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Beardfish: Sleeping In Traffic: Part Two (Review)
Artist: | Beardfish |
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Album: | Sleeping In Traffic: Part Two |
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Medium: | CD | |
Stil: | Progressiver Rock voller Überraschungen |
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Label: | InsideOut | |
Spieldauer: | 74:25 | |
Erschienen: | 16.05.2008 | |
Website: | [Link] |
Nachdem ich den ersten Teil von „Sleeping In Traffic“ dieser jungen schwedischen Band, die progressive Dinosaurier locker wieder zum Leben erweckt, besprechen durfte, äußerte ich zugleich Bedenken, dass bei der heutigen Vermarktungsstrategie von Musik durchaus Zweifel angebracht sind, ob es jemals zu einem zweiten Teil kommen wird. Wenn eine Band so konsequent bartfischelnd gegen den gleichströmigen Musikmüll unserer Gegenwart anschwimmt und den akustisch aufgedunsenen, mainstreamigen toten Fischen ausweichen muss, ist irgendwann zu befürchten, dass diese Bemühungen so anstrengend und selbstzerstörerisch sind, dass man sich irgendwann doch nur mit der Strömung treiben lässt oder ermattet, aber dann zumindest mit gutem Gewissen, untergeht. Beides trifft zum Glück für uns Musikhörer, die sich beim andächtigen Lauschen solch ausgefallener Musik ähnlich fühlen, nicht für BEARDFISH zu und beschert uns „Sleeping In Traffic: Part Two“.
Umrahmt von einem instrumentalen Sonnenunter- und Sonnenaufgang, was dem Hörer wohl zugleich die eher düsteren als sonnigen Seiten der Musik verheißt, eröffnet sich eine musikalische Gute-Nacht-Geschichte, die alles Andere als ein Albtraum ist. Außerdem wird einem nach dem ersten Erwachen aus dieser Traumlandschaft klar, warum dieses Album der zweite Teil des Sleeping-In-Traffic-Duos ist – denn Teil eins begann mit einem Sonnenaufgang, der im Sonnenuntergang des „ewig gleichen alten Liedes“ sein Ende fand. Zusätzlich wird dieser Eindruck noch durch die deutlich differenzierende Covergestaltung unterstützt, die Teil 1 in bunten, hellen Farben darstellt, während Teil 2 bräunlich düster daherkommt.
Nun ist sie also komplett, die vertonte Lebens-Geschichte eines (fiktiven oder realen?) Menschen, die im ersten Teil seine Erlebnisse während der Tageszeit und in diesem, dem zweiten Teil, seine Erfahrungen während der Nachtzeit darstellen. Dabei werden Realität und Fiktion in den Texten fließend miteinander verbunden und in der abschließenden 35minutigen Suite in Form eines Traums beendet.
Der kreative Kopf hinter dieser schlafwandlerischen Musikalität ist Sänger und Keyboarder RIKARD SJÖBLOM, der die Ausrichtung seiner Musik eindeutig definiert: „Unser Ziel ist die bestmögliche Musik, die wir mit unserem Wissen und den Ressourcen unserer Hände machen können.“ Und wenn man „Sleeping In Traffic: Part Two“ hört, kommt man zur Erkenntnis, dass demnach hier eine unglaublich intelligente und handwerklich außerordentlich versierte Band zuwerke geht!
Geistiger Vater der Schweden scheint dabei offensichtlich FRANK ZAPPA zu sein, aber nicht etwa, weil die Bartfische genau wie er zu klingen versuchen, sondern dessen Ideenvielfalt in ihre Musik einfließen lassen. Das beste Beispiel dafür ist mein persönlicher Titel-Favorit, ein Aspirant auf den „verrückt-schönsten-ereignisreichsten-Titel-des-Jahres-2008“: South Of The Border. Genau was „Bobby Brown“ für ZAPPA war ist dieser knapp 8minutige Song für BEARDFISH. Eine ähnliche Geschichte wie die des notgeilen Bobbys wird erzählt, aber nicht nur in süchtig machenden Melodien, sondern in ständig wechselnden Stilen, so dass man nicht nur ZAPPA heraushört, sondern genauso auch DEEP PURPLE oder KING CRIMSON oder COMEDY oder einfach TRALALA. Ich weiß nicht, wie oft ich mir „South Of The Border“ nun angehört habe (Vielleicht 30 Mal?), aber mich haut dieses Kunstwerk absolut vom Hocker, so als würde man ein Bild von BOSCH betrachten und auch nach zweistündigem intensiven Schauens immer wieder neu Facetten oder versteckte Details entdecken. Traumhaft eben – und garantiert nichts für Schlafmützen!
Zum Glück folgt dann mit „Cashflow“ erstmal ein Instrumentaltitel, der mit seinen eigenartigen Keyboard- und Gitarren-Eskapaden im Stile von Jahrmarktsmusik, die man sich gut bei einer verrückten Karussellfahrt vorstellen könnte, etwas mehr Ausgeglichenheit vermittelt. Doch Vorsicht, schon der nächste Song lässt, wie auch ansatzweise „The Hunter“ und „Sleeping In Traffic“, eine Italo-Prog-Atmosphäre aufkommen, die nach 3 Minuten 30 plötzlich nach GRYPHON (Vielleicht kennt ja noch jemand diese außergewöhnliche britische 70er-Jahre-Band, die progressiv-mittelalterlichen Rock mit traditionellen Folk-Elementen verband!) klingt, um dann wie ein Frühwerk von YES auszuklingen.
Eine schubladenartige Zuordnung solch musikalischer Lautmalereien ist gänzlich unmöglich und wird durch SJÖBLOM selbst auf den Punkt gebracht: „Unsere Musik ist vermutlich eine Mischung unterschiedlicher Stile, wir spielen jedoch nichts, was keinen Spaß macht. Grundsätzlich sind wir eine Rockband mit Tendenzen zum Theatralischen [...] Unser Haupteinfluss ist unsere Liebe zur Musik, zu jeder Art von Musik.“
Darum ein herzliches Willkommen im (Traum-)Theater der leidenschaftlichen Musik samt spannender Texte und progressiver Konzepte, die pointiert dem Zuhörer das eine um das andere Mal Szenenapplaus entlocken – denn wer hier nicht überrascht oder begeistert ist, sollte sich einfach wieder der Eigenschaft hingeben, die zu unserer geistigen Verblödung so wichtig ist: der Oberflächlichkeit!
FAZIT: Kein Geringerer als der Traum-Theater-Guru MIKE PORTNOY äußert sich zu BEARDFISH mit folgenden Worten: „Schwedens BEARDFISH sind meine ‚neue’ Lieblingsband, die ‚alte’ Musik spielen. Ihr klassischer Stil und der Klang ihrer Musik erinnern an die progressiven Rock-Originale der 70er-Jahre (Mellotron, Hammond, Leslies, klassische Gitarre, trocken-organisches Schlagzeugspiel usw.), diese Jungs kreieren genau die Musik, welche heutzutage so schmerzhaft von den Bands, die in den Siebzigern solche Musik schufen, vermisst wird. Hört euch nur die beiden Teile von ‚Sleeping In Traffic’ an und ich schwöre euch, das Jahr 1973 ist zurück!“ Dem gibt es wirklich nichts hinzuzufügen!
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- As The Sun Sets
- Into The Night
- The Hunter
- South Of The Border
- Cashflow
- a) The Downward Spiral / b) Chimay
- Sleeping In Traffic
- Sunrise Again
- Bass - Robert Hansen
- Gesang - Rikard Sjöblom
- Gitarre - David Zackrisson
- Keys - Rikard Sjöblom
- Schlagzeug - Magnus Östgren
- Sleeping In Traffic: Part One (2007) - 12/15 Punkten
- Sleeping In Traffic: Part Two (2008) - 13/15 Punkten
- Destined Solitaire (2009) - 9/15 Punkten
- Mammoth (2011) - 11/15 Punkten
- The Void (2012) - 12/15 Punkten
- +4626-Comfortzone (2015) - 10/15 Punkten
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keine Interviews
Kommentare | |
Chris [musikreviews.de]
gepostet am: 09.01.2010 User-Wertung: 15 Punkte |
Diese Band ist ein Traum. In den letzten vielen Jahren hat mich ernsthaft KEINE Progband dermaßen umgehauen wie die bärtigen Fische. Bedingungsloser kann man Liebe zur Musik gar nicht demonstrieren. Allesamt 14,5-Punkte-Alben. Und ab ,5 rundet man bekanntlich auf... ;) |