auf die Hauptbühne konzentriert. Dennoch soll die Second Stage hier zumindest einmal Erwähnung finden. Auf ebenjener spielt parallel zu BRAINSTORM die Kölner Pagan-Formation FYRNREICH. Trotz einiger Probleme, was Technik und Sound angeht, lassen sich die Herren und die Dame den Spaß nicht nehmen und präsentieren ihre Songs motiviert und mit stimmiger Optik. Insbesondere der Sänger fungiert mit großer Bühnenpräsenz als Blickfang. Klare Empfehlung an alle Genre-Fans.

Auf der Hauptbühne geben sich anschließend TANKARD die Ehre. Die Frankfurter steigen nach “El Condor Pasa“ von SIMON & GARFUNKEL als Intro mit “Zombie Attack“ ein und haben trotz der frühen Auftrittszeit wie immer reichlich Spaß in den Backen. Zu hören gibt es einen gut ausgewählten Karrierequerschnitt, ergänzt um den Titeltrack des neusten Werks “R.I.B.“. Die Reaktionen fallen grandios aus und man muss festhalten, dass es in der deutschen Thrash-Szene kaum eine andere so überzeugende Live-Band gibt. Einziges Manko: Begrenzte Zeit hin oder her, statt “Rules For Fools“ hätte man ruhig zu “Freibier“ greifen können.

 

 

 Apropos großartige Live-Band: Eine solche sind GRAND MAGUS selbstverständlich auch. Die Schweden präsentieren eine ähnliche Songauswahl wie schon auf der Rock-Revelation-Tour mit AUDREY HORNE, allerdings in verkürzter Ausführung. Bis zum abschließenden “Hammer Of The North“, bei dem sich große Teile des Publikums zum Mitsingen anregen lassen, bleiben die grandiosen Reaktionen, wie TANKARD sie erhielten, zwar aus, aber diverse eingefleischte Fans sind absolut begeistert von ihren Favoriten. Die fehlende Bewegung auf der Bühne wird durch JBs schier unglaubliche Präsenz wettgemacht und Songs wie “Like The Oar Strikes The Water“ oder “I, The Jury“ sprechen ohnehin für sich selbst.

 

Nach zwei klaren Tageshighlights fällt die Stimmung anschließend wieder etwas ab. KATAKLYSM wirken heute musikalisch seltsam stumpf. Frontmann Maurizio ist zwar extrem motiviert, aber die brutale Hitze tut ihr Übriges um viele Besucher in schattigere Gefilde zu treiben. Nichtsdestotrotz feiern Anhänger der Kanadier sozusagen eine Privatparty zu Bandklassikern wie “As I Slither“ und “In Shadows & Dust“.

Für einen Großteil der Besucher folgt nun wieder ein absoluter Stimmungshöhepunkt. Die Rede ist von ENSIFERUM. Diese sind für die Zielgruppe des Metalfests natürlich wie gemacht und mit der richtigen Setlist sind sie für Live-Situation geradezu prädestiniert. Die Reaktionen sind erwartungsgemäß gut, während die Finnen Genreklassiker wie “Iron“ zum Besten geben, der Verfasser hält allerdings lieber gebührenden Abstand…

Schenkt man ihren Texten Glauben, so sollte man den zu STEEL PANTHER wohl auch eher halten. Wie genau eine Band mit grade mal drei unter dem aktuellen Bandnamen veröffentlichten Alben an eine solch hohe Position in der Running Order kommt, ist zwar fraglich, aber die anwesende Menschenmenge sowie deren Stimmung geben den Veranstaltern wohl Recht. Ein bisschen Skepsis ist immer noch angebracht, wenn ein Festival-Auftritt um diese Uhrzeit durch die ausgedehnten Ansagen eher zur Comedyshow verkommt, aber letztlich war das von vorneherein abzusehen. Musikalisch bedient man sich bei allen (Pop-)Hardrock- und Poserbands der 80er von DEF LEPPARD bis MÖTLEY CRÜE, und textlich veralbert man auch genau diese Szene. Unterhaltsam zwar, aber das wäre es mittags wohl auch gewesen. Grenzwertig.

 Geteilte Reaktionen rufen anschließend auch BLACK LABEL SOCIETY hervor. Für einen Co-Headliner ist es ungewöhnlich leer, was zu Beginn allerdings vor allem am parallel stattfindenden Deutschlandspiel liegen dürfte. Während in den ersten Reihen bereits beim ersten Stück “My Dying Time“ vom neuen Album “Catacombs Of The Black Vatican“ alle Dämme brechen, ist in den oberen Bereichen des Amphitheaters eher zurückhaltendes Interesse oder gar Langeweile angesagt. Musikalisch passt die Band von Zakk Wylde zwar eh nur begrenzt zum Festival, aber das Ausbleiben jeglicher  Ansagen während des gesamten Gigs macht das Gesamtbild definitiv nicht besser. Was die Musik angeht, war der Auftritt letztlich zwar gutklassig, aber so arrogant und völlig vom Publikum distanziert wie Mr. Wylde wirkte an diesem Wochenende wirklich sonst kein Musiker.

 

 

Wie schnell die Zeit vergeht, wenn man sich amüsiert. Und so ist letztere bereits reif für die letzte Band des diesjährigen Metalfests, nämlich KREATOR. Die Ruhrpott-Thrasher legen wenig überraschend mit “Phantom Antichrist“ los und von da an geht es Schlag auf Schlag. Die Setlist lässt keine Wünsche offen und spielerisch zählen KREATOR sowieso spätestens seit dem Einstieg von Sami Yli-Sirniö zu den technisch besten Thrash-Metal-Bands überhaupt. Der einzige Vorwurf, den man dem Headliner machen könnte, ist, dass der Auftritt eine Spur zu routiniert wirkt, aber da handelt es sich wirklich nur um Nuancen. Gut, bleiben noch Milles Ansagen, aber die gehören nun mal dazu und sind bis zu einem gewissen Grad Kult. Und jetzt alle: It’s time to raise the flag of…?

 

 

Schlussendlich sollten noch ein paar Dinge bezüglich der allgemeinen Organisation festgehalten werden. Zunächst das Positive: Obwohl das Gelände von vorneherein nicht unbedingt dafür konstruiert ist, haben direkt Betroffene ausdrücklich darauf hingewiesen wie hochgradig behindertenfreundlich sowohl die Location im Allgemeinen als auch das Festival im Speziellen seien – scheinbar etwas, wovon sich andere Großveranstaltungen durchaus noch etwas abschauen könnten.

Allerdings gibt es leider auch Negatives anzumerken und dabei geht es vorrangig um die Second Stage. “Pay to play“ ist heutzutage leider bei vielen Veranstaltern die Devise und so auch hier. So sauer das Konzept generell vielen Leuten bereits aufstoßen mag, ist es leider inzwischen allgegenwärtig. Umso sympathischer ist es, wenn sich größere Bands und Veranstaltungsfirmen dagegen aussprechen. Im vorliegenden Fall war aus erster Hand zu erfahren, dass eine Band für einen Slot auf der Zweitbühne mindestens fünfzehn Tickets abzunehmen hatte – und dieses Kontingent natürlich auch irgendwie wieder loswerden musste. Was zunächst nach einer kleinen Zahl klingt, beläuft sich letztlich auf etwa 1500€, ein Betrag, den eine aufstrebende Band nicht mal eben aus dem Hut zaubert. So weit, so unschön. Zum wirklichen Ärgernis wird das Ganze aber, wenn man sich anschaut, womit die Bands als Verpflegung abgespeist wurden: pro Person gab es einen Essens- und einen Getränkebon. Erneut: Diese Informationen wurden von mehreren der auftretenden Bands so kommuniziert und sind zweifelsohne kein Einzelfall.

Es ist verständlich, dass auch die Veranstalter auf ihre Kosten kommen müssen, aber für die Newcomerbands war dies eher ein Verlustgeschäft. Aufstrebenden Bands eine Chance zu geben, ist ein unterstützenswertes und erstrebenswertes Vorhaben, im Falle des diesjährigen Metalfests ergibt sich aber eher der Eindruck, dass die Second Stage und das Fördern von jungen Musikern als Prestigeobjekt genutzt wurde. Es ist zu hoffen, dass das Konzept, sofern es bestehen bleibt, in den nächsten Jahren fairer für die Beteiligten gestaltet wird.

Lukas Heylmann (Info)