Die “Le Secret”-EP wurde bereits im Jahr 2005 veröffentlicht und stellt die ersten Gehversuche von Mastermind Neige unter dem ALCEST-Banner dar. Da die ursprüngliche Version lediglich in einer 1000er Auflage erschien, ist das Original heute nur noch für relativ viel Geld zu bekommen. Allein unter diesem Aspekt macht ein Rerelease natürlich Sinn. Neben den enthaltenen Original-Versionen wurden beide Songs noch einmal komplett neu aufgenommen, um sie dem aktuellen Stand der Bandentwicklung anzupassen. Dabei beschränken sich Neuerungen allerdings im Wesentlichen auf einen deutlich differenzierteren und druckvolleren Sound. Melodien und Drums sind viel besser zu erkennen und beim Klargesang von "Le Secret“ wird deutlich, dass sich Neige in dieser Hinsicht stark verbessert hat. Zudem wurden Timing-Schwankungen und einige arg holprige Übergänge bereinigt.

Musikalisch kann man schon bei den Urversionen gut heraushören, wohin die akustische Traum-Reise von ALCEST einmal gehen würde, auch wenn insbesondere bei "Elevation“ die Black-Metal-Wurzeln noch klar im Vordergrund stehen und von Einflüssen à la SIGUR ROS noch keine Spur zu entdecken ist. Insgesamt wirkt dieser Song in beiden Versionen aber etwas zäh und die Grundideen sind weniger packend als bei "Le Secret“, der im Prinzip auch auf einem der nachfolgenden Alben hätte stehen können. Für beide Vertreter gilt aber, dass auch nach der Hälfte der Spieldauer eigentlich alles gesagt ist. Alle vier Stück hintereinander zu hören, erfordert schon ein gewisses Durchhaltevermögen. Auch in Punkto spannender Songaufbau und Abwechslungsreichtum hat Neige seitdem enorm dazugelernt.

FAZIT: Für Fans der ersten Stunde ist dieser Rerelease eine lohnende Sache, selbst wenn sie das rare Original schon besitzen, da die neu eingespielten Versionen durchaus ihren Reiz haben. Außerdem gibt es reichlich Auswahl an verschiedenen Versionen, so ist unter anderem auch eine Holz-Box-Edition im Angebot. Für Menschen, die ALCEST erst mit "Souvenirs D’ Un Autre Monde“ oder "Écailles De Lune“ ins Herz geschlossen haben, könnte es interessant sein, die Entwicklung des Bandsounds nachzuvollziehen. Aber die Erwartungen sollten dabei nicht zu hoch ausfallen, denn an die Qualität insbesondere des letztgenannten Albums reichen die beiden Songs dieser EP noch nicht heran, auch nicht in aufpolierter Form.