Partner
Services
Statistiken
Wir
Necromonkey: A Glimpse Of Possible Endings (Review)
Artist: | Necromonkey |
|
Album: | A Glimpse Of Possible Endings |
|
Medium: | CD | |
Stil: | Progressive / Electronica / Avantgarde / Post Rock |
|
Label: | Roth Händle / Just For Kicks | |
Spieldauer: | 36:58 | |
Erschienen: | 30.05.2014 | |
Website: | [Link] |
Am 30. Mai 2014 brachte Mattias Olsson gleich zwei Alben unter die Leute. Einmal mit Rhys Marsh und Ketil Vestrum Einarsen unter dem Namen KAUKASUS, und dann eben noch in Form von „A Glimpse Of Possible Endings“, der zweiten Zusammenarbeit mit GÖSTA BERLINGS SAGA-Keyboarder David Lundberg als NECROMONKEY. Sollten Olsson und Lundberg zukünftig tatsächlich auch noch jährlich mindestens ein neues Album zusammen aufnehmen, wie auf der Homepage des Roth-Händle-Labels zu lesen war, ist die verhältnismäßig kurze Spielzeit von 36 Minuten also allemal verzeihlich – neuen Stoff wird es auf absehbare Zeit wohl noch reichlich geben.
Nach Fließband klingt aber auch das zweite NECROMONKEY-Fabrikat nicht, ganz im Gegenteil – es ist das Erzeugnis zweier Verrückter, die man mit einem ganzen Arsenal an schrägen Instrumenten in einen Keller eingesperrt hat, um sich einfach mal überraschen zu lassen, was dabei herumkommt. Und mit Populärmusik hat das garantiert nicht viel zu tun.
Einzelne Soundschnipsel, die vom Zufall ans Ohr getragen werden, mögen andere Eindrücke vermitteln, aber wenn man rückblickend auf das große Ganze zurückblickt, bekommt man hier wohl so etwas wie einen Soundtrack zu einem Jodorowsky-Western geboten. Maßgeblich dafür ist schon das erste Stück namens „There Seems To Be Knifestains In Your Blood“, das eigentlich mit afrikanischen Drum-Samples einsteigt, spätestens mit Einsatz der Gitarren aber Western-Flair erzeugt, kongenial weitergeleitet durch ein Theremin, zu dessen Thema sich Clint Eastwood, Lee Van Cleef und Eli Wallach ohne jeden Intensitätsverlust ebenso gut hätten duellieren können wie zu Ennio Morricones Erzeugnissen. Großartig auch die schwungvolle Cello-Explosion im Schlussdrittel, zu der man am liebsten einen Square Dance hinlegen möchte. Und im Hintergrund wird das altmodische Flair auch noch geschmackvoll durch elektronische Mittel konterkariert. Was für ein Tempo zum Einstieg!
… das aber mit „The Sheltering Waters“ wieder rücksichtslos gedrosselt wird. Plötzlich übernimmt trüber, verzerrter Postrock mit ARCHIVE-Soundscapes die Regie, imitiert das gleichmäßige Rauschen eines Wildbachs, dessen Treiben man vom sicheren Ufer aus begleitet, während sich am Himmel die Gewitterwolken zusammenraufen. Was oberflächlich betrachtet aber einen empfindlichen stilistischen Bruch darstellt, verfolgt seine eigentlichen roten Fäden geschickt weiter. Es ist schließlich das – trotz der kurzen Gesamtspielzeit – unleugbare Gefühl von epochalem Erzählen und der poetischen Tragik eines finalen Mexican Standoffs, der sich durchsetzt, auch wenn die instrumentalen Mittel viel weiter reichen und dank insgesamt neun Gastmusikern an verschiedenen Spielzeugen, von der Oboe über die Klarinette zum Chapman Stick, tief in die Salatschüssel der Weltmusik greifen – was wiederum als bewusst herbeigeführter Bruch des eklektischen Bälle-Zuspiels zwischen Lundberg und Olsson zu verstehen ist. Die setzen zwar auf gewisse Art durchaus auf die Vorzüge eines Duos, das sich nur mit sich selbst befasst und all die Einflüsse und Versuchungen der äußeren Welt abblockt, andererseits lassen sie an bestimmten Stellen aber wieder wichtige Impulse von außen zu und erzeugen so eine unheimliche Dynamik im Ganzen.
Derweil „The Counterfeit Pedestrian“ eher eine Art traumwandlerisches, unwirkliches Intermezzo ist, kehrt schon auf dem Titel- und Kernstück das Cello zurück und referiert problemlos auf den Opener, um sich binnen 15 Minuten Laufzeit durch mehrere schwarze Elektronika-Löcher fallen zu lassen und doch immer wieder irgendwie mit den Füßen voran auf dem Boden anzukommen. Kein Wunder, dass „The Worst Is Behind Us“ nach dieser Götterdämmerung versöhnliche Töne anstimmt und Strahlenbüschel durch die Wolken dringen, die den Erdboden erwärmen.
FAZIT: So viel Epos kann in 36 Minuten stecken. Und so viel Gefühl in Experimentalmusik. „A Glimpse Of Possible Endings“ bewegt sich nicht immer kantenlos oder vollendet, aber jederzeit spannend zwischen Soundtrack, Weltmusik, Kammerprog, Avantgarde, Trip Hop und Post Rock – und erschafft in wenigen Augenblicken eine ganze Welt, ohne Worte. Faszinierend vor allem der Spagat zwischen der Intimität des Albums und seinem Welten umarmenden Charakter. NECROMONKEY, die Dritte, bitte!
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- "There Seems To Be Knifestains In Your Blood"
- The Sheltering Waters
- The Counterfeit Pedestrian
- A Glimpse (Of Possible Endings)
- The Worst Is Behind Us
- Bass - Kristian Holmgren, Elias Modig
- Gitarre - Einar Baldursson
- Keys - David Lundberg
- Schlagzeug - Mattias Olsson
- Sonstige - David Lundberg (alles), Mattias Olsson (alles), Leo Svensson-Sander (Cello [1, 4], Musical Saw [4]), Kristofer Eng Radjabi (Theremin [1]), Rob Martino (Chapman Stick [2]), Yann Le Nestour (Bass-Klarinette, Klarinette [4]), Martin Von Bahr (Oboe [4, 5]), Tiger Olsson (Chor [5])
- A Glimpse Of Possible Endings (2014) - 11/15 Punkten
- A Glimpse Of Possible Endings (2015) - 6/15 Punkten
- The shadow of the blind man (2016) - 8/15 Punkten
-
keine Interviews