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Matter: Blackleg (Review)

Artist:

Matter

Matter: Blackleg
Album:

Blackleg

Medium: CD
Stil:

schwierig... Matter eben

Label: Undergroove
Spieldauer: 34:20
Erschienen: 17.10.2001
Website: [Link]

Es gibt Bands, die nur eine oder zwei Scheiben hinbekommen haben, auf diesen aber kreativ förmlich explodiert sind und die Frage in den Raum stellen, was sie uns noch Großartiges hätten schenken können – wäre der Durchbruch geglückt. Doch wie heißt es sinngemäß in Blade Runner? Ein Stern, der doppelt so hell brennt wie andere, brennt eben auch nur halb so lang. Und oft brannten diese Bands sehr hell. Mit so wenig kreativem Output gerät man schnell in Vergessenheit, doch lohnt es sich, den metallischen Untergrund immer wieder nach solch gescheiterten Existenzen zu durchforsten.

Eine davon sind MATTER aus England, die auf ihrem einzigen Album einen völlig eigenständigen Stil aufboten, welcher seinerzeit im Ox von einem geschätzten Kollegen recht treffend als „HELMET meets NAPALM DEATH“ beschrieben wurde. Klingt unvereinbar, ist es aber nicht. Man nehme einfach die massive Wall of Sound der HELMET-Gitarren, addiere die Komplexität der Harris-Riffs und die rhythmische Geschliffenheit von ND, subtrahiere wiederum die Blastbeats und schon hat man eine mächtige, entfesselte, brutalst in die Beine und den Kopp gehende Groovemaschine.

Jeder der Musiker spielt hier absolut prägnant. Der Gitarrist verfolgt seinen völlig eigenen Stil zwischen Soundwand und Auf-die-Fresse-Stakkato, der quer durch alle Stimmlagen kreischende, krächzende, grölende und grunzende Sänger lässt trotz fehlender Melodien wunderbar mitbrüllbare Ohrwürmer entstehen, was seiner treffsicheren Phrasierung zu verdanken ist. Das Ass unter den Assen ist hier vielleicht der Schlagzeuger, denn obwohl er sich nie allzu weit von einem straighten Grundbeat entfernt, ist sein Spiel so ungewöhnlich, ausgefeilt und akzentuiert, dass seine Motive phasenweise einen großen Teil der Eingängigkeit ausmachen – nachzuhören etwa in „Arsonist“ oder „Spastic“. Allerdings sind Anspieltipps im Grunde überflüssig, denn „Blackleg“ ist eines dieser Hit-Füllhorne ohne schwachen Moment.

Das einzige Problem ist die Kürze der Scheibe, denn wenn man nach einer guten halben Stunde, in der man mit Urwucht gegen die Wand geklatscht wurde, seine Knochen wieder einsammelt, will man eigentlich nur eines: mehr davon.

FAZIT: Bei englischen Internethändlern mittlerweile für ein paar Pence (!) zu bekommen, bieten MATTER das, was so vielen fehlt, die Kombination von überbordender Kreativität, kompositorischen Talent, handwerklicher Souveränität und stilistischer Unverwechselbarkeit. Ein Jammer, dass es nicht mehr von ihnen gibt, aber zumindest „Blackleg“ sollte jeder besitzen, der auf der Suche nach Musik jenseits der gängigen Schablonen ist und dessen Aufmerksamkeitsspanne noch ausreicht, sich in wirklich Neues einzuhören.

Einige weitere Beispiele der Kategorie „begnadete Eintagsfliege, die kein Schwein (mehr) kennt:
SKITSOY (Review hier), HATRIX (Review hier), MORBID SAINT, OPPOSITE EARTH, SLAPDASH, SUICIDE WATCH, MURDERONE, TECHNOCRACY, MEDULLA NOCTE, FLOODGATE, APOLLYON SUN, HAJI’S KITCHEN, ACID BATH, CITY OF GOD, DEMONS OF DIRT, RELEASE, HEAVENS CRY, CATASTROPHIC, DISRUPT, C-187, DÉTENTE, SONS OF JONATHAS, SOULS AT ZERO, SKIN LIMIT SHOW, NIEDERSCHLAG, MEATHOOK SEED… und diese Liste ist selbstverständlich unvollständig.

Hendrik Lukas (Info) (Review 6288x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Bloated
  • Hammer
  • Stabbed
  • Arsonist
  • Alpha
  • (full credit)
  • 9Bar
  • Spastic
  • Megalith
  • Bad Loser

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Dr. O [musikreviews.de]
gepostet am: 17.10.2010

User-Wertung:
12 Punkte

Scheiße, so alt ist die Scheibe schon? Und "Ja", großartiges Teil. Cheers Ollie
hendrik [musikreviews.de]
gepostet am: 18.10.2010

Jo, Heavens Cry haben 2 Scheiben gemacht, weiß ich. Ich schreib ja aber auch von Bands, die "nur eine oder zwei Scheiben hinbekommen haben" ;)
Es ging mir einfach um Bands, die den ihrem kreativen Potenzial angemessen Status nicht erreicht haben - durch verschiedenste Gründe.
Und ok, Suicide Watch gibt es noch, aber da passiert seit Ewigkeiten nix. Haji's Kitchen und Floodgate wurden nie offiziell aufgelöst, aber auch da passiert nix mehr. Catastrophic haben das Schlüsselmitgleid verloren und sind heute ne völlig andere (ödere) Band. Gleiches gilt vermutlich für die reanimierten Détente, wobei ich da vorsichtig bin, denn deren neue Scheibe kenne ich noch nicht . Ich gebe also zu, es gibt hier ein paar Scheintote unter den Leichen - aber Zombies und Metal, das passt doch :)
Andreas
gepostet am: 18.10.2010

die Détente ist ziemlich dufte, check an.
hendrik [musikreviews.de]
gepostet am: 18.10.2010

Hey Andreas, sorry, ich hab dicke Finger und hab hier gerade ohne es zu wollen deinen Kommentar gelöscht. Versuche gerade, ihn wieder zu kriegen. Keine Zensur beabsichtigt :)
Détente werde ich anchecken!
hendrik [musikreviews.de]
gepostet am: 18.10.2010

Hab noch ne wichtige Band vergessen:
KKLEQ MUZZIL, Band von Gary Nestler (CIVIL DEFIANCE) und zeitweise Dave Lombardo. Schräg, brutal, einzigartig, kostenlos auf Nestlers Seite runterzuladen - weil gibts schon lang nicht mehr...
Thomas
gepostet am: 08.02.2013

Die hier u.a. erwähnten Skitsoy habe ich mir besorgt: okay, aber nicht berauschend
Wenn ich nun in dieser rezi u.a. lese "Der Gitarrist verfolgt seinen völlig eigenen Stil zwischen Soundwand und Auf-die-Fresse-Stakkato, der quer durch alle Stimmlagen kreischende, krächzende, grölende und grunzende Sänger lässt trotz fehlender Melodien" dann kann ich mir nicht vorstellen dass die Zielgruppe dieses Opus sehr groß ist; wer lässt sich gern anschreien und bezahlt noch Geld dafür. (Musikalische S/M!?)
hendrik [musikreviews.de]
gepostet am: 08.02.2013

Hallo Thomas, die Zielgruppe für Matter ist in der Tat sehr klein gewesen. Wobei ich immer finde, dass die meisten stilistischen Schlenker, und seien sie auf den ersten Blick auch noch so radikal, sich relativieren, wenn man sich mit der Musik eingehend beschäftigt. Dann wird der Sänger zum Beispiel von einer potentiellen Nervensäge zum Aushängeschild (neben den ebenfalls extrem prägnanten Gitarren und Schlagzeug). Bringt man diesen Atem auf, wächst die Scheibe zur totalen Hitfabrik.

Aber das ist natürlich immer alles Geschmackssache.

Nur: Angeschrieen werden wir von unserer geliebten Musik doch sowieso ;)
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