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End Time Channel: Vern [The Jungle Planet] (Review)
Artist: | End Time Channel |
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Album: | Vern [The Jungle Planet] |
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Medium: | CD | |
Stil: | Experimental |
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Label: | Selbstrelease | |
Spieldauer: | 38:42 | |
Erschienen: | 01.02.2010 | |
Website: | [Link] |
Beinahe fühlt man sich inzwischen wie die Jump 'n Run-Helden "Ratchet & Clank", wenn man bei END TIME CHANNEL von Planet zu Planet hüpft und immer wieder neue Atmosphären erkunden darf. Dahingehend schürt das jüngste Album Udo Fischers große Erwartungen: "Vern – The Jungle Planet" riecht nach Wald und Leben, nach Fressen und Gefressenwerden, nach Wildnis, Grün und Ursprung. In der Tracklist liest man von Lianen, wundersamen Orten wie einer "Stadt der Katzen" (ob womöglich die "Thundercats" auf Vern leben?) und erkennt Bibelanspielungen. Wenn es irgendwie machbar wäre, würde man am liebsten glatt mal James Cameron anrufen und fragen, ob nicht Interesse an einer "Vern"-Verfilmung bestünde – in 3D natürlich.
Aus dieser Perspektive heraus enttäuscht "Vern" ein wenig, denn die markante Charakteristik, ja der Eigengeruch eines Dschungelalbums, wie man ihn dank des Einsatzes von Soundscapes und sonstiger Geräuschkulisse erwarten würde, ist kaum vorhanden. Einzig Gast Bijan Lor-Zade, der einer exotischen Kreatur von Vern mit einem Eintopf aus verschiedenen persischen Dialekten außerirdisches Leben einhaucht, sowie das knallendbunte Cover aus der Feder von Rea Severain beglücken den Planeten mit einem besonderen Charakter. "Shanghai Pulse" bleibt diesbezüglich mit dezenten Einflüssen aus dem Asiatischen der musikalische Sieger; "Vern" ist zunächst einmal "nur" ein weiterer ETC-Output.
Allerdings vermeidet Udo Fischer damit auch Klischees. Würde man einen Behelfstarzan einen Urschrei ausstoßen hören, während um ihn herum die Natur piept und quäkt, so wäre das sicher nur schwer erträglich gewesen. Der Sound von END TIME CHANNEL, und mit ihm die Story, bewahren sich ihre Seriosität.
Gut gelungen ist der selbsterklärte Anspruch, mit den Erzählerperspektiven zu spielen. Dem Narrativen folgt eine musikalische Entsprechung durch sehr viele bunte Facetten. Mal chillig-jazzig, mal repetitiv-motivorientiert, mal leicht rockig oder melancholisch… an Ansätzen mangelt es "Vern" sicher nicht. Gut gewählt sind diese meistens, aber nicht unbedingt immer. "These are the Nights" klingt zum Beispiel eher wie ein Soundtrack für "Hans guck in die Luft" als nach dem "Red Room" aus "Twin Peaks", nach dem es möglicherweise klingen sollte. Dafür überzeugt das industrial-lastige "The Day the Sky Explodes" zum Abschluss mit dem herrlichen Suspense unterdrückter Elektrizität.
FAZIT: Obwohl "Vern – The Jungle Planet" gemessen an Titel, Artwork und Konzept für mich persönlich das vielleicht interessanteste END TIME CHANNEL-Album ist, möchte ich irgendwie nicht so hundertprozentig warm werden damit. Das mag an enttäuschten Erwartungen liegen; sicher erwartet man mehr Fremdartigkeit bei einer Platte, die sich nach einem Dschungelplaneten benennt. "Vern" bietet das Gegenteil, nämlich klassischen ETC-Stoff. Und obwohl es beeindruckend ist, dass Fischer selbst bei diesem wie die Niagarafälle fließenden Output immer wieder tolle Ideen in seine Saga einzuweben weiß, sind doch auch immer wieder Lückenfüller dazwischen, so dass man den Wunsch hegt, er möge mal ein bisschen sammeln und dann zurückkehren. Vielleicht sogar mit noch etwas mehr kreativen Einflüssen von außen. Der Schritt, das Coverartwork aus der Hand zu geben, könnte dabei nur der Anfang sein.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Introduction
- Eating The Forbidden Fruit Of Vern
- Valley Of The Green Creature
- Beyond The City Of Cats
- Liane
- Silent Now
- The Ruins Of Callou
- The Gods Of Vern
- Spider's Nest
- These Are The Nights
- Through Your Telescope
- The Day The Sky Explodes
- Gesang - Bijan Lor-Zade
- Sonstige - Udo Fischer (Alles)
- Valuna Twilight Café (2007) - 11/15 Punkten
- A World Of Uniformity (2008) - 8/15 Punkten
- Starship neilA (2008) - 10/15 Punkten
- Shanghai Pulse (2009) - 11/15 Punkten
- An Unknown Planet And The Question Of Humanity (2009) - 10/15 Punkten
- Robot Army of the Four Suns (EP) (2009)
- Vern [The Jungle Planet] (2010) - 9/15 Punkten
- Cogitatum Scurrilis - Planet Of Ghosts (2011)
Kommentare | |
Andreas
gepostet am: 03.04.2010 |
Könnte was mit H.P. Lovecraft zu tun haben, die Katzenstadt. Ansonsten sieht das Cover ja aus wie ein Gemälde von VoiVods Away für Arme, haha. |
Udo [ETC]
gepostet am: 05.04.2010 |
Tja, das mit der Erwartungshaltung ist natürlich so eine Sache, vor allem, wenn es sich dabei um Erwartungen an ein Experimental- Album handelt, welches sich auch noch mit einem Science Fiction Kontext befasst. *g* Aber die selbe Problematik kennt man ja auch aus dem Kino, nicht wahr? Die Frage ist, warum sich ein Dschungelplanet, also eine ferne und völlig fremdartige Welt, anhören sollte wie der Kongo? Gibt es auf einem Dschungelplaneten unbedingt Affen oder Schlangen? Könnte nicht auch absolute Stille herrschen, kein Leben existieren mit Ausnahme exotisch- anmutender Pflanzen? Könnte nicht das dauernde Summen großer Kraftwerke alter ausgestorbener Kulturen zu hören sein, welche immer noch unter der Erde arbeiten? Wie würde denn Avatar aussehen, wenn plötzlich ein paar wildgewordene Paviane die Naavis mit Bananen bewerfen? Sicherlich eine witzige Szenerie, aber nicht unbedingt das, was ein James Cameron beabsichtigen würde. Die Idee der Atmosphäre ist es, Fragen aufzuwerfen, und ich denke, dass Vern dies schaffen kann. Auch Sascha hat sich gefragt: Oha, wo ist denn da der Dschungel? und dann noch genauer hingehört... Ergo: Ziel erreicht! :)
Darüber hinaus ist es ja auch gerne mein Anspruch mit ETC eben NICHT die Erwartungshaltung zu erfüllen, sondern manchmal gerade deswegen einen anderen Weg zu gehen... Ob das immer sinnvoll ist, das sei natürlich dahingestellt, aber es ist definitiv der interessantere Weg! ;) Ein Punkt noch zu "These are the Nights": Nein, es sollte nicht nach dem Red Room klingen, obwohl ich ein großer Twin Peaks Fan bin. Es sollte vielmehr die Atmosphäre eines Burlesque- Abends ausdrücken. Ich habe viel Kritik schon im Vorfeld für diesen Song erhalten und mir war sofort klar, dass er für sehr unterschiedliche Reaktionen sorgen würde, aber genau das hat es auch interessant gemacht, und da ich den Song selber sehr gern mag, musste ich auch einfach den Anspruch mir selbst gegenüber erfüllen :) |
Sascha [Musikreviews.de]
gepostet am: 06.04.2010 |
Ganz meine Rede, Udo - das ist ja auch der Grund, warum ich schrieb, dass es klischeehaft gewesen wäre, den sprichwörtlichen Tarzan die Liane schwingen zu lassen, und dass es der definitiv geschmackvollere Weg war, eben nicht auf das Altbekannte zurückzugreifen.
Dennoch fehlt mir das Irgendetwas an Atmosphäre. Es fehlt mir das, was sich von den anderen ETC-Alben atmosphärisch abhebt. Meine Frage ist: wo ist das Andere, das potenzielle Nichts oder das Etwas, das den Dschungelplaneten charakterisiert? "Vern" ist mir schon fast zu typisch End Time Channel. Es fehlt mir das Alleinstellungsmerkmal gegenüber den anderen Alben noch etwas. Vielleicht stoße ich ja noch drauf, bisher allerdings, ich sage mal so etwa nach 15 Durchläufen, habe ich es noch nicht gefunden. Die "These are the Nights"-Sache ist für mich einfach eine Geschmacksfrage; mir persönlich klingt's im Vergleich mit dem Restmaterial zu redundant, andererseits muss ich schon sagen, dass man den Anspruch dahinter erkennt; er erschließt sich mir bloß nicht. |
Udo [ETC]
gepostet am: 06.04.2010 |
Okay, den Punkt sehe ich ein. Was für mich persönlich das "andere" ausmacht, ist ein spezielles Instrument, das bisher bei ETC noch nie zum Einsatz kam: Das Xaphoon. Es kommt nicht in jedem Track vor, ist aber dennoch recht häufig vorhanden, wenn auch möglichwerweise etwas zu subtil, um genug "andere" Atmosphäre zu erzeugen... Das Xaphoon ist bekannt als hawaianisches Taschensaxophon und klingt wie eine Mischung aus Indianerflöte und Sax. Deutlich zu hören ist es z.B. in "Valley of the green Creature" oder in "Through your Telescope". Aber wie gesagt, das ist das, was für mich persönlich die Stimmung der Scheibe absondert, ob es auch ausreicht um andere Hörer in den atmosphärischen Bann zu ziehen, das sei dahingestellt ;) |
Bijan
gepostet am: 09.04.2010 |
Oh ja! Das Xaphoon hat es mir auch angetan. Interessant ist dabei auch, daß es den "orientalischen touch" reinbringt. Es "riecht" nach Würze und somit auch nach Wald. Zu weit hergeholt? Nein: Es ist Assoziation, und diese ist individuell. Der Musiker hat seinen deduktivierenden Erfahrungshorizont, so wie wir alle. A impliziert B. Die Einen teilen diese Implikation, die Anderen finden ein Anderes. Jetzt wird es spannend für den Musiker: Womit assoziiert mein Hörer? Welche Implikation habe ich beim Publikum erreicht? Durch die Antworten erweitert er seinen Erfahrungsschatz an Möglichkeiten und wird immer besser. Also: Wenn wir Udo einen gefallen tun wollen, dann teilen wir ihm unser Empfinden seiner Musik gegenüber mit. Vern ist für mich ein "kahler Dschungel", so wie auf dem Cover dargestellt... und ich verstehe jeden, der das so nicht sieht... und ich finde gerade das spannend. Musik soll bitte auch polarisieren. Das tut ETC permannt. Wer Zeit und Lust hat kann sich ja die ganze ETC Saga mal in einem Rutsch einhören. :-) Sascha: Ich suche immer noch nach dem ETC Typischen und habe es nicht gefunden, obwohl du da sicher recht hast damit, daß es diesen gibt. Nur WAS ist es? Hast du einen Lösungsansatz? |
Sascha [Musikreviews.de]
gepostet am: 09.04.2010 |
Naja ich gehe mal davon aus, dass ihr Beiden zu tief in der Materie drinsteckt, als dass ihr das "ETC-Typische" so präsent hättet. Worin das liegt, kann ich so auf dem Sprung auch nicht wirklich sagen. Ich weiß aber auch nicht, ob es zwangsläufig das Ziel einer Band sein muss, sich von ihren Charakteristika zu lösen. Solange die Ideen abwechslungsreich bleiben, ist es doch ganz schön, wenn man eine Band an ihrem Sound erkennt. |