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Progression Tour 2012 - Köln, Live Music Hall - 21.03.2012
Unter dem Banner Progression Tour sind im März 2012 verschiedene Bandpackages für drei Wochen in Europa unterwegs. Auf dem Festland sind dies HEAVEN SHALL BURN, UNEARTH, NEAERA und SUFFOKATE, letztere als Ersatz für RISE TO REMAIN, die Band um den Dickinson-Spößling Austin war nur im Vereinigten Königreich mit von der Partie. Der Gig in Köln ist der erste auf dem Deutschland-Abschnitt und lockt jede Menge Leute in die ausverkaufte Live Music Hall, letzten Endes dürften sich gut 1.500 Zuschauer eingefunden haben, die den Laden zum Kochen bringen.
Der gemeine Metaller mit langen Haaren und Kutte ist angesichts der Bandzusammenstellung heute deutlich in der Unterzahl, das klassische Metalcore-Publikum, darunter jede Menge junger Damen hat heute die Oberhand. Da an diesem Tag in Nordrhein-Westfalen der öffentliche Dienst zum Streik aufgerufen hat und zu alledem auch noch eine Fliegerbombe am Duisburger Hauptbahnhof entschärft werden muss, verzögert sich die Ankunft an der Live Music Hall, so dass von der lokalen Vorband, die den Abend eröffnen darf, nur noch der letzte Song gehört wird. Wie sich später heraus stellt, hat man FOR ALL THIS BLOODSHED verpasst, angesichts der Tatsache, dass die Halle aber jetzt schon gut gefüllt ist und deutlich mehr als nur Höflichkeitsapplaus zu hören ist, haben die Kölner mit ihrer Sängerin Rage wohl einen guten Einheizerjob hingelegt.
Danach steht ein Monster auf der Bühne. Denn mit seinen riesigen Flesh Tunnels, die locker einen Durchmesser von zehn Zentimetern haben, sieht SUFFOKATE-Frontmann Ricky Hoover wirklich respekteinflößend aus. Natürlich ist der Knabe auch noch schwerstens tätowiert, verbiegt und verrenkt seinen Körper auf der Bühne und legt eine Mimik an den Tag, die an Phil Anselmo erinnert. Dagegen sehen seine Mitmusiker wirklich wie brave Schulbuben aus, auch wenn die zumindest versuchen, im Hintergrund für Bewegung zu sorgen. Die Band aus Oakland zockt typisch amerikanischen Deathcore, der vor allem von den ebenfalls beeindruckenden Vocals von Ricky lebt. Ansonsten gibt es die üblichen Zutaten zu hören, fette Riffs, massive Breakdowns und satte Grooves, die das Publikum zu den ersten kleineren Circle Pits animieren. Da auch der Applaus laut zu vernehmen ist, haben SUFFOKATE offensichtlich alles richtig gemacht.
NEAERA aus Münster legen dann aber nochmals ordentlich einen drauf. Vor allem Frontmann Benny Hilleke entpuppt sich als High-Energy-Bündel und als Rampensau vor dem Herrn. Schon nach zwei Songs springt er über den Fotograben ins Publikum, um sich wieder nach vorne tragen zu lassen und wiederholt das Ganze auch noch ein paar Mal. Ansonsten springt er wie besessen auf der Bühne herum, wenn er nicht gerade ins Mikrofon brüllt, peitscht das Publikum an und fordert sowohl einen Circle Pit, als auch das Crowdsurfen ein. Klar, dass die Leute sich nicht zweimal bitten lassen und so hat die Security bald alle Hände voll zu tun. Angesichts der Tatsache, dass das letzte Album "Forging The Eclipse" schon bald zwei Jahre alt ist, gibt es in der Setlist einen Überblick über alle fünf Alben der Münsteraner geboten, die heute Abend von einem Aushilfsgitarristen namens Tristan unterstützt werden. Ebenso hyperaktiv wie Benny sind auch die andern drei Jungs auf der Bühne unterwegs, so dass man wirklich von einem mitreißenden Gig sprechen muss, der die Messlatte für die beiden noch folgenden Bands verdammt hoch legt. Ein paar Minuten mehr Spielzeit hätten NEAERA mit solch einer starken Vorstellung auf jeden Fall verdient gehabt.
Es kommt, wie es fast schon kommen muss. Nach dieser Demonstration einer geilen Liveband hat es die metallischste Band des Abends deutlich schwerer. UNEARTH aus Massachusetts steigen mit drei Songs ihres aktuellen Albums "Darkness In The Light" in ihren Set ein und sehen sich mit einem Publikum konfrontiert, das zwar immer noch gut aufgelegt ist, angesichts der Affenhitze in der Live Music Hall aber auch ein paar Reserven für den Headliner aufspart. Im musikalischen Vergleich klingen die Amerikaner mit ihren Göteborg-Gitarren-Melodien deutlich europäischer und weniger core-ig, als alle anderen Bands und auch optisch gibt es mehr lange Haare zu sehen. Während Sänger Trevor Phipps vor allem mit Dicke-Hose-Posing auffällt, springt Acht-Saiten-Gitarrero Buz McGrath auch mal wie ein Flummi über die Bühne. Schade, dass im Soundbrei die Gitarrenharmonien bei weitem nicht so gut zur Geltung kommen, wie auf Platte und auch das Gebrüll von Phipps gewinnt sicher keine Originalitätspreise. Dennoch ein ordentlicher, wenn auch nicht überragender Auftritt, der von "My Will Be Done" und natürlich "Zombie Autopilot" gekrönt wird.
Und dann ist endlich die Endzeit angebrochen. HEAVEN SHALL BURN entern unter tosendem Applaus die Bühne zu den Klängen des Intros, um danach mit "The Omen" direkt in die Vollen zu gehen. Während die Lichtshow bei den anderen Bands eher spärlich gehalten war, gibt es beim Headliner nun auch endlich die optische Vollbedienung mit jeder Menge cool anzuschauender senkrechter Leuchtelemente, im Hintergrund prangt groß das "Invictus"-Cover auf dem Banner. Doch sich die Show in Ruhe angucken ist bei HEAVEN SHALL BURN nicht möglich, zu intensiv, zu energisch, zu brachial, zu schweißtreibend ist das, was die Band auf der Bühne abzieht. Im direkten Vergleich mit Benny Hilleke sind die Anpeitscher-Qualitäten von Marcus Bischoff jedoch deutlich geringer, seine Ansagen wirken viel braver und zahmer und auch sein Stageacting ist nicht ganz so extrovertiert, so dass die Musik hier das Kommando übernimmt. Dass der komplette vordere Bereich seinem Aufruf zur Wall Of Death folgt, ist aber selbstverständlich.
In der Setlist von HEAVEN SHALL BURN gibt es an diesem Abend so manche Überraschung. Das allseits beliebte EDGE-OF-SANITY-Cover "Black Tears" an vierter Stelle kommt unerwartet, aber geil. Dazwischen erklangen "Counterweight" und "Combat". Mit "Sevastopol" folgt zunächst ein weiterer Song von "Invictus", bevor die Band ihren größten Hit, nämlich das furiose "Endzeit" anstimmt und ein beeindruckend lauter Chor die markanten Zeilen "Nothing, just nothing, nothing will wipe this heart out. We are, we are the, we are the final resistance" mitbrüllt. Immer wieder ein geiler Song. Mit "Behind A Wall Of Silence" und "Whatever It May Take" reist man zehn Jahre zurück ins Jahr 2002 und so langsam machen sich im Publikum deutliche Erschöpfungserscheinungen breit. Kein Wunder, wenn man selbst dann ins Schwitzen kommt, wenn man einfach nur an seinem Platz steht - oder das versucht, denn die Masse ist permanent in Bewegung. Dass statt dem mitgröl-kompatiblen "I Am, I Was, I Shall Be" "The Lie You Bleed For" angestimmt wird, kann man enttäuschend finden, muss man aber nicht, das ist nämlich meckern auf hohem Niveau. Wie auch beim fulminanten Wacken-Auftritt, werden die Herren bei "Return To Sanity" aufgefordert, ihre Damen in die Höhe zu werfen und nach vorne tragen zu lassen. Die Security dürfte jedoch heilfroh gewesen sein, dass dieses Mal keine Welle von hunderten von Mädels über sie hereinbricht. Nach "Tresspassing" verlässt die Band die Bühne, wird aber selbstredend zu einer Zugabe zurückgebrüllt und spätestens nach "Voice Of The Voiceless" und "The Weapon They Fear" weiß man wieder, warum HEAVEN SHALL BURN nicht nur eine tolle Liveband, sondern auch die beste Metalcore-Band aus unseren Landen sind.