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Riverside / Lazuli - Kulturzentrum Mainz - 15.12.2008
Konzerte von RIVERSIDE versprechen emotional mitreißende Songs, filigrane Beherrschung der Instrumente und lange Tracks. „Second Life Syndrome“ oder „Parasomnia“ sind nur zwei Beispiele. Und genau hier haben es Mariusz Duda (Bass, Gesang), Michal Lapaj (Keyboard), Piotr Grudzinski (Gitarre) und Piotr Kozieradzki (Schlagzeug) mal wieder geschafft uns zu überraschen.
Die oben genannten Songs haben wir nämlich am Montag auf der „Reality Dream“-Tour auf der einen Seite vermisst, auf der anderen aber auch nicht.
Das Duo aus LAZULI und RIVERSIDE passt einfach. LAZULI dürften mit ihrer atemberaubenden Präsentation ihres zweiten Albums „En avant doute…“ auch diejenigen überzeugt haben, die sie vorher nicht kannten. Live sind die sechs Franzosen schlichtweg eine Sensation. Songs wie „Laisse courir“, „Le repas de l’ogre“ oder „Cassiopée“ sind unglaublich stimmungsvoll und wesentlich druckvoller und beklemmender als auf dem Album. LAZULI schaffen etwas Ungewöhnliches: sie kreieren einen eigenen Stil. Natürlich erinnert das Ganze teilweise an KING CRIMSON, strotzt vor Ange-Theatralik und französischen Folk- und Chansonanleihen. Doch irgendwie erwehrt sich dieser einzigartige Klangkosmos aus Gitarren, Warr-Sticks, Léode, Vibraphons, Percussions und Metallophon jeglicher Einordnung. Keyboards braucht die Band dank der Léode, einem selbstentworfenen Instrument, das unentwegt verzerrte Kreisch-, Jaul- und Sägetone erzeugt, nicht. Rhythmische Basis der düster angehauchten Stücke sind aber die Percussions und Marimbas, die das perfekte Gegenstück zu Dominique Leonettis hohem Gesang darstellen. Die blutroten Lichter vor blauem Hintergrundlicht auf dem Gesicht Leonettis bei „Le repas de l’ogre“ führen in Verbindung mit seinem furchteinflößenden Gesang dazu, dass man das Gefühl hat, der betitelte Menschenfresser würde leibhaftig vor dem Zuschauer stehen. In diesen knapp 60 Minuten ziehen LAZULI alle Register, die die Klangwelten von „En avant doute…“ bieten. Das begeisterte Gemurmel im Publikum ist Beleg genug.
RIVERSIDEs zweistündige Reise durch die „Reality Dream“-Trilogie beginnt mit dem abgedrehten Frickel-Instrumental, „Reality Dream III“. Das mag bei Kenntnis der Alben und Liveauftritte der Band nichts Außergewöhnliches sein. Insofern interessant ist aber, dass Instrumentals gerade an diesem Abend einen größeren Anteil einnahmen als bei vorherigen Konzerten der Band. Die hypnotischen Bassläufe von Duda, die elegischen Gitarrensoli von Grudzinski, die an PINK FLOYD erinnern, aber trotzdem eigenständig sind und die wunderbaren Keyboardklänge von Lapaj verzaubern von Beginn an das Gemüt. Leider ist das KUZ fast schon zu groß für die etwa 350 Zuhörer. Dadurch geht leider etwas von der magischen Atmosphäre der vier Polen verloren. Ein Problem, das auch Duda erkannt hat, der sehr gerne wieder in kleineren Clubs spielen würde und sich gut vorstellen kann, eine solche Tour in Zukunft zu machen. „Bei diesen größeren Konzerten geht manchmal ein wenig von der spezifischen Atmosphäre unserer Songs verloren“. Dennoch sind die düsteren Artrockstücke mit Progressive Metal-Anleihen auch in diesem Rahmen grandios.
Wie man es von RIVERSIDE kennt, wird auf der Stage nicht viel geredet. Mit „Volte-face“ zeigen Riverside ihr druckvolles Gesicht. Gitarrenriffs wie Blitze, ein Drumgewitter, das den Boden vibrieren lässt, düstere Keyboard- und Bassläufe und dazu der intensive Gesang von Duda. Ein geflüstertes „Voices in my head“ leitet über zum Titelsong des ersten Albums „Out of myself“, das sowohl Dudas Stimmvielfalt, mal herzzerreißend und mal growlartige Schreie, wie auch die innere Zerrissenheit des Protagonisten der Trilogie widerspiegelt. „I turned you down“ bietet wieder einmal die fast flehentlich wimmernden Gitarrensoli, bevor „Acronym love“ das ganze mit tragenden Keyboards und wunderschönem warmen Gesang garniert. „Back to the river“ erinnert alle PINK FLOYD-Fans an die schönen Stunden, die sie mit „Shine on you crazy diamond“ hatten. „Dance with the shadow“ beginnt wie ein Vulkanausbruch und ist neben dem Titelsong das Highlight von „Second life syndrome“. Eine düstere elfminütige Achterbahnfahrt. Den Abschluss des regulären Programms bildet das psychedelisch-spacige „Rapid eye movement“.
Die erste Zugabe stellen „02 panic room“ und „Ultimate trip“ dar. „Ultimate trip“ ist eine Reminiszenz an die vorherigen knapp dreieinhalb Stunden der Trilogie, die sämtliche Gefühlsregungen des Protagonisten wiedergibt. Den endgültigen und absolut würdigen Abschluss stellt aber das geniale „The curtain falls“ dar. Noch mal tolle Gitarrensoli, hypnotische Bassläufe, träumerische Keyboardflächen bevor der Vorhang sprichwörtlich fällt und die Band die introvertierte Welt der Träume verlässt.
Wer das Glück hatte sich eine der auf 1000 Exemplare limierten Auflage der Live-CD zu sichern, kriegt einen ungefähren Eindruck, was einen auf der DVD erwarten darf. Dieser etwas ungewöhnliche Auftritt wird die Vorfreude des Publikums indes sicherlich nicht geschmälert haben. Wem allerdings die eingangs genannten Songs fehlten, sei getröstet, sie werden auf der DVD nicht fehlen.
Setlist:
Reality Dream III
Volte-face
Out of myself
Rainbow box
I turned you down
Reality Dream II
Acronym love
Beyond the eyelids
Lucid dream IV
Back to the river
Conceiving you
Dance with the shadow
Before
Rapid eye movement
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Ultimate trip
02 panic room
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The curtain falls
Das Review wurde freundlicherweise von unseren Gast-Rezensenten Raoul Schneider zur Verfügung gestellt.