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Neuschnee: Bipolar (Review)
Artist: | Neuschnee |
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Album: | Bipolar |
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Medium: | CD | |
Stil: | Streicher treffen auf Pop, Rock und deutsche Texte |
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Label: | Problembär Records | |
Spieldauer: | 52:53 | |
Erschienen: | 10.08.2012 | |
Website: | [Link] |
Bipolar?!
Im Grunde ein schrecklicher Begriff.
Zu Zeiten des Kalten Krieges sprach die Politik von „Bipolaren Welten“, die sich die Russen und Amis untereinander aufgeteilt hatten.
In der Psychologie steht eine „Bipolare Störung“ für eine manisch-depressive Erkrankung, die bis zum Suizid führen kann.
Nun zieht dieser Begriff also auch in die Musik ein – zumindest bei NEUSCHNEE, der österreichischen Band, die ihr wirklich nur wenig unterkühltes Album „Bipolar“ nennt und das ohne kalte Kriegsspielereien oder Selbstmordphantasien auskommt. In ihrem Falle sind einfach die zwei sehr unterschiedlichen Seiten dieses Albums gemeint, die beinahe gegensätzlich erscheinen und in dessen Zentrum „Sag mir nicht“, gemeinsam mit PARKWÄCHTER HARLEKIN eingespielt, steht. Ein Song, der zwar nicht zum Mittelpunkt der Musikwelt, aber zumindest dieses Albums geworden ist. Hip Hop trifft hier auf Streicher und einen sehr zeitkritischen Text. Ein Experiment. Ein gelungenes!
Weniger gelungen ist aber die erste „Bipolare“ Seite.
Doch bevor ich dieses Manko zu begründen versuche, ist es wohl erforderlich, für diejenigen, denen NEUSCHNEE kein Begriff ist, ein paar Worte über die Österreicher zu verlieren. Bandkopf HANS WAGNER, singender und textender Multiinstrumentalist, ist ein klassisch ausgebildeter Musiker, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, zwei wiederum unterschiedliche Musikwelten miteinander zu kombinieren – klassische Streicher mit Indi-Alternative-Songwriter-Pop. Sogar ein wenig Punk, Hardrock und Hip Hop darf nicht fehlen. Bipolar eben.
Ganz so neu ist das allerdings nicht, denn auch die deutsche Band LETZTE INSTANZ experimentiert schon seit Jahren mit einer Kombination aus Streichern, Rock, Punk, Pop und deutschen Texten.
Damit wären wir wieder bei der ersten „Bipolaren“ Seite, die die Titel 1 bis 6 umfasst und recht getragen und ruhig ihre musikalischen Bahnen zieht. Im Promo-Zettel wurde diesbezüglich sehr passend von „Streicher-Balladen“ gesprochen. Und wie dem auch sei – in den ersten 25 Minuten kommt dadurch recht schnell musikalische Eintönigkeit auf, die auch durch die Texte, die sich von Liebe über Gesellschaftskritik bis hin zu den unterschiedlichsten Abhängigkeiten erstrecken, nicht wirklich spannender wird.
„Sag mir nicht“ leitet dann den Wechsel hin zur deutlich besseren „Rock“-Seite von „Bipolar“ ein, die ebenfalls etwa 25 Minuten umfasst. Auch werden die Texte aggressiver, anklagender und sarkastischer. Allerdings muss man 11 Titel lang abwarten, bis der Höhepunkt der CD erreicht wird: „Nur der Mond“, ein Song, in dem es um ein Paar geht, bei dem der Mann wohl ein Prügler ist und die Frau es so lange erträgt, bis sie ihn auf einem „alten Ruderboot“ bei Mondschein umbringt. Musikalisch werden hier hervorragend durch die Streicher Stimmungen gesetzt, während die anderen Instrumente zusätzlich die Dynamik bis ins Unendliche steigern, die sich in der Dramatik des Textes entlädt. Schade, dass nicht alle Titel dieses Niveau erreichen, sondern deutlich hinter diesem Hammer-Song zurückbleiben. Bei mir kommen beim Hören von „Nur der Mond“ seltsamerweise ständig Erinnerungen an NICK CAVE & KYLIE MINOGUE „Where The Wild Roses Grow“ sowie an die CLOWNS & HELDEN mit „Ich liebe dich“ auf. Zwei Songs, die mir in ihrer „Bipolarität“ trotzdem immer gefallen haben. Warum man dann eine Minute lang warten muss, um sich den letzten Titel anzuhören, ist wohl NEUSCHNEEs Geheimnis. Aber solcher Quatsch ist einfach nur albern – genauso albern wie der Text „Du bist nicht allein“. Das Interessanteste daran sind eindeutig die Hardrock-Klänge. Trotzdem kein grandioses, sondern eher ein verstörendes Finale von „Bipolar“.
FAZIT: Auch diese Kritik fällt Bipolar aus. „Bipolar“ ist ein Album voller Höhen und Tiefen, voller Spannung und Langeweile, voller textlich herrlichen Bildern und verbalen Plattitüden, voller kreativer Ideen und einfallsloser Durchschaubarkeit. Wer NEUSCHNEE nicht kennt, der sollte unbedingt einmal in ihre Musik hineinhören. Was ihn erwartet ist am Ende Bipolar: totale Freude oder ziemlicher Frust.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Kettenkarussell
- Wolfsmilch
- Du bist schön
- Rummel
- Bodenlos
- High
- Sag mir nicht (feat. Parkwächter Harlekin)
- Epizentrum
- Karneval
- Autoimmun
- Hyperaktiv
- Nur der Mond
- Du bist nicht allein
- Bass - Hans Wagner
- Gesang - Hans Wagner, Parkwächter Harlekin
- Gitarre - Hans Wagner
- Keys - Hans Wagner
- Schlagzeug - Clemens Wannemacher
- Sonstige - Julia Pichler (Violine), Julia Lacherstorfer (Violine), Weiya Lin (Viola, Cello), Raimund Seidl (Violoncello), Florian Wildham (Violine), Nils Kirchhoff (Cello), Philipp Treiber (Blockflöte)
- Bipolar (2012) - 8/15 Punkten
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