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Archie Shepp & Attica Blues Orchestra: I Hear The Sound (Review)

Artist:

Archie Shepp & Attica Blues Orchestra

Archie Shepp & Attica Blues Orchestra: I Hear The Sound
Album:

I Hear The Sound

Medium: CD/Download
Stil:

Jazz

Label: Archie Ball / Harmonia Mundi
Spieldauer: 67:01
Erschienen: 19.01.2018
Website: -

Free-Jazz-Saxofonist, Schauspieler und Aktivist Archie Shepp gedachte 1972 auf "Attica Blues" den im Vorjahr gewaltsam niedergeschlagenen Aufständen im Attica-Gefängnis an der US-amerikanischen Ostküste, womit er sich selbst ein Denkmal setzte und der Musikwelt einen Klassiker schenkte. 40 Jahre später stellte er ein Künstlerkollektiv zusammen, um das Album, das nichts von seiner Brisanz eingebüßt hat, zurück auf die Bühne zu bringen. Die am 9. September 2012 im Rahmen des Festival Jazz à La Villette, am 14. Juni 2013 im CNCDC Châteauvallon und drei Tage später beim Festival Les Nuits de Fourvière mitgeschnittenen Stücke erwecken den Anschein einer einzigen eindringlichen Performance.

Zu den Beteiligten gehören Szenestars wie Kontrabassist Reggie Washington, doch im Grunde ist das Team als ganzes der Star von "I Hear The Voice". Tenorsaxofonist François Théberge hatte einen entscheidenen Anteil an den Arrangements der Stücke, und man mag argwöhnen, selbige hätten durch die stark französisch geprägte Besetzung einen europäischen Anstrich erhalten, doch das sind unerhebliche "kosmetische" Überlegungen. Die beseelten Klavierpassagen von 'Arms' eingedenk vordergründiger Soul-Vocals mit Gospel-Note machen keinen Hehl daraus, wie "schwarz" diese Musik ist. Der funky Einstieg 'Attica Blues' kommt indes mit stilprägendem Slap-E-Bass daher, verschmilzt aber im Geiste der 1970er mit stolzierenden "Blaumännern wie 'Blues For Brother G. Jackson' oder dem "grande finale" 'Mama Too Tight', das ebenfalls auf dem traditionellen Zwölftakt-Schema fußt.

Im Mittelpunkt steht immer das Original von damals, das als solches klar erkennbar bleibt. Das teils von Archie Shepp und William G. Harris geschriebene Material umfasst neben Ballade wie 'Déjà Vu' und 'Come Sunday'mit divenhaften Solostimmen oder Chören Ausflüge an die experimentellen Grenzen formfreier Musik, ohne dass das jeweilige kompositorische Korsett zerfransen würde. Das unter Dirigent Jean-Claude André Fahrt aufnehmende Orchestral-Lamento 'The Cry Of My People' des bereits Anfang der 1970er verstorbenen Bigband-Komponisten Cal Massey gerät zum emotionalen Höhepunkt des Programms. Masseys 'Quiet Dawn' wiederum schielt auf den Broadway, und sein 'Goodbye Sweet Pop's' scheint als Vorspiel von Shepps eigenem und besonders possierlichen 'Ballad For A Child' zu fungieren. Die Zusammenstellung erweist sich also als ebenso dynamisch wie eine Darbietung von ausschließlich eigenen Kompositionen.

Vermutlich zur Vorbeugung einer Veröffentlichung auf Doppel-CD erhält der Käufer die beiden Boni 'The Stars Are In Your Eyes' und 'Ujaama' lediglich als Download. Das hinterlässt einen leicht faden Beigeschmackt, ändert aber nichts am zwingenden Charakter von "I Hear The Sound"

FAZIT: "I Hear The Sound" erinnert in puncto opulenter Arrangements an Jaco Pastorius' Live-Klassiker "Invitation" und deckt bei aller Virtuosität ein ähnlich breites Gefühlsspektrum ab. Eine weitere Gemeinsamkeit des Ensembles um Archie Shepp: traditionelle Liedstrukturen stehen im Vordergrund, sodass die teils spektakuläre Leistung aller Beteiligten nicht nur den Eindruck von Leichtigkeit vermittelt, sondern auch die Grenze zwischen E- und U-Musik aufweicht. Bravo für diesen potenziellen Konzertklassiker der Zukunft, der zu Recht für einen Grammy nominiert wurde.

Andreas Schiffmann (Info) (Review 4112x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Attica Blues
  • Arms Written-By – Amina Claudine Myers
  • Blues For Brother G. Jackson
  • Come Sunday Written-By – Duke Ellington
  • The Cry Of My People Written
  • Quiet Dawn Written-By
  • Déjà Vu
  • Steam
  • Goodbye Sweet Pop's
  • Ballad For A Child
  • Mama Too Tight
  • The Stars Are In Your Eyes
  • Ujaama

Besetzung:

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  • keine Interviews
Kommentare
Thomas
gepostet am: 07.03.2018

Für mich gibt es keinen Unterschied: Musik dient immer der Unterhaltung: Mozart, Bach & Konsorten hatten ihre Auftraggeber unterhalten, ABBA, Hendrix und Co. haben ein anderes Zielpublikum
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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